Protokoll:
Ausschuss für Umwelt und Technik
des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
487
6a
Verhandlung
Drucksache:
-
GZ:
Sitzungstermin:
18.10.2016
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
BM Pätzold
Berichterstattung:
Frau Frucht und Herr Seyboth (beide ASS)
Protokollführung:
Frau Faßnacht
pö
Betreff:
Nicht offener städtebaulicher Ideenwettbewerb
"Garden Campus Vaihingen" in Stuttgart-Vaihingen
- Ergebnis des ersten Preisgerichtstermins
- Information über die frühzeitige Beteiligung
- weiteres Vorgehen
- mündlicher Bericht -
Vorgang: Ausschuss für Umwelt und Technik vom 27.09.2016, öffentlich, Nr. 437
Ergebnis: Berichterstattung und Verständigung über das weitere Vorgehen
Ausschuss für Umwelt und Technik vom 11.10.2016, öffentlich, Nr. 470
Ergebnis: Vertagung
Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.
BM
Pätzold
verweist auf die Empfehlungen für die weitere Bearbeitung der zweiten Phase des Wettbewerbs, welche den Ausschussmitgliedern übersandt wurden, und auf den gemeinsamen Antrag Nr. 320/2016 vom 17.10.2016 der Gemeinderatsfraktionen von CDU, Freien Wählern, der FDP und den STAdTISTEN. Dieser ist dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei angeheftet.
Frau
Frucht
ergänzt, der Bezirksbeirat Vaihingen habe am 27.09.2016 seinen Beschluss zur Ablehnung der Bebauung des Eiermann-Areals mehrheitlich bekräftigt. Anschließend stellt sie mithilfe einer Präsentation, Seiten 3 bis 12 zunächst die Empfehlungen aus Sicht der Verwaltung für die weitere Bearbeitung vor.
Herr
Seyboth
führt aus, die Verwaltung habe auf die Frage nach einem Erschließungskonzept für den Garden Campus bereits mehrfach ausgeführt, dass sie ein Verkehrskonzept für Vaihingen insgesamt mit den Schwerpunkten Garden Campus und Synergiepark vorlegen wird. Daran werde gearbeitet, sodass er den Ergebnissen nicht vorgreifen wolle. Zudem könne es noch gar keine Ergebnisse geben, weil die Vorgaben nicht eindeutig sind. So spiele es durchaus eine Rolle, ob es ein Stadtteil im klassischen Sinn werden soll mit möglichst hohem Wohnanteil, oder ob es im Wesentlichen ein Arbeitsstättengebiet sein wird mit begleitendem geringem Wohnanteil, wo ganz andere Verflechtungen der Verkehrsströme ins Umland zu erwarten sind. Dies habe auch Konsequenzen auf die Empfehlungen, die im Verkehrskonzept enthalten sein werden.
Weiter informiert er anhand der Seiten 13 bis 23 der Präsentation. Hinsichtlich des ÖPNV-Liniennetzes geht er davon aus, dass auch künftig wieder mit Bussen in das Gebiet gefahren wird. Dabei werde es nicht die Lösung sein, die bestehende Linie zu verdichten, sondern höchstwahrscheinlich werde es eine Linie sein, die das Vaihinger Zentrum, sprich den Bahnhof, mit dem Garden Campus verbindet. Auf welchem Weg und in welcher Taktfrequenz dies geschieht sei noch nicht entschieden, wobei es naheliege, spätestens wenn das Gebiet aufgesiedelt ist, den 10-Minuten-Takt zu fahren. Weil man den Bus jederzeit den tatsächlichen Erfordernissen anpassen kann, sei es nicht erforderlich, bereits heute sich darüber große Gedanken zu machen.
