Protokoll: Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
196
3a
VerhandlungDrucksache:
34/2021
GZ:
SWU
Sitzungstermin: 29.06.2021
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Pätzold
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Klemm
Betreff: Potenzialanalyse Wohnen - Ergebnisbericht und
weiteres Vorgehen

Vorgang: UA WA + STA Wohnungsbau vom 21.06.2021, öffentlich, Nr. 3
Ergebnis: Kenntnisnahme
Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik vom 22.06.2021, öffentl., Nr. 185
Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen vom 25.06.2021, öffentlich, Nr. 100
jeweiliges Ergebnis: Vorberatung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Städtebau, Wohnen und Umwelt vom 07.06.2021, GRDrs 34/2021, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Von dem Abschlussbericht zur Potenzialanalyse Wohnen des Büros berchtoldkrass space&options vom 08.03.2021 (Anlage 1) wird Kenntnis genommen. 2. Der Vorschlagsliste, der Priorisierung der Flächen und deren Umsetzung wird zugestimmt. Die Verwaltung wird dazu eine zweiphasige Aktivierungsstrategie entwickeln und umsetzen. 3. Die Verwaltung wird prüfen, für welche Bereiche der Vorschlagsliste besondere Vorkaufsrechtssatzungen nach § 25 BauGB erlassen werden können und diese dann dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorlegen. 4. Vom zusätzlichen Personalbedarf in Höhe von 4 Stellen wird vorbehaltlich der Mittelbereitstellung Kenntnis genommen. In welchem Maß dem Personalmehrbedarf Rechnung getragen werden kann, wird zum Stellenplan 2022 unter Berücksichtigung des finanziellen Gesamtrahmens für Stellenschaffungen sowie der Priorisierung aller anerkannten Stellenmehrbedarfe entschieden.


Herr Bertram greift die Beratung zur Potenzialanalyse Wohnen in der letzten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Technik am 22.06.2021 auf.

Bezüglich des tatsächlichen Personalbedarfs zur Aktivierung der erhobenen Gesamtstrategie könne sich die Verwaltung dem Vorschlag von StR Kotz (CDU) anschließen, 8 zusätzliche Stellen gleich zu beschließen und 4 davon erst bei Bedarf im dann laufenden Doppelhaushalt zu besetzen. Dem kann auch StR Serwani (FDP) zustimmen. Bestätigen könne er, so Herr Bertram abschließend, den Mangel an erfahrenen Expert*innen auf dem Arbeitsmarkt, die ohne Verzögerung in den Quartieren die Projekte vorantreiben könnten.

Während StR Dr. Vetter (CDU) anregt, unabhängig von der Zahl der zu schaffenden Personalstellen über die richtige Organisationsform, z. B. eine eigenständige Projektgesellschaft - beispielsweise in Verbindung mit dem Projekt Stuttgart Rosenstein - nachzudenken, hält StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS Piraten Tierschutzpartei) diese nicht für unbedingt erforderlich. Seiner Ansicht nach könne auch eine horizontal strukturierte Projekteinheit innerhalb der Verwaltung die Flächenentwicklung erfolgreich beschleunigen und im Unterausschuss (UA) Wohnungsbau regelmäßig berichten.

Hingegen befürwortet StR Körner (SPD) den diesbezüglichen Vorschlag von StR Dr. Vetter. Ihm und seinen Vorrednern gegenüber sagt der Vorsitzende einen Vorschlag zu einer "Projektgesellschaft Rosenstein" seitens der Verwaltung zu, im Rahmen dessen zusätzliche Aufgaben einer solchen Gesellschaft diskutiert werden könnten.

An StRin Köngeter (PULS) gewandt erläutert er, der vorliegende Beschlussantrag (GRDrs 34/2021) beinhalte in erster Linie die Potenzialanalyse, vom zusätzlichen Personalbedarf werde lediglich Kenntnis genommen. Im Rahmen einer gesonderten haushaltsrelevanten Mitteilungsvorlage werde die Verwaltung letzteren Sachverhalt aufgreifen.

