Protokoll: Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 11.02.2020
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Pätzold
Berichterstattung:Frau zur Brügge (ASW)
Protokollführung: Frau Schmidt fr
Betreff: IBA-Projekt Leonhardsvorstadt
- mündlicher Bericht zum weiteren Vorgehen -

Vorgang: Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik v. 04.02.2020, öffentlich, Nr. 43

Ergebnis: Zurückstellung


Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.


Zu Beginn des Tagesordnungspunktes weist BM Pätzold darauf hin, der Bezirksbeirat Mitte habe mit der Maßgabe zugestimmt, dass das Breuninger-Parkhaus und das Haus für Film und Medien Teil des Gesamtprojektes werden sollten. Dies bestätigt BVin Kienzle (Mitte).

Frau zur Brügge (ASW) stellt den aktuellen Stand der Planungen anhand einer Präsentation vor. Sie betont, dass IBA-Projekte stets als Experimentierfeld betrachtet werden müssten. Das Quartier solle "mutig" und zukunftsweisend entwickelt werden. Das
Leonhardsviertel stehe in einem besonderen stadtplanerischen Fokus. Der heutige Gesamtbericht erfolge, da nun die Chance bestehe, die Dinge gemeinsam auf den Weg zu bringen. Dem Gebiet lägen verschiedenen Bearbeitungsebenen zugrunde (Folie 4). Auf der ideellen Betrachtungsebene würden die übergeordneten städtebaulichen und sozialräumlichen Strukturen betrachtet. Es gehe um Vernetzung, gemeinsame Inhalte und eventuell temporäre Aktionen (Folie 5). Bei der konzeptionellen Bearbeitungsebene werde ein Rahmenplan erarbeitet; im Fokus stünden "klassische" städtebauliche Themen wie Energiekonzept, Mobilität oder freiräumliche Qualifizierung (Folie 6). In der Leonhardsvorstadt würden sich konkrete Projekte herauskristallisieren; als Beispiele nennt sie das Züblin- und das Breuninger-Parkhaus (Folie 7). Es solle versucht werden, den Brückenschlag über die B14 in Richtung Innenstadtoval zu ermöglichen (Folie 8). Im öffentlichen Raum gehe es vornehmlich um Begrünung, verbesserte Oberflächenqualitäten oder Beleuchtung (Folie 9).


Im weiteren Verlauf der Präsentation stellt die Referentin zunächst die Ziele, Inhalte und Rahmenbedingungen des Projektes (Folien 10 und 11) vor. Sie ergänzt, die Rahmenbedingungen bildeten das Grundgerüst für die weitere Planung; mit Planungsfortschritt werde dieses Grundgerüst fortgeschrieben. Sie betont die Hypothesen, die als Ausgangsposition für den folgenden Prozess dienten. Allgemeine Rahmenbedingungen seien: 1. Vermeidung von Bodenspekulation, 2. partizipative Entwicklung und 3. Entsiegelung von Flächen. Letzteres sei ein Beitrag zur Klimaanpassung (Folie 12). Der zweite Teil der Hypothesen sei v. a. inhaltlich und städtebaulich geprägt. Hier gehe es beispielsweise um die öffentliche Nutzung von Grün- und Freiflächen und Teilen der Bebauung, die Mischung von Nutzungen, sowie ökonomisch-ökologische Bauweise (Folie 13). Dritter Baustein der Hypothesen sei die Partizipation, die in aufsuchender und fortlaufender Form stattfinden solle (Folie 14). Der Prozess der Quartiersentwicklung beginne mit einem Planspiel, das in einer kooperativen Machbarkeitsstudie durch ein externes Büro umgesetzt und bis zur Sommerpause 2020 abgeschlossen werde (Folie 15). Dadurch sollten die Programmatik und die städtebaulichen Qualitäten erarbeitet werden. Durch das Planspiel ergebe sich die Chance, das Gesamtquartier zu diskutieren. Im Fokus stehe das Züblin-Areal, da es sich hier um ein städtisches Grundstück handle. Dafür solle ein Wettbewerbsverfahren durchgeführt werden. Abschließend gibt sie einen Überblick über den zeitlichen Ablauf des Projektes (Folie 16) und betont, eine Anlaufstelle vor Ort sei für die Umsetzung sehr wichtig.