Beim Radverkehrsnetz werde die Gründgensstraße besondere Aufmerksamkeit erfahren müssen, weil es darum gehen werde, die Bewohner an diesem Ortsrand von Vaihingen zu schützen. Die Funktion der Gründgensstraße (Vorbehaltsstraße) sei bereits heute kaum verträglich mit der Ausweisung der Straße als Tempo 30-Zone. Die mehrfach angesprochene Öffnung des Garden Campus nach Vaihingen hin sei mehr aus städtebaulicher Sicht denn aus verkehrstechnischer Sicht gewünscht worden. Dies bedeute nicht, eine Öffnung als perfekte Kfz-Achse zu schaffen. Es könnte dagegen eine Rad-Achse sein, aber auch eine Bus-Achse sein.
Im Hinblick auf eine mögliche Seilbahntrasse gibt Herr Seyboth zu bedenken: "Wenn man diesen Gedanken prinzipiell für untersuchenswert hält, dann muss man im nächsten Doppelhaushalt einen erheblichen, d. h. mindestens sechsstelligen Betrag bereitstellen, um eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben. Diese Machbarkeitsstudie kann natürlich auch zusätzlich zu einer Seilbahn eine auch immer wieder ins Gespräch gebrachte Monorail-Bahn umfassen und auch deren Realisierungschancen, technische Anforderungen, Leistungsfähigkeit und was alles dazugehört, einschließen. Dann würden sich danach die üblichen Verfahren (breite Bürgerbeteiligung) anschließen, und irgendwann einmal die standardisierte Bewertung, und wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, würde man einen Förderantrag stellen. Das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz enthält die Möglichkeit, auch Seilbahnen zu fördern, sofern diese wirtschaftlich sind nach den gleichen Kriterien, wie sie beispielsweise an eine Stadtbahnlinie anzulegen wären".
Er stellt anschließend die möglichen Zufahrten und die Anbindung an das Straßennetz anhand der Seiten 19 bis 21 vor. Diesbezüglich könne man sich schon deswegen noch nicht festlegen, weil das Ergebnis des Wettbewerbs nicht bekannt sei, welches eine interne Erschließung vorsehe. Nicht möglich wegen der geltenden Regelungen und Richtlinien sei es jedenfalls, die Behelfsausfahrt an die Autobahn zu einer regelmäßig befahrbaren Anschlussstelle zu machen. Der Knotenpunkt Pascalstraße/Hauptstraße sei der Knotenpunkt, auf dem der Kfz-Verkehr zwischen Garden Campus und Ortsmitte Vaihingen abgewickelt werden muss. Das in Arbeit befindliche Verkehrskonzept werde auch abschätzen müssen, von welchen Verkehrsmengen ausgegangen wird und welche Maßnahmen erforderlich werden, um den Verkehr abzuwickeln - ergänzt um den Mehrverkehr, der zu erwarten ist. In diesem Kontext werde man sich etwas für die Gründgensstraße einfallen lassen, um den Verkehr dort zu reduzieren und die Bewohner an diesem Ortsrand von Vaihingen zu schützen.
BM
Pätzold
trägt anschließend die Empfehlungen aus Sicht der Verwaltung für die zweite Bearbeitungsphase (Seiten 22 und 23 der Präsentation) vor.
Nach Meinung von StR
Dr. Vetter
(CDU) konterkariert der Bezirksbeirat Vaihingen das Ergebnis des Kolloquiums, wo u. a. festgehalten wurde, dass mittels zusätzlichem Baurecht auf dem Areal dem Investor eine Finanzierung der Sanierung der denkmalgeschützten Eiermann-Gebäude möglich sein muss. Allein mit der Sanierung der Eiermann-Gebäude könne der Investor sicherlich keine Wirtschaftlichkeit erreichen.
