Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
991/2016
GZ:
StU
Sitzungstermin: 16.02.2017
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:der Vorsitzende
Protokollführung: Frau Gallmeister
Betreff: Sanierung Stuttgart 29 -Teilbereich Stöckach-
Künftige Nutzung von Villa und Park Berg,
Beschlussfassung zu den Leitlinien aus der Bürger-
beteiligung und weiteren Beauftragungen für die Villa

Vorgang: Ausschuss für Umwelt und Technik vom 07.02.2017, nicht öffentlich, Nr. 45
Ergebnis: Einbringung

Ausschuss für Umwelt und Technik vom 14.02.2017, öffentlich, Nr. 51
Verwaltungsausschuss vom 15.02.2017, öffentlich, Nr. 29
jeweiliges Ergebnis: einmütige Zustimmung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Städtebau und Umwelt vom 25.01.2017, GRDrs 991/2016, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Den im Rahmen eines Bürgerbeteiligungsverfahrens entwickelten Leitlinien für eine künftige Nutzung von Villa und Park Berg gemäß Anlage 2 als Grundlage für die weitere Planung wird zugestimmt.

2. Der Ausschreibung und Beauftragung einer Machbarkeitsstudie und weiterer Leistungen zur Umsetzung der Leitlinien für den Bereich der Villa Berg inkl. Tiefgarage gemäß Anlage 1 mit einer Gesamtsumme von max. 600.000 € brutto wird zugestimmt.

3. Der bisherige Gesamtaufwand für Planungsleistungen, Bürgerbeteiligung, bauliche Vorabmaßnahmen und sonstige Nebenkosten in Höhe von 960.000 € wird im Teilfinanzhaushalt THH 610 Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung, Projekt Nr. 7.613033. Sanierung Stuttgart 29 -Teilbereich Stöckach-, Ausz. Gr 7873 Sanierungskosten, wie folgt gedeckt:
bis 2016 320.000 €
bis 2017 640.000 €

4. Vom zusätzlichen Personalbedarf zur Wahrnehmung der Projektleitung für die Umnutzung und Modernisierung der Villa Berg für den Zeitraum 01.01.2018 bis 31.12.2022 wird Kenntnis genommen. Über die Stellenschaffung wird im Rahmen der Beratungen zum Doppelhaushalt 2018/2019 entschieden.


OB Kuhn erinnert einleitend an den Beschluss des Gemeinderats, die Villa Berg wieder in die öffentliche Hand zu bringen und die Villa und den Park der Öffentlichkeit zurückzugeben, nachdem im Jahr 2013 festgestellt wurde, dass eine Nutzung durch private Investoren zu keinem befriedigenden Ergebnis führen würde. Nachdem die Rückführung gelungen sei, habe eine informelle Bürgerbeteiligung stattgefunden, deren Ergebnisse wichtig seien. Er wolle sich hier auch ausdrücklich bei den Bürgerinnen und Bürgern für ihr umfangreiches Engagement bedanken. In dem Prozess seien Leitlinien erarbeitet worden, dort ein offenes Haus für Musik und Mehr zu eröffnen. Es habe sich im Kern herausgestellt, dass das Gebäude überwiegend mit Nutzungen um das Thema Musik abzudecken sei, aber es werde auch erwartet, dass dort Veranstaltungen, die für die ganze Stadt relevant seien, stattfinden können.

Die Villa Berg habe in der Kulturgeschichte der Stadt Stuttgart eine hohe Bedeutung, fährt der Vorsitzende fort. Beispielsweise habe es nach dem Erwerb durch Karl Lautenschlager zu Beginn des letzten Jahrhunderts lange Zeit als Kunstmuseum der Stadt Stuttgart gedient, in dem es zahlreiche Ausstellungen gegeben habe. Im Jahr 1927 habe die Eröffnungsfeier der Bauausstellung Weißenhof dort stattgefunden.

Auf der Grundlage der erarbeiteten Leitlinien solle eine Machbarkeitsstudie beauftragt werden zur Untersuchung und Konkretisierung von Umsetzungsmöglichkeiten. Der Vorsitzende verweist in diesem Zusammenhang auf die Belange des Denkmalschutzes.

