Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales und gesellschaftliche Integration
Referat Städtebau und Umwelt

Gz: SI, StU
GRDrs 647/2016
Stuttgart,
03/01/2017


Umgang mit sozialer Verdrängung (Gentrifizierung) in Stuttgart



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Sozial- und Gesundheitsausschuss
Ausschuss für Umwelt und Technik
Sozial- und Gesundheitsausschuss
Städtebauausschuss
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
13.03.2017
28.03.2017
15.05.2017
23.05.2017

Bericht:



1. Anlass

Die Landeshauptstadt Stuttgart hat sich gemeinsam mit den Städten München, Freiburg, Berlin, Wien, Leipzig, Köln und Dortmund entschlossen ein kooperatives Forschungsvorhaben unter Leitung des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) zum Thema "Kommunaler Umgang mit Gentrifizierung" aufzusetzen. Viele (Groß-)Städte stehen seit einigen Jahren vor der Herausforderung, angesichts von Zuwanderung sowie steigenden Immobilien- und Mietpreisen eine auch für weniger einkommensstarke Bevölkerungsgruppen leistbare Wohnungsversorgung sicherzustellen. In diesem Zusammenhang sind vielerorts Prozesse zu beobachten, die mit einem sich schließenden und zunehmend sozialräumlich ausdifferenzierenden Wohnungsmarkt einhergehen und unter dem Begriff „Gentrifizierung“ zusammengefasst werden. Unter Gentrifizierung wird meist die Aufwertung von Wohnquartieren und in der Folge eine Verdrängung alteingesessener, einkommensschwächerer Haushalte durch zuziehende einkommensstärkere Bevölkerungsgruppen verstanden.

Das Forschungsvorhaben des Difu wurde initiiert durch die Fachkommission „Stadtentwicklungsplanung“ des Deutschen Städtetags. Ziel der Studie ist es, herauszufinden, wie sich die beteiligten Städte zu dem Prozess Gentrifizierung positionieren, welche Problemlagen bestehen, wie mit diesen Entwicklungen umgegangen wird und welche Handlungsoptionen zur Verfügung stehen. Die Studie trifft allgemeine und stadtspezifische Schlussfolgerungen. Für jede der beteiligten Städte wurde eine Fallstudie erstellt. Die Fallstudien basieren im Wesentlichen auf der Auswertung von Primärquellen sowie den Einschätzungen der befragten Sachverständige aus Verwaltung, Wohlfahrtsverbänden, Zivilgesellschaft und Forschung, um einen möglichst multiperspektivischen Blick zu erhalten. Die fachliche Begleitung der Fallstudie Stuttgart erfolgte durch das Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung unter intensiver Einbeziehung der städtischen Fachämter.

Die Difu-Studie ist inzwischen abgeschlossen und die Ergebnisse liegen vor.
2. Ergebnisse der Fallstudie Stuttgart

Stuttgart ist geprägt von einem anhaltenden Bevölkerungswachstum und Reurbani-sierungstrend bei einem zunehmend angespannten Wohnungsmarkt. Sie gehört seit mehreren Jahren bundesweit zu den Städten mit den höchsten Miet- und Immobilienkaufpreisen sowie vergleichsweise hohen anteiligen Wohnkosten am Haushaltseinkommen. Die Schere zwischen der Nachfrage nach Wohnraum und der Entwicklung des Angebots durch (kontinuierlich stattfindenden) Neubau beginnt sich auseinanderzuentwickeln. Unter diesen Bedingungen sind erhebliche Verdrängungs- und Homogenisierungsprozesse in den Quartieren zu erwarten. Diese sind für verschiedene Stadträume auch tatsächlich zu beobachten – Verdrängungsprozesse finden in Stuttgart statt.