Mit der Nutzungsmischung soll ein funktionierendes Quartier entstehen. Aus Sicht seiner Fraktion leitet sich aus den Rahmenbedingungen und dem Ergebnis des Kolloquiums eine eindeutige Nutzungsmischung ab. Es sei das Ergebnis der Arbeit aus der Bürgerbeteiligung und insbesondere auch des Oberbürgermeisters. Laut Kolloquium braucht es einen Nutzungsmix mit 25 % Wohnflächenanteil und ca. 75 % für Büronutzung, als Wissenschaftsstandort und für gewerbliche Nutzungen. Da es in Stuttgart einen großen Mangel an Gewerbeflächen gebe und gleichzeitig die Nachfrage nach Gewerbeimmobilien im Großraum Stuttgart steige, sehe man in diesem Areal eine große Chance, um Stuttgart weiterhin im internationalen, aber auch nationalem Spiel nach Gewerbeflächen am Ball zu halten. In den letzten Jahren habe man außerdem mit breiter Unterstützung des Gemeinderats zahlreiche Gewerbeflächen gewandelt, wie z. B. das Neoplan-Gelände in Möhringen, Auto-Staiger in S-Nord, das Schoch-Areal in Feuerbach und den Diakonie-Standort in S-Ost. Daher halte man den weitergehenden Erhalt des bestehenden Gewerbegebiets für zwingend geboten. Dort soll künftig eine gewerbliche Nutzung wie im Kolloquium erarbeitet stattfinden. Das Step in Vaihingen sehe man hierfür als Vorbild, wo ebenfalls eine gewisse Langatmigkeit erforderlich war. Der Nutzungsmix, der sich dort ergeben hat, zeige, dass Langatmigkeit sich lohnt.
Die Entwicklung und Bebauung soll selbstverständlich in einem hochwertigen städtebaulichen Entwurf stattfinden. Die Entwürfe hätten dokumentiert, dass dies möglich ist, und der Investor habe hybride Nutzungen sogar ausdrücklich gefordert. Daher soll eine entsprechende Gewichtung auch im weiteren Wettbewerbsverfahren umgesetzt werden. Für den Wohnanteil von 25 % sehe seine Fraktion dabei Wohnsonderformen, wie z. B. studentisches Wohnen, vor. Er beantragt daher, dass der Ausschuss heute dem Investor und dem Preisgericht die Weiterbearbeitung der vier Entwürfe mitgibt, damit die Architekturbüros den späteren Nutzungsmix aus 25 % Wohnen und 75 % Gewerbe vorsehen. Die Stadtverwaltung soll im weiteren Bebauungsplanverfahren diesen Nutzungsmix umsetzen.
Die CDU-Gemeinderatsfraktion wünsche sich, dass die Empfehlungen der Verwaltung für die zweite Bearbeitungsphase die Nutzungsmischung aufzeigen für ein funktionierendes Quartier inklusive Aussage zur Brutto-Geschossfläche und Geschossflächenzahl Wohnen, Anzahl der geplanten Wohneinheiten (WE), und dass das Wohnungsgemenge sinngemäß angepasst wird. Die Empfehlung der Verwaltung für die zweite Bearbeitungsphase "Anwendung eines einheitlichen Schlüssels" soll ebenfalls sinngemäß angepasst oder evtl. sogar gestrichen werden. Für die zweite Bearbeitungsphase soll außerdem die Darstellung der notwendigen sozialen Infrastruktur ersatzlos gestrichen werden, da dies für einen Gewerbe- und Forschungscampus nicht notwendig sei. Für sinnvoll halte man es, bei dem Mobilitätskonzept alternative Lösungen, wie z. B. eine seilbahngestützte Erschließung oder eine Erschließung mittels Monorail umzusetzen. Dabei wäre auch zu überlegen, ob eine direkte Anbindung von der A 831 evtl. möglich wäre, damit das Gewerbegebiet eine optimale Anbindung von der Autobahn bekommt, um so den Verkehrsknotenpunkt Pascalstraße gar nicht erst zu tangieren.
Diesen Antrag stelle man heute zur Entscheidung, da man der Überzeugung sei, dass in diesem Areal eine überwiegend gewerbliche Nutzung stattfinden muss und eine Wohnnutzung nur ergänzend sein sollte.
