Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Städtebau/Wohnen und Umwelt
Gz: SWU
GRDrs 1493/2019
Neufassung
Stuttgart,
05/20/2020



Städtische Vorgaben im Energiebereich
Aktualisierung des städtischen Energieerlasses und Anpassung an die Energieeinsparverordnung 2014




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik
Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen
Ausschuss für Klima und Umwelt
Gemeinderat
Vorberatung
Vorberatung
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
05.05.2020
08.05.2020
15.05.2020
28.05.2020



Beschlußantrag:

Neufassung entsprechend der Vorberatung im Ausschuss für Klima und Umwelt am 15. Mai 2020. Die Änderungen im Beschlusspunkt 2 und 4, sowie der neue Beschlusspunkt 7 sind kursiv dargestellt. Das Beschlussdatum in der Anlage ist angepasst.

1. Der Aktualisierung des städtischen Energieerlasses vom 14.06.2005 und Umbenennung in Energierichtlinie wird zugestimmt.

2. Alle städtischen Neubauten und Neubauten der städtischen Eigenbetriebe (inkl. Klinikum) werden zukünftig klimaneutral errichtet mit dem Ziel den Plusenergiestandard zu erreichen. Dabei sind folgende Themen zu berücksichtigen: 3. Bei der Sanierung von städtischen Gebäuden wird ebenfalls die Klimaneutralität angestrebt. Es sollen bevorzugt ganzheitliche Sanierungen durchgeführt werden. Für die zu sanierenden Bauteile werden neue Höchstwerte der Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Werte) festgelegt (siehe Tabelle 1). Neben der Einhaltung von Einzel-Wärmedurchgangskoeffizienten ist auch der Nachweis über das in der EnEV festgelegte Hüllflächenverfahren möglich: Anforderungen an Bauteile, die technisch nicht ausreichend ertüchtigt werden können, dürfen durch Übererfüllung an anderen Bauteilen kompensiert werden (sogenannte 140 %-Regel). Der Bau von Solaranlagen in Verbindung mit Speicher ist vorzusehen (z. B. auch zur Förderung der E-Mobilität). 4. Die städtischen Vorgaben im Energiebereich (Beschlussziffer 2 und 3) werden im Rahmen der Einflussmöglichkeiten auch für die städtischen Tochtergesellschaften übernommen. Im Wohnungsbereich wird bei Neubauvorhaben an der mit dem Bündnis für Wohnen getroffenen Mindestanforderung kfW 55 festgehalten.

5. Die Verwaltung wird beauftragt, beim Verkauf von städtischen Grundstücken und beim Abschluss von städtebaulichen Verträgen bzw. vergleichbaren Verträgen mit dem Ziel zu verhandeln, die Anforderungen KfW 55 und EnEV 2016 -20 % sowie der Nutzung von Solarenergie im Vertrag zu verankern.

6. Bei der Bewertung von Energieeinsparmaßnahmen der Stadt werden neben den wirtschaftlichen Gesichtspunkten die CO2-Emissionen mit 50 Euro/t CO2 bepreist. 7. Bei Sanierungen und Neubau werden Nahwärmelösungen geprüft und wenn möglich umgesetzt. Über die vorangegangenen Punkte wird bei Neubau oder Sanierung jeweils in aller Kürze in der jeweiligen Vorlage eingegangen und/oder im Ausschuss für Klima und Umwelt berichtet.


Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Mit der Gemeinderatsvorlage 975/2019 hat sich der Oberbürgermeister und der Gemeinderat der Stadt Stuttgart verpflichtet in Stuttgart zu handeln. Stuttgarts Maßstab im Bereich des Klimaschutzes ist das Einhalten der Klimaziele von Paris. Damit verbunden sind neue energetische Standards beim Neubau und bei der Sanierung von Gebäuden, um den CO2 Ausstoß deutlich zu reduzieren und die verabschiedeten Mindestziele (2030 -60 %, 2040 -80 % und 2050 -95 % gegenüber 1990) auch zu erreichen. Dazu zählt das Ziel im Neubau möglichst auf das Plusenergieniveau zu kommen und bestehende Gebäude möglichst klimaneutral zu sanieren. Die genaue Ausgestaltung dieser Ziele wird bei der Umsetzung der Vorhaben in der Praxis erprobt und weiter detailliert. Die Ergebnisse werden anschließend bei der Überarbeitung der Energierichtlinie berücksichtigt.


