Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales und gesellschaftliche Integration
Gz: SI
GRDrs 1045/2019
Stuttgart,
12/04/2019


Bericht über die Entwicklungen in der Zentralen Notübernachtung



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Sozial- und GesundheitsausschussKenntnisnahmeöffentlich16.12.2019

Kurzfassung des Berichts:
Ausführlicher Bericht siehe Anlage 1


Die Unterbringung von akut wohnungslosen Menschen ist seit vielen Jahren ein elementarer Bestandteil des Stuttgarter Hilfesystems. Sie ergibt sich aus der Verpflichtung nach § 1 Abs. 1 des Polizeigesetzes Baden-Württemberg, nach dem jede Kommune dafür verantwortlich ist, unfreiwillige akute Obdachlosigkeit zu beseitigen. Diese Aufgabe ist in der Landeshauptstadt Stuttgart dem Sozialamt übertragen worden.

In der Landeshauptstadt Stuttgart befindet sich die Zentrale Notübernachtung in der Hauptstätter Straße 150 in Stuttgart-Süd. Sie ist ganzjährig geöffnet. Eine Aufnahme von akut obdachlosen Personen kann den ganzen Tag über erfolgen. Als Winternotübernachtung stehen außerdem die Villastraße 3 in Stuttgart-Ost und bei zu hoher Belegung als zusätzliche Interimsmöglichkeit die Gorch-Fock-Straße 32 in Stuttgart-Sillenbuch zur Verfügung. Daneben werden bis zu 52 dezentrale Notübernachtungsplätze direkt in Wohnheimen oder integriert in Wohnprojekten der Wohnungsnotfallhilfe vorgehalten und von den jeweiligen Trägern der Freien Wohlfahrtspflege verantwortet.

Die Übernachtungszahlen steigen seit dem Winterhalbjahr 2010/2011 kontinuierlich an. Im Winter 2018/2019 war erstmalig eine Stagnation der Fallzahlen auf einem sehr hohen Niveau zu beobachten. Durch die längere Verweildauer der Personen in der Winternot-übernachtung führte dies trotzdem zu einer höheren Auslastung der 3 vorgenannten Gebäude.

Das System der Notübernachtung ist nicht nur aufgrund der vielen Fälle überlastet, sondern auch deshalb, weil dort verschiedene Problemgruppen aufeinandertreffen, die sehr unterschiedliche Bedarfe haben. Dadurch ist das Zusammenleben für die Betroffenen in der Notübernachtung stark belastend. Die Fallverantwortung für die Nutzerinnen und Nutzer der Notübernachtung ist bei den dezentralen Fachberatungsstellen der freien Träger der Wohnungsnotfallhilfe und den anderen Beratungsdiensten (insbesondere dem Sozialpsychiatrischen Dienst, vereinzelt beim Gerontopsychiatrischen Dienst und dem Bürgerservice Leben im Alter des Sozialamts) angesiedelt.

Aufgrund der für alle Beteiligten sehr belastenden und schwierigen Situation in der Zen-tralen Notübernachtung werden im Folgenden die Probleme geschildert und Verbesserungen entwickelt, um die ordnungsrechtliche Unterbringung in diesem Rahmen zu sichern bzw. zu verbessern

Bei den Nutzerinnen und Nutzern der Zentralen Notübernachtung kann von 4 unterschiedlichen Bedarfsgruppen ausgegangen werden:

1. Menschen, die vorübergehend auf einen freien Platz im System der Wohnungsnotfallhilfe warten.

2. Personen mit kurzfristigen, aber akuten Problemen in der Wohnungs- bzw. Unterkunftsversorgung, die häufig in einer Sozialunterkunft untergebracht werden müssen.

3. Menschen mit Verhaltensauffälligkeiten sowie teilweise schweren psychischen Erkrankungen ohne Krankheitseinsicht, die außer einer Unterkunft in der Notübernachtung keine weitere Unterstützung annehmen oder aus den bestehenden Angeboten konfliktbedingt gekündigt werden.

4. Bürgerinnen und Bürger aus EU-Staaten, die ihren Bedarf nicht aus eigenem Einkommen und/oder Vermögen decken können und die aufgrund ihres aufenthaltsrechtlichen Status von laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II / SGB XII ausgeschlossen sind.


Aus fachlicher Sicht sind aufgrund dieser Differenzierung folgende Lösungen notwendig:

· Für die Fälle, die die Notübernachtung eigentlich nur zur Überbrückung einer akuten Notlage kurzfristig nutzen sollten, dann aber länger als 3 Monate in der Zentralen Notübernachtung leben, wird durch ein zukünftiges Gremium aus Fachleuten der Wohnungsnotfallhilfe ein Überprüfungsverfahren entwickelt, um die jeweiligen Fallkonstellationen mit ihren Prozessen besser zu verstehen. Ziel ist es, rechtzeitig fallbezogen steuernd einzugreifen und damit negative Gewöhnungseffekte zu vermeiden.

· Für Menschen mit schweren Verhaltensauffälligkeiten (auch im medizinischen und psychiatrischen Bereich), die bislang nur in einer Umgebung wie der Notunterkunft zurechtkommen und die eigentlich ein spezielles Angebot benötigen, muss eine kontinuierliche Beratung durch die zuständige Mitarbeiterin oder den zuständigen Mitarbeiter der o. g. Fachberatungsstelle, wenn notwendig auch direkt in der Zentralen Notübernachtung gewährleistet werden, um eine Überleitung in ein passendes Angebot (z. B. an der Schnittstelle von Pflege und Wohnungslosigkeit) sicherzustellen.

