Protokoll: Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
177
3b
VerhandlungDrucksache:
217/2023
GZ:
SWU
Sitzungstermin: 16.05.2023
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Pätzold
Berichterstattung:
Protokollführung: Frau Faßnacht th
Betreff: Superblock West - Verkehrsversuch
Veränderung der Verkehrsführung in der Augustenstraße zwischen Schwab- und Silberburgstraße
- Ergänzungsantrag Nr. 133/2023 vom 02.05.2023 (90/GRÜNE) -

Vorgang: Ausschuss f. Stadtentwicklung und Technik v. 02.05.2023, Nr. 159, öffentlich
Ergebnis: Einbringung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Städtebau, Wohnen und Umwelt vom 18.04.2023, GRDrs 217/2023, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Dem Möblierungskonzept wird grundsätzlich zugestimmt.

2. Um die verkehrsrelevanten Auswirkung zu ermitteln, wird für den Verkehrsversuch durch verkehrsrechtliche Anordnung nach § 45 Absatz 1b Satz 1 Ziffer 5 zweite Alternative StVO i. V. m. § 45 Absatz 1b Satz 2 StVO und i. V. m. § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 zweiter Halbsatz StVO zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung das Einvernehmen erteilt. Dafür wird an vier Kreuzungspunkten der Durchgangsverkehr unterbunden und ein Einbahnstraßenverkehrssystem eingeführt.

3. Der Anmietung von Gartenelementen der Firma MobiGa sowie der Firma CityDecks für eine Dauer von 17 Monaten wird zugestimmt.

4. Die laufende Unterhaltung der Gartenelemente (Wasserbefüllung, Personal- und Fahrzeugkosten) wird durch die AWS durchgeführt.

5. Der Kostenübernahme i. H. v. 90.000 EUR für die Anmietung und der laufenden
Unterhaltung der Gartenelemente wird zugestimmt.

Die Mittel stehen im Teilergebnishaushalt THH 610, Amtsbereich 6107010, Kontengruppe 42510 Sonstige Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen zur Verfügung.


Weitere Beratungsunterlage sind der im Betreff genannte Antrag Nr. 133/2023 der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN vom 02.05.2023 sowie der Antrag und Anfrage Nr. 145/2023 der PULS-Fraktionsgemeinschaft vom 12.05.2023.

StR Roth (90/GRÜNE) führt den o.g. Antrag aus. Die darin geforderten Prüfaufträge sollen den Rat nicht davon abhalten, die Vorlage heute zu beschließen. Der Superblock sei ein atmender Verkehrsversuch, der rund anderthalb Jahre gehen soll, weswegen Änderungswünsche im laufenden Prozess erfolgen könnten.

StR Ozasek (PULS) erläutert den Antrag seiner Fraktionsgemeinschaft und wirbt um Zustimmung. Zur Antragsziffer a. merkt er an, man sei sich bewusst, dass das Thema Schrittgeschwindigkeit unter dem Aspekt der im Rahmen eines Verkehrsversuchs nicht möglichen baulichen Neuordnung verkehrsrechtlich eine Grauzone darstellt. Sollte dies nicht möglich sein, könnte man vielleicht zumindest den Weg gehen, über den verkehrsberuhigten Geschäftsbereich Tempo 20 anzuordnen.