1. Novellierung des Energieerlasses und Umbenennung in Energierichtlinie

Der Energieerlass hat sich als Planungs- und Steuerungswerkzeug bewährt. Er regelt innerhalb der Stadtverwaltung Verfahrensabläufe für Entscheidungen, die Einfluss auf den künftigen Energieverbrauch der Stadtverwaltung haben, er enthält Betriebsanweisungen und Planungsvorgaben.

Seit Einführung des Energieerlasses (GRDrs 352/1997) und der Novellierung der derzeit gültigen Version (GRDrs 22/2005) haben sich die gesetzlichen Rahmen­be­ding­ungen geändert und der Stand der Technik wurde weiterentwickelt, so dass auch die städtischen Vorgaben angepasst werden müssen.

Hinzu kommt aber auch das Thema Klimaschutz, das durch das Aktionsprogramm Klimaschutz „Weltklima in Not – Stuttgart handelt“ des Oberbürgermeisters einen deutlichen Schub auch im Gebäudebereich erhalten hat.

Die Umbenennung des Energieerlasses in Energierichtlinie wurde entsprechend der in 2006 verabschiedeten Dienstanweisung für Verwaltungsvorschriften (Rundschreiben Nr. 020/2006 des Oberbürgermeisters) vorgenommen.


2. Anpassung der Neubauvorgaben für Nichtwohngebäude und Wohngebäude

Geltende rechtliche Vorschriften und Regeln

Die Stadt Stuttgart stellt beim Verkauf von städtischen Grundstücken in städtebaulichen Verträgen und bei städtischen Neubauten oder Sanierungen seit 1998 erhöhte Anforderungen an den energetischen Standard der Gebäude. Im Laufe der Jahre wurden diese Anforderungen immer wieder aktualisiert. Zuletzt hat die Verwaltung ihre Vorgaben mit der GRDrs 165/2010 an die Energieeinsparverordnung (EnEV 2009) angepasst.

Am 1. Mai 2014 ist erneut eine Novellierung der Energieeinsparverordnung in Kraft getreten. In dieser Novellierung sind Verschärfungen im Neubaubereich ab dem 1. Januar 2016 festgeschrieben.

Aus diesem Grund hat die Stadt (Amt für Umweltschutz in Absprache mit dem Hochbauamt) 2014 beim Fraunhofer-Institut für Bauphysik ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die Auswirkungen der neuen EnEV analysiert und wirtschaftlich vertretbare Anforderungen daraus ableitet. Die Ergebnisse des Gutachtens wurden mit den Beteiligten (Hochbauamt, Liegenschaftsamt, Schulverwaltungsamt und Bündnis für Wohnen) intensiv diskutiert, vertieft und überarbeitet. Der Bericht wurde mit der GRDrs 769/2017 dem Gemeinderat als Anlage bereits dargelegt.

Aktuell wird bereits an einer neuen Energieeinsparverordnung gearbeitet, die eine Zusammenführung der EnEV und des EEWärmeG als Gebäudeenergiegesetz (GEG) vorsieht. Gemäß EU-Gebäuderichtlinie ist ab 1. Januar 2021 der Niedrigstenergiestandard für alle Neubauten verpflichtend. Die jetzt zum Beschlussantrag vorgeschlagenen Anforderungen sind jedoch weitergehend und zukunftsweisender als die kommenden Regelungen von Seiten des Bundes.

