Protokoll: Sozial- und Gesundheitsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
630/2016
GZ:
SI
Sitzungstermin: 21.11.2016
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Wölfle
Berichterstattung:-
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Kreispflegeplanung 2025 - Fortschreibung

Vorgang: Sozial- und Gesundheitsausschuss vom 17.10.2016, öffentlich, Nr. 130
Ergebnis: Vertagung

Ausschuss für Umwelt und Technik vom 18.10.2016, öffentlich, Nr. 482
Ergebnis: Zurückstellung


Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Referats Soziales und gesellschaftliche Integration vom 10.10.2016, GRDrs 630/2016. Sie ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


In seiner Einführung trägt BM Wölfle vor, das Vorgelegte entspreche dem Stand August 2016 (5.406 Pflegeplätze in Einrichtungen der stationären Altenpflege, geplant sind weitere 149 Plätze). Die Prognose bis zum Jahr 2025 zeige auf, dass 7.328 Pflegeplätze benötigt würden. Weitere 619 Plätze resultierten aus der Kompensierung der Landesheimbauverordnung (LHeimBauV). Somit ergebe sich bis zum Jahr 2025 ein Bedarf von 2.392 stationären Pflegeplätzen. Die zentrale Herausforderung werde darin bestehen, entsprechende Grundstücke auf Stuttgarter Gemarkung zu finden. Mit dem Amt für Stadtplanung sowie mit dem Amt für Liegenschaften und Wohnen befinde man sich im regen Kontakt. Das Ergebnis einer ersten Gesprächsrunde sei in der Anlage 3 der Vorlage festgehalten.

StR Dr. Reiners (CDU) spricht von einer sehr guten und informativen Vorlage. Die große Anzahl benötigter neuer Standorte bezeichnet StRin Rühle (90/GRÜNE) wie StR Dr. Reiners als schwierige Aufgabe. Die in der Anlage 3 genannten zusätzlichen 484 Plätze sind für StR Dr. Reiners lediglich "ein Tropfen auf den heißen Stein". Die CDU-Gemeinderatsfraktion werde die Suche nach neuen Standorten aktiv begleiten. StRin Rühle weist darauf hin, dass es zu vielen der in der Anlage 3 genannten neuen Standorten noch keine Verhandlungen gibt.

Schon der letzte Bericht, so StRin Gröger (SPD), habe auf die künftige schwierige Entwicklung hingewiesen. Angesichts des nun vorliegenden Berichtes müsse wohl konstatiert werden, dass sich z. T. eine Klärung ohne Engpässe nicht bewerkstelligen lasse. In der Vergangenheit habe es die Situation gegeben, dass Stuttgarter/innen mit Pflegebedarfen erst weit außerhalb Stuttgarts (z. B. im Welzheimer Wald bzw. in Richtung Karlsruhe) einen Pflegeplatz gefunden hätten. Eine solche Situation dürfe sich unter keinen Umständen wiederholen. Bei den im 2. Absatz der Anlage 1 genannten neuen Plätzen gehe es um in der Vergangenheit vorhandene, aber zwischenzeitlich weggebrochene Plätze. Daher handle es sich eigentlich um Ersatzplätze. Zudem weist StRin Gröger darauf hin, dass die Anlage 2 nicht mehr den aktuellen Stand schildert. So sei mittlerweile bekannt, dass die Eduard-Mörike-Seniorenanlage im Stuttgarter Süden mit 98 Pflegeplätzen zum 31.12.2017 schließe. Weitere Plätze seien dort dadurch entfallen, da an diesem Standort das Rote Kreuz nur noch Kurzzeitpflege anbiete. Zu der auf Seite 2 der Anlage 2 enthaltenen Bad Cannstatter Einrichtung Concordia, 6 Pflegeplätze, fährt sie fort, im März habe sie darum gebeten, dass der Ausschuss über den dort tätigen neuen Träger Odemvitae, der Beatmungsplätze anbiete, informiert werde. Diese Information sollte zeitnah nachgeholt werden. Beunruhigt zeigt sich die Stadträtin zu der Anlage 3 der Vorlage. Dort seien viele Standorte mit unklarer Perspektive genannt.