StRin
Schiener
(90/GRÜNE) verweist auf den langen Zeitraum, in dem man sich mit dieser sehr großen, für Stuttgart bedeutenden Fläche beschäftige. Von den mehr als 30 ha seien zwischen 11 und 12 ha überbaubare Fläche. Diese Fläche wolle man zum Wohl der Allgemeinheit und der Stadt entwickeln. Es sei angesichts der denkmalgeschützten Gebäude und ihrer besonderen Lage keine leichte Aufgabe, diese Entwicklung so zu gestalten, dass sie funktioniert.
Sie betont weiter, ein Wohnungsanteil von 25 % sei nie beschlossen worden. Primär müsse wichtig sein, dass das Gebiet funktioniert, und zwar unter den Voraussetzungen der Lärm- und Luftbelastungen. Darüber hinaus müsse die mangelnde Anbindung gelöst werden. Wer im Städtebauausschuss genau hingehört hat, habe auch die vielfältigen Stimmen gehört, wonach ein Wohnanteil von 25 % als nicht ausreichend bezeichnet wurde. So sei die Befürchtung geäußert worden, es könnte eine Art Geisterstadt entstehen. Hinzu komme, dass der Verkehr umso mehr wird, je mehr Arbeitsplätze entstehen. Genau dies waren auch die Bedenken sowohl im Bezirksbeirat als auch die der Bürgerinnen und Bürger in Vaihingen. Ihre Fraktion folge daher den Vorschlägen der Verwaltung. Man wolle dort einen Nutzungsmix unter Berücksichtigung des Schutzkonzeptes. Auch in der 2. Bearbeitungsphase müsse genau nachgewiesen werden, wie die Gebäude vor dem Autobahnlärm geschützt werden. 6 m hohe Lärmschutzwälle, wie sie als Mindestmaß angegeben wurden, werden dafür nicht ausreichen.
Sehr verwundert ist die Stadträtin über den Antrag ihres Vorredners, wonach die Infrastruktur gestrichen werden soll. Gerade das Step-Gelände funktioniere deswegen so gut, weil dort eine Infrastruktur mit einem Kita-Angebot vorhanden ist für die arbeitende Bevölkerung. Diesem Punkt könne man folglich nicht zustimmen. Ihre Fraktion halte die Aufschlüsselung, was für 1.000 WE ungefähr da sein muss, für sehr gut, da sie sich auch für 500 WE herunterbrechen oder auf 2.000 WE hochrechnen lasse. Daher sei es wichtig, dies den Bearbeitern an die Hand zu geben. Der Städtebauausschuss habe die Qualität des öffentlichen Raums insgesamt sehr hervorgehoben. Mit der Ziffer 6 des interfraktionellen Antrags (Darstellung des konkreten Mobilitätskonzepts in der nächsten Bearbeitungsphase) sei man daher einverstanden. Mit Blick auf die vier Wettbewerbsarbeiten stellt sie klar, im Prinzip lege man hier Strukturen fest. Auch beim Flugfeld in Böblingen sei ursprünglich hauptsächlich Gewerbe priorisiert worden, doch habe sich im Laufe der Zeit ein viel höherer Wohnanteil ergeben. Aus ihrer Sicht braucht es diese Strukturen mit Nachweis, dennoch wolle sich ihre Fraktion nicht auf einen Anteil von 25 % Wohnen festlegen lassen. Wenn die Strukturen stimmen und die Blöcke für die Anbindung gestellt sind, so könne er durchaus höher liegen. Durch die Baunutzungsverordnung habe man auch 2017 das urbane Gebiet, weshalb die Mischung von Arbeiten und Wohnen immer mehr zunehmen werde.
StRin
Kletzin
(SPD) dankt für die klare Formulierung der Anforderungen an die vertiefende Planung. Sehr gut könne ihre Fraktion mitgehen bei der Nutzung des Denkmals und bezüglich des Abstands zu den Waldflächen. Das fehlende Lärmgutachten müsse nachgeliefert werden. Sie bittet darum, die Büros darauf aufmerksam zu machen.