StR Dr. Vetter (CDU) freut sich, dass seine Anmerkungen während der Einbringung der Vorlage am 02.05.2023 so großen Anklang gefunden haben, dass B90/DIE GRÜNEN einen Antrag daraus gemacht haben. Auch im Hinblick auf die größere Aufenthaltsqualität durch bunte Sonnensegel gehe er absolut mit. Jedoch erwarte er, dass die Bevölkerung entsprechend lebt, wenn die Rahmenbedingungen so farbenfroh gestaltet und mit Spielelementen für Kinder versehen wird. Die Verwaltung bittet er darum, bei den Parkplatzbetreibern anzufragen, ob es alternative Parkmöglichkeiten gibt. Dem Vernehmen nach hätten mit einem der Parkplatzbetreiber recht interessante Gespräche stattgefunden. Weiter legt er Wert darauf, im Vorfeld bereits festzulegen, wann dieser Versuch gescheitert ist. Er betont, unbedingt erforderlich sei es, für die beantragten Dinge die notwendigen Mittel bereitzustellen sowohl für die Beschaffung und Instandhaltung der Baumtröge als auch für die Pflege. Auch erwarte er, dass die Anwohnerinnen und Anwohner die Pflege für diese Einrichtungen übernehmen, denn der Personalrat des Garten-, Friedhofs- und Forstamt werde erklären, dass mehr Personal vonnöten ist. Dem Personal in dieser Situation zusätzlich aufzutragen, z. B. im Sommer täglich die Pflanzen im Superblock zu versorgen, bedeute ein Mehraufwand, der mit dieser Beschlussfassung verantwortet werden müsse. Die CDU-Gemeindefraktion trage diesen Beschluss zwar mit, finde jedoch, dass eine gewisse Selbstverantwortung der dort Anwohnenden zumutbar und nicht zu viel verlangt ist. Es sei daher notwendig, entsprechende Vereinbarungen zu treffen, denn wenn diese Pflege nicht erfolgt, verkommen die Grünbereiche zu Hundetoiletten. Der Stadtrat bittet darum, über diesen Punkt separat abzustimmen.

StRin Schanbacher (SPD) freut sich sehr, heute mit Zustimmung der CDU den ersten Superblock Stuttgarts auf den Weg bringen zu können. Der Versuch werde zeigen, inwiefern man diesen Superblock auch in andere Quartiere bringen und somit Lebensraum für die Menschen in der Stadt schaffen und Verkehr aus den Quartieren nehmen kann. Auch ihre Fraktion wolle bezüglich der Gestaltung eine Lösung, die sichtbar ist und einen wirklichen Mehrwert für die Leute bringt. Sie könne die Anträge daher sehr gut verstehen, warne jedoch davor, die Umsetzung deswegen auf die lange Bank zu schieben. Die vielen Prüfaufträge müssten "auf der Strecke" beantwortet werden. Nicht ganz verstehen könne sie die Sorge, der Stadt damit unmögliche Aufgaben zu stellen, weil ein paar Pflanzträge mehr da sind. Die Signale aus der Bürgerinitiative, die sich dort gegründet habe, besagen, dass sie sich durchaus vorstellen können, sich an der Pflege zu beteiligen in verschiedensten Arten und Weisen. Sie sehe daher keine Notwendigkeit, im Rat darüber abzustimmen, dass die Anwohner*innen sich kümmern. Vielmehr müsse man zusammenkommen und sehen, inwiefern man das Beste in diesem ersten Stuttgarter Superblock hinbekommen kann. Der Vorlage stimmt sie zu.

StR Pantisano (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) unterstreicht, in Stuttgart sei man noch immer beim Versuch, einen Superblock zu installieren, wohingegen in anderen Städten Superblocks längst umgesetzt sind und bereits weitere tolle Verkehrsideen entwickelt werden. Zu hoffen sei, dass aus dem Versuch eine langfristige Maßnahme wird und Elemente, die jetzt in den Anträgen formuliert sind, mit einbezogen werden. Der Stadtrat verweist auf die demnächst in Stuttgart stattfindende Urban Future Conference, an der aus der ganzen Welt Planer*innen, Politiker*innen, Verkehrsexpert*innen teilnehmen, die darstellen werden, was alles schon anderswo passiert und umgesetzt wird. An die CDU-Fraktion gewandt empfiehlt er, sich dort umzuschauen und den Blick zu erweitern.

StR Serwani (FDP) spricht sich so schnell als möglich für den Versuch aus. Die Anträge helfen für die schnelle Umsetzung aus seiner Sicht nicht, sondern können im laufenden Versuch geprüft werden. Mit Blick auf einen Presseartikel in der Stuttgarter Zeitung stellt er richtig, die Journalistin habe sich geirrt, als sie in ihrem Artikel geschrieben hat, die FDP hätte Anstoß genommen am Wegfall der 17 Parkplätze. Vielmehr habe er gesagt, dass er dafür sei und sogar darüber erfreut sei, dass nur 17 Parkplätze wegfallen. Er begrüße, wenn es mehr Bäume und Pflanztröge in den Superblocks gibt, halte es jedoch für übertrieben, zwingend Patenschaften für deren Pflege in der Nachbarschaft einzuholen, bevor sie aufgestellt werden. Er verweist auf den Stuttgarter Norden, wo es Patenschaften freiwilliger Art für Bäume im Straßenbereich gebe, was die Bewässerung im Hochsommer anbelangt. Nichtsdestotrotz werde man nicht umhinkommen, im Haushalt mehr Personal, vor allem aber mehr Geld für das Garten-, Friedhofs- und Forstamt einzustellen. Diesbezüglich unterstütze er das Referat T auf ganzer Linie.

