Protokoll: Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
353
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VerhandlungDrucksache:
73/2023
GZ:
SWU
Sitzungstermin: 25.07.2023
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Pätzold
Berichterstattung:
Protokollführung: Frau Klemm as
Betreff: Zeitstufenliste Wohnen 2022 - Potenziale für den
Wohnungsbau in Stuttgart im Zeitraum 2023 bis 2033

Vorgang: Ausschuss für Stadtentwicklung u. Technik v. 27.06.2023, öffentlich, Nr. 235
Ausschuss für Stadtentwicklung u. Technik v. 04.07.2023, öffentlich, Nr. 265
jeweiliges Ergebnis: Zurückstellung
Ausschuss für Stadtentwicklung u. Technik v. 18.07.2023, öffentlich, Nr. 342
Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen vom 21.07.2023, öffentlich, Nr. 146
jeweiliges Ergebnis: einmütige Zustimmung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Städtebau, Wohnen und Umwelt vom 12.07.2023, GRDrs 73/2023, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Die erfassten und kategorisierten Potenziale für den Wohnungsbau zum Stichtag 31. Dezember 2022 werden zur Kenntnis genommen.

2. Die aktuellen Verfahrensstände der Projekte zum Stichtag 31. Dezember 2022 werden zur Kenntnis genommen.

3. Die Verwaltung wird beauftragt die Planungsverfahren (Bürgerbeteiligungs-, Wettbewerbs-, Bebauungsplan- und ggf. Flächennutzungsplanverfahren) entsprechend der vorgeschlagenen Priorisierung, die sich aus den Zeitstufen ergibt, einzuleiten und durchzuführen.

Es liegt der Antrag Nr. 216/2023 vom 24.07.2023 "Zeitstufenliste Wohnen 2022 - Ergänzungsantrag zu GRDrs 73/20232" (SPD-Gemeinderatsfraktion) als Tischvorlage vor. Er ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


Für die Antragsteller äußert sich StR Conzelmann (SPD) und erklärt zunächst, er hätte den Antrag gern im Vorfeld mit den übrigen Fraktionen abgestimmt, was aber aufgrund der kurzen Sitzungsfolge und des engen Zeitfensters nicht mehr möglich gewesen sei.

Danach nimmt der Stadtrat zu den beantragten, ergänzenden Beschlusspunkten Ziffern 4 bis 6 Stellung. Zuvor betont er, mit dem Antrag solle nicht gegen die Vorlage, sondern in deren Richtung verstärkend gearbeitet werden.

Ziffer 4:

"Um die Deckungsgleichheit der Zielzahl von 17.000 Wohneinheiten (Zielbeschluss GRDrs 203/2023) und den Wohneinheiten der Realisierungsstufen 0 - 3 herzustellen, wird die Verwaltung beauftragt, so viele Projekte aus der Realisierungsstufe E weiter voranzutreiben, dass rund 2.800 Wohneinheiten einer zeitnahen Entwicklung zugeführt werden können."

Für Projekte aus der Realisierungsstufe E wolle seine Fraktion die vorgeschlagene verpflichtende Formulierung als Beschlusspunkt verabschieden, anstatt dass lediglich im Begründungsteil der GRDrs 73/2023 darauf eingegangen werde.

Der Vorsitzende hält diesen Teil des Antrags für nachvollziehbar und verweist auf frühere einschlägige Diskussionen, z. B. beim Eiermann-Areal habe der Rat der Verwaltung den Auftrag gegeben, in Verhandlungen einzutreten.

Ziffer 5:

"Die Verwaltung wird beauftragt, die Ergebnisse der Organisationsuntersuchung des Baurechtsamts und des Amts für Stadtplanung und Wohnen bis spätestens 30.06.2024 vorzulegen. Ein zentraler Baustein sollen bis zum 30.06.2024 Vorschläge sein, wie die 6-jährige Entwicklungszeit bis zum Baubeginn halbiert werden kann."

Für die Organisationsuntersuchung des Baurechtsamts und des Amts für Stadtplanung und Wohnen beantrage die SPD-Fraktion einen konkreten Zeitplan mit einem Abschluss bis möglichst Mitte 2024. Zudem sei das Ziel wichtig, verweist StR Conzelmann auf S. 13, Anlage 1 der GRDrs 73/2023, den Zeitstrahl für Bürgerbeteiligungen, Wettbewerb und BPlan-Verfahren nach Möglichkeit von sechs auf drei Jahre zu halbieren.

Ziffer 6:

"Bis Ende des Jahres 2023 (die letzte STA-Sitzung findet am 12.12.2023 statt) legt die Verwaltung Zielwerte für die einzelnen Planungsabteilungen vor um ein Führungs- und Controllinginstrument zu haben."