Eingehend auf den Antrag der CDU-Gemeinderatsfraktion erinnert sie daran, dass man sich mitten im Wettbewerbsverfahren nach dem Kolloquium befindet, welches ergeben habe, dass man dort mit einer Gewerbenutzung nicht weiterkommt. Auch habe sich zuvor keine Möglichkeit eröffnet, dieses Gelände zu nutzen. Es gehe nun also in Richtung eines funktionierenden Quartiers, was einen bestimmten Anteil von Bewohnerinnen und Bewohnern voraussetzt, um die entsprechenden Infrastruktureinrichtungen zu haben. Würde man jetzt ein anderes Signal geben an die Wettbewerbsteilnehmer, so wäre dies ein Schritt zurück. Vielmehr erwarte man von den Teilnehmern des Wettbewerbs die Entwicklung von Ideen, was dort möglich ist. Es seien gerade nicht nur Gewerbe und Wohnen, sondern auch flexible, hybride Nutzungen, wie dies bereits in der Ausschreibung erwähnt wurde. Ihre Fraktion lehne daher die Festschreibung fixer Anteile ab. Beim Verkehrskonzept gehe es langfristig darum, die Mobilitätspunkte festzumachen, und - wenn es um den ÖPNV geht - zu sehen, "dass es funktioniert". Das Verkehrskonzept stehe jedoch wie von der Verwaltung dargestellt in Abhängigkeit davon, welches Konzept prämiert wird.
StR
Pantisano
(SÖS-LINKE-PluS) unterstützt die von der Verwaltung formulierten Empfehlungen, die in den Wettbewerb eingehen müssen. Wegen der Bedeutung der Entwicklung des Eiermann-Areals beantragt er, die Beschlussfassung darüber im Gemeinderat vorzunehmen. Da OB Kuhn selbst im Wettbewerbsverfahren dabei war, wolle man deswegen auch seine Einschätzung dazu hören. Der gemeinsame Antrag sei erst heute vorgelegt worden, weshalb er darum bittet, die Abstimmung darüber in den Gemeinderat zu verweisen. Dieser Vorgang sei beispielhaft dafür, wie Stadtplanung in Stuttgart oft stattfindet und wie sie aus fachlicher Sicht so nicht stattfinden dürfte. Man hätte die in den letzten Wochen und heute stattgefundenen Diskussionen bereits im Vorfeld der Ausschreibung führen müssen. Dafür wäre ein Struktur- oder Entwicklungsplan benötigt worden, "von mir aus auch mit Alternativen, wo das Thema Wohnen, Verkehr und Infrastruktur beleuchtet worden wäre". Der Bezirksbeirat lehne es unter anderem genau aus diesem Grunde ab, dort etwas zu entwickeln, weil noch keiner weiß, wie es vor Ort gehen soll.
Auch im Städtebauausschuss hätte eine Diskussion über Wohnen und Verkehrsinfrastruktur im Vorfeld der Auslobung geführt werden müssen. So habe Prof. Dr. Harlander im Städtebauausschuss deutlich gesagt, dass Wohnen dort nur funktionieren wird, wenn es hauptsächlich Wohnen ist. Einen Wohnanteil mit 25 % empfinde er daher als absurd. Ob Wohnen funktioniert, müsse man beurteilen anhand eines Verkehrskonzepts und den anderen Maßnahmen, die entschieden werden müssen. Die Preisrichter im ersten Wettbewerb hätten einen einstimmigen Beschluss gefasst, wonach hauptsächlich Wohnen dort stattfinden soll. Dieser Beschluss werde nicht mehr verändert, sondern so an die Wettbewerbsteilnehmer gegeben. Würde der UTA nun den Antrag Nr. 320 beschließen, der genau das Gegenteil besagt, so wäre das Verfahren gescheitert. Er sieht die von Anfang an geübte Kritik der Fraktionsgemeinschaft am Verfahren bestätigt. Zum Kolloquium selbst sei zu sagen, dass es lediglich eine Studie war, die OB Kuhn zusammen mit ein paar Fachleuten erstellen ließ. Es handle sich nicht um einen breit angelegten Prozess, wo mit Bezirksbeiräten, Bürgern usw. diskutiert worden wäre.