Eine Fortsetzung der vorliegenden Vorschlagsliste zur Potenzialanalyse Wohnen (Ziffern 1 bis 15) ab Ziffer 16 kann nach Ansicht von Herrn Bertram in einer Vorausschau wie folgt dargestellt und dem Gemeinderat (GR) auf Wunsch von StR Rockenbauch in der Sitzung des GR am 01.07.2021 in einer einfachen Übersicht zur Verfügung gestellt werden:

- Südliche Hedelfinger Straße, S-Hedelfingen (110 Wohneinheiten, in Privatbesitz)

- Züricher Straße, S-Bad Cannstatt (170 Wohneinheiten, überwiegend in Privatbesitz)

- Stuttgart-Büsnau (S-Vaihingen, Bezirk Filder), (260 Wohneinheiten, 25 % städtisches Eigentum oder Erbbaurecht der Stadt, 75 % Privatbesitz und Baugenossenschaften)

- Nürnberger Straße, S-Bad-Cannstatt (180 Wohneinheiten, 30 % städtisches Eigentum)

- Sigmaringer Straße, S-Möhringen (Mischgebiet, kein städtisches Eigentum)

In der heutigen Ausschusssitzung seien den Ausschussmitgliedern, wie in der Sitzung vom 22.06.2021 gewünscht, die vollständigen Daten der Analyse auf einem Datenträger (CD) zur Verfügung gestellt worden.

StRin Schiener (90/GRÜNE) begrüßt den Umfang der Wohnbaupotenzialflächen sowie die verfolgte "Innen-vor-außen-Strategie". Dass jedoch nunmehr auch landwirtschaftliche Flächen, besonders im Filder-Bereich, mit aufgeführt seien, überrasche sie. Unter Berufung auf einen entsprechenden Antrag Ihrer Fraktion aus dem Jahr 2020 sowie die Äußerungen von OB Dr. Nopper bei dessen Amtsantritt, die "Außenbebauung sei nur eine Ultima Ratio und müsse mit der Bürgerschaft erfolgen", konstatiert sie, die Flächen 14 und 15 (Filder) der Vorschlagsliste könne sie nur für die Innenverdichtung befürworten. Demzufolge wolle ihre Fraktion die GRDrs 34/2021 ausschließlich unter der Maßgabe beschließen, dass landwirtschaftliche Flächen (Arrondierungsflächen) nicht mit einflössen - nicht zuletzt, weil es sich hier um Erholungsgebiete der Bevölkerung handle und deren Größe für zusätzlichen Wohnungsbau keine entscheidende Rolle spiele.

Dagegen halte er, so StR Dr. Vetter, die Arrondierungsflächen für eine Chance im Hinblick auf dringend benötigten Wohnraum in der Stadt. Seine Fraktion schließe sich der Vorschlagsliste und der vorgetragenen Vorausschau auf weitere Flächen mit dem Wunsch nach zügiger Aktivierung derselben an.

Er danke für den Blick auf mögliche weitere Gebiete sagt StR Rockenbauch, sehe aber auch zusätzliches Wohn- und Innenverdichtungspotenzial in der Überwindung der autogerechten Stadt. Der Fraktion 90/GRÜNE könne man in ihrer Ansicht, die Flächen 14 und 15 gingen zu weit über die Innenentwicklung in die Außenentwicklung hinaus, folgen. Restriktionen ökologischer Art müssten sich auch in der Plus- und Minus-Gewich-tung der jeweiligen Gebiete niederschlagen, bspw. Umweltbelange versus Wohneinheiten. Einem raschen Vorwärtskommen im Wohnungsbau und gleichzeitig der Berücksichtigung von ökologischen Aspekten müsse man sich als Gemeinderat in einer konstruktiven Diskussion zu einzelnen Potenzialgebieten gemeinsam stellen. Am Beispiel der zuvor dargestellten Ziffer 14 beschreibt er die dauerhafte Vernichtung guter Bodenqualität, sollten die landwirtschaftlichen Arrondierungsflächen erst einmal bebaut sein. Am Exempel des Baus von Windkraftanlagen weist StR Goller (AfD) auf den vergleichsweise kleinen Anteil an Bodenversiegelung bei der Aufgabe landwirtschaftlicher Flächen zugunsten von Wohnungsbau hin.