Klimaschutz

Die Klimaschutzkonferenz von Paris hat einen klaren Handlungsauftrag zur Erreichung des 1,5 Grad Ziels formuliert, den gerade die Kommunen ernst nehmen und unterstützen müssen. Unterstützt durch die „Fridays for Future“ Bewegung hat das Thema Klimaschutz jetzt eine sehr hohe Akzeptanz, verbunden mit der Forderung nach mehr Handeln, jetzt und heute, erhalten.

Dem kommt das Aktionsprogramm Klimaschutz des Oberbürgermeisters nach und insbesondere werden damit die Ziele im Klimaschutz im Gebäudebereich deutlich erhöht.
In Zukunft sollen die städtischen Gebäude klimaneutral (ohne fossile Energie) gebaut werden mit dem Ziel den Plusenergiestandard zu erreichen. Falls das Ziel Plusenergie
nicht erreicht wird, gelten folgende Mindestanforderungen: in Wohngebäuden KfW Effizienzhaus 40 und in den übrigen Gebäuden (Nichtwohngebäude) 35 %-ige Unterschreitung der Energieeinsparverordnung 2016 (EnEV 2014 mit den seit 1. Januar 2016 geltenden Anforderungen). Bezogen auf den baulichen Wärmeschutz (thermische Hülle) sind die Vorgaben der Energieeinsparverordnung um 30 % zu unterschreiten. Für An- und Erweiterungsbauten ohne eigene Heizzentrale gelten mindestens die Anforderungen des baulichen Wärmeschutzes mit einer Unterschreitung der EnEV von 30 %. Damit baut Stuttgart für die Zukunft und geht beim Klimaschutz voran und handelt jetzt sofort.

Ergänzt werden die Vorgaben durch einen höheren Einsatz von Holz als klimaneutralem Baustoff und dem vermehrten Einsatz von Recyclingbaustoffen. So kann insbesondere der Einsatz von RC-Beton helfen, den energieintensiven Baustoff Beton klimaverträglicher einzusetzen und wertvolle Ressourcen wie Sand und Kies zu schonen. Im Sinne des nachhaltigen Bauens und einer Kreislaufwirtschaft (z.B. Cradle2Cradle) sind und werden zunehmend rückbaubare Bauweisen mit lösbaren Bauteilverbindungen zum Einsatz gebracht.

Der weitere Ausbau der Solarenergienutzung in Verbindung mit mehr Grün am Gebäude helfen zusätzlich die regenerative Energiegewinnung auszubauen und das Stadtklima zu verbessern.


3. Anforderungen bei der Sanierung städtischer Gebäude

Bei Bestandsgebäuden ist das Ziel, durch die Sanierung klimaneutrale Gebäude zu erhalten. Der Großteil der Gebäude in der Stadt ist schon gebaut, deshalb kann die Sanierung von Bestandsgebäuden bei der Energieeinsparung und beim Klimaschutz einen wichtigen und großen Beitrag leisten.

Seit der letzten Aktualisierung des Energieerlasses (GRDrs 22/2005) haben sich einerseits die gesetzlichen Rahmenbedingungen geändert, andererseits hat sich der Stand der Technik weiterentwickelt und die Anforderungen zur Erreichung der Ziele beim Klimaschutz sind gestiegen.

Die derzeit gültigen Werte aus dem aktuellen Energieerlass fallen teilweise schlechter aus als die Vorgabe zu den Wärmedurchgangskoeffizienten in der aktuell gültigen Energieeinsparverordnung (EnEV 2016). Die neuen Mindestanforderungen zu den Wärmedurchgangskoeffizienten werden in Bezug auf die technische Nutzungsdauer um ein vertretbares Maß verschärft und liegen durchschnittlich 20 % unter den Anforderungen der EnEV 2016. In Tabelle 1 sind die neuen Mindestvorgaben für die Wärmedurchgangskoeffizienten der Bauteile zusammengestellt.