StRin
von Stein
(FW) stellt fest, die Freien Wähler gehören zu den Antragstellern des Antrags Nr. 320/2016 . Das Gebiet sei spannend, jedoch müsse - wenn es bebaut wird - diese Bebauung so dicht sein, dass aus dem Verkaufserlös der bebauten Fläche die Sanierung des Denkmalschutzes möglich wird. Schon dies sei ein Problem. Kommen dann noch die zahlreichen Flächen hinzu, die nicht oder nur schlecht bebaut werden können wegen der Lärmproblematik, so vergrößere sich dieses Problem mit Wohnen - selbst wenn es nur 25 % wären. Das Quartier sei schon von der Lage und Anbindung her schlecht geeignet. Zu bedenken gibt sie auch, dass die komplette Infrastruktur dauerhaft benötigt wird, um ein funktionierendes Stadtquartier zu bekommen. An den Stadtteilen Neugereut und Freiberg/Mönchfeld zeige sich, wie schwierig es ist, solche Strukturen später zu verändern, um nach Jahrzehnten wieder ein halbwegs lebendiges Quartier zu bekommen. Auch müsse man sich darüber im Klaren sein, dass Nahversorgung mit so wenigen Einwohnern nicht funktioniert - Stichwort Hohlgrabenäcker in Zazenhausen. Daher könne Wohnen dort evtl. nur für Sonderformen sinnvoll sein. Stuttgart brauche jedoch auf jeden Fall noch Gewerbeflächen.
Solche Flächen zu entwickeln ist nach Ansicht von StR
Klingler
(AfD) aus städteplanerischer Sicht das Schwierigste, das es gibt. Mit Blick auf das Flugfeld in Böblingen weist er darauf hin, "dass dieses Gebiet den Erwartungen extrem hinterherhinkt", obwohl dort bereits eine Erschließung mit der S-Bahn vorhanden ist. Natürlich gebe es eine Nachfrage an Gewerbeflächen, doch sei die Anbindung des Areals schwierig. Die Problematik des Gebiets, auf welche bereits mehrfach hingewiesen wurde, lasse sich auch nicht durch andere Namen ändern. Er spricht sich dagegen aus, "eine weitere Baustelle Wohnen aufzumachen", die nicht sinnvoll genutzt werden kann. Das wichtige Ziel in der weiteren Bearbeitung müsse nun sein, entsprechende Ideen der Fachleute zu bekommen. Mit nur 25 % Wohnnutzung schaffe man dagegen ein neues Problem. Er spricht sich für die Bearbeitung gemäß dem Vorschlag der Fachverwaltung aus.
StR
Conz
(FDP) erklärt, einer Traufhöhenbegrenzung für das gesamte Gebiet werde er nicht zustimmen. Es gebe mehrere Entwürfe mit Hochhäusern, daher werde die Vorgabe, die Traufhöhe der Eiermann-Gebäude sei der Maßstab, nicht funktionieren. Man solle sich vielmehr an den Entwürfen orientieren. In Bezug auf die Vorstellung, das Gebiet in ein großes Wohngebiet zu verwandeln, erinnert er an die Aussage im Städtebauausschuss, wonach ein Wohngebiet erst mit 10.000 Einwohnern funktioniert. Genau dies möchte man gerade nicht, sondern man will ein Gewerbegebiet entwickeln, wo "kleineres Wohnen" eingestreut sein kann.
Von der Verwaltung wünscht er eine Antwort auf die Frage, welchen sozialen Mix sie sich bei 1.000 Wohneinheiten dort vorstellt. Er könne nicht nachvollziehen, wie die Verwaltung auf 30 Kita-Gruppen kommt. Aus seiner Sicht muss der Gewerbestandort weiterentwickelt werden, wobei er sich dort neben Büronutzungen für Forschung, Wissenschaft und Start-Ups auch eine Hotelnutzung vorstellen könne. Auch eine Monorail würde dazu gut dazu passen.