StRin Dr. Lehmann (90/GRÜNE) dankt für die eindrucksvolle Präsentation und bittet um Zusendung derselbigen. Leonhards- und Bohnenviertel würden unterschätzt, weil sie durch Verkehrsachsen getrennt seien. Sie plädiere daher für ein Mobilitätskonzept, das auf ein autofreies Quartier abziele. Ihre Fraktion unterstütze Aspekte wie ein Plus-Energiekonzept, Dachbegrünung etc. Der zeitliche Rahmenplan sei sehr ambitioniert. Sie hoffe auf regelmäßige Berichte im Ausschuss.

Wie seine Vorrednerin dankt auch StR Dr. Vetter (CDU) für den Vortrag. Wenn der "sportliche" Zeitplan Realität würde, setze man damit einen Benchmark. Die Stadt habe verdient, dass sich dieses Areal verändere. Experimente seien bewusst Teil der IBA. Den partizipativen Prozess sehe er ebenfalls als sehr wichtig an. Ein großer Vorteil sei das städtische Eigentum, wodurch sich noch mehr Möglichkeiten eröffneten. Die gewünschte Durchmischung der Nutzungsänderungen hält der Stadtrat für elementar. Es dürfe nicht nur eine Präferenz für Wohnen geben. Kritisch sieht er den Wegfall von über 1.000 Stellplätzen. Hier müssten Alternativen gefunden werden. Abschließend greift er den Begriff "Planspiel" auf, der sich nach "leichter Aufgabe" anhöre. Es handle sich bei diesem Projekt jedoch um "harte Arbeit".

Zu den "sehr guten" Grundlagen des Projektes gibt StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) einige Anregungen. Er plädiert dafür, alte Bestandsgebäude von Beginn an als konzeptionellen Bestandteil zu sehen. Gerade in solch historischer Substanz könne man in Energiefragen nur in Quartierslösungen denken. Er möchte wissen, ob sich das Energiekonzept nur auf die städtische Fläche konzentriere. Dass in absehbarer Zeit auf das Züblin-Parkhaus zugegriffen werden könne, zeige, wie wichtig städtische Bodenvorratspolitik sei. Den Bau von Tiefgaragen in der Mineralwasserzone lehne er ab. Bestandsschutz fordere er neben der historischen Bausubstanz ebenfalls für das soziale Milieu. Das Projekt dürfe nicht in Gentrifikation enden. Insgesamt bedürfe das gesamte Gebiet der Diskussion. Die Frage nach dem "Sprung über die B14" sei für die Lebendigkeit des Quartiers sehr wichtig. Auch dieser Aspekt müsse in die Projektgrundlagen aufgenommen werden.

Die heutige Präsentation wirkt auf StR Körner (SPD) sehr "motivierend". Er spricht sich dafür aus, den Straßenraum im Bereich zwischen Leonhardskirche und Hauptstätter Straße zurückzunehmen. Stattdessen sollten weitere Gebäude im Randbereich zur B14 geplant werden. Im Innenbereich müsse mehr für das Thema Wohnen getan werden. Er greift das Projekt "i.city" der Hochschule für Technik (HfT) auf, das von der Verwaltung abgelehnt worden sei. Er bitte darum, dieses Projekt vonseiten der Stadt zu befürworten, da es sich sehr gut in das IBA-Projekt integrieren lasse.

StR Serwani (FDP) plädiert ebenfalls für eine Einbindung der historischen Gebäude. Der Zeitplan sei in der Tat sehr ambitioniert. Teile des Areals könnten entsiegelt werden. Mit diesem Projekt könne sich das Gebiet zu einem Schmuckstück für Stuttgart entwickeln.

Erfreut zeigt sich StR Zeeb (FW) darüber, dass für dieses Areal keine "Briefmarkenlösung" angestrebt werde. Der nun abgesteckte Rahmen sei diesem Projekt angemessen. Er möchte wissen, ob ausreichend finanzielle Mittel dafür zur Verfügung stehen. Kritisch sieht er den Begriff des Planspiels; dieser führe auf falsches Terrain. An StR Rockenbauch gerichtet thematisiert er den "Traum von Kleinhandwerkergebieten", der heute nicht mehr existiere. Es könne Kleingewerbe im weitesten Sinne wie beispielsweise Künstler angesiedelt werden.