Tabelle 1 Wärmedurchgangskoeffizienten bei baulichen Änderungen an bestehenden Gebäuden

Bauteil
Maximaler U-Wert in [W/m²K]*
vollbeheizte
Gebäude

(≥ 19°C)

minderbeheizte
Gebäude**

(≥ 12°C / < 19°C)

Außenliegende Fenster
sowie Dachfenster
mit thermisch verbessertem Randverbund („warme Kante“)
Glas: 0,70

Rahmen: 1,40
Glas: 1,10

Rahmen: 1,40
Außenwände 0,20 0,28
Decken unter nicht ausgebauten Dachräumen und Decken,
die Räume nach oben oder unten gegen die Außenluft abgrenzen
Flachdach und
oberste
Geschoss-
decke:
0,15

Steildach:
0,20




0,28
Kellerdecken, Wände und Decken gegen unbeheizte Räume sowie Decken und Wände, die an das Erdreich grenzen
0,25

0,30
Außentüren
Paneel
Rahmen
-
1,80
2,00
-
1,80
2,00

* das Hüllflächenverfahren nach EnEV (140 % Regel) ist anwendbar
** zu den minderbeheizten Gebäuden zählen z.B. Werkstätten

Diese Werte ersetzen die bisherigen Vorgaben der Wärmedurchgangskoeffizienten in Anlage 4 des Energieerlasses (GRDrs 22/2005). Das Ziel ist es mit diesen Vorgaben nach den Sanierungsmaßnahmen klimaneutrale Gebäude zu erhalten. Generell sind Ausnahmen in begründeten Fällen (z.B. Denkmalschutz) möglich.

Die zu erwartenden baulichen Mehrkosten, die aus den neuen Vorgaben der U-Werte resultieren, wurden anhand eines konkreten Sanierungsobjekts untersucht. Dabei wurden mehrere Bauteile (Flachdach, Vorhangfassade und Wärmedämmverbundsystem) mit unterschiedlichen Dämmstoffstärken betrachtet. Im Vergleich zu den U-Wert-Vorgaben der EnEV 2016 ist bei Einhaltung der neuen städtischen Vorgaben für die Wärmedurchgangskoeffizienten mit Mehrkosten im Bereich der Bauteilkosten von 4 bis 6 % zu rechnen.

Dem gegenüber stehen Einsparungen in den Betriebskosten, die sich aus den vermiedenen Energiebezügen der wärmedämmtechnisch besser sanierten Gebäude ergeben. Die CO2-Bepreisung (in Zukunft noch ansteigend) wurde nicht berücksichtigt.
4. Anforderungen für die städtischen Tochtergesellschaften

Es ist das Ziel, auch die Neubauten der Tochtergesellschaften der Stadt als klimaneutrale Gebäude zu errichten oder sogar so zu bauen, dass sie das Plusenergieniveau erreichen. Dies gilt bei neuen, noch nicht mit der Planung begonnenen Projekten. Bei Wohngebäuden gilt der mit dem Bündnis für Wohnen abgestimmte Mindest-Standard KfW 55. Die tatsächliche Entscheidung über das Anforderungsniveau für die einzelnen Neubauten obliegt den einzelnen Aufsichtsräten.


5. Anforderungen beim Verkauf von städtischen Grundstücken

Die Landeshauptstadt Stuttgart stellt beim Verkauf von städtischen Grundstücken, in städtebaulichen Verträgen und in vergleichbaren Verträgen seit 1998 erhöhte Anforderungen an den energetischen Standard der Gebäude. Auch diese Anforderungen sollen mit der Fortschreibung der energetischen Standards an die Ziele des Klimaschutzes angepasst werden.

Im Vorfeld wurden insbesondere mit den Mitgliedern im Bündnis für Wohnen und auf Grundlage der Untersuchungen des Fraunhofer Instituts für Bauphysik die Ziele und Möglichkeiten diskutiert und untersucht, um sowohl die Ziele des Klimaschutzes, aber auch die Ziele des bezahlbaren Wohnraums zu erfüllen.

