Protokoll:
Ausschuss für Umwelt und Technik, Sozial- und Gesundheitsausschuss
des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
32
3
gemeinsame Verhandlung
Drucksache:
GZ:
Sitzungstermin:
15.05.2017
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
BM Wölfle
Berichterstattung:
der Vorsitzende, Frau Reichhardt (SozA), Herr Dr. Oediger (ASS)
Protokollführung:
Frau Westhaus-Gloël
de
Betreff:
Fehlende Pflegeplätze in der Stadt - Weitere Stadtgebiete in die Suche einbeziehen
- Antrag Nr. 62/2017 vom 07.03.2017 der Bündnis 90/DIE
GRÜNEN- Gemeinderatsfraktion
- mündlicher Bericht
Der im Betreff genannte Antrag ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.
Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.
Einführend bemerkt Frau
Reichhardt
, Hintergrund für den heutigen Bericht sei die Fortschreibung der Kreispflegeplanung bis 2025, die im Oktober 2016 vorgelegt worden sei. Darin werde ein großer Bedarf an Pflegeplätzen und damit verbunden an Grundstücken zur Gestaltung von ambulanten und stationären Pflegemöglichkeiten deutlich. Bis 2025 sei ein Bedarf von rund 2.392 Plätzen ermittelt worden. Nach aktuellem Stand gebe es in Stuttgart 5.406 Pflegeplätze, 149 Plätze befänden sich in der Planung. Allein aufgrund der demografischen Entwicklung, der Zunahme der alten und hochaltrigen Personen, würden im Jahr 2025 bereits 7.328 Pflegeplätze benötigt. Für die Umsetzung der Landesheimbauverordnung kämen allein schon durch die Umwandlung von Doppelzimmern in Einzelzimmer 619 Pflegeplätze hinzu. Die Kreispflegeplanung gliedere sich in Planungsbereiche, darunter seien die jeweiligen Stadtbezirke abgebildet, für die anhand der Bevölkerungszahlen die Bedarfe errechnet werden. Für die Stadt werde eine flächige und bedarfsorientierte Angebotsstruktur angestrebt. Die Sozialplanung orientiere sich bei den Bedarfen mittlerweile allerdings mehr an der Ebene der Planungsbereiche, dies einerseits, weil die Pflegeeinrichtungen in der Regel ein weiteres Einzugsgebiet hätten, andererseits, weil der kommende Bedarf so hoch sei, dass auch eine Überversorgung in einzelnen Stadtbezirken und Planungsbereichen die Versorgung der älteren Menschen in Stuttgart insgesamt überhaupt nur sicherstellen könne. So habe der Stadtbezirk Möhringen einen Überhang von 38 Pflegeplätzen, der Planungsbereich Filder aber ein Minus von 610 Pflegeplätzen. Die Sozialplanung benötige daher dringend das Grundstück im Logauweg in Stuttgart-Fasanenhof.
Herr
Dr. Oediger
berichtet im Sinne der Präsentation und führt aus, im Antrag gehe es speziell um zwei Grundstücke im Fasanenhof, ein Grundstück am Logauweg und ein Grundstück in der Martin-Schleicher-Straße, wo derzeit Flüchtlinge untergebracht sind. Weiter werde die Frage aufgeworfen, inwieweit vorhandene Gemeinbedarfsflächen, bei denen ein Wandel stattfindet, ein Potenzial für die Pflege haben oder generell für eine Weiterentwicklung der Gemeinbedarfsnutzung.
Von Sozialplanung und Stadtentwicklungsplanung aus seien zu den Gemeinbedarfsflächen St. Ulrich, Markus-Schleicher-Straße und Ehrlichweg Entbehrlichkeitsprüfungen durchgeführt worden. Dabei würden die Fachämter in der Stadt nach einem systematischen Verfahren abgefragt, wie der jeweilige Bedarf nach Einrichtungen ist. Die Bedarfsmeldungen würden von der Arbeitsgruppe sozialverträgliche Planung gesichtet, weil teilweise auch Interessenskonflikte bestehen, wenn mehrere Ämter Interesse an einem Grundstück haben. Letztendlich spreche die Arbeitsgruppe dann eine Empfehlung aus, wie mit einzelnen Grundstücken, bei denen Veränderungen anstehen, umgegangen werden soll.