· Für Menschen, die außer einer Unterbringung in der Notübernachtung keine weitere Unterstützung annehmen wollen, sollen zunächst deren Zugangswege in die Zentrale Notübernachtung und deren Aufenthaltsdauer geprüft werden. Zudem ist zu kontrollieren, ob diese Personen die ihnen angebotenen Unterstützungsangebote im Bereich der Wohnungslosenhilfe (§ 67 SGB XII) ernsthaft für sich in Erwägung ziehen und sich um diese aktiv bemühen.


Beteiligte Stellen

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Vorliegende Anträge/Anfragen

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Dr. Alexandra Sußmann
Bürgermeisterin





1. Ausführlicher Bericht
2. Abschlussbericht der Zentralen Notübernachtung der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart und der Caritas Stuttgart Sommernotquartier 2018
3. Abschlussbericht der Zentralen Notübernachtung der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart und der Caritas Stuttgart Winternotquartier 2018/2019


Ausführlicher Bericht

Bericht über die Entwicklungen in der Notübernachtung

Die Unterbringung von akut wohnungslosen Menschen ist seit vielen Jahren ein unverzichtbarer Bestandteil des Stuttgarter Hilfesystems. Bereits seit 1963, und damit 14 Jahre vor der ersten Beratungsstelle für wohnungslose Menschen, wurde mit dem Wohnheim Nordbahnhofstraße eines der ersten Übernachtungsheime in der Bundesrepublik Deutschland eröffnet. Von Anfang an war an diesem Ort auch eine Notunterbringung integriert, die bis ins Jahr 2009 in der Nordbahnhofstraße 21 angeboten wurde. War damit die Notunterkunft zunächst der bestimmende Hauptbestandteil der Gesamtversorgung für Menschen in Wohnungsnot, konnte sie mit dem Ausbau der qualifizierten Wohnangebote für Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten nach § 67 SGB XII in den 80er und 90er Jahren in Stuttgart vorübergehend in ihrer Notwendigkeit reduziert werden.

Heute werden Notunterkünfte an verschiedenen Orten in der Landeshauptstadt Stuttgart vorgehalten und sind Bestandteil der ordnungsrechtlichen Unterbringung zur Verhinderung von akuter Obdachlosigkeit für erwachsene Alleinstehende und Paare. Die ordnungsrechtliche Unterbringung wurde in den 90er Jahren vom Amt für öffentliche Ordnung auf das Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart übertragen.


Rechtsgrundlage

Die Rechtsgrundlage für die Unterbringung in Notunterkünften beruht auf § 1 Abs. 1 des Polizeigesetzes Baden-Württemberg (Gefahrenabwehr) und verpflichtet die Kommunen dazu, obdachlosen Menschen zum Schutz vor „den Unbilden des Wetters“ eine Unterkunft zur Verfügung zu stellen. Damit ist jede Kommune verpflichtet, unfreiwillige akute Obdachlosigkeit zu beseitigen.


Versorgung im Rahmen ordnungsrechtlicher Unterbringung

Das Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart versorgt Menschen, die in akuter Wohnungsnot ordnungsrechtlich untergebracht werden müssen, weitestgehend zielgruppendifferenziert. Zum Stichtag 31.06.2019 waren in der Landeshauptstadt Stuttgart 2.147 Personen in folgenden Bereichen ordnungsrechtlich untergebracht:

· Fürsorgeunterkünfte (am Stichtag 31.06.2019: 1.204 Personen) stehen insbesondere Familien mit minderjährigen Kindern, Familien mit volljährigen Kindern in Ausbildung, Personen über 60 Jahre sowie Schwerbehinderten zur Verfügung. Der Zugang ist ausschließlich Stuttgarter Bürgerinnen und Bürgern (mit deutschem oder ausländischem Pass) vorbehalten und findet nur unmittelbar nach der Zwangsräumung einer Wohnung statt.

· Eine Unterbringung in Sozialunterkünfte (am Stichtag 31.06.2019: 820 Personen) ist für Einzelpersonen und Paare ohne Kinder sowie Familien mit Kindern zur Verhinderung von akuter Obdachlosigkeit vorgesehen, die hier in Stuttgart in ungesicherten Wohnverhältnissen (z. B. bei Bekannten) lebten oder von „außerhalb“ kommen und denen akute Obdachlosigkeit droht.
· In Notübernachtungen (in den Jahren 2018/2019: 180 Plätze) werden Einzelpersonen untergebracht, die entweder auf einen Platz in einem qualifizierten Wohnangebot (§ 67 SGB XII: Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten) warten oder Personen, die aus verschiedenen Gründen nicht in einer Sozialunterkunft untergebracht werden können. Familien werden nicht in Notunterkünften untergebracht. Notunterkunftsplätze werden sowohl zentral in 2 Gebäuden (60 Plätze das ganze Jahr, weitere 44 Plätze im Winter als Erfrierungsschutz) sowie bei erhöhter Nachfrage in einem zusätzlichen Gebäude (24 Plätze) vorgehalten. Zusätzlich werden dezentral Plätze in größeren Einrichtungen der Träger der Wohnungsnotfallhilfe für Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten (52 einzelne Plätze in mehreren Einrichtungen) belegt. Zentrale Notübernachtung in Stuttgart

In der Landeshauptstadt Stuttgart stehen für obdachlose volljährige Personen zentrale und dezentrale Möglichkeiten der Notübernachtung zur Verfügung.

