Protokoll: Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
861/2021
GZ:
T
Sitzungstermin: 16.11.2021
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Pätzold
Berichterstattung:Herr Mutz, Herr Limberg (beide TiefbA)
Protokollführung: Frau Schmidt fr
Betreff: Umbau Knotenpunkt B 10/B 27 Direktauffahrt Friedrichswahl, Fortführungsentscheidung
- Variante 8b V Kurzer Tunnel
- Variante 8b.4a Langer Tunnel
- Einbringung -

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Technischen Referats vom 10.11.2021, GRDrs 861/2021, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Vom Bericht über den Stand der Planungen zum Umbau des Knotenpunktes B 10/B 27 Direktauffahrt Friedrichswahl wird Kenntnis genommen.

2. Die Verwaltung wird beauftragt, die Variante 8b V (kurzer Tunnel) mit geschätzten Gesamtkosten von ca. 97 Mio. EUR (ohne Eigenleistungen) der weiteren Planung zugrunde zu legen.

3. Die Auszahlungen werden im Teilfinanzhaushalt 660 - Tiefbauamt beim Projekt 7.665030 - B 10/B 27 Direktauffahrt Friedrichswahl, Ausz.Gr. 7872 - Tiefbaumaßnahmen gedeckt. Für Planungsleistungen stehen einschließlich des Vorschlags der Verwaltung zum Entwurf des Haushaltsplans 2022/2023 Mittel in Höhe von 6.724.000 EUR zur Verfügung.


Die Beratungsunterlage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll ist sie in Papierform angehängt.


StR Peterhoff (90/GRÜNE) erklärt vor Eintritt in die Präsentation, die in der Vorberichterstattung angesprochenen Kritikpunkte (siehe dazu NNr. 200) seien in der jetzigen Planung nicht aufgegriffen worden. Wie StR Kotz (CDU) bittet er um Erläuterung der Präsentation.

Herr Limberg (TiefbA) berichtet im Sinne der Präsentation. Anhand des Luftbildes (Folie 2) verweist er auf die Erweiterung des Planungsgebietes, um die lange Tunnelvariante aufnehmen zu können. Bezüglich der Vorhabenziele gehe es primär darum, das
Brücken- und Auffahrtsbauwerk abzubrechen (Folie 4), da es in dieser Form nicht mehr benötigt werde. In der Variante 8b V (kurzer Straßentunnel stadtauswärts, Folien 7 - 10) würden alle Ziele zusammengeführt. Zu den Fahrbeziehungen des Radverkehrs (Folie 9) merkt er an, es sei wichtig, diese durchgängig darzustellen und die bestehende Hauptradroute bzw. geplante Radschnellverbindungen zu berücksichtigen. Beim Fußverkehr (Folie 10) verweist der Verwaltungsmitarbeiter auf die ergänzenden Z-Überwege im Bereich der Haltestelle. Im weiteren Verlauf des Vortrags erläutert er die zweite Variante 8b.4a (langer Straßentunnel stadtein- und stadtauswärts, Folien 11 - 14). Der Tunnel erstrecke sich von der Kreuzung Ludwigsburger/Heilbronner Straße bis kurz vor den S-Bahnhof Zuffenhausen mit dem Zwangspunkt der Unterführung unter der B10/B27 zur S-Bahn-Haltestelle (Siegelberg-Durchlass, Folie 11). Da die beiden Tunnellängen nicht identisch seien, ergebe sich eine Tunnellänge zwischen 645 m und 714 m (übertunnelte Fläche grün markiert). Der Kreuzungsbereich stelle sich im Vergleich zur kurzen Variante sehr ähnlich dar. Wesentlicher Unterschied seien die zusätzlichen Ein- und Ausfahrbauwerke, um von der Ludwigsburger Straße auf die B10/B27 ein- und ausfahren zu können. Der Flächenverbrauch der Kreuzung liege bei der zweiten Variante deutlich höher, da zwar die Anzahl der Fahrspuren gleich bleibe, aber für die Trogbauwerke mehr Fläche benötigt werde, zum Beispiel für Notgehwege und Trogwände. Nach Erläuterung der an den Tunnel angrenzenden Flächen (Folie 13) legt er das Augenmerk auf die weiterhin bestehende Lärmbelastung durch die Bahntrasse auch bei dieser Variante. Anhand Folie 14 gibt Herr Limberg einen Überblick über den aktuellen Bestand (grau), der durch die Dammlage der Fahrspuren charakterisiert werde. Die Skizze lasse zudem den anspruchsvollen Herstellungsprozess erkennen, da zum einen unter laufendem Verkehr gearbeitet und zum anderen der Geländesprung überwunden werden müsse. Die Errichtung von zwei Tunnelröhren generiere einen längeren Herstellungszeitraum und höhere Kosten (Folie 15). Ein bereits eingeleitetes VgV-Verfahren sei aktuell unterbrochen, um Klarheit über das weitere Vorgehen zu erlangen; es mache einen großen Unterschied, für welche Lösung sich entschieden werde. Das Vergabeverfahren könne dann im ersten Quartal 2022 wieder aufgenommen werden. Anhand der Kriterien spreche die Verwaltung eine Empfehlung für die kurze Tunnelvariante aus (Folie 17).