Im Rahmen eines vom Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung im November 2015 veranstalteten Workshops wurden von den Teilnehmer/innen konkrete Quartiere benannt, in denen Verdrängungsprozesse stattgefunden haben, stattfinden oder die davon bedroht sind: Dazu gehören das Erhaltungssatzungsgebiet Nordbahnhofviertel, das Rosenbergquartier im Stuttgarter Westen, die Stadtteile Stöckach und Ostheim im Stuttgarter Osten, das Heusteigviertel in Mitte, der Stadtteil Heslach im Stuttgarter Süden sowie die zentralen Bereiche von Bad Cannstatt. Generell bestehe ein Druck auf den gesamten innerstädtischen Bereich in der Talkessellage. Vor diesem Hintergrund sieht es das Difu als erforderlich an, dass seitens der Stadt geklärt wird, wie die erheblichen Zielkonflikte zwischen der Vermeidung von Verdrängung und dem Ziel sozial gemischter Quartiere versus einer nach innen gerichteten Flächen-/ Bodenpolitik und dem expliziten Wunsch nach Reurbanisierung gelöst werden können. Es verweist in diesem Zusammenhang auf den Vorschlag der Verwaltung eine „Handlungsstrategie Soziale Stadtentwicklung“ zu erarbeiten. Diese könnte eine Grundlage für das kommunale Handeln darstellen, wie mit dem Prozess der Verdrängung der angestammten einkommensschwächeren Bevölkerung umgegangen werden soll, und wie das Ziel erreicht werden kann, sozial ausgewogene Stadträume zu verwirklichen.

Aus den im Rahmen der Stuttgarter Fallstudie geführten Interviews lassen sich nach Auffassung des Difu einige spezifische Handlungsempfehlungen und Prüferfordernisse ableiten. Sie gilt es in die beabsichtigte „Handlungsstrategie Soziale Stadtentwicklung“ einzubinden, zu konkretisieren und aufeinander abzustimmen. Im Folgenden werden die einzelnen Handlungsempfehlungen und Prüferfordernisse wiedergegeben und bewertet:

Schaffung von Datengrundlagen:

Empfehlung Difu: Damit Veränderungsprozesse (Auf- und Abwertungen) frühzeitig erkannt werden und rechtzeitig auf diese Veränderungen reagiert werden können, wird eine geeignete Datengrundlage benötigt. Wichtig ist hierbei, eine langfristige kleinräumigere Betrachtung sowie einheitliche Indikatoren, eine stärkere Verräumlichung und eine Erweiterung der Indikatorenabfrage z. B. aus der Stadterneuerungsvorranggebiete-Fortschreibung vorzunehmen. Darüber hinaus stellt die subjektive Wahrnehmung der Bewohnerschaft einen wichtigen Indikator für die Veränderung im Stadtbezirk dar und sollte deshalb mit einbezogen werden.

Bewertung Verwaltung: Das 2013 veröffentlichte Sozialmonitoring der Landeshauptstadt Stuttgart bildet in der Darstellung der Stadtteile im Internet keine ausreichend kleinräumige Ebene für die Identifikation von Veränderungsprozessen wie Auf- und Abwertungsprozessen von Stadtquartieren ab. Folglich können diese wichtigen Prozesse mit den vorhandenen Daten nicht ausreichend kleinräumig analysiert und keine entsprechenden Maßnahmen ergriffen werden. Bis Mitte 2017 wird daher unter Leitung des Statistischen Amtes eine neue Stadtviertelgliederung erstellt, die mehr Sozialraumbezug haben wird (GRDrs 612/2016). Diese neue Stadtviertelgliederung wird dann in den Datenpool des Sozialmonitoring integriert. Ähnlich wie in vergleichbaren Großstädten Deutschlands soll dann aufbauend auf den bestehenden Grundlagen des Datenpools des Sozialmonitoring ein den Anforderungen angepasstes sozialräumliches Monitoring auf Stadtviertelebene mit entsprechenden Indikatorenset und einer Berichterstattung mit dem Fokus auf Veränderungsprozesse als Grundlage für eine soziale Stadtentwicklungsplanung etabliert werden. Dies ist eine für Planungsprozesse wichtige Ergänzung zu den bestehenden Berichterstattungen, die aus dem Sozialmonitoring heraus entstehen.