Mit dem Bündnis für Wohnen wurde der Beschluss (KfW 55) abgestimmt und in Besprechungen am 13. Januar 2017 und 5. Mai 2017 unter den aktuellen Randbedingungen (KfW-Förderung) als wirtschaftlich eingestuft. Das Bündnis für Wohnen favorisierte eine Anforderung, die keine Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung zwingend erforderlich macht. Dies ist beim KfW 55-Niveau bei allen Versorgungsvarianten mit dem Gutachten des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik nachgewiesen.


Inhalt der aktuellen KfW-Programme

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) fördert energieoptimierte Wohngebäude im Programm „Energieeffizient Bauen“ mit zinsgünstigen Krediten und Tilgungszuschüssen. Maßgeblich sind die von der Energieeinsparverordnung (EnEV) gesetzlich vorgeschriebenen Werte für Energiebedarf und Wärmeverlust eines Neubaus.

Die Förderung des KfW-Effizienzhauses 70 wurde zum 1. April 2016 abgeschafft. Nach wie vor förderfähig sind die KfW-Effizienzhäuser 55 und 40. Neu eingeführt wurde der Standard KfW-Effizienzhaus 40 Plus.

KfW-Effizienzhäuser 55 dürfen den Jahres-Primärenergiebedarf (Qp) von 55 % und den Transmissionswärmeverlust (H’T) von 70 % der errechneten Werte für das Referenzgebäude nach EnEV 2014 nicht überschreiten. KfW-Effizienzhäuser 40 dürfen den Jahres-Primärenergiebedarf (Qp) von 40 % und den Transmissionswärmeverlust (H’T) von 55 % der errechneten Werte für das Referenzgebäude nach EnEV 2014 nicht überschreiten. KfW-Effizienzhäuser 40 Plus erfüllen die Anforderungen der KfW-Effizienzhäuser 40 und verfügen zusätzlich über ein Plus Paket. Dieses Paket besteht aus einer stromerzeugenden Anlage auf Basis erneuerbarer Energien, einem Stromspeicher, einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und einer Visualisierung von Stromerzeugung und Stromverbrauch über ein Benutzerinterface.

Die KfW bezieht sich bei ihren Anforderungen auf die EnEV 2014 vor den Änderungen zum 1. Januar 2016.

Um sowohl für den Wohnungsbau als auch für Nichtwohngebäude eine Aussage zur Wirtschaftlichkeit einer erhöhten Anforderung zu erhalten, wurden in der Untersuchung des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (GRDrs 769/2017) vier Gebäude exemplarisch betrachtet: Im Nichtwohnungsbau eine Kindertagesstätte und eine Schule, im Wohnungsbau eine Doppelhaushälfte und ein Mehrfamilienhaus. Zur Energieversorgung wurden die vier Varianten Gasbrennwertkessel mit BHKW, Fernwärme, Holzpelletkessel und Erdreichwärmepumpe näher betrachtet. Bei der Untersuchung wurde aber keine CO2-Bepreisung berücksichtigt.

