Protokoll: Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
193/2022
GZ:
SWU
Sitzungstermin: 31.05.2022
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Pätzold
Berichterstattung:Herr Dr. Oediger (ASW)
Protokollführung: Frau Schmidt
Betreff: Die Entbehrlichkeitsprüfung in der Landeshauptstadt Stuttgart - Erfahrungsbericht und Bewertung

Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Referats Städtebau, Wohnen und Umwelt vom 13.05.2022, GRDrs 193/2022. Sie ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

StRin Schiener (90/GRÜNE) erinnert an einen gemeinsamen Antrag mit der SPD aus dem Jahr 2013, Gemeinbedarfsgrundstücke zu retten. Der Bericht - hier speziell die Liste in Anlage 2 - sei sehr aufschlussreich. Der Bedarf an entsprechenden Flächen für Pflege, Kitas, Studierende, Flüchtlinge etc. sei weiterhin sehr groß. In einem Zwischenbericht des Ausschusses für Umwelt und Technik im Jahr 2017 sei gesagt worden, in den Jahren 2007 - 2017 sei keine neue Gemeinbedarfsfläche für Pflege ausgewiesen worden. Umso wichtiger sei es, Gemeinbedarfsflächen, die zum großen Teil von der Kirche aufgegeben würden, zu sichern. In diesem Zwischenbericht sei es auch um eine Liste mit Kirchengrundstücken gegangen, was aktuell Thema in Degerloch sei. Für die aufgegebene katholische Kita seien Pflegewohnungen vorgesehen gewesen, was aber nicht geschehen sei. Stattdessen habe die Kirche zu Höchstpreisen verkauft. Der Versuch der Stadt zum Erwerb der Fläche sei leider am nicht öffentlich beschlossenen Bebauungsplan gescheitert. Aus diesem Grund halte sie es für wichtig, derartige Bebauungspläne zu prüfen. Des Weiteren spricht die Stadträtin die Bereitschaft der Telekom an, ihre Gemeinbedarfsflächen zu verkaufen. Sie regt an, die Vorlage in diesem Sinne nochmals im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen zu behandeln. Grundsätzlich begrüße sie den Bericht, der einen regelmäßigen Überblick über die Entwicklung biete. Sie verweist abschließend auf den Logauweg, der sich aktuell in der Planungsphase befinde.
Die Entbehrlichkeitsprüfung ist für StRin Bulle-Schmid (CDU) ein erfolgreiches Instrument, um Gemeinbedarfsflächen zu finden. Dennoch lese sie aus der Vorlage auch heraus, dass es einer besseren verwaltungsinternen Abstimmung bedarf, welche Fläche für welche Bedarfe genutzt werden solle. Die Fachämter beklagten eine zu geringe Ausweisung von Gemeinbedarfsflächen in Bebauungsplänen; dieses Problem könne jedoch intern gelöst werden. Leider sei entgegen der Ankündigung die Vorlage in schwarz-weiß gehalten, sodass in Grafiken etc. nur wenig zu erkennen sei.

Durch die Entbehrlichkeitsprüfung, so StRin Schanbacher (SPD), könne die Stadt auch strategisch weiterentwickelt und Flächen dem privatwirtschaftlichen Gewinnstreben entzogen werden. Diese Prüfung sei essenziell und müsse weiter betrieben werden, da es um konkrete Daseinsvorsorge in der Stadt gehe. Da zu wenig Gemeinbedarfsflächen in der Stadt vorhanden seien, stelle sie die Frage nach dem Prüfprozess an sich und ob die Bedarfe durch die Fachämter abgefragt würden. Nur so könne vorausschauende Bodenvorratspolitik betrieben werden. Bei Neubaugebieten habe sie den Eindruck, Gemeinbedarfsflächen würden dort - insbesondere bei Schulen - zu klein ausgewiesen.

StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) erachtet die Entbehrlichkeitsprüfung als strategisches Instrument für sehr wichtig. Grundsätzlich halte er keine der Flächen für entbehrlich, auch wenn heute noch kein Bedarf gesehen werde. Der Bedarf werde sich deutlich ausweiten, da die gesamte Sozialpolitik in Zukunft viel sozialräumlicher und "näher an den Menschen" organisiert werden müsse. Mit diesem Instrument könnten die städtischen Interessen weiter abgesichert werden. Wenn eine soziale Nutzung nicht begründbar sei, müsse zukünftig der Grundsatz gelten, Baurecht für Private auf großen Grundstücken erst dann zu ermöglichen, wenn die Fläche der Stadt gehöre. Auch beim Wohnen müsse darauf geachtet werden, mehr Boden in städtischer Hand zu halten, um ihn dem Markt zu entziehen.