Beobachtung der Auswirkung von Städtebauförderung:

Empfehlung Difu: Bei Maßnahmen in den Programmen der Städtebauförderung wird immer wieder von Dritten der Vorwurf artikuliert, Sanierungsmaßnahmen – insbesondere in der inneren Stadt – seien ein Treiber für Gentrifizierung. Der – gegebenenfalls negative – Einfluss der kommunalen Maßnahmen sollte zukünftig genauer beobachtet werden. Bereits im Rahmen der Vorbereitenden Untersuchung sollte auch die lokale Sozialsituation detaillierter erhoben werden und in der Sanierungssatzung klare Ziele – auch was gegebenenfalls verhindert werden soll – benannt werden.

Bewertung Verwaltung: Die Stadterneuerung in Stuttgart ist sich ihrer Verantwortung gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohnern der Fördergebiete bewusst. Ausgelöst durch Wohnungsknappheit und Gentrifizierungsdebatten hat der Schutz der Mieterinnen und Mieter bei der Förderung von Modernisierungen in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Die Möglichkeiten, die der Handlungsrahmen des BauGB eröffnet, werden in Stuttgart sehr weitgehend zugunsten der Mieter ausgeschöpft. Darüber hinaus werden in den Beteiligungsstrukturen der Fördergebiete die Ziele und die konkreten Maßnahmen der Stadterneuerung mit der Zivilgesellschaft und den betroffenen Anwohnern und Anwohnerinnen intensiv erörtert und abgestimmt. Die Stadterneuerung in Stuttgart beabsichtigt darüber hinaus in zukünftigen Sanierungsverfahren, anhand der Daten der vorbereitenden Untersuchung (VU) im Vorfeld der Sanierungssatzung ein Sozialplanverfahren nach § 180 BauGB auf Gebietsebene durchzuführen, um soziale Maßgaben für die spätere Sanierung festlegen zu können (siehe Stellungnahme zum GR-Antrag 190/2016 Städtische Sozialplanung in der Stadterneuerung).

Auch die Sozialverwaltung stimmt den Empfehlungen des Difu zu. Mit dem Evaluierungskonzept, das gerade für das Sanierungsgebiet in Stuttgart-Giebel erarbeitet wird, ist es zukünftig möglich, der Frage nach Gentrifizierung in Sanierungsgebieten nachzugehen. In den Gebieten, in denen ein hoher Anteil an Sanierungen im Wohnungsbestand erfolgt, soll die Frage, ob es durch Sanierung Verdrängungen gegeben hat, beantwortet werden. Gleichzeitig ist zu betonen, dass zwischen den Zielen der „Sozialen Durchmischung“ und der „Verhinderung von Gentrifizierung“ abzuwägen ist.

Prüfung von potentiellen Erhaltungssatzungsgebieten (Milieuschutzsatzungen):

Empfehlung Difu: Für die Innenstadtbezirke sollten nach einem einheitlichen Vorgehen sogenannte Verdachtsgebiete identifiziert werden, für die der Erlass einer Erhaltungssatzung zum Zweck des Erhalts der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung (Milieuschutzsatzung) notwendig ist. Im Unterschied zu den anderen Großstädten wird dieses bundesrechtliche Instrument zur Verminderung von sozialer Verdrängung in Stuttgart lediglich in einem Gebiet (Nordbahnhofviertel) eingesetzt.