Die Untersuchungen in dieser Studie haben folgendes gezeigt:
- Der bisherige Gemeinderatsbeschluss („KfW 70 Niveau“ für den Wohnungsbau und „30 % unter EnEV 2009 Niveau“ für den Nichtwohnungsbau) führt zu einer mittleren Unterschreitung der Anforderungen der EnEV 2016 von etwa 5 %. Entsprechend wird schon heute 5 % weniger Energie benötigt.
- Mit Einführung der EnEV 2016 haben sich die energetischen Anforderungen an zu errichtende Gebäude spürbar gegenüber den Anforderungen der EnEV 2009 erhöht.
- Bei Nichtwohngebäuden können die Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz mit einem geringeren Aufwand erfüllt werden als bei Wohngebäuden.
- Ein niedriger Primärenergiebedarf führt nicht automatisch zu niedrigen Energieverbräuchen. Bei Holzpelletfeuerungen ist ein höherer Endenergieverbrauch aufgrund des erneuerbaren Energieträgers zulässig.
- Anlagensysteme die ausschließlich mit fossiler Energie betrieben werden, erlauben nur eine begrenzte Reduzierung des Primärenergiebedarfs. Anlagensysteme die einen wesentlichen Anteil erneuerbarer Energien erschließen, erlauben wirtschaftliche Reduzierungen der Anforderungen um mehr als 35 %.
- Beim überwiegenden Anteil der Berechnungen stellt die Nebenanforderung (Qualität des baulichen Wärmeschutzes) die maßgebende Größe zur Einhaltung der Energieeffizienz des Gebäudes dar.
- Eine Erhöhung der städtischen Anforderungen auf ein Niveau „35 % unter EnEV 2016“ lässt sich mit einer hochwertigen Baukonstruktion mit allen untersuchten Anlagetechniken in Bezug auf die technische Nutzungsdauer mit Mehrkosten realisieren. Hierbei sind die Bedingungen bei den Nichtwohngebäuden günstiger als bei den Wohngebäuden. Die Mehraufwände können jedoch bei den Wohngebäuden gerade im Mehrfamilienhausbereich häufig durch Tilgungszuschüsse kompensiert und die Wirtschaftlichkeit weiter verbessert werden.
- Insgesamt bewegen sich die Amortisationsdauern je nach Gebäudetyp und je nach Energieversorgungsvariante im Bereich zwischen -15 und 68 Jahren. Tabelle 2 Amortisationsdauern der unterschiedlichen Gebäudetypen je nach Versorgungsvariante bei „EnEV 2016 -20%“ bzw. KfW55
Tabelle 3 Amortisationsdauern der unterschiedlichen Gebäudetypen je nach Versorgungsvariante bei „EnEV 2016 -35%“ bzw. KfW40 - Für die Herstellung energieeffizienterer Nichtwohngebäude können je nach örtlichen Gegebenheiten und je nach Komplexität des Energieversorgungssystems Investitionsmehrkosten (für bauliche und anlagenspezifische Komponenten) von 80 bis 210 €/m² NGF inklusive der entsprechenden Nebenkosten entstehen. Bezogen auf die Gesamtprojektkosten bedeutet dies Mehrkosten in Höhe von 2 bis 6 %. Je nach gewähltem Energieversorgungssystem entstehen zusätzliche Einsparungen bei den Energiebezugskosten. Die in den Investitionsmehrkosten enthaltenen Mehrkosten für die Gebäudehülle bewegen sich bei der günstigsten Energieversorgungsvariante „EnEV 2016 -20 %“ im Bereich von 20 bis 35 €/m²NGF und erwirtschaften sich ohne Berücksichtigung von Fördermitteln im Mittel in 29 Jahren. Beim Anforderungsniveau EnEV 2016 -35 % / KfW 40 liegen die Mehrkosten zwischen 69 und 111 €/ m²NGF und erwirtschaften sich ohne Berücksichtigung von Fördermitteln im Mittel in 47 Jahren. Bezogen auf die Gesamtprojektkosten bedeutet dies Mehrkosten in Höhe von 4 bis 10 % (Mittelwert 7 %). Für klimaneutrale Gebäude liegen die Mehrkosten zwischen 8 und 12 % (Mittelwert 10 %).

- Die Mehrkosten für energieeffizientere Wohngebäude im Bereich der Gebäudehülle bewegen sich bei der Variante „EnEV 2016 -35 % / KfW 40“ zwischen 12 und 121 €/m²NGF und erwirtschaften sich mit Berücksichtigung von Fördermitteln im Mittel in 14 Jahren. Bei Mehrfamilienhäusern liegen aufgrund der aktuellen KfW-Förderung (bis zu 10.000 Euro pro Wohneinheit) größtenteils sogar negative Kapitalrückflusszeiten vor. Durch vergleichsweise höhere Fördersummen für energieeffizientere Gebäude amortisiert sich die höhere Unterschreitung der EnEV 2016 (-35 %) dort schneller.


