Protokoll: Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 11.07.2023
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Pätzold
Berichterstattung:Herr Körner (S/OB)
Protokollführung: Frau Klemm as
Betreff: Keine Fahrpreiserhöhung im VVS zum
1. September 2023
- Antrag Nr. 183/2023 vom 22.06.2023
(Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei)

Der im Betreff genannte Antrag ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


StR Pantisano (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) nimmt zu dem Antrag seiner Fraktion mit der grundlegenden Bemerkung Stellung, es sei schwierig, über selbigen zu sprechen, nachdem die eigentliche Entscheidung bereits gefallen sei. Als Rat solle man nicht nur informiert werden, sondern auch die Möglichkeit erhalten, ein politisches Votum abzugeben. Trotzdem wolle seine Fraktion über den Antrag abstimmen, unter anderem, um die eigene - ablehnende - Positionierung zu Tariferhöhungen im VVS von 7,5 % in der Öffentlichkeit klarzustellen. Aus seiner Sicht, so der Stadtrat, steigerten diese die bereits Anfang 2023 beschlossenen Fahrpreissteigerungen auf insgesamt 12 %. Für Personen ohne Abonnement sei das zu viel und habe Auswirkungen auf das Deutschlandticket, denn spätestens in einem Jahr werde der Preis für dieses Ticket wohl auf 59 € und in den kommenden Jahren das Entgelt für eine Zone in der Stadt wieder auf um die 70 € steigen. Damit sei insgesamt wenig gewonnen, und man erachte die grundlegende Entwicklung steigender Preise als falsch.


Vielmehr sehe man die Notwendigkeit einer von Ticketgebühren unabhängigen Preisgestaltung, z. B. durch Drittnutzerfinanzierung. Entgegen der Meinung der FDP-Fraktion gehe es ihm dabei nicht um eine City-Maut, sondern um die Beteiligung von Stuttgarter Unternehmen an der Finanzierung des ÖPNV. Mit 20 € pro Beschäftigtem, rechnet StR Pantisano vor, könne der Nahverkehr kostenlos und gewinnbringend gestaltet werden. Immer weiter steigende Ticketpreise hingegen konterkarierten die Ziele einer klimagerechten Mobilität.

Wie auch Herr Körner (S/OB) widerspricht StR Peterhoff (90/GRÜNE), der Aufsichtsrat des VVS tage erst heute, und insofern sei es nicht zu spät für die Diskussion in den relevanten Gremien. Der Stadtrat meint, es sei hinreichend auch über soziale Härten diskutiert und ein entsprechender Antrag zur Abfederung für Gelegenheitsfahrer mehrheitlich beschlossen worden. Folge die Stadt hingegen dem vorliegenden Antrag und lehne die Fahrpreiserhöhung zum jetzigen Zeitpunkt ab, zeige aber Bereitschaft, Einnahmeausfälle auszugleichen, geschehe Letzteres für alle, auch diejenigen ohne Sozialticket. Das finde er unfair. Eigentlich müsse eine Debatte in der Region über ein Sozialticket angestoßen werden. Man lehne den Antrag der Fraktion Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei ab, zumal die Mehrheit der Fahrgäste nicht von der Erhöhung betroffen sei.

Dem widerspricht StR Pantisano und wiederholt seine zuvor angestellte Berechnung des künftigen Tarifs für das Deutschlandticket und die aus seiner Sicht notwendige Form der Finanzierung. Man stelle nicht die Kostensteigerungen bzw. den Bedarf an höheren Einnahmen in Abrede, sondern kritisiere die Methode der Fahrpreiserhöhungen. Auf Bundesebene bemühe man sich um Reduzierung von Ticketpreisen, während man sich auf lokaler Ebene genau gegensätzlich verhalte.

Auch seine Fraktion, so StR Sauer (CDU), lehne den Antrag ab, und er werde - wenn auch mit gewissen Vorbehalten - in der heute anstehenden Aufsichtsratssitzung des VVS der Fahrpreiserhöhung zustimmen. StR Pantisano weist an der Stelle auf die frühere - ablehnende - Haltung der CDU-Fraktion zu Fahrpreiserhöhungen hin. StR Sauer fährt fort, es gehe letztlich um 40 Mio. €, auf die man verzichten bzw. die man aus Einnahmeausfällen komplett finanzieren müsste, auch unter Einbeziehung von dann fehlenden Ausgleichszahlungen von Bund und Land und nicht nur für die Stadt Stuttgart, sondern auch für die fünf Verbund-Landkreise. Darüber hinaus müsste für eine andere Finanzierung eine Mehrheit der öffentlichen Aufgabenträger, also auch der Landkreise, herbeigeführt werden, was den Antrag letztlich völlig unrealistisch mache. Die jetzt angekündigte Fahrpreiserhöhung hingegen entspreche lediglich der Inflationsrate (April: 7,3 %). Zu guter Letzt wolle er auf die Folgen der letzten großen Tarifzonenreform 2019 hinweisen, nämlich keine Preissteigerung im Gelegenheitsverkehr seit 2018. Von den damit verbundenen Einnahmeausfällen in Höhe von 42 Mio. € müssten knapp 19 Mio. € dauerhaft von der Stadt Stuttgart ausgeglichen werden. Herr Körner informiert in der Folge, von 2018 bis heute sei der Anteil der Fahrgäste an der Finanzierung des Gesamtsystems von ca. 60 % durch die verschiedenen Reformen und neue Ticketarten auf 30 bis 40 % dramatisch zugunsten der Fahrgäste gesunken.