Seine Fraktion sei erfreut darüber, dass heute mit den Leitlinien ein wichtiger Schritt dahin gegangen werden könne, die Villa Berg zu restaurieren und der Öffentlichkeit zurückzugeben, um damit die Villa Berg zu einem wichtigen Bestandteil des Kulturlebens in Stuttgart zu machen, erklärt StR Kotz (CDU). Die Stadt habe in den vergangenen Jahren im Bereich wichtiger kultureller Gebäude einiges auf den Weg gebracht - das Kunstmuseum, den Neubau der Stadtbibliothek, das kurz vor der Eröffnung stehende Stadtmuseum, die Sanierung der Wagenhallen und die Vorplanung zur Sanierung des Opernhauses.

Dass neben dem Schwerpunkt mit musischen Veranstaltungen in der Villa Berg auch andere Veranstaltungen stattfinden können, sodass eine Zusammenführung von verschiedenen hochkarätigen kulturellen und sonstigen Terminen erfolgt, halte seine Fraktion für wichtig und sie freue sich darüber sehr, so StR Kotz. Außerdem sollten Veranstaltungen in der Villa Berg zu einem gewissen Teil auch Einnahmen generieren, sodass eine entsprechende Finanzierung nicht zu 100 % durch die öffentliche Hand erfolgen müsse. Seine Fraktion freue sich über den Fortgang der Angelegenheit und werde mit der Verwaltung intensiv an den Konzepten weiterarbeiten. Der GRDrs 991/2016 stimme seine Fraktion zu.

Auch ihre Fraktion freue sich und begrüße es, dass mit der Vorlage der nächste Schritt hin zur Entwicklung der Villa Berg gemacht werden könne, bemerkt StRin Rühle (90/GRÜNE). Mit dem Rückkauf durch die Stadt zu wirklich vernünftigen Konditionen und der Aufnahme ins Sanierungsgebiet sei nach Meinung ihrer Fraktion ein "richtig großer Wurf" gelungen. Das Interesse der Bevölkerung sei sehr groß, was das umfangreiche Engagement der Bürgerinnen und Bürger sowie des Bezirksbeirats deutlich gezeigt hätten. Unter dem Schlagwort "Ein Haus für Musik und Mehr" könnten ihres Erachtens ein durchdachtes Konzept und gemeinsame Leitlinien erarbeitet werden, die den Wert der Villa Berg zeigen, da die Historie der Villa, wie von OB Kuhn erwähnt, wieder aufgegriffen werde. Den Musikschwerpunkt halte ihre Fraktion für die Villa als besonders geeignet. Das Konzept ermögliche auch eine große Offenheit in die Stadt und in den Bezirk hinein, ein Angebot für wirklich alle Bevölkerungsgruppen, Altersklassen, Vereine und Initiativen. Ihre Fraktion unterstütze die in der Bürgerbeteiligung entwickelten Leitlinien mit dem Schwerpunkt Musik, den ergänzenden vielfältigen kulturellen Nutzungen und dem Themenfeld Gesellschaft und Wissen sowie auch mit einem passenden gastronomischen Angebot.

Jetzt sei es wichtig, dass gerade auch hinsichtlich der Organisationsform für den späteren Betrieb eine gute Umsetzung des Konzepts - unter Einbeziehung des Parks - sichergestellt wird. Daher begrüße ihre Fraktion ausdrücklich die Einbeziehung des Kulturamts und vor allem auch der Projektgruppe, die, auch in der Bürgerbeteiligung, Großes geleistet habe. Ihre Fraktion unterstütze deshalb die Vorlage, die sie als sehr gut erachte.

StR Körner (SPD) dankt OB Kuhn unter Hinweis auf ein gemeinsames Gespräch vor vier Jahren für dessen Einsatz, dass das Spekulieren um die Villa und die Grundstücke darum herum ein Ende haben solle und dass die Stadt die Flächen erwerben und sie der öffentlichen Hand zurückgeben wolle. Auch der Bezirksbeirat habe, lange bevor sich viele Initiativen mit der Villa Berg beschäftigt hätten, immer die Meinung vertreten, dass es eine städtische Aufgabe sei, die Villa zu retten.