Bei Nichtwohngebäuden ist die Wirtschaftlichkeit bei der Nutzung einzelner Technologien (Fernwärme, Holzpelletfeuerung, Wärmepumpe) auch bei einer Unterschreitung der EnEV 2016 um 35 % noch gegeben.

Die Mehrkosten für energieeffizientere Wohngebäude im Bereich der Gebäudehülle bewegen sich bei der Variante „EnEV 2016 -20 % / KfW 55“ zwischen 59 und 92 €/m²NGF und erwirtschaften sich mit Berücksichtigung von KfW-Fördermitteln (von bis zu 5.000 € pro Wohneinheit) im Mittel in 16 Jahren. Durch die Vorgabe im Wohngebäudesektor wird sichergestellt, dass die Bauherren von Wohngebäuden die attraktiven Fördermittel der KfW-Bank in die Finanzierung einbinden können. 2020 wurden die Fördersätze der KfW zum 24.01.2020 in den Programmen "Energieeffizient Bauen" und „Energieeffizient Sanieren" um 10 % angehoben. Beides wirkt sich positiv auf die Wirtschaftlichkeit aus und verbessert sich zusätzlich durch die CO2-Bepreisung, die die Auswirkungen auf das Klima monetär berücksichtigt.


6. Berechnungsgrundlage

Die Wirtschaftlichkeitsberechnung hängt nicht nur von den Baukosten ab, sondern auch von den laufenden Kosten. So gehen hier Energieeinsparungsgewinne, als auch Energieeffizienzgewinne positiv ein.

Bisher wurden die Auswirkungen auf das Klima und der Ausstoß von CO2 nicht in den Berechnungen berücksichtigt. Im Vorgriff auf eine CO2-Bepreisung werden bei der Bewertung von Energieeinsparmaßnahmen neben den wirtschaftlichen Gesichtspunkten auch die CO2-Emissionen mit 50 Euro/t CO2 zu Grunde gelegt.


Finanzielle Auswirkungen

Die neuen energetischen Anforderungen werden bei den städtischen Vorhaben umgesetzt, für die derzeit noch kein Beschluss gefasst ist, bzw. für die noch kein Kaufvertrag oder städtebaulicher Vertrag abgeschlossen ist. Die neuen energetischen Vorgaben gelten noch nicht für die restlichen bereits im Planungsprozess befindlichen Maßnahmen des Gesamtprojekts Neubau KH (Häuser A, B, E).

Bei Maßnahmen die bereits im Doppelhaushalt 2020/21 und in der Finanzplanung berücksichtigt und finanziert wurden, finden die neuen Vorgaben keine bzw. nur insoweit Anwendung, wie die aus den höheren energetischen Anforderungen resultierenden Mehrkosten im Rahmen der bewilligten Mittel oder aus den 20 Mio. Euro des Projektbudgets „klimaneutrales Bauen“ des Klimaschutzfonds finanziert werden können.


Beteiligte Stellen

Referate L/OB, S/OB, AKR, WFB, SOS, JB, SI, T, GPR

Vorliegende Anträge/Anfragen

Antrag 126/2015 (Bündnis 90/Die Grünen),
Antrag 218/2018 (B90/Die Grünen, SPD, Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS),
Antrag 169/2020 (SPD)


Erledigte Anträge/Anfragen

Antrag 126/2015 (Bündnis 90/Die Grünen),
Antrag 218/2018 (B90/Die Grünen, SPD, Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS),
Antrag 169/2020 (SPD)




Peter Pätzold
Bürgermeister


Anlagen

Energierichtlinie der LHS Stuttgart (mit neuem Beschlussdatum)

<Anlagen>



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