StR Rockenbauch mahnt, in seinen Ausführungen fortfahrend, ggfs. notwendige Restriktionen nach sorgfältiger Differenzierung an. Er fordere die Bereitschaft aller Ausschussmitglieder, einen ernsthaften, respektvollen und sachlichen Diskurs mit dem Ziel eines Konsenses zu führen.

Auch StR Dr. Vetter ruft zu Gesprächsbereitschaft und einer differenzierten Betrachtung im Einzelfall auf. Gleichwohl macht er StR Rockenbauch auf den Widerspruch zwischen oft bekundeter Kompromissbereitschaft und einer häufig ablehnenden Haltung zu Bauprojekten aufmerksam.
Dem kann StR Körner zustimmen. Ihm fehle des Weiteren das Verständnis dafür, so sagt er StRin Schiener gegenüber, Gesamtflächen in der Vorschlagsliste aufzuführen, diese jedoch so reduzieren zu wollen, dass die Flächen de facto nicht mehr verfügbar seien (Ziffer 14 der Vorschlagsliste). Das stehe seiner Meinung nach konträr zur bisherigen Grundhaltung der Fraktion 90/GRÜNE zum Wohnungsbau und zum gemeinsamen Bekenntnis des GR zur Innenverdichtung. Dem widerspricht StRin Schiener entschieden. Vielmehr bestehe ihre Fraktion auf Restriktionen in Bezug auf die Einschränkung landwirtschaftlicher Flächen zulasten in diesem Beispiel einiger weniger Wohneinheiten.

In letzter Konsequenz, führt dagegen StR Goller aus, gehe es um ein Bauprojekt, das wegen der Bewahrung kleiner landwirtschaftlicher Flächen unter Umständen nicht realisiert werden könne. Entscheidungen könnten im Einzelfall getroffen werden, eine pauschale Ablehnung landwirtschaftlicher Flächen sei jedoch kontraproduktiv. Bei einer Nachverdichtung sei ihm die Berücksichtigung der sich ergebenden Chance unterirdischer Parkierungsflächen wichtig, fügt er hinzu.

Er, so erläutert StR Körner seine grundsätzliche Haltung, finde es wichtig, sich im Sinne des Gemeinwohls grundsätzlich zum Heben der Wohnungsbaupotenziale zu bekennen und dabei eventuelle parteipolitische Interessen hintenan zu stellen. Das Beklagen hoher Mietpreise einerseits und die Verhinderung von Bauvorhaben oder Streichung von Flächen in der vorliegenden Liste andererseits beschreibe das Dilemma der Gesamtsituation, bei der nicht fehlendes Potenzial, sondern dessen mangelnde Ausschöpfung Kern des Problems sei. Schließlich liege die Stadt Stuttgart bei den Fertigstellungszahlen im Wohnungsbau im Großstadtvergleich nicht einmal im Mittelfeld.

Einen Kompromiss beim Diskurs über die landwirtschaftlichen Arrondierungsflächen sehe er darin, betroffenen Landwirt*innen einen Ausgleich auf Stuttgarter Gemarkung für die durch Wohnungsbau entfallenden landwirtschaftlichen Flächen anzubieten, die derzeit noch von auswärtigen Landwirt*innen bewirtschaftet würden. StR Rockenbauch kann dem Kompromissvorschlag aufgrund mangelnder Berücksichtigung die Umwelt und die Lebensgrundlagen betreffender Kriterien nicht folgen, ebenso wenig wie StRin Schiener, die ihre Zweifel bezüglich möglicher, qualitativ gleichwertiger Ausgleichsflächen im Stadtgebiet äußert.

