Protokoll: Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
284/2022
GZ:
OB
Sitzungstermin: 24.05.2022
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Pätzold
Berichterstattung:Frau Aufrecht (L/OB-RZ)
Protokollführung: Frau Klemm th
Betreff: Organisationsform für die weitere Planung und Entwicklung von Stuttgart Rosenstein

Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Oberbürgermeisters vom 16.05.2022, GRDrs 284/2022. Sie ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll ist sie in Papierform angehängt.

Frau Aufrecht berichtet im Sinne ihrer Präsentation. Ergänzende Anmerkungen sind nachfolgend in zusammengefasster Form mit Verweis auf die jeweilige Foliennummer wiedergegeben.

Zunächst erläutert die Berichterstatterin die Historie des Projektes (Folie 2). Aus ihrer Sicht sei die Verwaltung mit der im September 2020 in Kraft getretenen Organisationsstruktur sehr gut aufgestellt. Der 5. Änderungsvertrag stelle für die geplante Organisationsform eine ganz wesentliche Grundlage dar - dort seien die Inhalte festgelegt, die sich stark unterschieden von der ursprünglichen Planung des Geländes. Dementsprechend divergierten auch die Aufgabenstellungen erheblich zu den früheren Überlegungen. Die dafür zu wählende Organisationsform müsse sowohl von der Verwaltung als auch von den Ämtern wohlwollend getragen werden (Folie 3). Aus diesem Grund habe man sich verwaltungsübergreifend und abgestimmt mit allen beteiligten Fachbereichen und Referaten entschlossen, eine externe Unterstützung hinzuzuziehen (Folie 4). Aus Erfahrungen anderer Städte (Hamburg, München etc.), wolle man Strukturen für das einmalige Großprojekt Stuttgart Rosenstein ableiten und projektspezifisch das beste Modell finden, das danach auch auf andere Projekte der Landeshauptstadt übertragen werden könne. Grundlage für Abwicklung und Finanzierbarkeit einer wie auch immer gearteten Organisationsform sei der Grundsatzbeschluss Neuausrichtung Bodenpolitik. Mit einem Ausblick auf die weiteren Schritte (Folie 5) sowie einer Darstellung der in der Vergangenheit definierten, potenziellen Aufgaben für eine Gesellschaft, die sich aber durch den Grundstücksänderungsvertrag entscheidend gewandelt hätten (Folie 7), fährt Frau Aufrecht mit ihrem Vortrag fort. Gründe man bspw. eine Gesellschaft, müsse deren Geschäftszweck eindeutig bestimmbar sein und strukturell und inhaltlich zu der Verwaltung passen, um einen entsprechenden Aufbau zu ermöglichen. Eine Gesellschaft ohne konkrete Kenntnis der anstehenden Aufgaben und ohne Abstimmung, wie die Gesellschaft innerhalb der Verwaltung aufgestellt werde, halte sie für nicht sinnvoll. Abschließend betont sie, das Projekt werde entscheidend vom Geist für das Projekt getragen und lebe von der ämterübergreifenden, guten Kommunikation.

Ihren Dank für die Erläuterungen sprechen StRin Rühle (90/GRÜNE), StR Kotz (CDU), StR Körner (SPD), StR Serwani (FDP), StR Puttenat (PULS), StR Schrade (FW) sowie StR Dr. Mayer (AfD) aus.

In Anbetracht der zahlreichen Entwicklungen rund um das Projekt stehe die Stadt vor zusätzlichen Aufgaben - letztlich nunmehr auch dem Rückbau von Teilen der Gleisanlagen - bei denen sehr viele einzelne Beschlüsse des Gemeinderats (GR) berücksichtigt werden müssten, so StRin Rühle. Insofern begrüße sie die Hinzuziehung einer externen Expertise. Auf ihre Frage, ob bei den Vergleichsstädten für eine Organisationsform auch die Stadt Böblingen/Sindelfingen mit ihrem Bauprojekt ähnlicher Größe herangezogen worden sei, verweist Frau Aufrecht auf Anforderungen in der Ausschreibung, die Vergleiche mit größeren und kleineren anderen Städten und Projekten beinhalte. Des Weiteren fragt sich StRin Rühle, ob Finalisierung und Vorstellung der neuen Organisationsform früher als geplant erfolgen könnten, um die Gesamtentwicklung zu beschleunigen. Dem schließen sich sowohl StR Serwani als auch StR Körner an. Letzterer bietet der Verwaltung Unterstützung für eine Beschleunigung des Verfahrens an. Die Auftragsvergabe könne, bedingt durch gewisse Verfahrensfristen bei öffentlichen Ausschreibungen, sicher nicht beschleunigt werden, meint Frau Aufrecht. Die Bearbeitungsphase von maximal 8 Monaten hingegen sei eine konservative und vorsichtige Schätzung der Verwaltung und hänge natürlich auch von den Angaben des ausgewählten Kooperationspartners ab.