Unter dieser Beschlussziffer beantrage man, die nunmehr formulierten Zielwerte - bezogen auf die einzelnen Planungsabteilungen - bis zur letzten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Technik (STA) am 12.12.2023 vorzulegen.

Beide Ziffern (5 und 6), so BM Pätzold, seien im Reform- und Strukturausschuss (RSA) richtig verortet. Er schlage einen Verweis in die nächste Sitzung dieses Gremiums unter Einbeziehung des Referats Allgemeine Verwaltung, Kultur und Recht (AKR) und von Amt 17 vor. Damit teilt er die Sicht von StRin Schiener (90/GRÜNE), und auch StR Conzelmann kann sich dem anschließen.

Während StR Dr. Vetter (CDU), StR Serwani (FDP), StR Schrade (FW) sowie StR Dr. Mayer (AfD) ihre grundsätzliche Zustimmung zu dem Antrag bekunden, lehnen ihn StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) sowie StRin Köngeter (PULS) ab. StRin Schiener kündigt an, den Antrag erst nach einer fraktionsinternen Beratung abstimmen zu wollen.

Die Stadträtin zeigt sich skeptisch gegenüber den beantragten Punkten. Grundsätzlich werde die Zeitstufenliste Wohnen zweijährlich in Form eines Überblicks als Arbeitsgrundlage vorgelegt. Man habe die Wohnungsbauziele lediglich zur Hälfte geschafft und sie stelle infrage, ob weitere Listen zielführend seien. Die detaillierte Beschreibung der einzelnen Aufgaben in den Planungsabteilungen sei bereits im November 2022 mit einer Präsentation dargestellt worden. Auch die Verfahrensverkürzung sehe sie kritisch. In der Vorlage würden die Verfahren dezidiert aufgeführt und im Unterausschuss (UA) Wohnen ausführlich behandelt. Sie finde es schwierig, die Verwaltung zusätzlich zu beschäftigen. Hingegen meint StR Dr. Vetter, die Verwaltung werde nicht zusätzlich beschäftigt, sondern diese gebe selbst das Ziel vor, wesentliche Projekte der Realisierungsstufe (RS) E innerhalb des Zeitraums RS 0 bis 3 aktivieren zu wollen. Fördere man das durch einen Antrag, könne er darin nur Positives und Unterstützung für die Verwaltung sehen. Die Organisationsuntersuchung sei bereits angekündigt und ihre Erwähnung im Rahmen der Zeitstufenliste durchaus angebracht. Auch sei ein Kontroll- instrument zum dezidierten Abgleich zu begrüßen. Den Vorstoß für reduzierte Bearbeitungszeiträume begrüße er und freue sich, dass die Antragsteller Anregungen seinerseits aufgenommen hätten. Aus seiner Sicht, so StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei), könne nur bei BPlan-Verfahren Zeit gespart werden, nicht aber bei Bürgerbeteiligungen und Wettbewerben. StRin Köngeter sieht bei der Reduzierung von Entwicklungszeiten die Gefahr von Qualitätseinbußen. Gleichwohl befürworte sie Zeitersparnis an den Stellen, wo es sinnvoll und möglich sei. Eine Halbierung der Verfahrenswege könne sie sich wegen der verschiedensten Verfahrensvorgaben jedoch nicht vorstellen.

Fortfahrend widerlegt StRin Schiener eine frühere Aussage von Herrn Körner (S/OB), der Zielbeschluss sorge für Klarheit und Orientierung in Bezug auf den Baubeginn von 20.000 Wohnungen in zehn Jahren. Man habe in den letzten Debatten gesehen, dass Beschlüsse gefasst würden, die nicht realisierbar seien. Sogar die Presse habe den fatalen bundesweiten Rückgang der Baugenehmigungen und Neubauten thematisiert. Ihre Fraktion werde einen Haushaltsantrag auf den Weg bringen, der den Wohnungsbestand und die Leerstände sowie Sozialwohnungen aufgreifen und Personal in diese Richtung bündeln sowie dahingehend tätige Bauträger unterstützen wolle. Insofern müsse die Beschlussantragsziffer 3 der GRDrs 73/2023 um die Leerstände ergänzt werden. Dem stimmt StR Rockenbauch zu. Es seien viele ordnungspolitische Maßnahmen nötig, um das Leerstandsproblem anzugehen und die Bodenvorratspolitik mit einer Ankaufstrategie voranzutreiben. Auch ihre Fraktion, so StRin Köngeter, setze auf die Aktivierung von Leerständen und Innenentwicklung sowie Nachverdichtung. Dagegen möchte StR Serwani bei Leerständen wie Teilen der seit 2006 leerstehenden (städtischen) Siedlungshäuser am Killesberg die Stadt und den Rat in die Verantwortung nehmen.

