Protokoll: Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 13.07.2021
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Pätzold
Berichterstattung:Herr Wallisch
Protokollführung: Frau Klemm
Betreff: Schwabtunnel - Verkehrsversuch
- Antrag Nr. 483/2020 vom 23.11.2020
(Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei)
- mündlicher Bericht -

Vorgang: Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik v. 23.03.2021, öffentlich, Nr. 78
Ergebnis: Zurückstellung
Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik v. 30.03.2021, öffentlich, Nr. 98
Ergebnis: Kenntnisnahme
Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik v. 06.07.2021, öffentlich, Nr. 204
Ergebnis: Vertagung

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.


Herr Wallisch fasst zunächst zusammen, in der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Technik (STA) vom 30.03.2021 sei eine erneute Beratung im STA nach Einbringung des Sachverhaltes in die Bezirksbeiräte der betroffenen Stadtteile Stuttgart-Süd und -West vereinbart worden. Danach stellt er die grundsätzlichen Gegebenheiten im Schwabtunnel und Umgebung nochmals dar und erläutert die Überlegungen der Verwaltung zu einem als Alternative zu einem Einrichtungsverkehr möglichen Verkehrsversuch, im Rahmen dessen von Stuttgart-Süd nach Stuttgart-West (ansteigende Strecke) lediglich eine Bus- und eine Radverkehrsspur und in die Gegenrichtung (abfallende Strecke) - wie seither auch - sowohl Bus- als auch Radverkehr und ein Kfz-Streifen befahrbar wären.

Des Weiteren berichtet er im Sinne seiner Präsentation. Ergänzende Anmerkungen sind nachfolgend in zusammengefasster Form mit Verweis auf die jeweilige Seitenzahl wiedergegeben.

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Die geplante Umleitungsstrecke über die Böheimstraße - Hauptstätter Straße - Paulinenstraße - Rotebühlstraße sei 1,8 km länger als der direkte Weg durch den Schwabtunnel. Zusätzlich solle eine Einbahnstraße am Beginn der Schwabstraße eingerichtet werden, um Schleichverkehr in den Anliegerstraßen am Hasenberg zu vermeiden.

Seite 11

Im Bezirksbeirat West habe es eine klare Mehrheit für den Verkehrsversuch gegeben, wohingegen sich im Bezirksbeirat Süd lediglich eine knappe Mehrheit gefunden habe. Obwohl man dort eine Verbesserung für den Rad- und Fußverkehr sowie eine Verkehrsberuhigung in der Umgebung sehe, gebe es - auch in der Bürgerschaft - Kritikpunkte: Einerseits die schlechtere CO2-Bilanz aufgrund der Umleitungsstrecke -andererseits die Sorge der Anwohnenden am Hasenberg vor möglichem Schleichverkehr und die der Anlieger*innen an der Böheimstraße bezüglich einer erheblich höheren Verkehrsbelastung.

Ihren Dank für die Präsentation und den mündlichen Bericht äußern StRin Dr. Lehmann (90/GRÜNE), StR Kotz (CDU), StR Ozasek (Die FrAKTION LINKE SÖS Piraten Tierschutzpartei) sowie StRin Köngeter (PULS).

Grundsätzliche Zustimmung zu dem vorgeschlagenen Verkehrsversuch können die Fraktionen 90/GRÜNE, Die FrAKTION LINKE SÖS Piraten Tierschutzpartei, SPD und PULS bekunden.

Als Chance bezeichnet StRin Lehmann den vorgeschlagenen Verkehrsversuch, den sie sich für die wärmeren Monate des Jahres wünscht: Einerseits könne der Durchgangsverkehr, den teilweise auch der Schwabtunnel förmlich anziehe, in Stuttgart-Süd so geprüft, andererseits festgestellt werden, ob der Radverkehr im Schwabtunnel dann tatsächlich zunehme. Ihre Sicht, die Verkehrseinschränkungen im Schwabtunnel könnten zu einer allgemeinen Verkehrsentlastung des Stuttgarter Westens führen, teilt StR Kotz nicht.

Der Problematik des Ausweichverkehrs in Wohngebiete sei sie sich bewusst, ergänzt StRin Lehmann ihre Ausführungen. Es zeige sich jedoch dadurch auch das grundsätzliche Verkehrsproblem in Stuttgart mit seinen engen Straßen, und genau das stelle die Schwierigkeit der Radfahrenden im Schwabtunnel dar. Der Kfz-Verkehr halte den nötigen Sicherheitsabstand zu Radfahrenden häufig nicht ein und zwinge diese somit, zulasten der Zufußgehenden auf den Gehweg auszuweichen.