StR
Dr. Schertlen
(STd) kann sich der Argumentation von StR Pantisano anschließen. Nach seinem Eindruck werde viel zu oft der zweite Schritt vor dem ersten gemacht. Das Thema Eiermann hätte man im Vorfeld und von der Abfolge her ganz anders angehen müssen. Nachdem überall auf der Welt zwischen Wohnen und Fernstraßen Lärmschutzwände gebaut werden müssen, frage er sich, weshalb man in Stuttgart direkt neben die Autobahn ein Wohngebiet bauen möchte. Er halte daher 25 % oder weniger bzw. gar kein Wohnen in diesem Areal für vertretbar. Beim Verkehr müsse klar sein, dass dort, wo 6.000 Personen arbeiten oder wohnen sollen, diese Personen dorthin kommen müssen und wieder zurück. Diesen Verkehr müsse man folglich handhaben.
StR
Kotz
(CDU) teilt die Ansicht, dass viel zu häufig Diskussionen an einzelnen Projekten, einzelnen Themen und einzelnen Bauvorhaben geführt werden, die zudem meist noch unter einem gewissen Zeitdruck stehen, und die langfristige Perspektive und Vision für die Stadt fehlt. Nicht zuletzt deswegen habe seine Fraktion 2015 den Antrag Vision Stuttgart 2030 formuliert, um anzustoßen, die großen Fragen, wie z. B. Arbeiten, Wohnen, Tourismus, Einwohnerzahl/Wachstum in dieser Stadt, losgelöst von einzelnen Gebieten zu diskutieren und sich möglichst gemeinsam danach auszurichten. Seines Wissens gebe es einen Bericht der Verwaltung dazu und OB Kuhn beabsichtige, die Fraktionsvorsitzenden in Kürze einzuladen, um das Thema anzugehen. Aus seiner Sicht wäre es sehr wichtig dies zu tun.
Die Begriffe "funktionierendes Quartier" oder "funktionierendes Gebiet" seien nicht zulässig, solange man nicht weiß, was dort passieren soll. Der Gemeinderat müsse sich in dieser Frage klar artikulieren. Wenn ein Wohngebiet dort entstehen soll mit sozialer Infrastruktur wie Kitas, Grundschule, Spielflächen usw., dann brauche es einen Wohnanteil der höher liegt, wie das, was momentan vorgestellt wurde. Nach seinem Eindruck wurde der Städtebauausschuss in den heutigen Wortbeiträgen einseitig wiedergegeben. Dort habe es nämlich Aussagen von Fachleuten gegeben, wonach die Fläche eigentlich zu klein ist, wenn ein funktionierendes Wohngebiet dort sein soll. Daher wurde das Wäldchen zur Disposition gestellt, um mehr Wohneinheiten errichten zu können, welche man für ein funktionierendes Wohngebiet braucht. Gleichzeitig sei auf das Thema Identität hingewiesen worden und darauf, das Gebiet nicht zu dicht zu bebauen.
Die andere Frage laute: "Will ich einen funktionierenden Forschungs- und Wissenschaftscampus machen?" Dieser könne funktionieren ohne eine einzige Wohnung. Nach seiner Auffassung "darf sich der Ausschuss nicht in der Undefiniertheit seiner Aussagen herumdrücken, wo jeder sich etwas anderes darunter vorstellen kann, was dort funktioniert." Seine Fraktion habe für sich entschieden, dass es ein guter gewerblicher Standort für Wissenschaft, Forschung, Start-Up-Unternehmen usw. sein soll, weil hierfür ein mindestens gleich großer Mangel in Stuttgart bestehe wie an Wohnflächen, und weil an keiner anderen Stelle in Stuttgart ein Gewerbegebiet mehr ausgewiesen werden kann. Diese Nutzung sehe man - wie auch die Fachleute - durchaus in den vier Entwürfen machbar. Der Städtebauausschuss sehe den Bedarf in Stuttgart für diese Flächen und auch die Option, dass dies dort sinnvoll wäre. Dann jedoch müsste man einen geringeren Wohnanteil vorsehen bzw. bei den 25 % flexibel sein. Es wäre dann kein Wohnquartier, aber ein funktionierender Wissenschafts- und Gewerbestandort.