Bewertung Verwaltung: Der Erlass von Erhaltungssatzungen nach § 172 (1) Ziff. 2 BauGB (Milieuschutzsatzung) wird im Einzelfall – so wie im Nordbahnhofviertel geschehen – als sinnvoll erachtet (siehe Stellungnahme zum GR-Antrag 190/2016 Städtische Sozialplanung in der Stadterneuerung). Bei konsequenter Ausführung können Milieuschutzsatzungen entschleunigend auf die Preissteigerungen am Wohnungsmarkt wirken – insbesondere durch die Genehmigungspflicht für die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen (siehe Umwandlungsverordnung des Landes Baden-Württemberg vom 19.11.2013). Städte wie München, Hamburg oder Berlin praktizieren seit Jahren entsprechende Verfahren und können mit Hilfe dieses Instruments Verdrängungsprozesse verlangsamen. Eine Milieuschutzsatzung kann auch als Instrument zur Verstetigung der Sanierungsbemühungen eingesetzt werden. So wird beispielsweise empfohlen, nach Abschluss der Stadterneuerungsmaßnahme „Stuttgart 29 -Teilbereich Stöckach“ eine Milieuschutzsatzung zu erlassen (siehe auch Stellungnahme zum Antrag 190/2016 Städtische Sozialplanung in der Stadterneuerung).

Aus Sicht der Sozialverwaltung ist der Erlass einer Erhaltungssatzung nach § 172 (1) Ziff. 2 BauGB (Milieuschutzsatzung) zum Zweck des Erhalts der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung (Milieuschutzsatzung) ein notwendiger Ansatz, um die bestehenden Maßnahmen zum Erhalt von Mietwohnungen im unteren Preissegment auszubauen und mehr Wohnraum zu schaffen, der im Rahmen der Sozialhilferichtlinien zu mieten ist. Es wird empfohlen, den Empfehlungen des Difu zu folgen und nach einem einheitlichen Vorgehen Verdachtsgebiete zu identifizieren, für die der Erlass einer Erhaltungssatzung zum Zweck des Erhalts der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung (Milieuschutzsatzung) notwendig ist.

Ausweitung des Stuttgarter Innenentwicklungsmodells (SIM):

Empfehlung Difu: Es sollte eine Erhöhung der SIM-Quote geprüft werden.

Bewertung Verwaltung: Die Frage der Veränderung der SIM-Quote kann nur nach einer vertieften Prüfung und eingehenden Diskussion erfolgen. Die Prüfung sollte im Rahmen der nächsten Evaluierung des SIM erfolgen.

Aus Sicht der Sozialverwaltung sollte bei der SIM-Quote auch der Wohnraum für besondere Bedarfsgruppen berücksichtigt werden, z. B. ein zusätzlicher Anteil geförderter, barrierearmer Wohnungen für Menschen mit Behinderung oder für Seniorinnen und Senioren. Dieser Anteil soll zusätzlich zu der gesetzlich geforderten Quote von 10 % barriere-freien Wohnungen erstellt werden. Sinnvoll wären auch Quoten für Ein-Personen-Haushalte für besondere Bedarfsgruppen wie aus dem Bereich der Wohnungsnotfallhilfe.

Sozialverträglichkeitsprüfung:

Empfehlung Difu: Die Sozialverträglichkeitsprüfung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, hilft aber hinsichtlich der Abwägung im Bezug auf die sozialpolitisch orientierten Entwicklungsziele sowie -kriterien bei Bebauungsplanungsverfahren. Dieses Instrument wurde in Stuttgart bisher nur sehr selten angewendet. Es sollte bei städtebaulichen Vorhaben ab einer bestimmten Größenordnung zum Einsatz kommen.

Bewertung Verwaltung: Bereits seit 2008 (GRDrs 261/2008) liegt ein Entwurf eines methodischen Ansatzes für eine Sozialverträglichkeitsprüfung für Planungsvorhaben vor. Dieser ist jedoch noch nicht ausreichend konkret und bedarf einer detaillierteren und evaluierbaren Ausarbeitung in enger Abstimmung mit der AGSP (Arbeitsgruppe Sozialverträgliche Planung). Eine generelle SVP in der Bebauungsplanung ist jedoch nicht vorgesehen.

Die Sozialverträglichkeitsprüfung wird aus Sicht der Sozialverwaltung zu selten angewendet. Eine verbindliche SVP in der Bebauungsplanung wird für sinnvoll erachtet.

