Landeshauptstadt Stuttgart
Technisches Referat
Gz: T
GRDrs 918/2016
Stuttgart,
11/29/2016


Barrierefreiheit
Bericht 2016




Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Umwelt und TechnikKenntnisnahmeöffentlich13.12.2016

Bericht:




Einleitung

Barrierefreiheit ist gleichzeitig Richtschnur und Daueraufgabe bei der Gestaltung des öffentlichen Straßenraums. Bei allen Projekten im öffentlichen Straßenraum werden die aktuellen Regeln und Richtlinien für barrierefreies Bauen unter Beachtung der lokalen Randbedingungen angewendet. So konnten für mobilitätseingeschränkte Menschen in den letzten Jahren an vielen Stellen Verbesserungen durch den Einbau von Blindenleiteinrichtungen an Kreuzungen, Haltestellen und Überwegen, durch Absenkungen von Bordsteinen und den Bau von Gehwegverbreiterungen und zusätzlichen Querungshilfen erzielt werden.

Für die konkrete Umsetzung der verschiedenen Vorgaben der Gesetze und Richtlinien wurde von der Verwaltung ein Leitfaden aufgestellt und mit dem Dachverband Integratives Planen und Bauen Stuttgart e.V. und dem Blinden- und Sehbehindertenverband Württemberg e.V. abgestimmt. Darüber hinaus werden bei umfangreichen Umgestaltungen von Verkehrs- und Freiflächen die Ausführungspläne mit den Leiteinrichtungen mit den Verbänden abgestimmt.

Über den Stand der Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit wurde zuletzt im Rahmen des Berichts über die Maßnahmen für den Fußverkehr (GRDrs 550/2014) berichtet. Mit diesem Bericht wird über die aktuellen Standards, den Stand der baulichen Umsetzung und die weiteren Planungen berichtet. Zudem wird ein Überblick über die bereitgestellten Budgets und den weiteren Mittelbedarf gegeben.


Leiteinrichtungen für Blinde und Sehbehinderte

Die Leiteinrichtungen für Blinde und Sehbehinderte bestehen im öffentlichen Raum aus den Bodenindikatoren und den Vibrationstastern an Lichtsignalanlagen. Beides wird inzwischen bei allen Neu- und Umbauten sowie bei der Erneuerung von Lichtsignalanlagen in bebauten Bereichen eingebaut (Anlage 1).

Neu eingeführt und abgestimmt ist inzwischen auch der Standard mit akustischen Signalen (Freigabesignale), die an den signalisierten Überwegen angefordert werden können.

Für die Bordsteinabsenkung an signalisierten und nicht signalisierten Überwegen wurde als Regelfall in Abstimmung mit den Behindertenverbänden ein 3 cm hoher abgerundeter Bord festgelegt. Dieser geringe Höhenunterschied ist für Blinde und sehbehinderte Menschen gut tastbar und für gehbehinderte Menschen überwindbar.


Barrierefreie Bushaltestellen

Seit 2011 gibt es ein Programm, mit dem Bushaltestellen barrierefrei umgebaut werden. Mit dem Programm werden ein Hochbord, in der Regel der Stuttgarter Kombibord, und Blindenleiteinrichtungen eingebaut. Zudem wird bei fast allen Maßnahmen auch der Fahrbahnbelag der Haltestelle erneuert. Der Stuttgarter Kombibord ist ein Bordstein mit 18 cm Höhe aus weißem Beton, der so geformt ist, dass das rechte Rad des Busses auf dem Fuß des Bordsteins fährt. Die Einstiegshöhe ist dadurch immer gleich, egal ob sich der Belag in der Haltestelle verformt, was früher immer wieder zu Schäden an den Bussen und den Bordsteinen geführt hat (Anlage 2, Bild1).

Durch die Unterstützung dieses Programms konnten inzwischen viele Bushaltestellen umgebaut werden. Priorität haben die Bushaltestellen, die in der Fortschreibung des Nahverkehrsplans genannt sind. Dies sind die Haltestellen der hochfrequentierten Innenstadtlinien, den sogenannten 40er Linien. Weniger frequentierte Haltestellen werden umgebaut, wenn Unterhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen der Fahrbahn notwendig sind. Darüber hinaus werden auch viele Haltestellen im Zuge von Straßenumgestaltungen wie z. B. bei Stadtbahnmaßnahmen, Investoren- und Neubauprojekten, Erschließungen usw. hergestellt. In 2016 konnten so insgesamt 18 Richtungshaltestellen barrierefrei umgebaut werden. Das Programm mit den Haltestellen im Doppelhaushalt 2016/2017 ist in Anlage 3 dargestellt.

Mit dem Umbau der Haltestelle wird in der Regel auch die Fahrbahn der Haltestelle erneuert. Die Belastung durch Busse ist mit eine der höchsten Belastungen für Fahrbahnbeläge. Die Bauweise in Asphalt hält diesen Belastungen meist nicht lange Stand und es kommt daher oft nach wenigen Jahren zu ersten Verdrückungen und Spurrinnen (Anlage 2, Bild2). In der Folge sind Unterhaltungsmaßnahmen notwendig, um die Verkehrssicherheit und Gebrauchstauglichkeit der Haltestelle zu gewährleisten.

Längere Haltbarkeiten versprechen andere Materialien wie Beton oder Materialzuschläge im Asphalt. Besonders vielversprechend hinsichtlich der Haltbarkeit ist die Betonbauweise, für die national und international bereits gute Erfahrungen vorliegen. Allerdings liegen für diese Sonderbauweisen die Investitionskosten deutlich höher.