StR Peterhoff hält die Kreuzung - ungeachtet der Entscheidung für eine kürzere oder längere Tunnelvariante und kleiner Veränderungen - nach wie vor für zu groß. Es müsse grundsätzlich darüber diskutiert werden, was notwendig sei und wie mit den verschiedenen Verkehrsträgern umgegangen werde. Beispielhaft nennt er die Zusammenführung von Rad- und Fußverkehr von der Ludwigsburger Straße Richtung Mea-Brücke, was er bei einem Neubau nicht nachvollziehen könne. Der Stadtrat möchte wissen, warum sich der Förderanteil bei den unterschiedlichen Kostensummen nicht verändere. Eine Gesamtdarstellung des Eigenanteils und der kompletten Fördersumme sei hier sicher hilfreich. Den Radverkehr halte er für förderfähig, und durch eine Brückenführung könne deutlich nachjustiert werden. Der Knotenpunkt müsse nach der Befassung in den Bezirksbeiräten intensiver diskutiert und die jeweilige Wirkweise der beiden Varianten beleuchtet werden.

Für den sehr gut strukturierten Vortrag dankt StR Kotz (CDU). Dieser habe die "Knackpunkte" gut herausgearbeitet. Egal, für welche Variante man sich entscheide, bleibe es doch ein gewaltiges Projekt. Wenn es die Bahnlinie nicht geben würde, sei eigentlich klar, dass es der lange Tunnel sein müsse, allerdings bleibe die trennende Wirkung in Zuffenhausen durch die Bahnlinie erhalten. Jeder Meter, um den sich das Bauwerk von bewohnten Flächen entferne, sei zu begrüßen. Kritisch sieht er den Aspekt des "Einstiegs in die Tieferlegung" bei einer Kurztunnel-Variante. Es sei nicht nachvollziehbar, warum zu einem späteren Zeitpunkt erneut eine Baustelle eingerichtet werden solle. Die Rahmenbedingungen änderten sich auch in weiterer Zukunft nicht. Da es für beide Varianten gute Argumente gebe, wolle er zunächst die Beratungen der Bezirksbeiräte abwarten.

Dem Dank für den Vortrag schließt sich StR Körner (SPD) an, der die lange Variante "grundsätzlich" als positiv empfindet. Er verweist auf die heftige Kritik des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs e. V. (ADFC) an der Kreuzungsplanung, wozu er um Rückmeldung bitte. Außerdem thematisiert er das Strukturkonzept Nord als städtebauliches Leitbild und erfragt, wie dieses bei diesem Projekt berücksichtigt werde.