StR Schrade (FW) erklärt, auch weiterhin mit diesem Versuch und der Vorlage leben zu können, insbesondere da eine Abstimmung über die beiden Anträge heute nicht erfolgen muss. Der Vorlage stimmt er zu.

StR Dr. Mayer (AfD) stimmt der Vorlage unter der Voraussetzung zu, dass es sich um einen Versuch handelt. Sollte der Versuch negativ ausgehen, müsse man die Maßnahme wieder rückgängig machen. Insbesondere wichtig ist ihm, dass die tatsächlichen verkehrlichen Auswirkungen und die übrigen Auswirkungen auf die dortige Lebensqualität sauber und objektiv erfasst werden, um über Einstellung oder Fortführung entscheiden zu können. Im Übrigen könne man nicht wissen, ob etwas, was anderswo funktioniert, auch für Stuttgart passt und deshalb sei dies in einem Versuch herauszufinden.

Zum Thema der Baumtröge berichtet Herr Märker (ASW), die Fachverwaltung habe sich im Quartier umgehört, wer eine Patenschaft übernehmen könnte. Auch habe man die Kindergärten angefragt, ob sie dabei mithelfen würden. Allerdings laufe der Versuch über anderthalb Jahre, vielleicht sogar etwas länger. Die Pflege und Bewässerung müsse gesichert sein. Leider werde es nicht ausreichen, Anwohnern oder den Mitgliedern der Initiative die Wassereimer zur Verfügung zu stellen, sodass vom Garten-, Friedhofs- und Forstamt Ressourcen bereitgestellt werden müssen. Ein entsprechender Prüfauftrag sei bereits weitergeleitet worden. Je nach Antwort müsse man schauen, ob Baumtröge evtl. nachgerüstet werden können.

Mit Blick auf die Parkplätze wurden von BV Mellert und ihm erste Gespräch geführt bei Hines Immobilien, die das Allianz-Areal verwalten. Hines könnte sich vorstellen, Tiefgaragenstellplätze zur Verfügung zu stellen, um den öffentlichen Raum zu entlasten. Man wolle jedoch nicht unbedingt neue Parkplätze im öffentlichen Raum schaffen, weil dieser Raum für Grün, für Radwege usw. genutzt werden soll. Das Tiefbauamt habe ihm gegenüber bestätigt, dass wenn sie jetzt in die Umsetzungsplanung des bestehenden jetzigen Möblierungskonzepts gehen, der Projektstart dann wahrscheinlich in acht Monaten sein kann. "Alles, was wir jetzt aufsatteln und wo wir die Latte jetzt höher legen, führt unweigerlich zu Verzögerungen des Projektstarts!" Dies wolle man auf keinen Fall, auch, weil für die Evaluation die Uni Stuttgart mit dranhängt, die das Projekt beforscht und Umfragen startet und die Projektlaufzeit limitiert sei. Er wäre daher dankbar, wenn der Verkehrsversuch so bald wie möglich gestartet werden kann mit der Möglichkeit, nachzurüsten.