StR Pantisano (SÖS-LINKE-PluS) fragt nach, ob sich die Fraktionen einbringen können, um Planungen zu konkretisieren.

StR Dr. Reiners weist darauf hin, dass in der Anlage 3 der Stadtbezirk Münster nicht erwähnt wird. Für StRin Rühle ergibt sich, bezogen auf die Stadtbezirke, eine unterschiedliche Verteilung der Plätze. Gerade die Neckarvororte und der Planungsbereich Nord - und dem pflichtet StRin Gröger bei - wiesen größere Fehlbedarfe auf. Hierbei betont StRin Gröger die Bedeutung einer guten Erreichbarkeit durch die Angehörigen und die Bedeutung einer wohnortnahen Unterbringung für die zu pflegenden Menschen. Weiter erinnert sie an den Antrag Nr. 260/2016 "Haben wir noch Gemeinbedarfsgrundstücke für besondere Bedarfsgruppen und eine steigende Bevölkerungszahl?" der SPD-Gemeinderatsfraktion. In diesem Antrag fordere ihre Fraktion, dass auch bei neuen Wohngebieten und bei bauleitplanerischen Arrondierungen von Wohngebieten genauso selbstverständlich wie bei Kita- und Grundschulplätzen wohnortnahe Pflegeeinrichtungen berücksichtigt werden. Dies müsse fester Bestandteil von Bauleitplanungen werden. Ansonsten konterkariere die Stadt ihre eigenen Bemühungen. Auch in Zukunft werde sich nicht alles durch ambulante Pflege abdecken lassen. Man werde weiterhin auf dezentral vorgehaltene Pflegeplätze in den Quartieren/Stadtbezirken angewiesen sein. Dass sich dies wirtschaftlich bewerkstelligen lasse, zeigten im Kreis Ludwigsburg die Einrichtungen der Kleeblatt Pflegeheime gGmbH. Der dort verfolgte Ansatz habe mittlerweile nicht nur in Baden-Württemberg Nachahmer gefunden.

Im weiteren Verlauf der Aussprache macht StRin Bulle-Schmid (CDU) einen Überblick über die Substanz der Pflegeeinrichtungen dringlich. Konkret führt sie dabei die Themen Sanierungsbedarfe und Interimsunterbringungen an. Dem schließt sich StRin
Gröger an.

In der Aussprache werden zunehmend folgende Themen/Fragen angesprochen:
- Planungsstand für den auf dem Grundstück Landhausstraße 188, Stuttgart-Ost, Anlage 3, Seite 2 angedachten Pflegeheimneubau (StRin Rühle)
- Platzzahl der Altenwohnanlage Am Lindenbachsee, Stadtbezirk Weilimdorf (StRin Rühle)
- Alltagsunterstützungshilfen sind sehr bedeutsam (StRin Rühle)
- Angebote für alle Einkommensgruppen sind erforderlich (StRin Rühle)
- Werden bei den Planungen auch die Bedarfe von Migranten berücksichtigt? (StR Pantisano (SÖS-LINKE-PluS))
- Hat die Verwaltung schon Kontakt dem Projekt "Blickwechsel" der Robert-Bosch-Stiftung sowie mit der ebenfalls auf diesem Gebiet tätigen Universität Stuttgart aufgenommen? (StR Pantisano)
- Gibt es in Zukunft in den Pflegeeinrichtungen noch Zwei-Bett-Zimmer? (StRin Bodenhöfer-Frey (FW))
Zudem wird das Thema Ausnahmeregelungen von der LHeimBauV angesprochen. Konkret fragt hier StRin Rühle nach, ob Heime bereits Ausnahmeregelungen genehmigt bekommen haben. Der Vorlage entnimmt StRin Gröger, dass nicht die Sozialplanung, sondern die Heimaufsicht über Ausnahmeregelungen entscheidet. Angesichts dieses Sachverhalts sieht sie es als dringlich an, dass sich die Heimaufsicht im Ausschuss vorstellt. Dabei sollte das Zusammenspiel der Sozialplanung (Bestreben nach kleineren Einrichtungen) mit der Heimaufsicht (Erteilung von Ausnahmeregelungen) dargestellt werden. Da es in der Landeshauptstadt Flächenprobleme gebe, müssten an manchen Stellen Ausnahmen erfolgen, aber diese müssten, damit das Gesetz "noch lebt", mit Augenmaß erteilt werden.