Des Weiteren meint StRin Schiener, das Augenmerk müsse auf Tankstellen, Parkplätze, Kirchengrundstücke und größere Bauvorhaben gerichtet werden, um letztlich zu bezahlbarem Wohnraum zu kommen. StR Rockenbauch stellt dem entgegen, er sehe viel Illusion in den Zahlen der Zeitstufenliste. Beim Wohnungsbauproblem gehe es nicht um die schiere Zahl, sondern um den richtigen, geförderten Wohnbau. Auch dürfe man nicht mehr nur an große Einheiten denken. Vielmehr sei eine Diversifizierung nötig, Innenentwicklungspotenziale müssten gehoben und Streubesitz müsse strategisch in der Hand gehalten werden, um eine Durchmischung von Quartieren zu erhalten. Diese Strategie sei mühsam und mit mehr Personalkapazität verbunden, aber ökologisch nicht so schädlich und letztlich auch nicht zeitaufwendiger als große Vorhaben. Projekte wie das Gebiet Schafhaus lehne man grundsätzlich ab, weil Flächenverbrauch in der heutigen Zeit ökologisch und klimatisch ein No-Go sei. Seine Frage, ob es in Stuttgart BPlan-Verfahren nach § 13b (BauGB) gebe, verneint die Verwaltung. StR Rockenbauch schließt seine Ausführungen mit der Anmerkung ab, man behalte sich vor, nach Zustimmung zu der Vorlage Einzelprojekte abzulehnen. Letzterem werde ihre Fraktion folgen, so StRin Köngeter. StR Serwani hingegen kann der Zeitstufenliste uneingeschränkt zustimmen, ebenso wie StR Schrade, der sich für die Vorlage bedankt.

Der Stadtrat bezeichnet den Bericht als eine gute und realistische Gesamtschau auf die Lage beim Wohnungsbau. Gleichwohl würden unvorhergesehene Umstände in dem theoretischen Exkurs nicht berücksichtigt. Er unterstütze die Aussage auf Seite 16 der Vorlage, dass gerade in Zeiten baukonjunktureller Niedrigphasen die Zeit für planerische Vorleistungen genutzt werden solle, um bei einem Aufschwung schnell in die Umsetzung zu kommen. Das heiße aber für ihn auch, sich in manchen Fällen nicht von konkreten Projekten leiten zu lassen, sondern eher allgemein zu planen und BPläne flexibel zu gestalten. Außerdem sei ihm sehr wichtig, bereits Begonnenes mit entsprechenden Personalkapazitäten und nötigem Know-how voranzutreiben, sagt StR Schrade mit Verweis auf den Stillstand beim Projekt Alte Hauswirtschaftliche Schule (SWSG, Stöckach) ebenso wie den mangelnden Fortschritt beim Projekt Vier Giebel in der Innenstadt.

Auch er werde der Vorlage zustimmen, kündigt StR Dr. Mayer (AfD) an. Eventuell nachträglich notwendige Anpassungen seien ein üblicher Vorgang. Obwohl er dem Antrag der SPD-Fraktion zustimme, halte er den Abschluss der Organisationsuntersuchung bis Mitte 2024 (Ziffer 5 des Antrags) für sehr ehrgeizig. Damit im Zusammenhang stehe Ziffer 6 des Antrags: Bezogen auf die Zuordnung der Zielwertbeschreibung zu einzelnen Planungsabteilungen frage er sich, ob es nicht besser wäre, dies mit der Gesamtuntersuchung zu verbinden. Gleichwohl erhoffe er sich für seinen entsprechenden Änderungswunsch des Antrags keine große Resonanz, räumt er ein.

StR Schrade bittet abschließend, künftig besser lesbare Vorlagen, insbesondere bezogen auf die Grafiken, in Umlauf zu bringen.




Der Vorsitzende lässt, nachdem es keine weiteren Wortmeldungen gibt, über die vorgeschlagene Ergänzung der GRDrs 73/2023 um die im Antrag genannte Beschlussziffer 4 abstimmen.

BM Pätzold stellt fest:

Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik stimmt der Ergänzung wie oben aufgeführt mit 8 Ja- und 7 Nein-Stimmen zu.

Des Weiteren werden die vorgeschlagenen Ergänzungen der GRDrs 73/2023 um die im Antrag genannten Beschlussziffern 5 und 6 zur Behandlung in die nächste Sitzung des Reform- und Strukturausschusses verwiesen.

Danach lässt der Vorsitzende über die GRDrs 73/2023 mit der zusätzlichen Ziffer 4 wie oben aufgeführt abstimmen und stellt fest:

Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik beschließt mehrheitlich mit 8 Ja- und 2 Nein-Stimmen sowie 5 Enthaltungen mit der zuvor genannten Ergänzung (zusätzliche Ziffer 4).

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