Am
Ehrlichweg
würden bis zum Sommer drei Gebäude zur Unterbringung von Flüchtlingen erstellt. Im Westen werde das vorhandene Gelände vom Deutschen Roten Kreuz genutzt. Für das Gelände zwischen den Systembauten und dem DRK-Gelände habe das Jugendamt das Interesse, eine Kita zu errichten. Es bestehe ein genereller Bedarf für die Altersgruppe 0-3 Jahre. Viele Kitas lägen zudem mehr in den zentralen Bereichen von Fasanenhof. Es bestehe der Wunsch, eine Kitanutzung auch in der Randlage am Ehrlichweg zu haben. Das Amt für Umweltschutz müsse noch prüfen, ob auf der Außenspielfläche die Lärmwerte von maximal 65 dB(A) eingehalten werden. Wenn das der Fall sei, schlage die Arbeitsgruppe vor, die Fläche für eine Kita zu nutzen. Die städtebauliche Planungsabteilung beabsichtige dann, einen Wettbewerb generell für die Entwicklung Ehrlichweg durchzuführen und im Zuge des Wettbewerbsergebnisses einen Bebauungsplan aufzustellen.
Am Standort
Markus-Schleicher-Straße
, wo die Pavillon-Bauten aus der früheren Schulnutzung aktuell noch von Flüchtlingen belegt seien, die insbesondere in die Systembauten umziehen werden, empfehle die Arbeitsgruppe soziale Stadtplanung, einerseits eine Pflegeeinrichtung mit 50 Plätzen vorzusehen und zusätzlich, soweit möglich, eine betreute Wohngruppe für Kinder und Jugendliche mit Behinderung. Auch hier sei der Bedarf sehr groß. In der Kombination von beiden Nutzungen lägen viele Chancen. Was die
Fläche der Kirche St. Ulrich
angehe, so habe die Kirche vor, die Zahl der Gruppen im Kindergarten von drei auf vier zu erhöhen. Sie plane auch ein Wohnen für Menschen mit Behinderung und stelle Überlegungen für ein Mehrgenerationenwohnen an. Zur Umsetzung der Standorte Markus-Schleicher-Straße/St. Ulrich werde ein Wettbewerb empfohlen. Eine Änderung des bestehenden Bebauungsplans werde notwendig, zum Beispiel, weil bei der Fläche Markus-Schleicher-Straße im früheren Schulgrundstück kein Baufenster vorhanden sei.
Die von Frau Reichhardt bereits angesprochene Fläche am
Logauweg
sei im Flächennutzungsplan als Gemeinbedarfsfläche dargestellt zugunsten eines Pflegeheims, das aber nie realisiert worden sei. Etwa vier Fünftel der Fläche befänden sich in privatem Eigentum mit verschiedenen Eigentümern. Die Sozialverwaltung, Herr BM Wölfle, habe einen Grunderwerbsantrag an das Referat WFB gestellt mit der Bitte, hier in die Verhandlungen einzutreten. Die aktuelle Bedarfserhebung habe ergeben, dass die Fläche weiterhin für ein Pflegeheim, für Pflegewohnen sehr geeignet ist, aber nicht unbedingt in der Größenordnung, wie es der Flächennutzungsplan ermöglicht. Es sei denkbar, etwa die Hälfte der Fläche für geförderten Wohnungsbau mit dem entsprechenden Infrastrukturbedarf, vor allem Kitaplätze, zur Verfügung zu stellen.
StRin
Rühle
(90/GRÜNE) dankt für die Beantwortung des Antrags. Sie bittet um weitere Informationen zu der Fläche am Logauweg hinsichtlich ihrer ökologischen Bedeutung als Feuchtwiese und hinsichtlich des Lärmschutzes. Insgesamt gesehen sei es notwendig, die Gemeinbedarfsflächen, aber eben auch andere Flächen, stadtweit auch ämterübergreifend im Blick zu behalten, weil die Kreispflegeplanung gezeigt habe, dass Pflegeplätze fehlen. Auf der anderen Seite bestehe auch immer die Konkurrenz zum bezahlbaren Wohnraum. Umso wichtiger sei es, potenziell geeignete Flächen zu identifizieren und nutzbar zu machen und hierbei auch über die Stadtbezirksgrenzen hinauszugehen. Mögliche Optionen dürften nicht vorschnell auf dem freien Markt geopfert werden. Bei begründetem Interesse müssten weitere Pflegeplätze und andere altersgerechte Wohnformen wie Pflege-Wohngemeinschaften berücksichtigt werden, um zu kleineren, über die ganze Stadt verteilten, dezentralen Einrichtungen zu kommen.
StRin
Bulle-Schmid
(CDU) schlägt vor, an mehreren Stellen in der Stadt Einrichtungen wie das Mehrgenerationenhaus Anna-Haag-Haus in Bad Cannstatt zu planen, bei denen Pflegeheim und Kita miteinander kombiniert werden.