Erstaunen über die heute vorgestellten Planungen, in die die vorausgegangenen Diskussionen keinen Eingang gefunden hätten, äußert StR Pantisano (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei). Es gebe keinerlei Aussagen zu Auswirkungen auf die Umwelt, Kosten für Klimaveränderungen oder verkehrsbedingte CO2-Emissionen (siehe dazu GRDrs 861/2021, S. 3 unten). Ziel für 2030 sei die Halbierung des Autoverkehrs und die Aufwertung von Fuß- und Radverkehr, was durch dieses Projekt nicht erreicht werde. Stattdessen werde der Autoverkehr verflüssigt, und am Ende stehe ein "Charlottenplatz 2.0". Gleichzeitig werde, wie die Radentscheid-Initiative zu recht kritisiere, für Radfahrer eine "Todesfalle" geplant. Die Brücke werde durch eine riesige Kreuzung ersetzt, was an der Lebensqualität der Bewohner in der Umgebung nichts ändere. Die Planung müsse aus Sicht von Radfahrern und Fußgängern erfolgen, nicht durch die "Perspektive Windschutzscheibe". Wenn für die Stadt Stuttgart Klimaneutralität bis 2030 beschlossen werde, dürfe ein derartiges Bauwerk nicht umgesetzt werden. Seine Fraktion lehne das Vorhaben klar ab und hoffe auf entsprechende Reaktionen aus den Bezirksbeiräten.

Für den Rückbau des Brückenbauwerks spricht sich StR Dr. Oechsner (FDP) aus. Um für Zuffenhausen Verbesserungen zu erzielen, müssten Straßenbahn, S-Bahn und Autoverkehr eigentlich komplett in einen Tunnel verlegt werden. Es sei nicht hilfreich, den Status quo durch Nicht-Entscheiden zu zementieren. Der Stadtrat tendiert zur längeren Tunnelvariante, um Entlastung für den Stadtteil zu erzielen. Er wolle ebenfalls die Meinung der Bezirksbeiräte abwarten.

Wie StR Pantisano hält auch StRin Köngeter (PULS) die Planung nicht für gelungen, denn die Mobilitätswende werde damit nicht vorangetrieben. Durch mehr und bequemere Straßen werde mehr Verkehr erzeugt, weshalb sie eine Planung aus Sicht von Radfahrenden und Zu-Fuß-Gehenden fordere. Diesen beiden Gruppen dürften nicht nur Restflächen zugestanden werden. Für sie stelle sich die Frage, warum ein Bauwerk in 2031 bzw. 2037 fertiggestellt werde, wenn die Möglichkeit einer Anpassung an das Konzept 2030 bestehe. Um den Verkehr um 50 Prozent zu reduzieren, müssten die Zuflüsse reguliert werden. Viele Fahrzeuge in Stuttgart stammten aus dem Umland, da die ÖPNV-Anbindung zur Fahrt in die Stadt schlechter sei als in der Stadt selbst. Generell lehne sie Tunnelbau ab, da dadurch viel CO2 "verbaut" werde. Abschließend kündigt sie für die Beschlussfassung die getrennte Abstimmung der Beschlussantragsziffern an.

Der positiven Bewertung des Vortrages schließt sich StR Schrade (FW) an, für den die Planung der Kreuzung - auch durch den Anschluss der Mea-Brücke - eine sehr komplexe Angelegenheit darstellt. Der Stadtrat hält beide Vorschläge für angemessen; er bevorzuge jedoch die längere Tunnelvariante, da diese die bessere Lösung für Zuffenhausen biete. Wie StR Kotz lehnt er die Einrichtung einer möglichen weiteren Baustelle zur Verlängerung des Tunnels zu einem späteren Zeitpunkt ab. Leider sei der Rosensteintunnel zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht eröffnet, denn daran hätte man die positive Wirkweise eines Tunnels ablesen können. Er möchte wissen, ob die Siemensstraße auch in Zukunft an die Mea-Brücke angeschlossen bleibt. Er schlägt vor, durch leichte Brückenkonstruktionen Verbesserungen für den Fuß- und Radverkehr zu erzielen und nennt beispielhaft den Radkreisel in Eindhoven. Für diesen Vorschlag erbittet auch StR Körner eine Einschätzung.