Der Erfahrungsbericht wird von StR Serwani (FDP) sehr wohlwollend zur Kenntnis genommen, wohingegen die Vorlage von StRin von Stein (FW) zum Anlass genommen wird darauf hinzuweisen, dass die kommunale Infrastruktur auch das Thema AWS/Be-triebshöfe etc. umfasse. Bei der Neuentwicklung von Quartieren wie Rosenstein werde zwar ein Rahmenplan erstellt, worin in dieser frühen Phase aber derartige Bedarfe nicht eingeplant würden, was später wiederum zu Schwierigkeiten führe. Sie werbe dafür, derartige Einrichtungen frühzeitig und dezentral vorzusehen.

Zustimmend Kenntnis von der Vorlage nimmt StR Dr. Mayer (AfD), der v. a. die Vorgehensweise begrüßt. Es handle sich nicht um einen statischen, sondern dynamischen Prozess, der iterativ wiederholt werden müsse, um seinen Zweck zu erfüllen.

Für die positive Resonanz dankt Herr Dr. Oediger, der auf das Verdienst der Entscheidung des Jahres 2014 verweist, wonach eine einheitliche, systematische Prüfung durch eine Personalstelle vonstattengehe. Diese einheitliche Stringenz sei für das Ergebnis entscheidend gewesen. In seinen weiteren Ausführungen geht der Referent auf die Fragen der Ausschussmitglieder ein und erklärt, es müsse zwischen einer im Bebauungsplan festgesetzten Gemeinbedarfsfläche und einer Fläche, die zugunsten des Gemeinbedarfs (ohne Gemeinbedarfsfestsetzung) genutzt werde, unterschieden werden. Bei ersterem könne man entsprechend der Entbehrlichkeitsprüfung tätig werden, bei zweitem könne dieses Instrument nicht genutzt werden. Als Beispiel nennt er eine Fläche der katholischen Kirche in Hoffeld, die die Stadt zugunsten einer Kita nicht habe kaufen können, da eine entsprechende planungsrechtliche Grundlage nicht bestanden habe. Die Telekom-Grundstücke befänden sich selbstverständlich im Prüffeld. Das Grundstück Adlerstraße sei nur deshalb in eine Umnutzung gekommen, weil es eine GWG-Fläche sei und damit eine Verhandlungsbasis gegeben gewesen sei. An StRin Bulle-Schmid gerichtet erinnert er an eine länger zurückliegende Phase, in der im Einzelfall die Fachämter Bedarfe genannt hätten, die über das Maß der Grundstücksfläche hinausgegangen seien. Heute würden die Bedarfe nicht nur gebündelt, sondern auch priorisiert. Bei der Festsetzung von Gemeinbedarfsflächen bemühe man sich sehr darum, Gemeinbedarfsgrundstücke neu festzusetzen. Das von StRin Schanbacher angefragte Verfahren erläutert Herr Dr. Oediger anhand des Gebietes Schafhaus, wo zunächst in einem zweistufigen, verwaltungsinternen Verfahren die Bedarfe ermittelt worden seien; in der Folge habe man mit den Akteuren wie Einrichtungsleitungen, Bürgervereinen, Kirchen, Bezirksvorsteher usw. gesprochen, um weitere Anregungen zu erhalten. Daraus sei ein Infrastrukturkonzept erstellt worden, das 1:1 in die Wettbewerbsauslobung aufgenommen worden sei. Die Arbeitsgruppe Sozialverträgliche Planung (AGSP) begleite nun diese städtebauliche Planung aperiodisch, um eine gute Verzahnung zu erzielen. Berechtigt sei der Hinweis von StRin von Stein zu den Betriebsstätten, die eine große Bedeutung für die Stadtwirtschaft hätten. Aktuell werde gemeinsam mit dem Referat T eine Studie speziell zu den stadtwirtschaftlichen Flächen erarbeitet.

Nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen mehr ergeben, stellt BM Pätzold fest:

Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik hat von dem Bericht Kenntnis genommen.
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