Protokoll: Ausschuss für Klima und Umwelt des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 14.02.2020
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Pätzold
Berichterstattung:Herr Dr. Görres, Herr Dr. Zirkwitz (beide AfU), Herr König (EBZ)
Protokollführung: Frau Schmidt de
Betreff: Arbeit des Energieberatungszentrums Stuttgart e.V. (EBZ)
- mündlicher Bericht durch den Geschäftsführer Herrn König -

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.


Herr König (Geschäftsführer Energieberatungszentrum Stuttgart e.V. (EBZ)) stellt die Arbeit des EBZ anhand einer Präsentation vor. Im Mittelpunkt stehe dabei die Gebäudesanierung. Zunächst verweist er auf die Verwendung der Fördergelder der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die in Stuttgart besonders hoch ausfielen. Daran seien die Förderprogramme der Stadt Stuttgart abzulesen. Die derzeitige jährliche Sanierungsquote betrage in Stuttgart 1,5 %; Ziel seien 3 %. An dieser Stelle dankt Herr König für die "Nachjustierung" durch den Gemeinderat bei den Förderprogrammen "Energiesparprogramm für Wohngebäude" (ESP) und "Öl-Austauschprogramm" (ÖAP). Diese seien für die Arbeit des EBZ sehr wichtig (Folie 3). Er betont, das EBZ sei bis heute ein gemeinnütziger Verein mit sieben festangestellten Mitarbeiter/-innen und einem externen Beraternetzwerk. Daraus dürfe jedoch nicht abgeleitet werden, dass alle Angebote kostenlos seien (Folie 4). Die Gebäudesanierungen sollten möglichst ganzheitlich erfolgen. Jedoch sei dieser Trend der Generalsanierung seit Jahren rückläufig. Dies liege an deutlich gestiegenen Immobilienpreisen und der Komplexität der Altbausanierung schlechthin. Daher sei die Beratung durch das EBZ umso wichtiger, da aus Einzelmaßnahmen ein Effizienzhaus zusammengestellt werden könne. Diese Einzelmaßnahmen müssten natürlich aufeinander aufbauen. Sehr positiv hätten sich die Beratungs- und Umsetzungszahlen entwickelt. In 2019 habe es fast 1.000 persönliche Beratungen gegeben; hinzuzurechnen seien Beratungen vor Ort. Die Umsetzungsquote belaufe sich derzeit auf 50 % (Folie 6). Neben Architekten und Planern gehörten auch Handwerksberufe zum Netzwerk (Folie 8), die über wichtige Kenntnisse des Häuserbestands verfügten und Hausbesitzer über die Angebote des EBZ und Förderprogramme informierten. Als Beispiel nennt er hier Schornsteinfeger/-innen, die sehr gut über genutzte Heizanlagen im Bilde seien.

Im weiteren Verlauf des Vortrages erläutert Herr König verschiedene Aktionen und Projekte des EBZ mit seinen Partnern. So gebe es gemeinsam mit dem Amt für Umweltschutz die "Aktion Gebäudesanierung", für die die Stadt die Kosten übernehme (Folie 9). Äußerst positiv sei die frühzeitige Kontaktaufnahme durch die Interessenten, wodurch "bei Null" mit einer Sanierung begonnen werden könne. Des Weiteren gebe es Informationsveranstaltungen für Handwerker (Folie 10), das WEG-Forum für Wohnungseigentümergemeinschaften, das Stuttgarter ZukunftsForum (beide Folie 11) sowie Projekte mit den Stadtwerken Stuttgart (Folie 12). Der Referent betont, neben der Beratung im Stadtgebiet würden auch landesweite Förderprogramme in Anspruch genommen. Dabei gehe es etwa um die Beschleunigung des Ausbaus von Photovoltaik-Anlagen. Für dieses PV-Netzwerk würden entsprechende Veranstaltungen angeboten (Folien 13 und 14). Des Weiteren gebe es Aktionen mit Schulen, bei denen das Thema Klimaschutz angesprochen werde (Folie 15) sowie eine Zusammenarbeit mit der Caritas (Folie 16). Abschließend erläutert der Referent die Finanzierung des EBZ, die auf vier Säulen basiert. Diese seien die Mitgliedsbeiträge, der steuerlich begünstigte Zweckbetrieb, der eigene Wirtschaftsbetrieb und die Förderung. Aufgrund der deutlichen Steigerung in der Säule Förderung könne nun auch im personellen Bereich aufgestockt werden (Folie 17). Mit dem Verweis auf die Neugestaltung der Ausstellung im EBZ im Jahr 2020 endet die Präsentation (Folie 18).