Hinsichtlich der zukünftigen Nutzung und der heute zu beschließenden Leitlinien weist StR Körner auf die gesamtstädtische Bedeutung der Villa Berg und des Parks hin, was durch die vom Vorsitzenden erwähnte Eröffnung der Internationalen Bauausstellung 1927 deutlich gemacht werde. Dies bedeute, dass der Gemeinderat und alle Beteiligten sich hinsichtlich der Nutzung auch mit diesem Anspruch auseinandersetzen müssten. Seiner Ansicht nach sei es auch wichtig für den Erfolg der neuen Villa Berg, dass sie als Veranstaltungsstätte ein Profil mit einem gewissen Anspruch bekommt. Das Profil als Haus der Musik halte er für einen hervorragenden ersten Schritt, da vielen Menschen die Villa Berg noch aus dem Radio durch Übertragungen von Konzerten und anderen Veranstaltungen bekannt sei. Von Bedeutung sei auch das Trägerkonzept, an das hohe Ansprüche hinsichtlich der Organisation gestellt werden müssten. Hierbei sei es wichtig, die Aktiven vor Ort mit einzubinden. Bezüglich der Machbarkeitsstudie könne wie von der Verwaltung vorgeschlagen verfahren werden. Seine Fraktion stimme der Vorlage heute "hochmotiviert" zu, schließt StR Körner seine Ausführungen ab.

Auch seine Fraktionsgemeinschaft freue sich, dass heute die Leitlinien beschlossen werden können, und danke allen, die daran mitgearbeitet haben, dass dies heute der Fall sein könne, erklärt StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS). Er erinnert daran, dass es im Gemeinderat Zeiten gab, in denen es nicht so eindeutig gewesen sei, was mit der Villa Berg passieren sollte. Er persönlich habe bereits in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass ein Gebäude wie die Villa Berg mit herausragender, auch stadtweiter, Bedeutung ein öffentliches Gebäude mit geeigneter Nutzung sein solle. Seine Fraktionsgemeinschaft freue sich, dass heute die Mehrheiten klar für die künftige Nutzung der Villa seien. Der Stadtrat erinnert daran, dass es seinerzeit im Gemeinderat übliche Praxis war, dass Investoren ohne Baurecht sich darauf verlassen konnten, dass der Gemeinderat durch den Beschluss eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans dieses Baurecht einräumt. Bei der Villa Berg sei es gelungen, dieses abzuwenden.

Für die Zukunft sei es der SÖS-LINKE-PluS-Fraktionsgemeinschaft wichtig, dass bei der Weiterentwicklung des Nutzungskonzeptes, aber auch später beim Betrieb, weiterhin die Bürgerinnen und Bürger sowie der Bezirksbeirat eingebunden werden. Seine Fraktionsgemeinschaft begrüße es sehr, dass es eine gemeinnützige Struktur geben solle. Auch werde davon ausgegangen, dass die Stadt Zuschüsse gewähren müsse, damit das Konzept funktioniert, da ein solches Haus nicht einfach "ehrenamtlich und nebenher" betrieben werden könne.

Das für die Tiefgarage vorgesehene Geld sollte nach Meinung seiner Fraktionsgemeinschaft lieber in den Park investiert werden, merkt StR Rockenbauch abschließend mit der Ankündigung an, dass seine Fraktionsgemeinschaft der Vorlage zustimmen wird. Demgegenüber hält StR Zeeb (FW) eine Tiefgarage für sinnvoll, damit die Autos nicht letztendlich im Park abgestellt werden. StR Prof. Dr. Maier (AfD) bewertet die Tiefgarage ebenfalls positiv, da ohne eine solche Anlage die Villa Berg bei größeren Veranstaltungen sicherlich zu großen Problemen durch wildes Parken in den umliegenden Gebieten führen würde.

StR Zeeb äußert sich positiv zu den "vernünftigen Deals", die es ermöglichten, dass der Gemeinderat heute "einen guten Tag für die Villa Berg und einen Meilenstein für dieses Projekt" feiern könne. Selbstverständlich unterstütze es auch seine Fraktion, dass weiterhin die Bürgerbeteiligung bzw. die Bürgerinitiativen in das Verfahren einbezogen werden. Die Durchführung eines Wettbewerbs, wie in vorangegangenen Ausschusssitzungen nochmals angesprochen, sei nicht mehr notwendig, da es jetzt u. a. um die nötige Abschätzung der erforderlichen Kosten gehe, weil die Villa Berg nach den heute anzusetzenden Standards ertüchtigt werden müsse (Barrierefreiheit, energetische Verbesserung, nachhaltige Haustechnik usw.).