Die Zentrale Notübernachtung in der Hauptstätter Straße 150 in Stuttgart-Süd ist ganzjährig geöffnet. Als Winternotübernachtung steht die Villastraße 3 in Stuttgart-Ost und zusätzlich bei zu hoher Belegung kurzfristig und als Interimsmöglichkeit die Gorch-Fock-Straße 32 in Stuttgart-Sillenbuch zur Verfügung (vgl. Abb. 1). Diese Unterkünfte stehen in der Verantwortung der Landeshauptstadt Stuttgart, die die Träger der Freien Wohlfahrtspflege (Evangelische Gesellschaft Stuttgart e.V. in Kooperation mit dem Caritasverband für Stuttgart e.V.) mit dem Betrieb der Zentralen Notübernachtung beauftragt hat.


Abbildung 1: Plätze in der Zentralen Notübernachtung

Daneben werden bis zu 52 dezentrale Notübernachtungsplätze direkt in Wohnheimen
oder Wohnprojekten der Wohnungsnotfallhilfe integriert vorgehalten und von den jeweiligen Trägern der Freien Wohlfahrtspflege verantwortet.

Gegenstand der weiteren Darstellungen und Überlegungen ist die Zentrale Notübernachtung in der Landeshauptstadt Stuttgart. Die Notübernachtungsplätze dienen der kurzfristigen Gefahrenabwehr bei akuter Obdachlosigkeit. Ausschlaggebend ist der unkomplizierte
Zugang, der prinzipiell zu jeder Tageszeit stattfinden kann. Dies ist durch die 24-stündige Anwesenheit eines Wachdienstes immer gewährleistet.
Die Gebäude der Zentralen Notübernachtung – ganzjährig und in Zeiten des Erfrierungsschutzes

Viele Jahre diente das Gebäude in der Hauptstätter Straße 150 in Stuttgart-Süd in den Wintermonaten vom 02.11. bis 31.03. oder 30.04. des darauffolgenden Jahres als Erfrierungsschutz. Im Jahr 2012 wurde die Hauptstätter Straße 150 mit seinen 60 Übernachtungsplätzen erstmalig auch im Sommer zeitweise dann geöffnet, wenn akut obdachlose Menschen unterzubringen waren und es nicht gelang, die Personen in die Regelangebote der Wohnungsnotfallhilfe zu vermitteln. Dabei diente das Gebäude in den ersten 2 Jahren (2012/2013) lediglich als Übernachtungsmöglichkeit und wurde tagsüber geschlossen. Seit 2014 wird die Hauptstätter Straße 150 wegen der immer stärker ansteigenden Unterbringungsnotwendigkeit als ganztägige und ganzjährige Notübernachtung betrieben (vgl. Anlage 2 „Abschlussbericht Sommernotquartier 2018“).

Seit dem Winterhalbjahr 2012/2013 stehen in der Regel zusätzlich 2 Gebäude für den Erfrierungsschutz zur Verfügung. Zuletzt war das im Winterhalbjahr 2018/2019 die Villastraße 3 mit 44 Plätzen. In der Zeit vom 30.01.2019 bis 20.02.2019 wurden weitere 24 Plätze in der Gorch-Fock-Straße 32 in Stuttgart-Sillenbuch als Reservekapazität bereitgestellt, da eine lange Kälteperiode unter 0 Grad und eine sehr hohe Belegung eine Erhöhung der Platzzahlen erforderte.

Die Notübernachtungen in der Hauptstätter Straße 150, in der Villastraße 3 und in der Gorch-Fock-Straße 32 verfügen über Mehrbettzimmer mit in der Regel 4 bis 5 Betten, Spinden, einem Tisch und Stühlen. Pro Stockwerk gibt es in der Villastraße 3 und der Hauptstätter Straße 150 eine gemeinsame Küche und Sanitäreinrichtungen. Ebenso stehen in der Gorch-Fock-Straße 32 eine gemeinsame Küche und Sanitäreinrichtungen zur Verfügung.


Betrieb und Betreuung der Notübernachtung

Der Betrieb der Notübernachtung wurde nach einer nationalen Ausschreibung mit Beschluss des Verwaltungsausschusses am 15.05.2017 (vgl. GRDs 304/2017 „Wettbewerbliches Verfahren für den ganzjährigen Betrieb der Zentralen Notübernachtung in der Hauptstätter Straße 150 und den Betrieb in der Villastraße 3 als Winternotübernachtung sowie Notunterbringung für Einzelpersonen“) an die Evangelische Gesellschaft Stuttgart e.V. mit einer Vertragslaufzeit vom 01.11.2017 bis 31.10.2019 und einer zweimaligen Verlängerungsoption um je 12 Monate vergeben. Die Evangelische Gesellschaft Stuttgart e.V. betreibt die Notübernachtungen in Kooperation mit dem Caritasverband für Stuttgart e.V. In allen Einrichtungen sorgt ein Wachdienst für Sicherheit. Die Öffnungszeiten sind in der Hauptstätter Straße 150 von 8:30 Uhr bis 16:00 Uhr und in der Villastraße 3 von 8:00 Uhr bis 12:30 Uhr sowie nach Bedarf nachmittags. Tagsüber ist ein Sozialdienst vor Ort, dessen Hauptaufgabe es ist, die Nutzerinnen und Nutzer der Notübernachtung in die Beratungsangebote der Wohnungsnotfallhilfe zu vermitteln. Im Winter kann zusätzlich bei hoher Belegung die Gorch-Fock-Str. 32 wochenweise mit einem Wachdienst vor Ort und zusätzlichen Stunden Sozialarbeit geöffnet werden.

