Protokoll: Sozial- und Gesundheitsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
1084/2018
GZ:
SI
Sitzungstermin: 18.02.2019
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Wölfle
Berichterstattung:Herr Saleth (Zentrale Schuldnerberatung Stuttgart)
Protokollführung: Herr Krasovskij fr
Betreff: Zentrale Schuldnerberatung Stuttgart
Bericht 2018 über den Ausbau des Angebots

Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Referats Soziales und gesellschaftliche Integration vom 14.01.2019, GRDrs 1084/2018. Sie ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.


Vor Beginn dieses Tagesordnungspunktes bittet BM Wölfle die Ratsmitglieder um Einhaltung der 3-minütigen Redezeit. Einleitend erinnert der Vorsitzende zudem daran, dass im Rahmen der vergangenen Haushaltsplanberatungen zusätzliche Mittel für die Zentrale Schuldnerberatung (ZSB) bewilligt worden sind mit dem Ziel, die Wartezeiten für die Ratsuchenden auf sechs Monate zu verkürzen.

Im Anschluss informiert Herr Saleth (ZSB) das Gremium analog der Präsentation über die Arbeit der ZSB und die Auswirkungen des Ausbaus des Angebots. Dabei betont er, dass durch den Ausbau des Angebots durch Schaffung von drei qualifizierten Sachbearbeiterstellen, die bereits besetzt seien, es gelungen sei, die Effektivität der ZSB zu steigern. Insgesamt könne man nach dieser Maßnahme eine deutliche und kontinuierliche Reduzierung der Wartezeiten für die Ratsuchenden feststellen. Herr Saleth bedankt sich bei den Ratsmitgliedern für die Bewilligung der zusätzlichen Mittel. Dennoch gebe es aus Sicht der ZSB noch weiteren Handlungsbedarf und man wolle in Absprache mit dem Sozialamt im Vorfeld der kommenden Haushaltsplanberatungen weitere Anträge stellen. So gebe es derzeit nur einen Stellenanteil von 0,15 für die Präventionsarbeit. Damit aber sei eine nachhaltige Präventionsarbeit nicht leistbar, so Herr Saleth, und man wolle aus diesem Grund weitere 1,5 Stellen sowie zudem eine Aufstockung des Sekretariats beantragen, um dem erhöhten Verwaltungsaufwand gerecht zu werden. Als weiterhin notwendig erachtet der Leiter der ZSB eine Stärkung der Leitungsstruktur sowie eine Verringerung des Eigenmittelanteils der Träger.

In seiner Wortmeldung zeigt sich StR Fuhrmann (CDU) erfreut, dass durch den Ausbau der ZSB die Wartezeiten für die Ratsuchenden wie gewünscht reduziert werden konnten und es geplant sei, zum Ende des Jahres 2019 die Frist von sechs Monaten einzuhalten. In den kommenden Haushaltsplanberatungen werde man sich mit den weiteren Anträgen der ZSB befassen müssen. Die positiven Auswirkungen des Ausbaus der ZSB betonen im Weiteren auch StRin Münch (90/GRÜNE) und StRin Gröger (SPD).

Als besorgniserregend empfindet StR Fuhrmann den starken Anstieg der Anzahl junger Menschen unter 35 Jahren mit Schulden. Dies hänge seiner Einschätzung nach auch damit zusammen, dass heutzutage fast alles über Ratenkäufe finanziert werden könne, was aber die Gefahr berge, dass man schnell den Überblick über die eigene Finanzsituation verliere. Vor diesem Hintergrund sei die Präventionsarbeit bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen entscheidend. StR Fuhrmann begrüßt es, das die ZSB die Kooperation mit Schulen in diesem Bereich ausbauen wolle.

Ebenfalls sehr wichtig sei aber auch die Präventionsarbeit bei Älteren, um damit einen Beitrag zu leisten, Altersarmut zu vermeiden. Es sei erfreulich, dass die ZSB sich auch hier aktiv und mit einer Strategie engagiere.

Abschließend bedankt sich der Stadtrat für die Arbeit der ZSB und speziell auch bei den vielen ehrenamtlichen Finanzpaten für deren Einsatz. Dem Dank schließen sich im weiteren Verlauf der Aussprache auch StRin Münch, StRin Gröger, StRin Bodenhöfer-Frey (FW) und StRin Yüksel (FDP) an.