Sozial orientierte Bodenordnung und Wohnungspolitik:

Empfehlung Difu: Zwar bestehen u. a. mit dem SIM bereits verschiedene bodenpolitikorientierte Instrumente, allerdings sollte insbesondere durch Politik und Verwaltung eine kohärente, sozialorientierte Boden- und Wohnungspolitik verfolgt werden. Dazu gehört auch, dass die Träger der Wohnungswirtschaft wieder verstärkt ihrer sozialen Verantwortung u. a. bei der Ausgestaltung des Wohnungsangebotes (sozialer Wohnungsbau) gerecht werden. Ebenso sollte die konsequente Erweiterung des Bestandes durch den (kommunalen) Erwerb von wichtigen Wohnungsportfolios und die Verlängerung der Belegungsbindungen – ähnlich wie in München praktiziert – als Option geprüft werden. Weitere Elemente könnten beispielsweise die Einrichtung eines kommunalen Bodenfonds, die bevorzugte, an Auflagen gebundene Grundstücksvergabe an Wohnungsbaugenossenschaften und die verstärkte Nutzung des Erbbaurechts sein.

Bewertung Verwaltung: Mit dem Stuttgarter Innenentwicklungsmodell, dem Konzept des Oberbürgermeisters „Wohnen in Stuttgart“, der Zweckentfremdungsverbotssatzung, den Beschlüssen im „Bündnis für Wohnen“ und den Stadterneuerungsgebieten insbesondere der „Sozialen Stadt“ bestehen bereits wichtige und aufeinander abgestimmte Maßnahmen im Sinne einer sozialintegrierten Stadt. Mit dem Konzept „Wohnen in Stuttgart“ wurden im September 2013 wichtige Ziele für die Stuttgarter Wohnungspolitik als Richtschnur für das städtische Handeln definiert. Im Juli 2016 haben sich darüber hinaus die Wohnungsbauakteure und die Stadt auf Eckpunkte für mehr bezahlbaren Wohnraum in Stuttgart verständigt. Unter anderem haben die Baugenossenschaften zugesagt, wieder in den Neubau von Sozialmietwohnungen einzusteigen und grundsätzlich auf weitere vorzeitige Rückzahlungen von Förderdarlehen zu verzichten, um die bestehenden Bindungen zu erhalten. Im Gegenzug erhalten die Unternehmen von der Stadt u. a. verbilligte städtische Grundstücke zur Erstellung geförderter Wohnungen. Zusätzlich werden der Wohnungswirtschaft ergänzende Mitfinanzierungen und Zuschüsse in Aussicht gestellt. Ferner ist im „Bündnis für Wohnen“ die Verlängerung von auslaufenden städtischen Belegungsrechten bzw. der Erwerb von Belegungsrechten an bislang freien Wohnungen im Bestand der Wohnungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften in der Höhe von 150 Wohnungen pro Jahr beschlossen worden.

Aufgrund der erheblich gestiegenen Boden- und Mietpreise, die teilräumlich den sozialen Zusammenhalt gefährden, sind aus Sicht der Verwaltung jedoch weitere Maßnahmen zu ergreifen. Deshalb haben die Referate „Soziales und gesellschaftliche Integration“ und „Städtebau und Umwelt“ die Initiative ergriffen, sich gemeinsam verstärkt den Themenbereichen „Soziale Mischung“ und „Soziale Verdrängung“ zu widmen und mit Hilfe der Arbeitsgruppe Sozialverträgliche Planung (AGSP) kommunale Handlungsansätze im Umgang mit dem Prozess der Gentrifizierung ressortübergreifend zu entwerfen bzw. bestehende Ansätze zu bündeln und weiterzuentwickeln und in die Umsetzung zu bringen. Um diese Arbeit leisten zu können, hat das Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung einen Stellenplanantrag gestellt.