Der Zugang zur Notübernachtung ist niedrigschwellig und kann den ganzen Tag über erfolgen. Personen können bis zum nächsten Öffnungstag des Sozialamts oder des Jobcenters dort übernachten. Im Anschluss müssen sie eine Bescheinigung über den Bezug von Leistungen nach dem SGB II/SGB XII vorlegen.


Nutzung im Sommer

Das Gebäude in der Hauptstätter Straße 150 wird seit 2012 auch in den Sommermonaten genutzt. Ursprünglich war diese Nutzung für Personen vorgesehen, für die in den regulären Angeboten vorerst kein Platz zur Verfügung stand. Im Verlauf der Jahre wurde die Notübernachtung aber zunehmend zu einer Bleibemöglichkeit für besonders schwierige Personen, die in keinem anderen Angebot unterkommen und für Personen, die eine Unterbringung nur für kurze Zeit und zur weiteren Klärung überbrückend benötigen (s. Anlage 2 „Abschlussbericht Sommernotquartier 2018“). Im Sommer 2019 musste nach einer 2-wöchigen Schließung wegen des sehr hohen Unterbringungsbedarfes auch das Gebäude in der Villastraße 3 erneut außerhalb der kalten Jahreszeit als Notübernachtung geöffnet werden.


Nutzung im Winter

In den Wintermonaten stehen die oben genannten 3 Gebäude als Notübernachtung und Erfrierungsschutz zur Verfügung.

In Zeiten des Erfrierungsschutzes wird die Zentrale Notübernachtung für alle Personen geöffnet. Bis zur Mitte des Winterhalbjahres 2017/2018 wurde der Erfrierungsschutz bei Temperaturen ab -5 Grad und bei besonders kritischen Wetterlagen ausgerufen. Diese Praxis wurde am Jahresanfang 2018 geändert und der Erfrierungsschutz gilt seitdem ab einer Temperatur von 0 Grad und bei besonders kritischen Wetterlagen. Im Winter 2018/2019 wurde der Erfrierungsschutz an 74 Tagen festgesetzt.

Als weitere Maßnahme des Schutzes zum Zwecke der Gefahrenabwehr, auch bei Plus-Temperaturen, steht in der Flüchtlingsunterkunft in der Tunzhofer Straße 20 ein Zimmer für ein Elternteil mit 1-2 Kindern bereit.


Kältebus

Bei Eintritt des o. g. Erfrierungsschutzes fährt im Winter im Auftrag des Sozialamts der Kältebus des Deutschen Roten Kreuzes, Kreisverband Stuttgart e.V., öffentliche Plätze an. Der Kältebus ist mit 2 Personen besetzt, davon eine sozialpädagogische Fachkraft mit Kenntnissen in der Wohnungsnotfallhilfe. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes suchen die inzwischen gut bekannten Aufenthaltsorte wohnungsloser Menschen auf, knüpfen Kontakt zu den obdachlosen Menschen und motivieren sie, ggf. eine Notübernachtung aufzusuchen. Im Bedarfsfall werden sie direkt dorthin gefahren. Wohnungslose, die die Notübernachtung nicht nutzen wollen, erhalten Tee, Riegel, warme Decken bzw. Schlafsäcke, Mützen und Handschuhe.

Der Kältebus wird in der Zeit von jeweils 21:00 Uhr bis max. 02:00 Uhr eingesetzt. Er fuhr im Winter 2018/2019 an 45 Tagen.


Informationen und Zahlen zur Notübernachtung im Winterhalbjahr 2018/2019

Die Übernachtungszahlen steigen seit dem Winterhalbjahr 2010/2011 kontinuierlich an. Im Winter 2018/2019 ist erstmalig eine Stagnation der Fallzahlen zu beobachten. Durch die längere Verweildauer der Personen in der Winternotübernachtung führte dies trotzdem zu einer höheren Auslastung der 3 Gebäude, Hauptstätter Straße 150, Villastraße 3 und Gorch-Fock-Straße 32.

Im Zeitraum vom 01.11.2018 bis 30.04.2019 wurde die Winternotübernachtung sowohl in der Hauptstätter Straße 150 als auch in der Villastraße 3 sowie zeitweise in der Gorch-Fock-Str. 32 genutzt.

Im Berichtszeitraum der Winternotübernachtung (Quelle: Abschlussberichte der Zentralen Notübernachtung) vom 01.11.2018 bis 31.03.2019 wurden 1.029 Fälle mit insgesamt 13.318 Übernachtungen mit einem Schlafplatz versorgt. Im Winterhalbjahr 2017/2018 (Berichtszeitraum 01.11.2017 bis 30.04.2018) wurden 1.236 Fälle mit 14.696 Übernachtungen gezählt, im gleichen Zeitraum 2016/2017 (Berichtszeitraum 01.11.2016 bis 30.04. 2017) waren es 908 Fälle und 11.502 Übernachtungen (vgl. nachfolgende Tabelle 1).

Tabelle 1: Fallzahlen im Winternotquartier:
2015/2016
2016/2017
2017/2018
2018/2019
Fälle1.0799081.2361.235*
Übernachtungen11.94811.50214.69615.982*
Quelle: Abschlussberichte Zentrale Notübernachtung Winternotquartier
* auf 6 Monate hochgerechnet

Eine vergleichbare Entwicklung ist auch bei der Anzahl der Sommernotübernachtung festzustellen (vgl. Tabelle 2).