Wie alle weiteren Rednerinnen und Redner dankt StR Boy (90/GRÜNE) für den Bericht. Dieser habe gezeigt, dass das EBZ ein sehr wichtiger Baustein für die Energiewende in Stuttgart sei. Er möchte wissen, ob durch die Aufstockung der Fördergelder nun eine Sanierungsquote von 3 % erreicht werden könne und wie wieder mehr Generalsanierungen umgesetzt werden könnten. Des Weiteren wünscht er einen Rückblick auf die Zahl der bisherigen Infoabende, eine Einschätzung der Situation bei der Förderung von Wohnbaugenossenschaften sowie bei Wärmelösungen für Quartiere.

StR Hill (CDU) greift die Entwicklung des EBZ auf, das nun bei rund 1.000 Beratungen pro Jahr angelangt sei. Der Energiemarkt sei immer komplexer geworden; eine umfassende Beratung helfe dabei, Fehler zu vermeiden. Der Stadtrat bedauert, dass heute kein Vertreter der Presse im Ausschuss anwesend ist, um diese wichtigen Informationen entsprechend zu kommunizieren. Er schlage daher vor, eine Pressemitteilung zu diesem Thema zu veröffentlichen, um das EBZ deutlich bekannter zu machen. Zu den Infoabenden möchte er wissen, nach welchen Kriterien die Veranstaltungsorte ausgewählt werden.

Eine Steigerung der Sanierungszahlen auf 10 % ist für StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) wichtig. Er möchte wissen, wieviel Geld und Personal von Seiten des EBZ gebraucht werde, um dieses Ziel zu erreichen. Er greift die Thematik nach Beratung beim Mietwohnungsbau auf. Hier bestehe noch Entwicklungsbedarf. Um Klimaneutralität zu erreichen, müsse auch in Quartierslösungen gedacht werden. Er möchte wissen, wie solche Anfragen bearbeitet werden und welche Planungswerkzeuge dafür zur Verfügung stehen, um die effizienteste Maßnahme umzusetzen.

Dass die zentrale Aufgabe des EBZ mit lediglich 7 Personen umgesetzt wird, überrascht StRin Schanbacher (SPD). Hier flössen alle Informationen zusammen, und das EBZ habe somit einen Überblick über sämtliche Entwicklungen. Bisher gebe es eine Fokussierung auf die Einzelhaussanierung; es müsse nun der Sprung geschafft werden, ganze Quartiere in den Blick zu nehmen. Als Beispiel nennt sie Abwärme aus der Industrie, die von mehreren Häusern genutzt werden könne. Bezüglich der Überarbeitung des Energiesparprogrammes möchte sie wissen, wie das Prozedere dafür aussehe und welche Möglichkeiten der Mitarbeit bestünden. Zudem müsse der Umstieg auf erneuerbare Energien erreicht werden. Die Wärmeleitplanung innerhalb des Landesklimaschutzgesetzes bedeute neue Aufgaben für das EBZ. Abschließend greift sie das mieterfreundliche energetische Sanierungsprogramm und dessen Umsetzung auf. Hier gehe es v.a. um die Mieterfreundlichkeit.

StR Köhler (AfD) wünscht nähere Informationen zu positiven wie auch negativen Erfahrungswerten aus der Praxis.

Die Förderung von Quartierslösungen und erneuerbaren Energien ist auch für StRin Köngeter (PULS) wichtig. Das EBZ müsse klar kommunizieren, was dafür benötigt werde. Sie möchte wissen, wie die personelle Situation im Vergleich zu anderen Städten aussehe. Außerdem bitte sie um Darstellung, welche Betriebe Mitglied des EBZ verwenden könnten.

Neue Techniken wie PV-Dachziegel und klimaneutrale Dämmstoffe spricht StRin Munk (90/GRÜNE) an. Das EBZ müsse sich mit solchen Angeboten befassen und entsprechende Informationen an die Handwerker geben.