Anschließend beantragt StR Körner die Aufnahme des Gebiets Schwellenäcker in die Vorschlagsliste der Potenzialanalyse als Ziffer 6, auch wenn für dieses - wie Herr Bertram ausführt - teilweise bereits entsprechende Prüfaufträge für die mögliche Bebauung an die Planungsabteilung Filder existierten und somit der Status der Potenzialanalyse überholt sei. Gleichwohl stehe einer Aufnahme in die Vorschlagsliste nichts im Wege, ergänzt Herr Bertram StR Dr. Vetter und StRin Köngeter gegenüber, könne man doch die Ergebnisse der Prüfaufträge in die weiteren Aktivierungstätigkeiten einfließen lassen.

StR Serwani dankt Herrn Bertram für seine einführenden Informationen und schließt sich sowohl dem Wunsch nach Einbeziehung der Schwellenäcker in die Potenzialliste als auch dem Kompromissvorschlag zu landwirtschaftlichen Flächen von StR Körner an. Erfreulich sei die frühzeitige Einbindung der Bezirksbeiräte in den Gesamtprozess, die sowohl im Hinblick auf das Wohnungsbaupotenzial als auch auf ihre direkten Kontakte zur Bevölkerung wertvolle Beiträge leisten könnten.
StR Ozasek (Die FrAKTION LINKE SÖS Piraten Tierschutzpartei) zeigt sich befremdet über die politische Zuspitzung. Er erinnere an den Klimaschutzplan der CDU und der SPD im Bund und den Koalitionsvertrag der baden-württembergischen Landesregierung mit dem Ziel des Nullflächenverbrauchs und dem Übergang zu einer Flächenkreislaufwirtschaft. Man müsse sich fragen, welches politische Gewicht Aussagen hätten, wenn sie realpolitisch nicht berücksichtigt würden. Die Schweiz (Zürich) bspw. hebe ihre Bedarfe aus dem vorhandenen Siedlungskörper durch konsequente Innenentwicklung und -verdichtung, wobei er unter Innenentwicklung nicht Arrondierung verstehe. Letzteres zerstöre Bodenfunktionen und stelle einen nicht nachhaltigen Flächenverbrauch dar. Dem stellt StR Körner entgegen, die Stadt Zürich könne mit 9 % landwirtschaftlicher Fläche mit der Stadt Stuttgart mit einem Anteil von 23 % nicht verglichen werden.

Herr Bertram erläutert - auch auf Nachfrage von StR Dr. Vetter und StR Rockenbauch - das geplante weitere Vorgehen: Die vorliegende Vorschlagsliste werde den betroffenen Bezirksbeiräten zum Zweck eines Feedbacks vorgelegt, das wiederum dem GR mit Rückschlüssen und ggfs. Ergänzungsgebieten präsentiert würde. Danach könne man die Liste, ggfs. ergänzt um ca. 10 weitere Gebiete und mit ausführlichen Bewertungen, zum Jahresende im UA Wohnungsbau nochmals diskutieren. Es bestehe im Moment keine erhöhte Dringlichkeit - Änderungen an der Liste oder Beratungsbedarf seien noch möglich.

Dem Wunsch von StR Schrade (FW), den Potenzialplan der Gesamtstadt (Anlage 3 der GRDrs 34/2021) in Plakatgröße für jede Fraktion anfertigen zu lassen, wird entsprochen.

Dem entsprechenden mündlichen Antrag von StR Körner folgend, lässt der Vorsitzende zunächst über die Aufnahme des Gebietes Schwellenäcker als Ziffer 6 in die Vorschlagsliste 6 der Potenzialanalyse Wohnen (GRDrs 34/2021) abstimmen:

Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik stimmt dem mündlichen Antrag mit 8 Ja- und 7 Nein-Stimmen mehrheitlich zu.

Anschließend erfolgt die Abstimmung über die GRDrs 34/2021 im Gesamten.

BM Pätzold stellt fest:

Die GRDrs 34/2021 ist vorberaten.
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