Insbesondere ist aus Sicht der Sozialverwaltung notwendig, dass die AGSP den Prozess der fachlichen Auseinandersetzung der Zielsetzungen „Soziale Durchmischung“ und „Gentrifizierung“ voranbringen und sich prozessbezogen stärker und verbindlicher in die Bauplanung einbringt. Notwendig sind übergreifende kommunale Handlungsleitlinien.

Beteiligung der Sozialplanung des Sozialamts an Stadtentwicklungsprozessen

Für die Sicherstellung bedarfsgerechter und zeitgemäßer sozialer Infrastruktur bringt sich die Sozialplanung in den Stadtentwicklungsprozess ein, um die Interessen ihrer Zielgruppen zu vertreten. Dieser Ansatz soll in gemeinsamen Abstimmungsprozessen und Handlungsleitlinien verbindlich festgehalten werden.

Bei Sanierungsvorhaben beteiligt sich die Sozialplanung an stadtweiten interdisziplinären Arbeitsgruppen, die die Prozesse initiieren und begleiten. Städtebauliche Investitionen in das Wohnumfeld, in die Infrastrukturausstattung und in die Qualität des Wohnens verbessern die Chancen der Einwohner auf Teilhabe und Integration. Dazu ist es möglich, das Wissen um Bedarfe an sozialer Infrastruktur und übergreifende Begegnungsmöglichkeiten in die Prozesse einzubringen bzw. mit eigenen Angeboten zu begleiten.

Die Sozialplanung meldet Wohnraumbedarfe für die Zielgruppen der Sozialverwaltung im Rahmen der Planung von Neubaugebieten an. Dadurch nimmt die Sozialplanung regelmäßig an Sitzung der Planungsgruppen der jeweiligen Baugebiete teil und ist in die Ausschreibung von städtebaulichen Wettbewerben und bei der Vergabe von städtischen Grundstücken involviert. Auch hier werden die Bedarfe benachteiligter Zielgruppen eingebracht und unterstützt.

Die Sozialplanung ist darüber hinaus bei der Neubebauung von Gemeinbedarfsgrundstücken und großen Flächen inhaltlich beteiligt. Da für alle Zielgruppen des Sozialamts passender Wohnraum fehlt und für die Zielgruppen in der Regel eine Miete im Rahmen der Mietobergrenzen der Sozialhilferichtlinien notwendig ist, sind Gemeinbedarfsgrundstücke gut geeignet, Sonderwohnformen und soziale Angebote für die Zielgruppen des Sozialamts zu realisieren.

Um auf diese zunehmend komplexeren sozialräumlichen Herausforderungen abgestimmt reagieren zu können, empfehlt die Sozialverwaltung die Erarbeitung einer ressortübergreifenden und stadtweiten Handlungsstrategie (GRDrs 689/2015 Handlungsstrategie Soziale Stadtentwicklung Stuttgart - Konkretisierung der ersten Projektskizze).

Die Abteilung Sozialplanung, Sozialberichterstattung und Förderung des Sozialamts hat insbesondere im Jahr 2016 ihr Planungsverständnis mit sozialräumlichen Komponenten erweitert. Gemeinsame zielgruppenübergreifende Planungsverantwortung in den einzelnen Quartieren und ein stärkeres interdisziplinäres Verständnis von sozialer Stadtentwicklung sind das Ergebnis dieses Entwicklungsprozesses. Ausgehend von gemeinsamen Planungsprozessen werden Angebote der sozialen Infrastruktur und übergreifende Begegnungsmöglichkeiten entwickelt und umgesetzt. Die gute Kooperation mit dem Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung unterstützt diese Prozesse.





Beteiligte Stellen

keine


Vorliegende Anträge/Anfragen

keine
keine




Werner Wölfle Peter Pätzold
Bürgermeister Bürgermeister





Deutsches Institut für Urbanistik (2016): Kommunaler Umgang mit "Gentrifizierung", Fallstudie Stuttgart.

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