Grundsätzlich wolle die Fraktion der CDU die Situation des Fuß- und Radverkehrs verbessern, konstatiert StR Kotz, er sehe jedoch die Gefahr einer Präzedenzwirkung auf andere Strecken in der Stadt bei einer (teilweisen) Sperrung des Schwabtunnels für den Kfz-Verkehr und spricht sich daher gegen den Verwaltungsvorschlag aus. Obwohl unbestritten sei, dass der Schwabtunnel nicht mehr dem Stand der Zeit entspreche, müsse man Alternativen zu dem von der Verwaltung dargestellten Verkehrsversuch finden, die an der Verkehrsinfrastruktur im Tunnel nichts änderten, aber das Sicherheitsgefühl der Radfahrer*innen im Mischverkehr erhöhten. StR Ozasek entgegnet, rechtlich gesicherte und gangbare Alternativen existierten nicht. Für die Fraktion PULS bringt StRin Köngeter eine Temporeduktion auf 20 km/h im Tunnel sowie ein Überholverbot für Kfz ins Spiel.

Gesetzlich verankerte Möglichkeiten, eine Reduzierung der Geschwindigkeit anzuordnen, gebe es derzeit nicht, so Herr Wallisch. Stelle man aber im Zuge einer Verkehrsbeobachtung eine Gefährdungslage für die Radfahrenden fest, wäre eine Temporeduktion denkbar, fährt er fort, auch gegenüber StRin Schanbacher (SPD), die des Weiteren die Bedingungen für eine Bündelung des Verkehrs außerhalb des Stadtgebietes auf den Bundesstraßen interessieren.

Anschaulich schildert StR Kotz abschließend einen Vor-Ort-Termin seiner Fraktion und ihrer Bezirksgruppen in der Woche zuvor, bei dem ihm zufolge eine deutliche Mehrheit von ca. 82 % der befragten Verkehrsteilnehmenden (Kfz-, Rad-, Fußverkehr) und Anwohner*innen den Verkehrsversuch abgelehnt habe.

Neben StRin Schanbacher stellt auch StR Ozasek die Verlässlichkeit dieser Recherche infrage, wobei Letzterer der von der CDU-Fraktion initiierten Aktion die Mehrheiten in den Bezirksbeiräten Süd und West gegenüberstellt. In seinem Redebeitrag legt er den Fokus auf das Ziel einer neuen Mobilitätskultur in der Stadt und die dringend erforderliche Entlastung des Rad- und Fußverkehrs im Schwabtunnel. Seine Zustimmung zu dem von der Verwaltung skizzierten Verkehrsversuch signalisierend betont er die Vorteile desselben, allen voran mehr Lebensqualität für die Anlieger*innen durch die Entlastung der beiden betroffenen Stadtbezirke dies- und jenseits des Schwabtunnels, die Reduzierung der Lärmkulisse im Tunnel und eine Verbesserung der Sicherheit für die Radfahrenden. Eine negativere Umweltbilanz (CO2) durch die Umleitungsstrecke zweifelt er gegenüber der Verwaltung an. Er hoffe in der heutigen Ausschusssitzung auf eine Grundsatzentscheidung, um weitere Erhebungen vornehmen zu können und das städtebauliche Ziel mit einer dezidierten Umweltbilanz zu definieren. Ausdrücklich betonen wolle er, dass seine Fraktion sich eine weitreichendere Lösung gewünscht hätte.

Dem schließt sich StRin Köngeter an. Ihre Fraktion könne den Verwaltungsvorschlag mittragen; eine Ideallösung sei er zwar nicht, jedoch könne er durch seine Auswirkungen ein eindeutigeres Bild auf die tatsächliche Problematik im Bereich Schwabtunnel werfen. Es gehe im Wesentlichen um Sicherheit und Sicherheitsempfinden für Radfahrende und Fußgänger*innen im Schwabtunnel, aber auch um die Förderung der Möglichkeiten für eine Änderung des allgemeinen Mobilitätsverhaltens und um Lärmbelastung. Die Mehrbelastung der Wohngebiete durch eine Umleitung sehe sie - gleichwohl habe man diese bereits jetzt an einer anderen Stelle.

Seine Fraktion bleibe bei ihrer ablehnenden Haltung zum Verkehrsversuch, bekräftigt StR Serwani (FDP) nicht nur seine früheren diesbezüglichen Äußerungen, sondern erinnert gleichzeitig daran, dass Teile des Bezirksbeirats Süd nur mit "erheblichen Bedenken" zugestimmt hätten und auch die Anwohnenden der Hasenbergsteige durch die geplante Einbahnstraße in die Anwohnergebiete Einschränkungen hinnehmen müssten. Befremdet zeigt er sich über die pauschal ablehnende Haltung der Fraktion Die FrAKTION LINKE SÖS Piraten Tierschutzpartei gegenüber jeglichem Kfz-Verkehr.