StR
Ehrlich
(SPD) begrüßt, dass bei den Vorschlägen der Arbeitsgruppe soziale Stadtplanung geprüft werde, welche unterschiedlichen Nutzungen möglich sind. Er dürfe nicht zu einer "Pflegeheim-Ballung im Fasanenhof" kommen. Vielmehr sollten unterschiedliche Wohnformen in der Planung berücksichtigt werden. Die genannten Standorte im Fasanenhof lägen relativ dicht beieinander. Eine Umsetzung der genannten Vorhaben führe zu einer gewissen Akzentuierung im Gebiet. Weiter spricht StR Ehrlich die Betreuung von Menschen mit psychischen Erkrankungen am Standort Bahnhof Möhringen an. Er bittet darum, bei der Suche nach entsprechenden Trägern sehr sorgsam vorzugehen und die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Nur eine Übertragung von einem anderen Stadtteil in Stuttgart zum Fasanenhof hin, sei nicht sinnvoll.
Während StR
Pantisano
(SÖS-LINKE-PluS) darauf hinweist, dass im Zuge von Nachverdichtungen das Thema Barrierefreiheit eine große Rolle spielen muss, hinterfragt StR
Dr. Fiechtner
(AFD) den Bedarf an Pflegeplätzen und die Anforderungen der Landesheimbauverordnung. Viele Dinge, die man vielleicht gerne hätte, werde man sich gesamtgesellschaftlich gar nicht mehr leisten können. Der Stadtrat erkundigt sich, ob es - vielleicht über den Städtetag - Bestrebungen gebe, die Rahmenbedingungen der Landesheimbauverordnung, beispielsweise die Umwandlung von Doppelzimmern in Einzelzimmer, auf ihre Sinnhaftigkeit und Bezahlbarkeit hin zu überprüfen.
StR
Dr. Reiners
(CDU) erkundigt sich nach dem aktuellen Stand zur Umsetzung der Landesheimbauverordnung in Stuttgart-Münster. Dort fielen bekanntlich viele Pflegeplätze weg und es sei eine Standortsuche vereinbart worden.
Frau
Reichhardt
antwortet, in Stuttgart Münster werde ein Grundstück derzeit geprüft. Sobald die Prüfung abgeschlossen und ein Lärmgutachten erstellt sei, werde im Sozial- und Gesundheitsausschuss berichtet werden. Sie berichtet weiter, die Sozialplanung versuche generell, den Bedarf an Pflegeplätzen zu berücksichtigen und das stationäre Setting in Heimen zu gestalten und dabei verschiedene Nutzungen und Angebote - Mehrgenerationenhaus, Kita gemeinsam mit Pflegeheim, Angebote sowohl für Menschen mit Behinderung als auch alte Menschen - zu verknüpfen. Es solle nicht eine reine "Monokultur" entstehen, sondern es sollten sich Quartiere mit verschiedenen Nutzungen und verschiedenen Zielgruppen entwickeln. An StR Ehrlich gewandt fügt Frau Reichhardt hinzu, die Sozialplanung habe auch für den Bereich Ehrlichweg im Fasanenhof ggf. Wohnen für Menschen mit psychischer Erkrankung angemeldet.
Herr
Dr. Oediger
sagt zu, sich zur Fläche am Logauweg hinsichtlich einer ökologischen Bedeutung als Feuchtwiese zu erkundigen. Das Thema Lärmschutz spiele grundsätzlich im Fasanenhof eine Rolle, weil der Stadtteil sehr nahe an Bundesstraße und Autobahn liege.
Nachdem StR
Dr. Fiechtner
an die ausstehende Beantwortung seiner Frage zur Landesheimbauverordnung erinnert hat, führt BM
Wölfle
aus, er habe sich in der Vergangenheit schon mit dem Landesminister in Verbindung gesetzt und darum gebeten, bei der Umsetzung der Landesheimbauverordnung mit Augenmaß vorzugehen. Manche Umsetzung brauche einfach ihre Zeit. Die Landesheimbauverordnung gelte aber, und sie habe ja auch ihr Gutes. Die Verbesserungen, auch die Unterstützung durch mehr Personal, seien erfreulich, würden am Ende aber zu einer erheblichen Verteuerung von Pflege führen. Bestrebungen, die Anforderungen zu revidieren, gebe es nicht. Die Landesheimbauverordnung sei Sache des Landes. Als Kommune könne man darauf hinweisen, dass die Übergangsfristen für die Träger lang genug sein müssen, und im Fall von besonderen Herausforderungen die Probleme im Dialog lösen.
Der Vorsitzende stellt abschließend fest:
Der Sozial- und Gesundheitsausschuss und der Ausschuss für Umwelt und Technik
haben
von dem Bericht zustimmend
Kenntnis genommen.
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