Auch StRin Münch betont im Folgenden die Wichtigkeit einer nachhaltigen Präventionsarbeit bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, um sie vor den Gefahren unserer Konsumgesellschaft zu bewahren. Im Rahmen der Präventionsarbeit bei Älteren hält die Stadträtin aufsuchende Arbeit für notwendig, da viele Seniorinnen und Senioren ihrer Meinung nach nicht durch ein falsches Konsumverhalten, sondern durch die Nicht-Inanspruchnahme ihnen zustehender Leistungen und durch steigende Lebenshaltungskosten in die Altersarmut geraten.

Erfreulich sei dagegen, dass die Zahl der Privatinsolvenzen zurückgehe, wobei die Pfändungsschutzkonten aufgrund möglicher Verzugs- und Mahnzinsen auch ihre Risiken bergen würden.

Zu einer Frage von StRin Münch erklärt Herr Saleth, die Auswirkungen der Verkürzung der Privatinsolvenz auf drei Jahre könne man bei der ZSB derzeit nicht abschätzen. Grundsätzlich sei das Angebot auch nach dem erfolgten Ausbau noch immer nicht bedarfsdeckend, die Anzahl der Menschen mit Schuldenproblemen übersteige die Kapazität der ZSB nach wie vor.

Für eine intensive Präventionsarbeit der ZSB plädiert im Folgenden auch StRin Gröger. Es müsste versucht werden, Jugendliche und junge Erwachsene konsequent in Schulen und Berufsschulen zu erreichen. In diesem Zusammenhang verweist die Stadträtin auf die Strukturen in München, die sie für beispielhaft halte. Zum Thema Prävention bei Älteren erklärt StRin Gröger, sie halte es für notwendig, auch einen stärkeren Fokus auf die Betriebe zu legen und zu versuchen, die Menschen bereits im Vorruhestand zu erreichen. Die Differenz zwischen Erwerbseinkommen und den Ruhestandsbezügen sei oftmals groß, und damit auch die Gefahr, in die Schuldenfalle zu rutschen. Hier verweist die Stadträtin abermals auf die Stadt München, wo es einen Informations-Prospekt zum Thema "Günstigeres Leben in der Stadt" gebe. Sie bittet die Verwaltung darum, sich diesen Prospekt zur Orientierung zu beschaffen. Zudem spricht sie sich für eine transparentere Darstellung der vielen Hilfsangebote und für einen vereinfachten Zugang hierzu aus. Hierauf erklärt BM Wölfle, dass dieser Wunsch vielfach auch in den Stadtteilgesprächen mit den Empfängerinnen und Empfängern der Bonuscard geäußert wurde.

Ergänzend betont auch Herr Saleth an StRin Gröger gerichtet die Sinnhaftigkeit der Beratung von Vorruheständlern und erklärt, dass die ZSB in diesem Zusammenhang auch schon Beratungsveranstaltungen im Treffpunkt 50plus durchgeführt habe.

Ferner äußert StRin Gröger die Meinung, dass eine Wartezeit von bis zu sechs Monaten auf einen Beratungstermin noch immer zu lang sei, da viele Menschen oftmals schon schwer verschuldet seien, wenn sie sich an die ZSB wendeten. Ähnlich äußert sich auch StRin Bodenhöfer-Frey.

In diesem Zusammenhang führt Herr Saleth aus, im Regelfall werde bei der ZSB bei neuen Kundinnen und Kunden zeitnah eine Existenzsicherungsberatung durchgeführt, um ggf. bei drohender Existenzgefahr dringend notwendige Schritte und Gegenmaßnahmen sofort einzuleiten. Die Personen würden stabilisiert, deshalb erachte man die bis zu 6-monatige Wartezeit auf die weiterführende Beratung als tolerabel. Eine weitere Verkürzung der Wartezeit mit der derzeitigen Personaldecke sei nicht möglich.

StRin Bodenhöfer-Frey möchte danach wissen, inwieweit die Wartezeit bei der ZSB durch weitere Personalaufstockung weiter gesenkt werden könnte.