Unterstützung für das Projekt äußert StR Köhler (AfD). Er bitte darum, bei der Umsetzung Anfahrmöglichkeiten für Kraftfahrzeuge beispielsweise für Familien in das Areal nicht zu vergessen. Die Lebensqualität für Bewohner mit Fahrzeugen müsse erhalten bleiben.

StRin Köngeter (PULS) schließt sich dem Lob für das Projekt an. Sie wünsche eine klare Darstellung vonseiten der Verwaltung, warum das Projekt der HfT abgelehnt worden sei.

Den Aspekt der Stellplätze greift BVin Kienzle auf. Bisher sei im Bereich des Züblin-Areals stets von rund 600 Stellplätzen zu 350 im Untergrund gesprochen worden. Es handle sich also keineswegs um einen Unterschied von 1000 Stellplätzen. Gentrifizierung gebe es in diesem Gebiet bereits. Die jahrelangen Vorarbeiten der Bürgerschaft seien hilfreich für das Projekt. Mit den Partnern FLÜWO und SWSG müsse nun ein Ladengeschäft als niedrigschwellige Anlaufstelle im Quartier geschaffen werden. Im Dezember 2019 habe sich der Bezirksbeirat Mitte für eine Unterstützung des HfT-Projektes ausgesprochen. Sie könne sich vorstellen, dass dieses parallel zum IBA-Projekt laufe. Jedoch müsse die HfT eigenständig umsetzen. Aus formalen Gründen dürfe der Bezirksbeirat Mitte nicht als Rechtsperson oder Vertragspartner auftreten.

BM Pätzold betont, die Stadt sträube sich nicht gegen Forschungsprojekte. Er verweist auf ein jüngst beschlossenes IBA-Projekt mit der HfT (siehe dazu NNr. 10/2020 STA). Die Verwaltung versuche, Forschungsprojekte in die Arbeit miteinzubinden. Die aktuelle Anfrage der HfT sei leider sehr kurzfristig erfolgt und es gebe derzeit kein Budget. In der weiteren Diskussion mit der HfT habe sich jedoch herausgestellt, dass die Hochschule keinerlei personelle Betreuung benötige. Es gehe lediglich um die finanzielle Förderung von 12.000 Euro. Es würde nun erneut geprüft, ob eine Fördermöglichkeit bestehe, zumal sich auch der Bezirksbeirat für das Projekt ausgesprochen habe. Bezüglich der Wortwahl "Planspiel" betont der Vorsitzende, es handle sich selbstverständlich nicht um ein Spiel; er kenne diesen Begriff aus Beteiligungsverfahren. Es sei ein zentrales Element, die Leonhardskirche wieder auf einen Platz mit Platzkanten zu stellen. Zudem biete sich die Chance, ein neues Quartier auf dem Züblin-Areal einzurichten. Hier könne "große Stadtreparatur" geleistet werden. Die IBA schaffe die Möglichkeit, "neu zu denken".

Frau zur Brügge betont, das Energie-Plus-Konzept werde quartierweit geplant. Es könne ein Austauschprinzip zwischen Alt- und Neubauten entwickelt werden. Das Quartier müsse immer im Fokus behalten werden; man dürfe sich nicht zu sehr in Einzelprojekten verlieren. Sie bestätigt, dass genügend Mittel vorhanden sind, um die städtebauliche Rahmenplanung zu beauftragen. Für temporäre Aktionen und eine Anlaufstelle vor Ort stünden keine Mittel zur Verfügung. Darüber müsse mit der IBA GmbH gesprochen werden.

Erfreut zeigt sich StR Rockenbauch über die Ankündigung des Vorsitzenden, das Forschungsprojekt der HfT ermöglichen zu wollen. Falls bei solchen Vorhaben oder anderen Punkten innerhalb des IBA-Projektes Schwierigkeiten bei der Mittelbereitstellung entstünden, bitte er um eine entsprechende Information. Der Rat könne dann korrigierend eingreifen.

Auf das IBA-Budget zur flexiblen Nutzung verweist der Vorsitzende. Dieses müsse sicherlich bei den nächsten Haushaltsplanberatungen fortgeschrieben werden, da dann die konkrete Umsetzung von Maßnahmen anstehe. Er lädt die Ausschussmitglieder dazu ein, an der Beteiligung für dieses Projekt mitzuwirken, da der Rat letztendlich die Mittel und Bebauungspläne dafür beschließe.


Nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen ergeben, stellt BM Pätzold fest:

Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik hat von dem Bericht Kenntnis genommen.

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