Tabelle 2: Fallzahlen im Sommernotquartier:
2016
2017
2018
Fälle733954940
Übernachtungen7.25310.42710.229
Quelle: Abschlussberichte Zentrale Notübernachtung Sommernotquartier


Entwicklung der Aufenthaltsdauer im Winter- und Sommernotquartier

Die Entwicklung der Aufenthaltsdauer in der Winternotübernachtung weist ebenfalls auf eine Veränderung in der Nutzung hin. Während der Anteil der kurzen Übernachtungen (zwischen 1 und 3 Tage) in den letzten Jahren abnimmt (vgl. Anlage 3 „Abschlussbericht Winternotquartier 2018/2019“), steigt der Anteil der Aufenthalte zwischen 4 und 7 Tagen an. Dies kann als Hinweis gedeutet werden, dass die Abklärungsprozesse bei der Unterstützung von Nutzerinnen und Nutzern der Notübernachtung länger dauern. Es kann aber auch festgestellt werden, dass der Anteil der Langzeitnutzer, die die Notübernach-tung als Wohnsubstitut nutzen, über die Jahre prozentual gleich bleibt bzw. bei den extrem langen Aufenthalten (von 31 Tagen bis über 120 Tage) etwas ansteigt.

Interessant ist, dass diese Entwicklung bzw. Verteilung auch bei der Sommernotüber-nachtung zu beobachten ist. Für die Langzeitnutzer ist die jahreszeitliche Differenzierung


weniger relevant, vielmehr stehen bei ihnen die jeweiligen akuten Situationen (z. B. multiple Problemlagen), in denen sie sich befinden, im Vordergrund.


Durchschnittliche Belegung pro Tag im Winter

Die Zahl der Notübernachtungen pro Jahr in den jeweils vorgehaltenen Gebäuden nimmt in den letzten Jahren stetig zu.


Abbildung 2: Notübernachtungen pro Tag im Winter (2015 - 2019)
Quelle: Abschlussbericht der Zentralen Notübernachtung Winternotquartier 2018/2019


Dies gilt sowohl für die Winter- als auch für die Sommerzeit (vgl. Abb. 2 + 3).


Abbildung 3: Notübernachtungen pro Tag im Sommer (2015 - 2018)
Quelle: Abschlussbericht der Zentralen Notübernachtung Sommernotquartier 2018


Während im Winterhalbjahr 2015/2016 noch ca. 56 Personen durchschnittlich in den Notquartieren untergebracht wurden, stieg die Zahl im Winter 2018/2019 auf ca. 88 Personen pro Tag (Zunahme um 57 %). Im Sommer ist ein ähnlicher Trend auf etwas niedrigerem Niveau zu erkennen. Hier wurden im vergleichbaren Zeitraum im Jahr 2016 noch durchschnittlich ca. 40 Personen pro Tag in der Hauptstätter Straße 150 untergebracht, im Jahr 2018 waren es schon ca. 56 Personen (Zunahme um 40 %). Der Anteil an Frauen in der Winternotübernachtung liegt bei 16,08 % und damit unter dem Anteil der Frauen in der bundesweiten Statistik (27 %).


Situation der Sommernotübernachtung 2019

Die Situation in der Stuttgarter Wohnungsnotfallhilfe wird von Jahr zu Jahr angespannter. Seit ca. 6 Jahren übersteigt die Zahl der obdachlosen Menschen, die eine Unterkunft benötigen, die zur Verfügung stehenden Wohnmöglichkeiten im Versorgungssystem. Für Sozialunterkünfte, Aufnahmehäuser und betreute Wohnangebote in der Wohnungsnotfallhilfe bestehen deshalb zum Teil und jahreszeitlich abhängig lange Wartelisten. Diese Entwicklung hat massive Auswirkungen auf die Zentrale Notübernachtung, da wohnungslose Menschen häufig nicht mehr direkt in das System der Wohnungsnotfallhilfe vermittelt werden können.


Analyse zu den Nutzerinnen und Nutzern der Zentralen Notübernachtung im Sommer 2019

Im Sommer 2019 war der Bedarf an Plätzen in der Notübernachtung so weit angestiegen, dass das Gebäude Villastraße 3 nach seiner Schließung als Winternotquartier wieder
2 Wochen als Notübernachtung geöffnet werden musste. Dies wurde seitens des Sozialamts der Landeshauptstadt Stuttgart zum Anlass genommen, den Personenkreis der dort untergebrachten Menschen genauer zu betrachten. Diese Analyse erfolgte über Gespräche mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Zentralen Notübernachtung und den Fachberatungsstellen.


Die wichtigsten Erkenntnisse der Gespräche werden nachfolgend dargestellt:

Gründe für den Aufenthalt in der Notübernachtung

Die Lebenslagen bzw. Situationen der in der Notübernachtung untergebrachten Menschen sind das Resultat einer Vielzahl individueller, gesellschaftlicher und systembezogener Auswirkungen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die kurzfristige und akute Unterbringung in der Notübernachtung eine Momentaufnahme ist, deren Auswirkung zwangsläufig zum Unterstützungsprozess dazu gehört (z. B. noch nicht abgeschlossene Klärungen) und nicht schon als problematisches Verhalten (z. B. Orientierungslosigkeit) einzelner Personen missverstanden werden sollte.