StR Schrade (FW) kann dem vorgeschlagenen Verkehrsversuch ebenfalls nicht folgen. Die Suche nach Alternativen, wie vom Bezirksvorsteher von Stuttgart-Süd, Herrn Grieb, vorgeschlagen, befürworten sowohl er als auch StRin Schanbacher.

Letztere kann sich auch eine vollständige Sperrung des Schwabtunnels für den Kfz-Verkehr vorstellen und findet eine Evaluation des Verkehrsversuches in Form von Befragungen der Beteiligten während und nach der Erprobung wichtig - im Gegensatz zu StR Serwani, der Umfragen unter der Bevölkerung im Vorfeld für sinnvoller hält.

Alternativen zum Verwaltungsvorschlag sieht StR Goller (AfD) und wünscht sich einen pragmatischen Umgang mit dem Sachverhalt zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger, zumindest aber eine Prüfung von weniger aufwendigen und weniger invasiven Lösungen vor einer Entscheidung für den Verkehrsversuch. Eine reelle CO2-Einsparung sehe er mit dem vorgeschlagenen Verkehrsversuch auch langfristig nicht.

StRin Lehmann, StR Kotz wie auch StR Serwani interessieren die Kriterien, die zur Entscheidung über Erfolg oder Misserfolg des Verkehrsversuchs angesetzt werden. StRin Schanbacher schließt sich dieser Frage an und ist der Meinung, in der heutigen Ausschusssitzung gehe es lediglich um einen Vorschlag der Verwaltung für einen 6-mona-tigen Verkehrsversuch, um Verbesserungen im Rad- und Durchgangsverkehr im Schwabtunnel und in dessen Umgebung zu erproben. Zu diesem Vorschlag stelle der Ausschuss weitere Aspekte in den Raum. Sollte sich herausstellen, dass eine solche Erprobungsphase rechtlich realisierbar sei, könnten weitere Alternativen abgewogen werden.

Herr Wallisch bestätigt dies und stellt - auch auf Wunsch von StR Kotz - die weitere Vorgehensweise dar: Im Anschluss an die heutige Ausschusssitzung und vorausgesetzt, der Ausschuss befürworte den Verkehrsversuch grundsätzlich, erfolge zunächst die Erarbeitung der gesetzlich notwendigen Grundlagen für die Erprobung mit der Definition eines städtebaulichen Ziels sowie einer Umweltbilanz. Frau Scherz (AföO) ergänzt, sowohl für den zur Debatte stehenden Verkehrsversuch als auch für eine Diskussion über andere Möglichkeiten wie eine Temporeduktion müsse grundsätzlich zunächst eine Akten- und Faktengrundlage vorliegen. Der Ausschuss entscheide also heute über die grundsätzliche Durchführung einer Verkehrsuntersuchung, um eine Sachlage zu erreichen. Daraus könnten sich dann verschiedene Optionen für den Versuch ergeben.

BM Pätzold fasst zusammen, in der heutigen Ausschusssitzung stimme man über den Einstieg in die Planungen zu einem Verkehrsversuch ab, um eine Beschlussvorlage erarbeiten sowie zwischenzeitlich offene Fragen beantworten zu können. Er stellt einen Formulierungsvorschlag vor, der nach einer kurzen Diskussion und dem Antrag von StR Körner (SPD) auf Beendigung der Debatte zur Abstimmung gestellt werden soll. Der Beschlussvorschlag des Vorsitzenden werde sowohl der heutigen Diskussion wie auch den Bedürfnissen der Radfahrer*innen im Schwabtunnel gerecht, schließt StR Körner ab.

Der Vorsitzende stellt anschließend den nochmals geringfügig geänderten Beschlussantrag zum weiteren Vorgehen mit folgender Formulierung zur Abstimmung:
1. Die Verwaltung wird beauftragt, in die Planungen zu einer Verbesserung für den Radverkehr im Schwabtunnel einzusteigen und einen Beschlussvorschlag vorzubereiten.

2. Dabei sollen die gesetzlich notwendigen Grundlagen, die Erhebungen, die Definition der städtebaulichen Ziele und die Umweltbilanz erarbeitet werden.

3. Dabei sollen auch die heute im Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik aufgeworfenen Fragen, insbesondere nach einer Temporeduktion, erarbeitet werden.

Er stellt fest:

Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik stimmt dem Beschlussantrag mehrheitlich (bei 1 Stimmenthaltung) zu.
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