Des Weiteren vertritt der Stadtrat die Meinung, es sollten vor allem diejenigen für das Kolloquium sprechen, die daran teilgenommen haben bzw. die, als es stattgefunden hat, bereits im Gemeinderat waren. Es habe ein interessanter, breiter Prozess stattgefunden, der von der Verwaltung hochgelobt wurde. Insofern verwahre er sich dagegen, diesen Prozess zu verreißen, nur weil einzelnen das Ergebnis nicht passt. Bereits als der Ausschuss die Auslobungsunterlagen beschlossen hat, habe seine Fraktion klar benannt, dass sie kein mehrheitliches Wohnen auf diesem Standort haben will. Den Wunsch der Fraktionsgemeinschaft, die Entscheidung zu vertagen und an die Vollversammlung zu verweisen, trage man selbstverständlich mit, sofern die Verwaltung erklärt, dass dies den weiteren Ablauf des Verfahrens nicht gefährdet.
Laut GemO § 15 Abs. 3 ist für eine Zuständigkeitsverweisung an den Gemeinderat eine Viertelmehrheit notwendig, stellt StR
Pantisano
klar. Er erinnert außerdem an den Vortrag des Rektors der Universität Stuttgart vor einigen Wochen, der das Campusprojekt 2030 vorgestellt habe, wo es um die Entwicklung von Forschung und Wissenschaft geht und wonach eine Steigerung der Uni-Flächen von 40 % geplant ist. Daran beteiligt seien auch Fraunhofer Institut und andere Forschungseinrichtungen in Vaihingen. Vor diesem Hintergrund frage er sich, ob man zusätzlich zu diesen Entwicklungen, die auf dem Uni-Campus bereits vorgesehen sind, nochmals eine Fläche für Forschung, Wissenschaft und Start-Ups braucht. Wenn diese Zielgruppe sich nämlich nicht dort ansiedelt, so bleibe die Fläche nur für Gewerbe übrig. Er stelle sich vor, es kämen dann Firme wie Ikea, Amazon usw. Weil man dies nicht möchte, plädiert er dafür, weiter in Richtung Ergebnis der Fachpreis-Jury zu gehen.
Angesichts der Bedeutung des Themas hält StR
Winter
(90/GRÜNE) es für möglich, die Entscheidung an den Gemeinderat zu verweisen. Er fragt, ob irgendwelche Fristen oder anderes dem entgegenstehen.
StR
Conz
bittet darzulegen, welche soziale Mischung die Verwaltung sich für das Wohngebiet vorstellt und die Berechnung zu erläutern, mit der sie auf 30 Kita-Gruppen kommt.
BM
Pätzold
erklärt, die Anzahl von Kita-Gruppen und sonstiger sozialer Infrastruktur leite sich ab ausgehend von 1.000 Wohneinheiten. Man wende diese Berechnung auch bei anderen Bebauungsplanverfahren und Baugebieten an. Er betont, man befinde sich mitten in einem Verfahren. Die zweite Phase der Bearbeitung durch die Büros beginne gerade. Schon bei der ersten Phase sei man so vorgegangen, dass die Empfehlungen des Gemeinderats nachgereicht wurden.
Er spricht sich dafür aus, auf jeden Fall die unstrittigen Empfehlungen aus der ersten Bearbeitungsphase an die Büros zurückzugeben mit der Ergänzung um das Thema alternative Anschlüsse (Stadtbahn, Seilbahn und Monorail). Über die Empfehlung zum Thema Nutzungsmix bzw. welche Nutzung kann der Gemeinderat sich dort vorstellen, diskutiere man noch. Die Verwaltung werde bis Donnerstag prüfen, inwieweit der Gemeinderat überhaupt im Wettbewerbsrecht eine Empfehlung als Änderung in der Ausschreibung machen kann. Er hält die einmütige Zustimmung des Ausschusses zu dieser Vorgehensweise fest.
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