Es gibt 4 Hauptgründe für den Aufenthalt von Personen in den Notübernachtungen:

· ungeklärter Leistungsanspruch (Fälle befinden sich noch in der Klärungsphase)

· kein Leistungsanspruch vorhanden

· keine Bereitschaft, Hilfe anzunehmen sowie schwer verhaltensauffällige Personen, die aus verschiedenen Gründen in keiner Einrichtung länger bleiben oder aufgrund fehlender Mitwirkungsbereitschaft (häufig wegen fehlender Krankheitseinsicht) keinen Zugang zu den passenden Einrichtungen bekommen

· Warten (auch infolge schwieriger Fallkonstellationen) auf einen freien Platz in einer passenden Einrichtung (zumeist in der Wohnungslosenhilfe)

Verweildauer in der Notübernachtung

Die Analyse der Verweildauer in der Notübernachtung lässt auf die Funktion des Angebots der Notübernachtung für die betroffenen Menschen schließen.

Eine kürzere Verweildauer verweist auf eine Nutzung als unmittelbare Reaktion auf eine akute Notlage. Laut den Recherche-Ergebnissen fällt die Hälfte aller Personen, die die Notübernachtung nutzen, in diese Kategorie.

Je länger der Aufenthalt in der Notübernachtung ist, desto eher deutet dies darauf hin, dass die Notübernachtung als Substitut für eine Wohnung genutzt wird. Es kann davon ausgegangen werden, dass bei einer Verweildauer, die länger als einen Monat ist, kein akuter, sondern ein sich bereits verfestigter Notfall, vorliegt. Die Notübernachtung wird für diesen Personenkreis zu einer längerfristigen (Wohn-)Unterkunft. Dies trifft auf etwas mehr als 1/4 der Nutzerinnen und Nutzer zu. Konzeptionell ist ein langfristiger Aufenthalt in der Notübernachtung nicht vorgesehen. Die Bewohnerinnen und Bewohner können sich nicht polizeilich anmelden und leben langfristig in Mehrbettzimmern ohne jegliches Privatleben. Dies führt zu ungewollten Anpassungsprozessen (z. B. Verlust der Tagesstruktur) und immer wieder auch zu Konflikten und weitergehenden Problemen.

Vieles spricht dafür, dass der Rahmen der Notübernachtung mit seinem auf das bloße Übernachten ausgelegte Angebot, das gleichzeitig auf pädagogische Interventionen verzichtet (nicht aber auf Vermittlung in Wohnangebote der Wohnungsnotfallhilfe), für einige der Langzeitnutzer vor dem Hintergrund ihrer momentanen Voraussetzungen trotz vieler Einschränkungen noch als am geeignetsten gesehen wird.


Bedarf der Personen in den Notübernachtungen

Die Bedarfe der Nutzerinnen und Nutzer der Notübernachtung stehen für die eigentlich notwendigen Versorgungsziele.

Knapp 1/4 aller derzeit untergebrachten Personen warten auf einen geeigneten Platz in einem qualifizierten Wohnangebot mit pädagogischer Begleitung. Hinzu kommen Personen, bei denen der Unterstützungsbedarf und der Leistungsanspruch seitens der zuständigen Leistungsträger und Fachberatungsstellen geprüft wird, und die ebenfalls ein spezifisches Unterstützungsangebot benötigen.

Aus den ermittelten Bedarfen lassen sich weitere Differenzierungen ableiten. Circa 1/10 der Nutzerinnen und Nutzer der Notübernachtung benötigen laut zuständiger Fachberatungsstelle Unterstützung bei der Rückführung in ihr Heimatland. Es handelt sich hierbei vor allem um Bürgerinnen und Bürger aus dem europäischen Ausland, die keinen Anspruch auf Transferleistungen haben. Nach § 23 Abs. 3 und 3a SGB XII besteht für EU-Bürgerinnen und EU-Bürger, die keinen Anspruch auf laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II oder SGB XII haben, ein Anspruch auf darlehensweise Übernahme der Rückreisekosten sowie Überbrückungsleistungen für die Zeit bis zur Ausreise. Diese Personengruppe hält sich nur kurz in den Notunterkünften auf. Insgesamt wird die Gruppe der EU-Bürgerinnen und EU-Bürger in der Notübernachtung auf 1/3 der Nutzerinnen und Nutzer beziffert.

Weiterhin befinden sich einige Personen kurzfristig in der Notübernachtung, die in einer Sozialunterkunft untergebracht werden sollten. Dies verweist vor allem auf die Funktion der Notübernachtung als Überbrückungsangebot von in Klärung befindlichen Fällen. Durch die bei entsprechendem Ausbau der Ressourcen (Stellen) vorgesehene Steuerungsoptimierung der ordnungsrechtlichen Unterbringung (inkl. der Klärung des Leistungsanspruchs) in Sozialunterkünften sollte das System der Notübernachtung von diesen Fällen zukünftig entlastet werden.

Eine weitere Bedarfsgruppe stellen jene Menschen dar, die nur in der Wohnumgebung „Notübernachtung“ längerfristig zurechtkommen. Es handelt sich um Personen mit Verwahrlosungstendenzen, sozial schwierigem Verhalten, psychischen Erkrankungen und ähnlichen Eigenschaften, die selbst in Angeboten mit niedrigschwelligen pädagogischen Konzepten und den dort geringen, aber notwendigen Anforderungen nicht zurechtkommen. Immer wieder finden sich auch Menschen mit einem geringen Pflegebedarf, medizinischen Problemen wie Inkontinenz, Orientierungsproblemen und vergleichbaren Problemen in der Notübernachtung. Damit ergibt sich in der Notübernachtung eine Belegung, die sich aus der Überforderung anderer Angebote ergibt, was jeweils das vorläufige Ende einer Eskalations- und Chronifizierungsentwicklung darstellt.

