Protokoll: Ausschuss für Klima und Umwelt des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
6
1
VerhandlungDrucksache:
1083/2020
GZ:
Sitzungstermin: 26.02.2021
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Pätzold
Berichterstattung:Herr Daude (S/OB-Mobil)
Protokollführung: Herr Haupt fr
Betreff: Mobilitätswoche statt Autofreier Sonntag 2021

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 18.02.2021, GRDrs 1083/2020, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Der Durchführung einer "Stuttgarter Mobilitätswoche" im Rahmen der Europäischen Mobilitätswoche (16. bis 22.09.2021) anstatt eines Autofreien Sonntags wird zugestimmt.

2. Die Finanzierung im Jahr 2021 erfolgt aus den ursprünglich für die beiden Autofreien Sonntage vorgesehenen Mitteln in Höhe von 1,14 Mio. Euro im Teilergebnishaushalt 810 - Bürgermeisteramt, Amtsbereich 8107015 - Referat Strategische Planung und Nachhaltige Mobilität, Kontengruppe 43100 - Zuweisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke.


Die Beratungsunterlage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.



Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.


Herr Daude (S/OB-Mobil) betont, der erste erfolgreiche Autofreie Sonntag sei mit tausenden Besucher*innen auf der Theodor-Heuss-Straße im Jahr 2019 durchgeführt worden. Dadurch sei dieser Stadtraum vor allem für Familien erlebbar geworden. In dem Klimaaktionsprogramm seien für die Jahre 2020 und 2021 zwar finanzielle Mittel für zwei Autofreie Sonntage zur Verfügung gestellt worden, jedoch habe die Corona-Pandemie diese Pläne zunichtegemacht. Trotzdem habe die Landeshauptstadt Stuttgart (LHS) an der Europäischen Mobilitätswoche teilgenommen. Hierbei seien eine attraktive Lastenrad-Roadshow auf dem Karlsplatz, ein Aktionstag "Elektromobilität" sowie zahlreiche kleinere Aktionen durchgeführt worden. Hinsichtlich des Jahres 2021 sei die Verwaltung zu der Erkenntnis gelangt, aufgrund der noch unklaren Pandemie-Situation eine Mobilitätswoche durchzuführen. Diese solle breit aufgestellt werden und nicht von der Sperrung einer großen Verkehrsachse abhängig sein. Vielmehr solle die Mobilitätswoche aus vielerlei kleinen und mittelgroßen corona-konformen Formaten bestehen (Lastrad-Roadshow, Lesungen sowie Veranstaltungen im öffentlichen Raum). Hierzu stehe die Verwaltung mit mehreren anderen Kommunen in Kontakt, die ebenso diese Veranstaltungsstrategie verfolgten. Ebenso könnten in einigen Stadtbezirken in Abstimmung mit den Bezirksbeiräten kleinere Sperrungen durchgeführt werden, um den öffentlichen Raum für Familien erlebbar zu machen. Hierzu sollten alle beteiligten Akteure aus der Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft im Rahmen dieser ersten Stuttgarter Mobilitätswoche aktiv eingebunden werden.

Viele Veranstaltungen, so StR Winter (90/GRÜNE), könnten derzeit pandemie-bedingt nicht durchgeführt werden. Daher begrüße er die kreativen Planungen der Verwaltung für eine Mobilitätswoche. Der Gedanke der lebenswerten Innenstadt werde ebenso von einigen Stadtbezirken verfolgt. Er gehe davon aus, im April oder Mai dieses Jahrs werde ein konkretes Konzept vorgelegt, in welchen Stadtbezirken Veranstaltungen hinsichtlich der Mobilitätswoche durchgeführt werden sollten. Seine Fraktion könne sich die Einbettung eines verkaufsoffenen Sonntags in die Mobilitätswoche vorstellen, was dem örtlichen Handel zugutekommen würde. Hinsichtlich des in 2020 ausgefallenen Autofreien Sonntag und den dadurch zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln, erkundigt sich StR Winter, ob bis zum Verwaltungsausschuss ein Vorgutachten bezüglich einer Übertragbarkeit des Superblocks in Barcelona für die LHS möglich ist.