Neue Dämmstoffe, so Herr König, könnten beim EBZ erfragt werden. Dies sei in der Beratung bereits Standard. Aus diesem Grund werde auch die Ausstellung neu konzipiert. Beim Denkmalschutz sei man ebenfalls "gut aufgestellt". Bei der Frage nach der Steigerung der Sanierungsquote verweist er auf das Energiesparprogramm, das leider nur private Hausbesitzer erreiche. Wenn dieses geöffnet werde, gehe man selbstverständlich persönlich auf die Baugenossenschaften zu. Dadurch könne eine Steigerung erreicht werden. Um 10 % Sanierungsquote zu erreichen, würden neue (serielle) Sanierungsverfahren für mehr Effizienz benötigt. Quartierskonzepte befänden sich bereits in der Entwicklung. Die Energieberater würden entsprechend "gebrieft". Eine sozialverträgliche Umsetzung bejaht er. Bei entsprechendem Wirtschaften der Eigentümergemeinschaft sei dies "mit 1,50 Euro Erhöhung der Kaltmiete pro Quadratmieter nach der Sanierung" möglich. Dazu benötige man aber Rücklagen der Eigentümergemeinschaft. Bei der Frage der Öffentlichkeitsarbeit versuche das EBZ, eigene Kompetenz aufzubauen. Dazu werde eine 50%-Stelle benötigt. Erfahrungswerte aus der Praxis seien in umfangreichem Maße vorhanden. V.a. im Mietwohnungsbau müssten sichere Prognosen abgegeben werden. Bei der Energieleitplanung seien die Vorgaben zu berücksichtigen. Einzelhäuser seien relativ einfach, Quartierslösungen schwieriger umzusetzen. Als Beispiel nennt er die Situation im Dachswald, wo nur Ölheizungen vorhanden seien. Zudem gebe es dort keinen Gasausbau; Fern- und Nahwärme seien ebenfalls schlecht. Er empfehle in diesem Fall eine Komplettlösung von Wärmepumpe und energetischer Sanierung. Wichtig sei die erweiterte Zielgruppe. Im Förderprogramm könne sicherlich eine soziale Komponente eingebaut werden, die über ein Bonussystem gesteuert werden könne. Bei dieser Richtlinie werde sich das EBZ mit den Mitarbeitern und den Mitgliedern einbringen.

Herr Dr. Görres (AfU) ergänzt, derzeit werde das Energiesparprogramm überarbeitet. Dieses werde dann zur Entscheidung dem Gemeinderat vorgelegt. In den letzten Jahren habe man mit dem ESP gute Erfahrungen gesammelt, und dieses sei bereits mehrfach angepasst worden. Er betont, dass das ESP stets mit Bundesmitteln kombinierbar bleibe. Diese Kombination bringe durchschlagende Erfolge. Bei der Auswahl der Quartiere orientiere man sich an der Energieleitplanung. Beispielsweise werde geprüft, welches Quartier einen hohen Anteil an Ölheizungen oder ein zur Sanierung anstehendes Baujahr aufweise. Die Informationsveranstaltungen, die sich von ca. 3 in 2017/2018 auf 10 in 2019 erhöht hätten, würden sehr gut angenommen. Bezüglich der Wärmeleitplanung befänden sich die Kommunen derzeit in der Wartephase auf das Förderprogramm des Landes Baden-Württemberg. Er plädiert abschließend für die Kombination aus Quartiers- und Einzellösungen, denn nur so könnten optimale Ergebnisse erzielt werden.

Die Auswahl der Mitglieder des EBZ erläutert Herr König. Ein gemeinnütziger Verein lehne kein Mitglied ab, jedoch werde durch die Höhe des Mitgliedsbeitrages eine gewisse Vorauswahl getroffen. So seien nur Institutionen Mitglieder, also keine einzelnen Betriebe, sondern nur Innungen. Damit werde die Neutralität und Unabhängigkeit des Vereins gewahrt. Im Vergleich zu anderen Energieagenturen erklärt er, beim EBZ Stuttgart würden 29 Cent pro Einwohner und Jahr angesetzt. In 2020 werde eine weitere Stelle beim EBZ geschaffen. Eine weitere halbe Stelle für Öffentlichkeitsarbeit sei wünschenswert. Damit sei das EBZ gut aufgestellt. Herr Dr. Görres ergänzt, die Beratungsleistung bei der Umsetzung des ESP werde zusätzlich honoriert.

Für eine Ausweitung der Infoabende auf die Neckarvororte plädiert StR Currle (CDU). Der Stadtrat möchte zudem wissen, ob ein Öltank nach technischer Umrüstung als Tank für Flüssiggas verwendet werden kann. Dies verneint Herr König.

StR Rockenbauch greift erneut die Thematik nach Erhöhung auf 10 % Sanierungsquote auf. Das EBZ solle die benötigten Mittel darlegen, um dieses Ziel zu erreichen.

BM Pätzold verweist auf die Darstellung der Beratungen durch Herrn König. Es könne nicht gesteuert werden, wer sich letztendlich für eine Sanierung entscheide. Die Bürgerinnen und Bürger müssten für das Thema Sanierung begeistert und aufmerksam gemacht werden. Auch Mieter könnten ihren Wunsch nach Sanierung gegenüber dem Eigentümer kommunizieren. Da derzeit die Diskussion um den Klimaschutz in Schwung komme, rechne er mit einer positiven Entwicklung der Sanierungsquote.