Sehr wichtig sei es seiner Fraktion auch, dass im Verfahren weiterhin gewährleistet sein muss, dass auch eine gewerbliche Nutzung in irgendeiner Form möglich sein wird, damit die Finanzierung etwas verbessert wird.

Wie die Vorredner freue sich auch seine Fraktion, dass nach jahrelangem Hin und Her und nach jahrelangem Verfall ein tragfähiges Konzept für den Wiederaufbau und den Betrieb der Villa Berg gefunden wurde, legt StR Prof. Dr. Maier dar. Das Nutzungskonzept mit einem etwas breiteren Ansatz, bei Bewahrung der klaren Konzentration auf Musikveranstaltungen, sei für seine Fraktion durchaus überzeugend. Seine Fraktion begrüße es auch, dass der Gastronomie die entsprechende Aufmerksamkeit gewidmet werde. Die Popularität eines Gebäudes hänge damit ja auch eng zusammen, nicht nur, wenn man auf die kulturellen Veranstaltungen blicke, sondern auch im Zusammenhang mit dem Park.

StR Prof. Dr. Maier thematisiert zum Abschluss seiner Wortmeldung, in welch großem Umfang der Denkmalschutz die Nutzungskonzepte und die Umbaukonzepte beeinflusst hat. Hier werde man sich in der Zukunft überlegen müssen, ob dies in diesem Umfang wirklich notwendig und tragbar sei. Dennoch sei aber bei den Planungen etwas Vernünftiges herausgekommen und seine Fraktion werde der Vorlage zustimmen.

Die Stadt habe durch den Rückkauf der Villa Berg signalisiert, dass sie es besser machen will als ein privater Anbieter, bemerkt StR Conz (FDP). Nach den Vorgaben und Ideen der Ratsmehrheit sei ein wirtschaftlicher Betrieb aus Sicht der FDP auch nicht mehr möglich. Die Bürgerbeteiligung habe zahlreiche Vorschläge, wie z. B. musikalische Veranstaltungen, Kultur und Kongresse, aber auch Bälle, Tanzveranstaltungen und Hochzeiten, erarbeitet, die nicht nur Menschen aus dem Stuttgarter Osten, sondern vielleicht auch von weiter her in die Villa Berg bringen sollen. Eine Tiefgarage werde deshalb benötigt. Die FDP sei optimistisch, dass es gelingen wird, diese Vorschläge zu realisieren. Deshalb werde die FDP die weiteren Schritte mit Freude begleiten und ihr Augenmerk auf das Trägerkonzept und die weiterhin gute Einbindung der Bürgerinnen und Bürger legen. Der Vorlage werde die FDP zustimmen.

Die STAdTISTEN unterstützten es voll und ganz, dass die Villa Berg wieder für die Öffentlichkeit nutzbar und zugänglich gemacht wird, äußert sich StR Dr. Schertlen (STd). Bedauerlicherweise sei die Villa in den letzten Jahren deutlich verfallen, weshalb ein hoher Sanierungsbedarf anstehe. Für die STAdTISTEN sei es wichtig, dass die Villa sowohl für Besucher als auch Nutzer niederschwellig und barrierefrei zugänglich bleibt. Für sinnvoll werde die Einrichtung eines Nutzungsbeirats gehalten, in dem u. a. die Berger Bürger mit vertreten seien. Dass sich eine sanierte Villa als reines Kommerzobjekt vollständig selbst tragen wird, dürfe nicht erwartet werden. Die STAdTISTEN hielten es für vertretbar, dass sich die Stadt an den laufenden Kosten in einem gewissen Umfang beteiligt. Als teilweise aktive Mitstreiter der Initiative Occupy Villa Berg freue es die STAdTISTEN besonders, dass es jetzt mit der Sanierung vorangehe. Er werde der Vorlage zustimmen, kündigt StR Dr. Schertlen abschließend an.


Abschließend stellt OB Kuhn fest:

Der Gemeinderat beschließt einstimmig wie beantragt.
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