Mit den klassischen ungebundenen und gebundenen Pflasterbauweisen wurden in Stuttgart sowie bundesweit keine positiven Erfahrungen gesammelt. Diese Bauweisen sind für hohe Belastungsklassen daher im derzeit gültigen Regelwerk ausgeschlossen. Sie werden daher nur in Ausnahmefällen zum Einsatz kommen. Eine Sonderbauweise mit Pflaster ist das System ecoprec, wo das Pflaster wasserundurchlässig auf Asphalt eingebaut wird. Mit dieser Bauweise wurden dieses Jahr die Haltestellen am Bahnhof in Obertürkheim hergestellt. Langzeiterfahrungen mit dieser Bauweise liegen in Stuttgart noch nicht vor.

Für den Ausbau der barrierefreien Bushaltestellen stehen derzeit 300.000 EUR pro Jahr bis zum Jahr 2020 zur Verfügung. Mit der Asphaltbauweise können mit diesem Budget 8 bis 10 Haltestellen und mit der Betonbauweise 4 bis 5 Haltestellen pro Jahr umgebaut werden. Der endgültige Kostenaufwand pro Haltestelle variiert abhängig von Randbedingungen wie Geometrie und Höhenverhältnissen, der Verkehrsbelastung und dem vorhandenen baulichen Zustand der Haltestelle. Diese Randbedingungen haben einen wesentlichen Einfluss auf die Gesamtkosten der Maßnahme.

Da es nach den vorliegenden Erfahrungen aus anderen Kommunen wirtschaftlicher ist, Bushaltestellen in Beton zu bauen, soll an hochfrequentierten Bushaltestellen und hier insbesondere in Busbuchten vorwiegend die Betonbauweise angewendet werden. Wo dies aus technischen oder anderen Gründen nicht möglich ist, soll faserverstärkter Asphalt eingesetzt werden. Um mit diesen wirtschaftlichen Bauweisen mindestens die gleiche Anzahl von Bushaltestellen pro Jahr wie bisher umbauen zu können, ist eine Budgeterhöhung von 300.000 EUR auf 600.000 EUR pro Jahr erforderlich. Die dafür erforderlichen Mehrkosten von 300.000 EUR pro Jahr (bis 2020) werden zum nächsten Doppelhaushalt 2018/2019 beantragt.

Damit der Ausbau der Bushaltestellen in diesem Maße fortgesetzt werden kann, müssen die im Jahr 2014 für Querungshilfen befristet geschaffenen Personalkapazitäten erhalten bleiben. Das Tiefbauamt wird daher zum Stellenplan 2018/2019 eine Verlängerung der befristeten Stelle beantragen.

Das Tiefbauamt überprüft ständig die Möglichkeiten für die Bezuschussung von Tiefbaumaßnahmen und ist in Kontakt mit den Zuschussgebern. Für den Ausbau der Barriere-freien Bushaltestellen wurde bisher der höchst mögliche Betrag von 100.000 EUR für den Umbau von zehn Haltestellen aus dem „Sonderprogramm 2015/2016 zur Förderung von Maßnahmen zum Umbau von Bushaltestellen“ des Landes beantragt und bewilligt. Für die Bezuschussung weiterer Haltestellen wurden bereits weitere Anträge für eine Programmaufnahme nach LGVFG-Mittel gestellt.


Querungshilfen

Unter Querungshilfen werden Maßnahmen für die Verbesserung der Übersicht und der Sicherheit beim Queren der Straße verstanden, wie Gehwegnasen, Gehwegverbreiterungen, Hüpfinseln, Überwege und Gehwegüberfahrten. Grundsätzlich werden diese Maßnahmen in allen Stadtbezirken punktuell nach Notwendigkeit geplant und umgesetzt.

Im Doppelhaushalt 2014/2015 wurde einmalig ein Sonderprogramm von 150.000 EUR pro Jahr bereitgestellt. Inzwischen werden auch viele Querungshilfen und Verbesserungen für Fußgänger im Rahmen von Maßnahmen der Stadtentwicklung, der Stadtsanierung und der sozialen Stadt umgesetzt. Insbesondere in den Innenstadtbezirken wurden inzwischen viele Kreuzungen und Straßenzüge in Wohngebieten mit Step-Mitteln fußgängerfreundlich umgestaltet.

Die Stärkung des Fußgängerverkehrs ist Ziel des VEK 2030. Als Grundlage für ein Investitionsprogramm Fußverkehr wurde ein Fußgängerkonzept für die Landeshauptstadt erarbeitet. In diesem Programm werden neben einem grundsätzlichen Sonderprogramm Fußverkehr auch Aktionsprogramme „Barrierefreie Fußwege“ und „Gehwegnasen“ für systematische Verbesserungen gefordert.


Aufzüge an Stadtbahnhaltestellen

Ein wesentliches Element der Barrierefreiheit von unterirdischen Stadtbahnhaltestellen ist die Erschließung mit einem Aufzug. Das Programm für den Bau dieser Aufzüge wurde erfolgreich abgeschlossen. Der letzte Aufzug wurde in der Haltestelle Maybachstraße nachgerüstet. Damit sind alle unterirdischen Stadtbahnhaltestellen mit einem Aufzug erreichbar.

Die Stadtbahnhaltestelle Staatsgalerie ist aufgrund der Bauarbeiten für die Verlegung der Haltestelle im Zuge von S21 zurzeit nicht mit einem Aufzug erschlossen.



Beteiligte Stellen

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Vorliegende Anträge/Anfragen

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Dirk Thürnau
Bürgermeister





Anlage 1: Blindenleiteinrichtungen
Anlage 2: Barrierefreie Bushaltestellen
Anlage 3: Barrierefreie Bushaltestellen 2016/2017


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