Ebenfalls ablehnend zu dem Antrag äußert sich StR Conzelmann (SPD) und schließt sich im Übrigen den Vorrednern an.


StRin Köngeter (PULS) meint, wer sich den Nahverkehr leisten könne, solle dafür auch in entsprechendem Umfang bezahlen. Weiterhin gebe es aber Menschen, die sich das eben nicht leisten könnten. Soziale Lösungen existierten auch in anderen Landkreisen teilweise nicht. Aus dem Grund halte man steigende Fahrpreise für schwierig. Es korrigiert Herr Körner: Es gebe schon lange ein Sozialticket für Stuttgart, dessen Preis auf Initiative des Rats im Frühjahr für ärmere Familien auf 24,50 € (gesamtes VVS-Gebiet) erneut gesunken sei. Er erwähnt des Weiteren das Jugendticket für ganz Baden-Württemberg (perspektivisch als Deutschlandticket), Freifahrten bei Schulausflügen, Gratistransport für Kinder im Alter von 0 bis 6 Jahren sowie Einzeltickets zu ca. 50 % des Normalpreises für Kinder im Alter von 7 bis 14 Jahren. Über das Bildungs- und Teilhabepaket könnten Kinder aus ärmeren Familien sogar kostenfrei am Nahverkehr teilnehmen. Die Inflation, wendet sich StRin Köngeter an StR Sauer, könne nicht als Vergleich herangezogen werden, da die Gehälter von ohnehin Benachteiligten nicht analog zur Inflationsrate stiegen. Sie schließe sich daher dem vorliegenden Antrag an. Auf ihre entsprechende Anmerkung, Ziffer 2 des Antrags sei bereits erledigt, erläutert StR Pantisano, bei der allgemeinen Information zur Fahrpreiserhöhung hätten Zahlen und Fakten gefehlt. Für künftige Fälle wünsche er sich eine entsprechende Vorgehensweise der Verwaltung. Der Stadtrat korrigiert seine anfängliche Forderung nach Abstimmung von Ziffer 1 und 2 auf eine Abstimmung lediglich von Ziffer 1 des Antrags.

Er verstehe nicht, äußert sich StR Serwani (FDP), warum die Verwaltung nicht im Vorfeld ausführlich informiert habe. In der Regionalversammlung hingegen sei dies geschehen, die Gründe für die Tarifanpassung seien erläutert worden und der Verkehrsausschuss habe sich danach entsprechend dazu positioniert. Gleichwohl freue man sich, dass man - im Gegensatz zu vergangenen Jahren - vor der VVS-Gesellschafter-versammlung Kenntnis erhalten und Gelegenheit zur Debatte erhalten habe. Er lehne den Antrag ab, sagt der Stadtrat und weist auf die ursprüngliche Notwendigkeit einer Erhöhung von 14,9 % hin, ohne dass dabei die Einnahmeausfälle berücksichtigt wären.

Herr Körner erläutert zum Verfahren, Antragsziffer Nr. 2 sei bereits abgeschlossen. Zu Antragsziffer Nr. 1 habe man sich zuvor gemeinsam mit den Antragstellerinnen und Antragstellern im Ältestenrat auf ein Stimmungsbild in der heutigen Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Technik verständigt, da die Hauptsatzung vorsehe, dass für die Gesellschafterversammlung des VVS mit nur 7 % Anteilen der Landeshauptstadt Stuttgart (LHS) dem Oberbürgermeister keine Weisung (hier: zum Widerspruch) erteilt werden kann.

Danach lässt der Vorsitzende als Stimmungsbild zu Antragsziffer Nr. 1 abstimmen und stellt fest:

Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik lehnt Antragsziffer Nr. 1 des im Betreff genannten Antrags bei 11 Nein- und 3 Ja-Stimmen ab.
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