StR Kotz (CDU) betont, während die Corona-Pandemie nicht viele positive Begleiterscheinungen mit sich bringe, stelle dagegen dieser Tagesordnungspunkt (TOP) einen begrüßenswerten Beitrag dar. Dies sei der Fall, da aus einem Autofreien Sonntag eine Mobilitätswoche hervorgegangen sei. Seine Fraktion habe stets die Auffassung vertreten, die diversen Begrifflichkeiten, wie die Bezeichnungen Autostadt, Fahrradstadt oder Fußgängerhotspot, würden dem Thema nicht gerecht. Eine Mobilitätswoche, die alle Mobilitätsarten wie auch eine Seilbahn beinhalte und zudem die zukünftige Entwicklung der einzelnen Mobilitätsformen, wie bei den Bereichen Fahrrad, Automobil oder Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), abbilde, stelle ein begrüßenswertes Vorhaben dar.

Der kreative Umgang der Verwaltung mit den im Haushalt beschlossenen finanziellen Mitteln, so StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei), sei zwar begrüßenswert, stelle jedoch eine Zweckentfremdung dar. Das für die Mobilitätswoche vorgesehene Begleitprogramm sei grundsätzlich zwar richtig, der Antrag seiner Fraktion sehe allerdings auf dem Cityring sowie einem größeren Gebiet ganztägig keine Fahrzeugbewegungen vor. Ebenso beinhalte der Antrag einen ganztägigen kostenlosen ÖPNV. Diese Veranstaltungsform stelle die gelebte Praxis einer anderen Mobilität als der derzeit die Straßenräume dominierenden Mobilität dar. Veranstaltungen und Feste auf gesperrten Straßen erzeuge die Motivation für eine Stadt mit weniger Automobilverkehr und stattdessen anderen Mobilitätsformen. Der Zeitpunkt, die zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten der einzelnen Mobilitätsarten darzustellen, sei bereits überschritten. Ebenso reiche es nicht aus, mit einem Lastenfahrrad Runden zu drehen. Ihm sei unverständlich, aus welchen Gründen ein autofreier Cityring und ein ganztägiger kostenloser ÖPNV nicht corona-konform seien. Statt eines großen Events könnten im Verlauf einer Woche mehrere kleinere Veranstaltungen auf dem Cityring durchgeführt werden.

StRin Schanbacher (SPD) betont, Ziel eines Autofreien Sonntags sei der Hinweis auf andere Formen der Mobilität. Hierbei sollte nicht lediglich an die Stadtgesellschaft, sondern an alle Personengruppen herangetreten werden. Eine Sperrung des Cityringes sei auffällig und werde für Diskussion sorgen. Allerdings könne sich ihre Fraktion dieses aufgrund der Corona-Situation nicht vorstellen, sondern setze stattdessen auf dezentrale Veranstaltungen. Generell müsste eine Strahlkraft erzeugt werden, um eine Verkehrswende in der LHS zu bewirken. Den Vorschlag der Verwaltung, mehrere dezentrale Veranstaltungen durchzuführen, begrüße ihre Fraktion außerordentlich. Ebenso belebe dieses Vorgehen die Stadtbezirke sowie den aufgrund der Corona-Pandemie geschwächten Einzelhandel. Hierzu könnten kleinere Straßenzüge gesperrt werden. Das Angebot eines ganztägigen kostenlosen ÖPNV habe ihre Fraktion bereits im Rahmen des Klimaschutzpakets der LHS beantragt.

Auch seine Fraktion begrüße die Durchführung einer Mobilitätswoche, so StR Dr. Oechsner (FDP). Hinsichtlich der Forderung nach einem kostenlosen ÖPNV gibt er zu bedenken, der weitere Infektionsverlauf im Jahresverlauf sei unklar. Daher sei es nicht angemessen, die Menschen in einem vollbelegten ÖPNV zu transportieren. Vielmehr sei der zentrale Punkt, ein Bewusstsein der Stadtbevölkerung für alternative Mobilitätsarten zu erzeugen. Dies könne durchaus ebenso mit einem Hybridfahrzeug erreicht werden.

StR Zaiß (FW) betont, der Begriff Mobilitätswoche bedeute, alle Formen der Mobilität darzustellen, und nicht lediglich Radfahrer*innen, Fußgänger*innen und den ÖPNV in den Vordergrund zu stellen. Sogar ein Ferienflieger stelle einen Teil der Mobilität dar. Er habe aufgrund der Medienberichte der vergangenen Tage Bedenken, ob aufgrund der Infektionszahlen eine Mobilitätswoche im September überhaupt durchgeführt werden könne.