BM Wölfle bezieht sich auf den Runden Tisch Pflege, an dem sich auch das Land beteiligt. Dort sei über den Zwiespalt gesprochen worden, der sich einerseits durch die für Bewohner angenehmeren Einzelzimmer und andererseits durch die Schwierigkeiten, wie zusätzliche Plätze realisiert werden können, ergebe. Das Land poche auf die Umsetzung des Gesetzes, und von daher werde die Heimaufsicht nur bereit sein, über den Umsetzungszeitpunkt der LHeimBauV zu sprechen. Die Stadt müsse bis 2019 konkrete Umwandlungspläne vorlegen. Er gibt zu bedenken, je besser die Unterbringungssituation werde, umso teurer würden in der Regel die Plätze. Seinem Vorschlag, die Heimaufsicht zu den Gesprächen der Fraktionen mit den Trägern der Altenhilfe einzuladen, wird nicht widersprochen.

Ergänzend merkt Frau Reichhardt (SozA) an, es gebe die Platznot, und gleichzeitig gebe es den Wunsch der älteren Bewohner, sehr unterschiedlich zu leben. In die ambulante Unterstützungsstruktur werde stark investiert. Hier gehe es u. a. ab 2017 mit der Umsetzung des § 45 b Pflegestärkungsgesetz darum, dass über haushaltsnahe Dienstleistungen Menschen länger in ihren eigenen Wohnungen leben könnten. Einerseits werde also versucht, so viel wie möglich stationäre Plätze in allen Facetten, Größen und Ausrichtungen zu schaffen, andererseits sei es aber ein wichtiges Anliegen, die ambulante Struktur zu stärken.

Trotz der Bemühungen im ambulanten Bereich steht für BM Wölfle außer Frage, dass die aufgezeigte Anzahl an stationären Plätzen benötigt wird.

Für StRin Gröger ist es erforderlich, dass sich der Ausschuss mit dem Pflegestärkungsgesetz intensiver auseinandersetzt. Auf kommunaler Ebene gebe es in der Umsetzung dieses Gesetzes viele Interpretationsmöglichkeiten. Beispielsweise sei der Landeshauptstadt an keiner Stelle das Poolen (Inanspruchnahme einer Leistung durch mehrere Leistungsberechtigte / straßenzugsweise Versorgung) umgesetzt worden. Dieses Poolen sei z. T. sehr in anderen Kommunen erfolgreich erprobt worden. Diesem Anliegen will der Vorsitzende in geeigneter Weise nachkommen.

Von ihm wird weiter angemerkt, angesichts der Schwierigkeit, Standorte zu finden, werde egal wo zugegriffen. Auch wenn dies zu einer ungleichen Platzverteilung im Stadtgebiet beitrage, müsse die Stadt so vorgehen. Dennoch werde die Verpflichtung einer wohnortnahen Unterbringung nicht angezweifelt. Sollten sich Anliegen der Sozialverwaltung nicht umsetzen lassen, schlägt er vor, den Ausschuss zu informieren. Dann könnten die Fraktionen entsprechend agieren.

Eine Bitte von StRin Gröger (SPD) aufgreifend sagt BM Wölfle zum Abschluss dieses Tagesordnungspunktes eine Prüfung der Sozialverwaltung zu, wie der Gemeinderat eine verbindliche Beschlussfassung darüber herbeiführen kann, dass bei Bebauungsplanverfahren zur Ausweisung neuer Wohngebiete auch Einrichtungen der stationären Altenpflege analog Kitas berücksichtigt werden. Danach stellt BM Wölfle fest:

Der Sozial- und Gesundheitsausschuss hat von der GRDrs 630/2016 Kenntnis genommen.
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