StR Goller (AfD) hält es für unrealistisch, zunächst einen kurzen Tunnel zu bauen und sich für einen späteren Zeitpunkt einen Weiterbau offen zu halten. Bei anderen Projekten dränge die Verwaltung auf einen schnellen Baubeginn, um die Kostenexplosion im Baubereich zu umgehen. Die höheren Baukosten für einen längeren Tunnel könne er nachvollziehen, nicht jedoch die in Relation deutlich höheren Betriebskosten.

Zu den Ausführungen der Ausschussmitglieder nimmt Herr Mutz (TiefbA) Stellung und erklärt, es seien in den vergangenen Jahren bereits sehr viele Varianten ausgearbeitet worden. Mit der heutigen Vorlage gehe es darum, eine gewisse Sicherheit für die weitere Arbeit zu erlangen. Man stehe noch ganz am Anfang, und auch die Beauftragung eines Planers selbst stehe noch aus. Die Ausarbeitung einer Variante mit Kurztunnel und der Möglichkeit zum Weiterbau basiere auf einer früheren Forderung. Selbstverständlich sei der Aufwand bei einer Verlängerung immens. Die Leistungsfähigkeit für den Autoverkehr bleibe erhalten; der Anschluss nach Feuerbach über die Mea-Brücke werde verbessert. Die Größe der Kreuzung sei der Tatsache geschuldet, dass alle Verkehrsbeziehungen am Ort verblieben. Dies führe dazu, dass der Tunnel große Wirkung entfalte, da er von allen Seiten genutzt werden könne. Für den Radverkehr könne mehr getan werden; auch Brückenlösungen seien möglich. Die Betriebskosten seien aufgrund der umfangreichen Lüftungstechnik bei der längeren Variante um ein Vielfaches höher (Brandschutz, Stromversorgung etc.). Zur Frage der Förderung führt er aus, ein längerer Tunnel verbessere die Leistungsfähigkeit nur sehr gering; somit sei die Förderfähigkeit nicht höher. Das Projekt müsse ohnehin noch mit dem Bund abgestimmt werden, da es sich um eine Bundesstraße außerhalb einer Ortdurchfahrt handle. Das Bauwerk befinde sich in der Baulast des Bundes. Für die Radverkehrselemente werde es eine Förderung geben, wozu er aktuell jedoch noch keine Zahlen nennen könne.

Auf eine Rückfrage von StR Peterhoff nach der Förderfähigkeit bei der Mea-Brücke und weiteren kleinen Abschnitten in Höhe von 30 Mio. Euro erklärt Herr Limberg, es müsse zwischen Mea-Brücke (gefördert über das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz) und der Beteiligung des Bundes an der Kreuzung differenziert werden. Darin unterschieden sich die beiden Varianten grundsätzlich. In der langen Variante schließe der Tunnel unmittelbar an den Knotenpunkt an, was im Sinne der Kreuzungsrichtlinie anders zu werten sei als eine Einfahrt in den Tunnel auf freier Strecke stadtauswärts. Diese Fragen müssten mit dem Bund erörtert werden, wozu ein Votum für eine konkrete Variante wichtig sei.

Beim Strukturkonzept Nord, so BM Pätzold, stelle der Abriss der Rampe und die Umgestaltung des Verkehrsknotens ein wichtiges Ziel dar. Herr Mutz ergänzt, die Siemensstraße sei derzeit nicht an das Straßennetz angeschlossen, was aber in der weiteren Planung diskutiert werden könne.


Nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen mehr ergeben, stellt BM Pätzold fest:

Die GRDrs 861/2021 ist bei 1 Gegenstimme eingebracht.

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