Er freue sich, sagt StR Kotz, dass man nun einen Schritt weiter komme bei der Organisationsstruktur, um die große anstehende Aufgabe gut, erfolgreich und in einer angemessenen Zeit möglichst fehlerfrei zu bewältigen. Er befürworte die Suche nach einem externen Partner, plädiere aber auch für einen offenen, transparenten Blick – ohne "Scheuklappen" – auf andere Städte mit ähnlichen Projekten und vor allem die dortige Finanzierung der Organisationsstruktur. Die Finanzierung, bestätigt Frau Aufrecht ihm gegenüber, hänge einerseits vom gewählten Konstrukt und dessen Rechtsform und andererseits von der Prüfung steuerrechtlicher und rechtlicher Gegebenheiten und der Eigentumsverhältnisse von bspw. Grundstücken ab. StR Kotz hatte zuvor auch eine mögliche Finanzierung aus dem städtischen Haushalt angesprochen. Explizit nennt er weiterhin die notwendige Offenheit auch der Ämter gegenüber allen - auch den weniger attraktiven - anstehenden Aufgaben und Zuständigkeiten im Sinne des Gesamtprojekts, was seiner Ansicht nach auch Mitarbeiterinnen- und Mitarbeitertransfers zwischen den einzelnen Elementen beinhalte. Unter anderem befürworte seine Fraktion die angestrebte Organisationsform, weil dadurch neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewonnen werden könnten, die in der klassischen Ämterstruktur aus verschiedenen Gründen nicht zu rekrutieren seien. Dabei müsse die Neuem innewohnende Dynamik und Geschwindigkeit nachhaltig erhalten bleiben. Gleichwohl räumt er ein, gewisse Verfahrensschritte seien einfach langwierig. Er schlägt vor, die lange Bearbeitungszeit zu nutzen, um den Rat in Zwischenschritte und Beratungen in verschiedenen Gremien einzubinden und so rechtzeitig nachsteuern und entsprechend ins Tun kommen zu können. Seine Fraktion sehe die neue Organisationsstruktur als dauerhaftes, nachhaltiges Basiskonstrukt für Stadtentwicklung allgemein und über das Projekt Rosenstein hinaus mit jeweils projektspezifischen Bausteinen. Dies solle sich seiner Ansicht nach auch im Namen der Gesellschaft widerspiegeln. Eine Bewertung und Empfehlung der Skalierbarkeit für andere Grundstücke sei in der Ausschreibung explizit erwähnt, informiert Frau Aufrecht.

Eine Projektgesellschaft wie sie bspw. in Hamburg, Berlin und Straßburg flexibel und schnell agiere, sei notwendig, betont StR Körner, und spricht sich - wie schon in der Vergangenheit - für ein solches Verfahren aus. Er bedauere es sehr und halte es für ein gravierendes Versäumnis, dass erst heute über die Verfahrensweise gesprochen werde, die nun aus seiner Sicht mindestens 3 Jahre zu spät komme. Die Folgen seien unter anderem ein Zeitverzug bei den Arealen A3 und C1. Auch StR Puttenat sieht ein großes Fragezeichen, ob und wie das Areal C1 zur IBA'27 beitragen könne. Dazu stellt der Vorsitzende klar, bei C1 komme man zügig in der Entwicklung voran, auch was die Artenschutz-Problematik betreffe - mit dem Ziel, zur IBA'27 bestmögliche Ergebnisse vorweisen zu können, sowohl in Bezug auf die Maker-City als auch auf die Wohnprojekte im südlichen Bereich. Das könne aber nur dann funktionieren, wenn Entscheidungen getroffen und diese umgesetzt würden. Er verweist auf den straffen Zeitplan - man werde dann der Realität gegenüberstehen, wenn das Baufeld tatsächlich geräumt und dort Ansässige auf Ausgleichsstandorte verlagert werden müssten. Beim Areal A3 müsse hingegen noch die Nutzung entschieden werden - nicht zuletzt habe der GR sich in den letzten Haushaltsplanberatungen für einen weiteren Wettbewerb entschieden, während die Verwaltung bereits 2020 einen Zeitplan ab Beschluss vorgestellt hatte. Im Rat müssten, um zügig voranzukommen und unabhängig von der Projektgesellschaft, Beschlüsse gefasst werden, um diese dann auf den Weg bringen zu können. StR Körner führt weiter aus, er schließe sich StR Kotz an mit dem Wunsch nach einer kontinuierlichen Einbindung des Gemeinderates in die weiteren Schritte, besonders bei dem von der Verwaltung erwähnten Maßnahmen- und Zeitplan. Zudem müsse der Auftrag der Stadt an die Projektgesellschaft klar im Sinne der Nutzung dieser Jahrhundert-Chance formuliert sein und für das gemeine Wohl der Stadt stehen. Weder dürfe der Grundstücksverkauf im Vordergrund stehen, noch, so sagt der Stadtrat, an Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei gewandt, dürfe eine Bebauung abgelehnt werden. Das passe nicht zu den gemeinsamen Wohnungsbauzielen. Er stellt abschließend fest, werde weniger für die Außenentwicklung getan, müsse umso mehr an der Innenentwicklung gearbeitet werden.

