Protokoll:
Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik
des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
130
11
Verhandlung
Drucksache:
162/2022
GZ:
OB
Sitzungstermin:
03.05.2022
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
BM Thürnau
Berichterstattung:
Herr Holzer (HochbA)
Protokollführung:
Frau Schmidt
fr
Betreff:
Neubau Interimsstandort WST/Maker City
- Vorprojektbeschluss
Vorgang: Ausschuss für Stadtentwicklung u. Technik v. 12.04.2022, öffentlich, Nr. 109
Ergebnis: Einbringung
Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 08.04.2022, GRDrs 162/2022, mit folgendem
Beschlussantrag
:
1. Die Verwaltung wird beauftragt, bis zur Arbeitsfähigkeit einer gemeinsamen Projektgesellschaft mit dem Land Baden-Württemberg, die Planungen für die Gebäude des Interimsstandorts WST bzw. der Maker City am Standort C1 (Anlage 2) weiterzuentwickeln, erforderliche Planungsleistungen zu beauftragen und die Planungen mit Kosten in Höhe von 13.000.000 EUR brutto bis einschließlich der Entwurfsplanung (Leistungsphase 3 HOAI) fortzuführen.
2. Der Aufwand für Planungsmittel bis einschließlich der Entwurfsplanung (Leistungsphase 3) in Höhe von 13.000.000 EUR wird im Teilergebnishaushalt 2022 THH 200 - Stadtkämmerei, Kontengruppe 43100 - Zuweisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke gedeckt.
3. Den überplanmäßigen Aufwendungen in Höhe von 13.000.000 EUR im Teilergebnishaushalt 2022 THH 200 - Stadtkämmerei, Kontengruppe 43100 - Zuweisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke wird zugestimmt. Die Finanzierung erfolgt aus der zum Jahresabschluss 2018 innerhalb der Ergebnisrücklage gebildeten davon-Position "Kulturelle Infrastruktur".
4. Weiterhin wird die Verwaltung beauftragt, einen hochbaulichen Realisierungswettbewerb für den Interimsstandort WST/die Maker City am Standort C1 auszuloben und durchzuführen. Nach Abschluss des hochbaulichen Realisierungswettbewerbs wird eine entsprechende Mitteilungsvorlage zum Ergebnis in den Gremien erfolgen.
5. Dem vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg und den Württembergischen Staatstheater Stuttgart (zukünftig: WST) entwickelten Raumprogramm für den Interimsstandort (Stand 22.10.2021; Anlage 3) mit einer Programmfläche von ca. 18.500 m² (Nutzungsfläche NUF) wird zugestimmt. Das Bauprogramm umfasst 30 % Wohnflächen in den dauerhaften Gebäuden.
6. Die Gesamtkosten für die Umsetzung der Bausteine Interimsstandort WST mit Wohnen und Nachnutzung Maker City auf Grundlage der groben Kostenermittlung des Hochbauamtes zum Grundsatzbeschluss vom 28.07.2021 (Anlage 4) in Höhe von 224 Mio. EUR brutto werden zur Kenntnis genommen.
StR
Körner
(SPD) spricht zunächst das Thema Wohnen an, über das in der Vorlage auf S. 8 berichtet werde und von 7.500 Quadratmetern Bruttogeschossfläche die Rede sei. In der Zeitstufenliste Wohnen seien für den Standort C1 allein 505 Wohnungen in den Jahren 2024/2025 vorgesehen, 125 weitere zu einem späteren Zeitpunkt. Diese Zahlen seien nicht vereinbar, denn auf 7.500 Quadratmetern seien maximal 100 Wohnungen möglich. Er möchte daher wissen, wann und wo auf C1 wie viele Wohnungen entstehen. Kritisch sieht der Stadtrat als zweiten Punkt die Angaben zur Zeitschiene (S. 12), die eine Fertigstellung und Inbetriebnahme Ende 2028 vorsehe. Die Maker City sei das wichtigste IBA-Projekt, wozu dringend geklärt werden müsse, was im Ausstellungsjahr 2027 gezeigt werden könne. Überrascht zeigt sich der Stadtrat über die Kostenaufstellung von 224 Mio. €, für die als Kalkulationsgrundlage ein mittleres Fertigstellungsdatum in 2025 zugrundegelegt worden sei. Wenn das neue Datum 2028 und Baukostensteigerungen von 5 % eingepreist würden, ständen am Ende 259 Mio. €. Vor Beschlussfassung erwarte er im morgigen Verwaltungsausschuss eine aktualisierte Kostenaufstellung. Abschließend moniert er die noch ausstehende Vereinbarung mit dem Land. Man erwarte offensichtlich, dass der Gemeinderat nun den Vorprojektbeschluss verabschiede, ohne zu wissen, welche Kosten das Land an dem Vorhaben übernehme.