Der Vorschlag einer Mobilitätswoche sei grundsätzlich positiv, betont StR Köhler (AfD). Er pflichtet den Bedenken von StR Zaiß zu, ob die Mobilitätswoche aufgrund der Corona-Pandemie überhaupt in der geplanten Form durchführbar sei. Generell sei es nicht angemessen, eine Mobilitätswoche mit einer verordneten Immobilität aufgrund gesperrter Verkehrswege durchzuführen. Vielmehr befürworte er die Durchführung der Veranstaltungen in den Fußgängerzonen, um keine Straßen absperren zu müssen. Er habe den von StR Kotz dargestellten Vorschlag in der Art und Weise aufgefasst, im Rahmen der Mobilitätswoche alle Technologieformen in der LHS mit zu unterstreichen. Seine Fraktion unterstütze die Mobilitätswoche, habe jedoch Bedenken, ob diese aufgrund der Infektionslage stattfinden könne.

StRin Köngeter (PULS) fasst die Mobilitätswoche nicht darin auf, Autos generell zu verbieten. Vielmehr solle ein Gleichgewicht der Mobilitätsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Hinsichtlich des Aspekts der Sichtbarkeit der Mobilität solle ein deutliches Zeichen gesetzt werden. Die Stadt Brüssel veranstalte neben der Mobilitätswoche zusätzlich einen Autofreien Sonntag. Aufgrund der Corona-Pandemie müsse das Veranstaltungsspektrum entzerrt werden. Bereits letztes Jahr habe ihr Fraktion vorgeschlagen, anstelle des Autofreien Sonntags am Cityring autofreie Bereiche in den einzelnen Stadtbezirken einzurichten, was allerdings nicht umgesetzt worden sei. Sie begrüße die vorgeschlagene Mobilitätswoche. Hierbei solle auf die Bezirksbeiräte zugegangen werden, um sie zu ermutigen, in ihren Bezirken nach geeigneten Örtlichkeiten für die Mobilitätswoche zu suchen. Hinsichtlich des kostenlosen ÖPNV sollten die entsprechenden Angebote über das Internet oder Flyer veröffentlicht werden. Ebenso könnten, wie in anderen Städten, weitere Angebote, wie etwa Rikscha-Fahrten, angeboten werden.

Ein Autofreier Sonntag sei seiner Fraktion sehr wichtig, betont StR Winter. Dieses beinhalte die Chance einer lebenswerten Innenstadt mit Straßensperrungen, ebenso in den Stadtbezirken, wie etwa in der Epplestraße oder in der Stuttgarter Straße. Somit könne öffentlicher Raum neu entdeckt werden, was sich nicht gegen das Auto richte, sondern vielmehr aufzeige, wie Verkehrsflächen umgewandelt werden könnten. Er habe Verständnis dafür, dass die ursprünglichen Planungen hinsichtlich eines Autofreien Sonntags aufgrund der Corona-Pandemie nicht umgesetzt werden könnten. Die Verwaltung habe keine Aussagen bezüglich der Jahre 2022 und 2023 getroffen. StR Winter hofft bis dahin auf keine pandemie-bedingten Einschränkungen und auf die Durchführung eines Autofreien Sonntags, was im Klimaschutzprogramm so beschlossen worden sei.

Herr Daude ergänzt, ein kostenloser ÖPNV sei aufgrund des Wunsches des Gemeinderats eingeplant. Ein kostenloser ÖPNV sei der Bürgerschaft bereits am 22.09.2019 angeboten worden und es sei zielführend, dieses Angebot ebenso in der Mobilitätswoche aufzulegen. Einerseits sei es Ziel, möglichst viele Menschen zur Mobilitätswoche zu bewegen, andererseits müsste das Konzept pandemie-bedingt anpassungsfähig sein, und es müsse vermieden werden, kurzfristig Veranstaltungen absagen zu müssen. Insgesamt solle die Mobilitätswoche auch mit Straßensperrungen in den Außenbezirken - falls vom Gemeinderat gewünscht - durchgeführt werden. Das detaillierte Programm solle im Frühjahr vorgelegt werden.


Da keine weiteren Wortmeldungen geäußert werden, stellt BM Pätzold einmütige Vorberatung fest.

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