Alle Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe sind freiwillige Angebote, die eine Mitarbeit der obdachlosen Personen, manchmal auch auf sehr niedrigschwelligem Niveau, zur Bedingung haben. Nicht alle Nutzerinnen und Nutzer der Notübernachtung sind bereit und in der Lage, sich darauf einzulassen. Einige Personen wollen aus verschiedenen Gründen nur „ein Dach über dem Kopf“ und keine weiteren Hilfen. Die Zentrale Notübernachtung ist das einzige Angebot in der Landeshauptstadt Stuttgart, welches ihnen dies bietet.


Zusammenfassung der bestehenden Probleme

Das System der Notübernachtung ist nicht nur aufgrund der vielen Fälle überlastet, sondern auch deshalb, weil dort verschiedene Problemgruppen aufeinandertreffen, die sehr unterschiedliche Bedarfe haben und damit das Zusammenleben in der Notübernachtung stark belasten.

Das System ist aufgrund eines ständigen Wechsels der Bewohnerinnen und Bewohner und einem nicht koordinierten Zugang schwer zu steuern.

Darüber hinaus schafft das dezentrale Betreuungsangebot durch die verschiedenen Fachberatungsstellen eine schwierige Bedingung für jene Fälle, die nur durch eine kontinuierliche Begleitung adäquat unterstützt werden können. Obwohl die sozialpädagogische Präsenz vor Ort die Personen auf die Kontaktnotwendigkeit mit den Fachberatungsstellen verweist, funktioniert die Anbindung nicht immer ausreichend zuverlässig und engmaschig genug. Zum einen sind die Nutzerinnen und Nutzer der Notübernachtung damit überfordert, die zuständige dezentrale Fachberatungsstelle zeitnah aufzusuchen. Da sich für sie durch die Unterbringung in der Notübernachtung die akute Situation zunächst beruhigt hat, versäumen sie den nächsten Planungsschritt, eine weitergehende Unterbringung zu organisieren; in der Folge suchen sie die zuständige Fachberatungsstelle nicht auf. Auf der anderen Seite kommt es häufig vor, dass die Betroffenen schnell und ohne eine Nachricht zu hinterlassen, die Notübernachtung wieder verlassen. Für die jeweilige Fachberatungsstelle ist es deshalb schwierig, von sich aus regelmäßig zu kontrollieren, ob ein Beratungskontakt notwendig ist. Diese Situation führt dazu, dass zum Teil keine zuverlässige Anbindung der Personen in der Notübernachtung an die Fachberatungsstellen erfolgt oder bestehende Anbindungen abbrechen.

Fasst man die Gründe und Bedarfslagen der untersuchten Fälle zusammen, kann man von 4 unterschiedlichen Gruppen in der Zentralen Notübernachtung ausgehen.

1. Menschen, die auf eine passende Versorgung im System der Wohnungsnotfallhilfe warten.

2. Personen mit kurzfristigen, aber akuten Problemen in der Wohnungs- bzw. Unterkunftsversorgung, die häufig in eine Sozialunterkunft wechseln.

3. Menschen mit Verhaltensauffälligkeiten sowie teilweise schweren psychischen Erkrankungen ohne Krankheitseinsicht, die außer einer Unterkunft in der Notübernachtung keine weitere Unterstützung annehmen oder aus den bestehenden Angeboten konfliktbedingt gekündigt wurden.

4. Bürgerinnen und Bürger, die keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben.


Lösungsansätze im Umgang mit den Bedarfen der Nutzerinnen und Nutzer der Not-übernachtung

Die Zentrale Notübernachtung ist ein notwendiges Instrument im Rahmen der ordnungsrechtlichen Unterbringung. Sie dient unter anderem dem Umgang mit kurzfristigen, akuten Notlagen bei Obdachlosigkeit. Soweit der Fall nicht in den Rahmen der Versorgung im Sinne des § 67 SGB XII (Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind) fällt, kann eine Situation eintreten, dass bis zur Organisation eines Platzes in einer Sozialunterkunft nur ein vorübergehender Aufenthalt in der Zentralen Notübernachtung möglich ist.

Damit der Aufenthalt in der Zentralen Notübernachtung nicht zu lange dauert, wird die Steuerungsgruppe Planung der Wohnungsnotfallhilfe ein Verfahren entwickeln, das
sicherstellt, dass die Situation von
Personen, die länger als 3 Monate in der Zentralen Notübernachtung untergebracht sind, überprüft wird. In einer Hilfekonferenz soll durch ein Fachgremium von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der zuständigen Fachberatungsstellen der Notübernachtung und anderen Fachdiensten (Leben im Alter, Sozialpsychiatrischer Dienst, Gerontopsychiatrischer Dienst) weitere Handlungsschritte festgelegt werden und die geeignete Unterkunftsform gefunden werden.