Der Frage von StR Körner zur IBA´27 kann sich StRin
Rühle
(90/GRÜNE) anschließen. Es sei wenig erfreulich, wenn nur eine Baugrube zu sehen sei. Zudem werde das Interim dringend benötigt, um die Sanierung der Staatstheater in Angriff zu nehmen. Insofern sei eine frühzeitige Fertigstellung sehr wichtig. Richtigerweise plane man eine Projektgesellschaft gemeinsam mit dem Land, wozu sie den aktuellen Stand erfahren möchte. Ohne diese Projektgesellschaft könne der Zeitplan keinesfalls eingehalten werden, der ohnehin schon ambitioniert sei. Nachfragen stellt die Stadträtin zur Einbeziehung der Akteur*innen der Wagenhallen und die Planungen zum weiteren Prozess und zu besonderen Wohnformen für Künstler*innen oder Stipendiat*innen. Es werde eine gewisse Lärmproblematik geben, alleine schon durch den bestehenden Veranstaltungsteil der Wagenhallen. Zum Ende ihrer Ausführungen spricht sie die speziellen Opernbausteine an, die wiederverwendet oder verkauft werden sollen. Eine Wiederverwendung könne sie sich schwerlich vorstellen.
Ablehnung der Vorlage teilt StR
Rockenbauch
(Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) mit; seine Kritik an der Opernsanierung sei hinlänglich bekannt und bleibe bestehen. Skepsis äußert der Stadtrat gegenüber dem Interimsstandort, wodurch das IBA-Vorzeigeprojekt Wagenhallen/Maker City gefährdet sei. Die Opernnutzung sei die dominierende Nutzung und als Großprojekt nicht stückweise zu entwickeln. Der Forderung von StR Körner nach Aktualisierung der Kosten könne er sich anschließen und möchte wissen, welche Kosten der Lärmriegel (Kulturhub) verursache. Er verweist auf die mahnenden Worte von IBA-Intendant Andreas Hofer, der die Zeitschiene ebenfalls sehr kritisch sehe. Es werde eine allgemeine Einschätzung zu den Stuttgarter IBA-Projekten benötigt.
Der Kritik von StR Körner zur Zeitschiene kann sich StR
Schrade
(FW) ebenfalls anschließen. Am Bebauungsplan (S. 6) könne es nicht liegen, denn dieser solle "rekordverdächtig" schnell noch vor der Sommerpause beschlossen werden. Offensichtlich gehe es um die Planung des Objektes selbst, die mit der Fertigstellung zur IBA kollidiere. Den Stadtrat interessiert außerdem die Parkplatz-Thematik, da in der Vorlage keine Informationen zum Kultur-Hub enthalten seien. Auch wenn das Land nun für die Zuckerfabrik und den Bestandsstandort zuständig sei, bitte er um Informationen zum aktuellen Stand dort. Auf dem Gelände sei eine kleine Firma ansässig.
BM
Pätzold
erklärt, es gehe um den Bereich Nord der Maker City, nicht um den Bereich Süd mit den Öko- und Sozialpionieren. Ziel sei, eines der beiden Projekte rechtzeitig fertigzustellen. Zu der expliziten Aufteilung der Wohneinheiten, ebenso wie zur Taktung bei den Öko- und Sozialpionieren, werde er Informationen im Verwaltungsausschuss nachliefern. Er bestätigt, bei allen Projekten sei man sehr "sportlich" unterwegs und gerade dabei, die Prozesse der Beteiligung und Vorbereitung zu beenden, um in Ausschreibung und Vergabe zu gelangen. Weitere Faktoren stellten Wettbewerb, Findung von Bauherren und letztendlich der Bau dar.
Ergänzend zur Zeitschiene merkt Herr
Holzer
an, es könne nicht unmittelbar nach dem Bebauungsplan mit dem Bau begonnen werden; bei diesem Projekt müsse noch die zusätzliche städtische Infrastruktur (Straßen, Kanäle etc.) eingerichtet werden. Das "Eidechsen-Thema" spiele in diesem Bereich ebenfalls eine sehr große Rolle. Somit seien die benannten Termine realistisch. Insgesamt laufe die referats-/
ämterübergreifende Zusammenarbeit im Bereich C1/Interimsoper außerordentlich gut. Dass nun eine gewisse Verzögerung eingetreten sei, habe damit zu tun, dass zwei Projektpartner (Stadt und Land) zusammengeführt werden müssten. Die Projektgesellschaft sei noch nicht finalisiert, und um keine weitere Zeit zu verlieren, seien die Aufgaben zwischen Stadt und Land aufgeteilt worden. Die Stadt treibe die Interimsoper auf dem C1-Gelände, und das Land die Zuckerfabrik und den Hauptstandort voran. Zur Entwicklung der Baupreise verweist er auf den Ansatz von 3 %, der bereits von den städtischen Festlegungen von 2,5 % abweiche. Dies hänge damit zusammen, dass für die verschiedenen Opern-Projekte im Einvernehmen mit dem Land derselbe Prozentsatz für die verschiedenen Projekte angenommen werde, damit diese synchron liefen. Die Baupreissteigerung für die Zuckerfabrik werde aktuell höher ausfallen. Bezogen auf das Gesamtprojekt mit einem Zeithorizont bis 2038 könne er heute keine seriöse Aussage treffen. Er halte es für zielführend, Kostenzahlen immer dann nachzuführen, wenn mehr zum Projekt bekannt sei. Fundierte Zahlen könnten bei einem Wettbewerbsentwurf benannt werden. Er plädiert dafür, das Projekt nun zügig voranzubringen, denn die Zeitschiene stelle das größte Problem in punkto Preissteigerungen dar.