Eine erste Stellungnahme liege vor von der Straßenverkehrsbehörde zum Thema Schrittgeschwindigkeit. Es würde unter verkehrsberuhigte Bereiche fallen, wo in der Regel solche verkehrsberuhigten Bereiche eingebettet werden in Tempo 30-Zonen und maximal 80 bis 100 m lang sind. Die Augustenstraße sei jedoch 730 m lang und die Querstraßen ca. 250 m lang. Somit funktioniere es verkehrsrechtlich nicht, das gesamte Areal in einen verkehrsberuhigten Bereich umzuwandeln. Auch die Verkehrsstärken seien momentan zu hoch. Man wolle - was der Verkehrsversuch vielleicht zeigen wird - zuerst die Verkehrsmengen reduzieren, um dann zu schauen, ob die Tempo 30-Zone eingerichtet werden kann. Mit dem Kinderbüro sei er schon in Kontakt, um während des Verkehrsversuchs als Aktion auch temporäre Straßensperrungen für temporäre Spielstraßen zu machen. Dafür wird ein Straßenabschnitt für ein paar Stunden gesperrt. Das Verkehrsgutachten basiere auf der Beibehaltung von Tempo 30. Allein von der Verkehrsführung her solle es eine Temporeduktion geben und man gehe davon aus, dass diese auch eintreten wird durch die Diagonalsperren und durch die 90-Grad-Abbiege-Beziehungen. Er werde das Thema Schrittgeschwindigkeit mitnehmen und mit der Straßenverkehrsbehörde diskutieren. Es sei aber auch ein Thema für die bauliche Umsetzung. Auch das Thema der Sonnensegel müsse mit Vertretern des Tiefbauamts und des Garten-, Friedhofs- und Forstamts besprochen werden.

BM Thürnau betont, es treffe zu, dass Leute Baumpatenschaften haben und sich auch kümmern, aber meist scheitere es an der Menge des Wassers, weil die Wassermengen, die Baumtröge und Pflanzkübel im Sommer und bei Trockenheit brauchen, nicht mit den üblichen Gießkannen bedient werden können. Deswegen habe er sich sehr gefreut, dass im Antrag von B90/GRÜNE auch danach gefragt wurde, was es an Personal und Sachkosten ausmacht. Er warnt davor, diese Thematik über die Anwohner und Patenschaften lösen zu lassen: "Sondern, wenn, dann machen wir es nach meiner Meinung richtig!" Zur Frage der Sonnensegel und Spieleboxen fragt er, wie diesbezüglich in Barcelona vorgegangen wird, insbesondere mit Blick auf Sommer-/Winterbetrieb, Wind, Sturm, Vandalismus, Spielgeräte draußen: "Eigentlich braucht es da so etwas wie einen Superblock-Hausmeister, der sich darum kümmert!"

StRin Schiener (90/GRÜNE) verweist darauf, dass Barcelona Baumdächer hat, sodass es dort keine Sonnensegel brauche. Es gebe aber ein Gieß-Programm dort. StR Ozasek bittet darum, dass die Straßenverkehrsbehörde ihre Sicht des Aspekts Schrittgeschwindigkeit schriftlich darlegt, da ihm andere Zahlen vorlägen, was Verkehrsstärken und die maximalen Längen von Straßenabschnitten anbelangt. Er wünscht sich mehr Beweglichkeit im Rahmen eines Verkehrsversuchs, um etwas zuzulassen, zumal mit den Diagonalsperren die Verkehrsabschnitte verkürzt werden. StR Roth geht ein auf das für den Superblock entwickelte Logo. Die Diagonalsperren sollen in diesem türkisblau besprayt werden. Er fragt, ob das Logo darüber hinaus im Straßenraum so platziert werden kann, um quasi eine Marke aus dem Superblock zu machen. StR Dr. Vetter hält es für notwendig, den Aussagen der städtischen Fachleute zu vertrauen, die ja auf Fakten und Rechtslagen basieren und begründet sind, anstatt immer wieder "Beweglichkeit", so wie es die Politik will, zu fordern.

Zum Logo und der Farbigkeit der Markierung führt Herr Märker aus, er habe über dieses Thema schon mit der Straßenverkehrsbehörde und mit dem Tiefbauamt diskutiert. Es sei technisch sehr aufwändig, das Superblock-Logo auf die Straße zu bringen, zumal die Haltbarkeit nicht wirklich gegeben sei. Man habe aber versucht, drei Farben zu identifizieren, mit denen eine buntere Gestaltung erfolgen könnte. Das Logo werde natürlich auf einem Banner zu sehen sein, vielleicht lasse es sich auch an die Möblierungselemente aufbringen. Er kündigt an, einen Vorschlag zu machen, wie mit mehr Farbe gestaltet werden kann. Auf dem Boden werde dies wegen der technischen Umsetzbarkeit nicht möglich sein.


BM Pätzold hält fest, dass die beiden Anträge zur Prüfung mitgenommen werden und eine Beantwortung vor der Sommerpause erfolgen werde. Er stellt abschließend fest:

Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik beschließt einstimmig wie beantragt.

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