Weniger Außenentwicklung gebe es bei der SPD nicht, widerspricht StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei). Im Gegenteil werde über die "grüne Wiese" – beispielhaft das Birkacher Feld - diskutiert. In dem Zusammenhang bekräftigt er, die Wohnungsprobleme der Stadt würden nicht durch Stuttgart Rosenstein gelöst. Nachdem er die bestehenden Probleme beim Projekt S21 zusammengefasst und sein Plädoyer für oberirdische Gleisanlagen bekräftigt hat, äußert er sich zustimmend zur problem- oder projektorientierten Aufstellung von Organisationsformen bei komplexen Aufgaben mit vielen Akteuren über lange Zeiträume. Eine Projektgesellschaft, die auch künftig und für weitere Projekte arbeite, stelle dafür eine von mehreren Möglichkeiten, z. B. eine Ämterstruktur, dar. Diese müsse aber in ihrer Organisationsform transparent und öffentlich sein und nicht nur projektbezogen planen und finanzieren, meint er, sondern auch projektbezogen entscheiden. Ihm gegenüber versichert Frau Aufrecht, die Verwaltung wolle den GR bereits in der Erarbeitungsphase mit einbeziehen. Weil der Rat letztlich das Projekt tragen müsse, erwarte man auch von den Bewerbungen dazu entweder eine klare Formulierung oder zumindest optionale Positionen. StR Rockenbauch fährt fort, er frage sich, ob neben dem Gemeinderat auch bspw. Bürgerbeteiligungen in Entscheidungen einbezogen würden, und wer letztlich die Entscheider seien. Grundsätzlich, gibt Frau Aufrecht zu verstehen, würden die jeweiligen Möglichkeiten vorgestellt und eine Lösung empfohlen sowie der Rat am Ende der Bearbeitungsphase neben dem permanenten Einbezug informiert. Sollten Aspekte unterrepräsentiert sein, sei es dem Rat natürlich unbenommen, diese zur Abrundung mit einzubringen.

Auch die Fraktion der FDP begrüße angesichts der komplexen Aufgabenstellungen die Installation einer externen Projektgesellschaft, sagt StR Serwani. Alle für ihn relevanten Fragestellungen seien bereits in den vorherigen Wortmeldungen zur Sprache gekommen.

Bei der Komplexität des Projekts, äußert sich StR Puttenat, begrüße er es, dass die beteiligten Ämter Hand in Hand arbeiten. Seine Fraktion sei auf die konkreten Vorschläge gespannt und offen für verschiedene Organisationsstrukturen. Schade finde er, dass der Vorschlag zum Maker-City-Begleitgremium von der Verwaltung wohl erst Ende des Jahres 2022 vorliege. Positiv und wichtig ist seiner Ansicht nach die Integration der Neuausrichtung Bodenpolitik in die Mitteilungsvorlage GRDrs 284/2022, die gerade mit Bezug zur Konzeptvergabe für das Rosenstein-Quartier maßgeblich sei.

Er, so StR Schrade, höre aus den seitherigen Wortmeldungen eine Präferenz für eine externe Organisationsstruktur. Er wolle jedoch auch eine Lanze für die Verwaltung brechen, die alle Themen immer stringent verfolgt habe. Gleichwohl bewegten sich die Dinge nicht immer schnell, was aber angesichts des sehr große und komplexen Projekts nachvollziehbar sei. Seine Fraktion sei offen für jedwedes Ergebnis einer Organisationsform, wenn es denn ein funktionsfähiges Konstrukt sei. An StR Rockenbauch gewandt, betont er, die Struktur solle vor allem lösungs- und nicht problemorientiert sein. Ohnehin werde sowohl die Verwaltung als auch der Gemeinderat immer in das Projekt involviert sein.

StR Dr. Mayer stellt heraus, er traue der Verwaltung durchaus zu, kompetent und effizient mit den Themen umzugehen. Nichtsdestoweniger sei eine Projektgesellschaft sicher eine gute Idee. Fachleute bestätigten für alle Arten von Projekten Verzögerungen, Kostensteigerungen und Probleme durch die laufende und wiederholte Einmischung der Politik in die Prozesse. Davon rate er den Ratskolleginnen und -kollegen ab - nach grundsätzlichen Entscheidungen solle man die Umsetzung den Fachleuten überlassen.




BM Pätzold stellt fest:

Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik hat von der GRDrs 284/2022 Kenntnis genommen.

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