Herr
Holzer
erläutert in seinen weiteren Ausführungen den Terminplan, der über 2027 hinausgehe. Bezüglich der beiden wichtigen Teilbestandteile - Maker City und eigentliche Spielstätte - hält er fest, die Spielstätte werde 2027 nicht fertiggestellt sein. Denkbar sei, in 2027 den Bereich Wohnen zu starten, woraus sich viel Fläche für die künftige und noch nicht bespielte Opernnutzung ergebe. Dies eröffne möglicherweise 2027 Flächen, die im Rahmen der IBA genutzt werden könnten. Die generelle Idee nachhaltiger Konzepte und das Nebeneinander von Wohnen und Arbeiten könnten wunderbar dargestellt werden. Mit den Akteuren der Wagenhallen fänden Abstimmungen statt. Zum von StRin Rühle angesprochenen Verkauf einer Spielstätte verweist er auf das Beispielprojekt der Comédie française, bei dem ein großer Theaterbau nach Genf verkauft worden sei. Zur Wiederverwertung merkt er an, es sei klar, dass ein Bühnenturm für die Oper mit spezifischen Nutzungen oder ein Zuschauersaal nicht wiederverwertet werden könnten. Zukunftsperspektive sei eine Nachnutzung an einem anderen Standort weltweit, denn aus Sicht von Staatstheater und Stadt sei ein Bedarf an einer so großen Theaterspielstätte in Stuttgart derzeit nicht gegeben. Zum Thema Verkehr führt er aus, der Mobility Hub sei originär kein Aspekt der Interimsoper, sondern eine Frage des Stadtquartiers. Diese Parkplätze würden nicht für die Interimsoper gebaut, sondern um später im Stadtbezirk die Verkehrsprobleme zu lösen und das Stadtgebiet zu entwickeln. Wenn es wie beim Theaterhaus gelänge, in den Verwaltungsbauten auf der anderen Seite des Bahndamms am Abend Stellplätze für Opernbesucher zu aktivieren, stelle dies einen hervorragenden Ansatz dar, um den reellen Bedarf einer Kultureinrichtung abzudecken. Baurechtlich erforderlich seien "erstaunlich wenige" 60 Stellplätze. Es müsse nicht unnötig Geld für Stellplätze ausgegeben werden, die am Ende gar nicht benötigt würden.
Zur Frage von StR
Schrade
nach der Firma an der Zuckerfabrik erklärt BM
Thürnau
, die Firma sei zur Umsiedlung bereit. Die Stadtkämmerei verhandle aktuell die Konditionen.
StR
Körner
möchte zur IBA ein ambitioniertes, aber realistisches, attraktives Ziel setzen. Er stellt fest, bei Mobilitäts-Hubs handle es sich schlicht um Parkhäuser. Es sei bemerkenswert, wenn bei einem Bauvorhaben der öffentlichen Hand kein Parkhaus, sondern eine Tiefgarage mit 62 Stellplätzen gebaut werde. Wichtiges Thema sei jedoch die IBA, bei der etwas gezeigt werden müsse. Er begrüße es, wenn eine Verständigung über erreichbare Aspekte erzielt werden könne. Im nördlichen Teil könne die Kombination von Wohnen und Arbeiten und im südlichen Bereich bezahlbarer Wohnraum im Neubau präsentiert werden. Er plädiert dafür, die Landeshauptstadt Stuttgart möge Grundstücke in eine neue Genossenschaft einbringen, um die Möglichkeiten auszuprobieren. Dies erleichtere die Kalkulation des Wohnungsbaus und stelle ein gemeinschaftlich genutztes Projekt dar, wo "besonderes" Wohnen ermöglicht werden könne. Abschließend spricht sich der Stadtrat für eine regelmäßige Aktualisierung der Kosten aus.
BM
Pätzold
bestätigt das Ziel, möglichst viel in 2027 bei der IBA zu zeigen. Man wolle zügig in die Beschlussvorlagen kommen und in 2022 die Beteiligungsverfahren beenden.
Zweifel am Zusammenspiel zwischen Wagenhallen und Interimsoper äußert StRin
Köngeter
(PULS), weshalb sie die Vorlage ablehne. Dieses Zusammenspiel, antwortet BM
Pätzold
, habe insbesondere etwas damit zu tun, wie das Stadtquartier entwickelt werde. Um dieses Quartier zu entwickeln, müssten zunächst die Erschließungsmaßnahmen erfolgen, für die die Flächen vor den Wagenhallen freigemacht werden müssten. Er betont, es werde nicht mit einem "Verschiebebahnhof" begonnen, wo welche Interimsnutzung noch hingehen könne.
Nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen mehr ergeben, stellt BM
Thürnau
fest:
Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik
stimmt
dem Beschlussantrag bei 3 Gegenstimmen mehrheitlich
zu
.
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