StRin Yüksel betont in ihrer Wortmeldung die Wichtigkeit der Schuldnerberatung und der Präventionsarbeit und die Notwendigkeit, die Prävention durch weitere Stellenanteile auszubauen. Bei allem Verständnis für die sehr schwierige Lebenssituation verschuldeter Menschen, so die Stadträtin weiter, dürfe man nicht vergessen, dass Firmen und Betriebe die Leistung erbracht haben, aufgrund der fehlenden Liquidität der Schuldner hierfür nicht entlohnt würden. Darauf weist auch StR Dr. Fiechtner (BZS23) hin.

Ferner mahnt der Stadtrat die Eigenverantwortlichkeit der verschuldeten Menschen an, die für ihre Situation letztlich selbst verantwortet seien. Zudem fragt er, mit Verweis auf die seiner Ansicht nach hohe städtische Förderung, nach der Effizienz des Angebotes der ZSB und möchte wissen, wie viele der Klientinnen und Klienten nach den Beratungen wirklich in Zukunft ein schuldenfreies und geregeltes Leben führten. StR Dr. Fiechtner spricht sich im Allgemeinen für die Überprüfung sämtlicher Beratungsangebote auf ihre Effizienz hin aus. Auch erkundigt sich der Stadtrat nach der tatsächlichen Auslastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ZSB.

Gegenüber StR Dr. Fiechtner erklärt Herr Saleth, die ZSB strebe eine nachhaltige Entschuldung der Klientinnen und Klienten an. Deshalb würden die Beratungen auch sozialpädagogisch begleitet. Nach eigenen Wahrnehmungen liege der Wirkungsgrad der Beratungen bei 75 %. Dennoch könne die Effizienz nicht in jedem Einzelfall garantiert werden. Zunehmend mache man auch die Erfahrung, dass sich Menschen an die ZSB wenden, die schon einmal ein Entschuldungsverfahren durchlaufen haben und jetzt neu verschuldet seien. Eine Vielzahl dieser Menschen sei in der Vergangenheit aber nicht bei der ZSB, sondern anderenorts beraten worden.

Darauf bezugnehmend bemängelt StR Dr. Fiechtner mehrfach, dass es keine belastbaren Statistiken zur Effizienz des Angebotes der ZSB gebe. Herr Saleth erklärt, dass es zu diesem Thema bislang keine qualitativen wissenschaftlichen Studien gebe, unter anderem auch deshalb, weil die Schuldnerberatung ein in der Sozialarbeit noch relativ junges Phänomen sei.

BM Wölfle ergänzt gegenüber StR Dr. Fiechtner, die Verwaltung werde den Ratsmitgliedern als Grundlage zur Vorbereitung der kommenden Haushaltsplanberatungen verfügbare Daten bezüglich der Effizienz des Angebotes der ZSB, aber auch der anderen Beratungsangebote, liefern.

Nach Äußerungen von Herrn Saleth zum Thema Kreditvergabepraxis der Mercedes-Benz Bank macht StR Bott (CDU) als Beschäftigter dieser Bank deutlich, dass es klare gesetzliche Vorgaben und Richtlinien zur Vergabe von Krediten an Privatleute gebe. Unter anderem müsse erfüllt sein, dass der Kreditnehmer oder die Kreditnehmerin auch in der Lage sei, den Kredit über die Laufzeit zu bedienen. Ähnlich äußert sich im Folgenden auch StR Dr. Fiechtner. StR Bott lädt Herrn Saleth ein, sich vor Ort über die Arbeit der Mercedes-Benz Bank zu informieren. Herr Saleth nimmt die Einladung an und lädt den Stadtrat seinerseits zu einem Besuch der ZSB ein.


Anschließend stellt StRin Dr. Hackl (SPD) einen Geschäftsordnungsantrag auf Ende der Debatte.

BM Wölfle lässt über diesen Antrag abstimmen und hält fest:

Der Sozial- und Gesundheitsausschuss stimmt dem Antrag bei 1 Gegenstimme mehrheitlich zu.

Danach schließt BM Wölfle diesen Tagesordnungspunkt und stellt fest:

Der Sozial- und Gesundheitsausschuss hat von der GRDrs 1084/2018 Kenntnis genommen.

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