Mehr Veranstaltungen und Beratungen benötigten mehr Personal, so Herr König. Es gehe bei der Sanierungsquote um die Dynamik; eine 3 %-ige Sanierungsquote würde 50 % weniger Verbrauch bis 2050 ermöglichen. Wenn eine völlige Decarbonisierung bis 2035 angestrebt werde, müsse die Quote deutlich erhöht werden. Die Frage nach Nutzung von Industriewärme sei beim Amt für Umweltschutz „gut aufgehoben“. Es gebe zwischen EBZ und dem Amt für Umweltschutz ein gewisses "Jobsharing": Das EBZ betreue Endkunden/Investoren, das Amt für Umweltschutz kümmere sich um Quartierskonzepte.

Für StRin Schanbacher wäre es das einfachste Prozedere, wenn alles aus einer Hand geliefert würde. Sie gehe davon aus, dass die Wärmeleitplanung über das AfU laufe, das EBZ dahingehend berate und Industrie und Unternehmen von Seiten des AfU in die Wärmeleitplanung eingebunden würden. Herr König betont, AfU und EBZ bildeten das "Gesamtpaket". Es werde gemeinsam abgestimmt, welche Aktionen umgesetzt würden. BM Pätzold ergänzt, beide Einrichtungen seien personell stark verschränkt.

Die gemeinsame Nutzung von Energie ist für StRin Schanbacher wichtig. Sie wolle wissen, wie dies umgesetzt werden könne. Dazu erklärt Herr Dr. Görres, es werde derzeit ein Abwärmekataster erstellt, um Wärmepotenziale zu identifizieren. In der Folge bauten die Stadtwerke Stuttgart als Versorger Nahwärmeleitungen. Im dritten Schritt erfolge ein Angebot an die Hausbesitzer zur Nutzung dieser Abwärme. In der Umsetzung in Quartieren sei eine gewisse Dynamik dahingehend enthalten, dass zunächst mehr fossile Energie benötigt werde. Wenn sukzessive alle Gebäude eines Quartiers saniert würden, würde "peu-à-peu" weniger fossile Energie verbraucht. Wichtig sei, Energieversorger einzubinden, denn es müsse Versorgung auch gewährleistet sein, wenn ein Betrieb keine Abwärme zur Verfügung stelle, wie beispielsweise am Wochenende oder in den Betriebsferien.

Das EBZ sei am Landesprogramm "Kompetenzzentrum für Energieeffizienz in Unternehmen" (KEFF) beteiligt, betont Herr König. So stelle das EBZ spezielle Berater für Unternehmen, die dort eine erste Übersicht auflisteten. In der Folge würden aus dem EBZ-Netzwerk Experten vermittelt, die dann detaillierte Lösungen erarbeiteten. Herr Dr. Zirkwitz (AfU) ergänzt, das städtische Industrieförderprogramm setze auf der KEFF-Beratung auf. Bei KEFF handle es sich um eine Initialberatung; Detailberatung erfolge im Rahmen des Förderprogramms. Somit sei auch hier eine enge Verzahnung mit dem EBZ gegeben.

Die Routine bei Schulsanierungen spricht StR Rockenbauch an. Als Beispiel nennt er das Wagenburg-Gymnasium, wo weiterhin Gas verwendet werde. Er frage sich, warum in Folge von Schulsanierungen nicht auch Quartierslösungen erarbeitet würden. Dies müsse eigentlich für alle städtischen Gebäude gelten. BM Thürnau bestätigt, es gebe bei Schulsanierungen eine interne Routine "in Richtung AfU", von wo aus die Entwicklung weitergeführt werde. Für die Sanierung einer Schule hin zu einem Nahwärmekonzept müssten die Stadtwerke miteinbezogen werden.

Herr Dr. Görres erklärt, in Feuerbach würden mehrere Schulstandorte mit dem Neubau des Neuen Gymnasiums Leibniz verbunden und somit "auf einen Schlag" klimaneutral. Die Information der umliegenden Bewohner erfolge über die Stadtwerke. StR Rockenbauch regt an, Wärmekonzepte auch von Seiten der Stadtverwaltung offensiv zu kommunizieren.



Nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen mehr ergeben, stellt BM Pätzold fest:

Der Ausschuss für Klima und Umwelt hat von dem Bericht Kenntnis genommen.

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