Der Umstand, dass Menschen mit diesen Problemen in der Zentralen Notübernachtung angekommen sind, ist letztlich ein längerer Prozess der Überforderung der Betroffenen, aber auch der Einrichtungen. Es handelt sich häufig um verwahrloste und psychisch kranke Menschen, die den Rahmen der Zentralen Notübernachtung deshalb nutzen, weil sie sich auf keine definierte Betreuung einlassen können. Menschen mit dieser Problemlage sind erfahrungsgemäß überdurchschnittlich häufig von Hausverboten betroffen. Auch fällt der hohe Anteil psychisch erkrankter Frauen auf. Eine voll- oder teilstationäre Hilfe nach § 67 SGB XII oder nach § 53 SGB XII würde von diesem Personenkreis nicht angenommen. Dies spiegelt sich auch darin wider, dass selbst speziell einberufene Fallkonferenzen und ausgiebige Recherchen der zuständigen gesetzlichen Betreuer/-innen keine passenden Angebote finden konnten. Obwohl die Zentrale Notübernachtung als besonders niedrigschwellig gilt, muss in einigen Fällen von Fehlbelegung gesprochen werden, die langfristig die Gefahr mit sich bringt, dass z. B. die notwendige (sozial-)psychiatrische Anbindung nicht mehr fortgesetzt wird und die Personen damit nicht adäquat betreut und/oder medikamentös eingestellt sind. Auf der individuellen Fallebene muss zumindest darauf geachtet werden, dass regelmäßig die Entwicklung im Sinne einer Verbesserung oder Verschlechterung erfasst wird. Die derzeit wichtigste Aufgabe besteht in der permanenten Analyse der betreffenden Fälle, um daraus individuell, aber auch strukturell Anforderungen nach passenden Angeboten und Verfahrensweisen abzuleiten. Auch hierzu sollen Maßnahmen entwickelt werden, mit denen sichergestellt ist, dass die Menschen weiter im Fokus der Fachberatungsstellen bleiben und ein Austausch mit den zuständigen Hilfesystemen stattfindet. Eine regelmäßig aufsuchende Arbeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fachberatungsstellen in der Zentralen Notübernachtung und eine Hilfekonferenz sind Handlungsansätze, die derzeit besprochen werden. Der Zugang zu den betreuten Wohnangeboten nach § 67 SGB XII aus der Zentralen Not-übernachtung muss genauer geprüft werden und ggf. verbessert werden. Es muss geklärt werden, warum Personen in der Zentralen Notübernachtung verbleiben, obwohl es im Hilfesystem freie Plätze entsprechend ihres individuellen Bedarfs gibt, z. B. weil Hausverbote vorliegen oder die Person sich nicht auf Hilfen einlässt. Dies muss zunächst auf Ebene des Einzelfalls geschehen. Aus den Ergebnissen lassen sich dann Rückschlüsse auf eventuell zusätzliche Bedarfe ziehen. Prinzipiell gibt es in Stuttgart passende, niedrigschwellige Angebote (z. B. Frauenpension und Christophorushaus des Caritasverbands für Stuttgart e.V.). Deshalb muss von Fall zu Fall verstanden werden, warum diese Angebote in den betreffenden Fällen nicht genutzt werden, zumal die Unterbringung in der Zentralen Notübernachtung in der Regel immer nur begrenzt möglich ist. Letztlich verweist diese Personengruppe auf die Notwendigkeit, die Zugangswege in die Zentrale Notübernachtung und die Aufenthaltsdauer zu prüfen. Es müssen Voraussetzungen geschaffen werden, die betreffenden Personen dahingehend zu motivieren, die unterbreiteten Unterstützungsangebote anzunehmen, z. B. indem sie zu Besichtigungsterminen passender Einrichtungen begleitet werden.


Konzeptionelle Überlegungen zum Umgang mit den unterschiedlichen Nutzerinnen und Nutzern der Notübernachtung

Die differenzierte Betrachtung der verschiedenen Gruppen in der Zentralen Notübernachtung und die bestehenden Schwierigkeiten, diese mit Hilfe der zuständigen dezentralen Fachberatungsstellen in Stuttgart zu lösen, verweisen auf die Notwendigkeit einer zentralisierten Beratung und Vermittlung, möglichst vor Ort, in der Zentralen Notübernachtung.

Die bestehende sozialpädagogische Funktion in der Zentralen Notübernachtung ist vor allem zuständig für die Organisation im Hause, für Krisenintervention und für die Verweisung an die Fachberatungsstellen. Sie leistet keine direkte intervenierende Beratung und kann nicht selbst an die in den Einzelfällen benötigten Versorgungsangebote vermitteln.

Die Überlegung, die Beratung vor Ort zu verstärken, ergibt sich auch aus den veränderten Verhältnissen in der Stuttgarter Wohnungsnotfallhilfe. Die derzeitige dezentrale Versorgungsstruktur mit regionalisierten Fachberatungsstellen entstand in einer Zeit, in der Wohnungsnotfälle nach der Definition des Deutschen Städtetags nicht nur akut auf der Straße lebende Menschen betraf, sondern im Sinne einer Normalisierungsvorstellung auch Menschen unterstützen sollte, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind. Diese Struktur hat sich bewährt. Die Zunahme der Fälle von akuter Obdachlosigkeit erfordert allerdings differenzierte Maßnahmen, um situationsangepasst zu reagieren. Spätestens, wenn die Menschen in der Zentralen Notübernachtung „angekommen“ sind, erweist sich die
dezentrale Unterstützungsstruktur, auf die jeweils verwiesen wird, als nicht ausreichend effektiv. Deshalb ist perspektivisch zu erwägen, ob die jeweiligen Fachberatungsstellen verstärkt vor Ort sein können, um sich auf die Fälle zu konzentrieren, die in der dezentralen Struktur nicht adäquat begleitet werden können. Diese Fragestellung wird vom Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart zusammen mit den beteiligten Trägern im Weiteren diskutiert und konkretisiert.









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Anlage 2 zu GRDrs 1045_2019 Abschlussbericht der Zentralen Notübernachtung Sommernotquartier 2018.pdf
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Anlage 3 zu GRDrs 1045_2019 Abschlussbericht der Zentralen Notübernachtung Winternotquartier 2018_2019.pdf