Protokoll: Sozial- und Gesundheitsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
945/2019
GZ:
SI
Sitzungstermin: 27.01.2020
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BMin Dr. Sußmann
Berichterstattung:Frau Reichhardt (SozA), Herr Peeß (Jobcenter) und Herr Lepper (Caritasverband für Stuttgart e. V.)
Protokollführung: Herr Krasovskij de
Betreff: Neue Bausteine in der Wohnungslosenhilfe (KVJS): Ergebnisse des Projekts zur Unterstützung des Zugangs zur Arbeitsintegration von Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten

Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Referats Soziales und gesellschaftliche Integration vom 15.01.2020, GRDrs 945/2019. Sie ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Nach einleitenden Worten von BMin Dr. Sußmann stellen Frau Reichhardt (SozA) und Herr Peeß (Jobcenter) den Ratsmitgliedern die Ergebnisse des Projekts zur Unterstützung des Zugangs zur Arbeitsintegration von Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten analog der Vorlage vor. Die Verwaltungsmitarbeiter bezeichnen das Modellprojekt übereinstimmend als "erfolgreich".

Im Verlauf der Aussprache äußert sich StRin Rühle (90/GRÜNE) positiv zur Vorlage. Die Stadträtin betont die Wichtigkeit einer sinnstiftenden Beschäftigung für Menschen in schwierigen Lebenssituationen, verweist aber auch zugleich auf die besondere Herausforderung diese Zielgruppe aufgrund ihrer häufig mannigfaltigen psychischen und körperlichen (Sucht)-Problematiken nachhaltig in Arbeit oder Ausbildung zu integrieren. Diese Einschätzung teilt auch StRin Dr. Hackl (SPD).

Vor diesem Hintergrund begrüßt StRin Rühle die Vorgehensweise im Rahmen des Modelprojektes ausgehend von dem 3-Phasen-Angebot sowie der Vermittlung und Begleitung der Teilnehmer. Es sei positiv, dass während des Projektzeitraums 6 Personen erfolgreich in Erwerbsarbeit oder eine Ausbildung vermittelt werden konnten.
Mit großen Herausforderungen im Umgang mit der Zielgruppe erklärt Herr Lepper (Caritasverband für Stuttgart e. V.) nach einer Nachfrage von StRin Rühle im Folgenden, dass während des Projektes nur 4 Personen erfolgreich in ein für sie notwendiges Therapieangebot (z. B. der Suchthilfe oder der Sozialpsychiatrie) vermittelt werden konnten. Er berichtet von großen Widerständen der Betroffenen gegenüber längerfristigen Therapien (länger als 4 Monate). Teilweise gebe es aber die Bereitschaft ambulante Therapieangebote wahrzunehmen.

In ihrer weiteren Wortmeldung bedauert StRin Rühle, dass es während der Projektlaufzeit nicht gelungen sei, über die bestehenden Kontakte des Fachdienstes Carlo-Steeb-Haus hinaus weitere Beziehungen zu möglichen Anbietern von Praktikumsstellen in Stuttgart-Bad Cannstatt und Stuttgart-Untertürkheim zu knüpfen. Sie regt dabei an, die Suche auch auf andere Stadtbezirke auszuweiten. Ähnlich äußert sich hierzu auch StRin Yüksel (FDP) und möchte wissen, in welcher Form man die Anbieter angesprochen habe.

In diesem Zusammenhang sprechen sich StRin Rühle, StR Mörseburg (CDU) und StR Schrade (FW) dafür aus, dass die Teilnahme für Betroffene und Träger bei künftigen ähnlichen Projekten nach Möglichkeit noch weiter vereinfacht werden solle.

Hierauf berichtet Herr Peeß von Überlegungen, den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein künftig in die Maßnahme 'Produktiv in Arbeit' (PiA) zu integrieren, um so auch die Finanzierung der Beratungen der Betroffenen über PiA abzudecken und womöglich langfristig die Vermittlungszahlen noch weiter steigern zu können. Hierzu fänden gerade Gespräche mit den Trägern statt.

Gegenüber StRin Dr. Hackl bestätigt der Amtsleiter des Jobcenters, dass Träger, die Arbeitsmarktdienstleistungen erbringen würden und diese über das Jobcenter abrechnen möchten, zur Qualitätssicherung der erbrachten Leistungen eine AZAV-Zertifizierung benötigten. Die Kosten für die Zertifizierung seien für die Träger mit rund 2.000 EUR aber noch in einem vertretbaren Bereich.

Auf fraktionsübergreifende Fragen aus dem Gremium nach einer Fortführung bzw. Ausweitung des Modellprojektes eingehend verweist Frau Reichhardt aus, dass das 3-Phasen-Angebot seit dem Projektende im Carlo-Steeb-Haus dauerhaft fortgeführt werde. Die Finanzierung sei über das Tagesstrukturangebot nach § 67 SGB XII und die Angebote nach § 16 SGB II (Sozialgesetzbuch) in Verbindung mit § 45 Abs. 1 Nr. 1 SGB III gewährleistet. Die gewonnenen Erkenntnisse und insbesondere das im Projekt erprobte stufenweise Vorgehen des 3-Phasen-Angebots sollen nun als Grundlage für die Planung weiterer Tagesstrukturangebote und arbeitsintegrativer Maßnahmen für verschiedene Zielgruppen (Frauen, Menschen mit psychischen Schwierigkeiten) mit besonderen sozialen Schwierigkeiten in der Landeshauptstadt Stuttgart sein. Derzeit befinde man sich hier in intensiven Gesprächen mit unterschiedlichen Trägern und wolle auch bereits bestehende Angebote wie beispielsweise Kulturwerk oder reINTEGRA aufgrund der neuen Erkenntnisse erneut differenziert betrachten und weiterentwickeln. In diesem Sinne äußert sich im Folgenden auch Herr Peeß.

Gegenüber StRin Dr. Hackl, die sich zuvor für eine Stärkung der rechtskreisübergreifenden Arbeit zwischen SGB II und SGB XII ausgesprochen und auf Möglichkeiten für die Schaffung von tagesstrukturierenden Möglichkeiten im Rahmen von SGB XII verwiesen hatte, betont Frau Reichhardt, dass der Personenkreis in der teilstationären Hilfe der Wohnungsnotfallhilfe sehr differenziert sei, was es sehr schwer mache, mit einer Maßnahme alle Menschen zu befähigen, wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Deshalb bevorzuge man differenzierte verbundene Hilfen, auch wenn diese oftmals komplexer seien, als die Etablierung eines zusätzlichen Leistungstyps im Rahmen von SGB XII, etwa des hier diskutierten Leistungstyps III.3.1, den es in der Landeshauptstadt Stuttgart nicht gibt. Das Ziel bleibe die Vermittlung in Beschäftigung oder Ausbildung und nicht in ein weiteres tagesstrukturierendes Angebot. Zudem werde der entsprechende Leistungstyp im neuen Rahmenvertrag voraussichtlich nicht mehr berücksichtigt.

Zu einer Frage von StR Schrade erläutert Frau Reichhardt, dass der Bedarf an teilstationären Hilfen bekannt sei, aber nicht genau der Bedarf nach verbundenen Hilfen. Die Verwaltungsmitarbeiterin und später auch BMin Dr. Sußmann betonen, dass die Sozialverwaltung das Angebot bei den verbundenen Hilfen in Zukunft weiter ausbauen wolle. Vor diesem Hintergrund seien enge Gespräche mit den verschiedenen Trägern geplant, um die vorhandenen Angebote ggf. punktuell weiterzuentwickeln.

Auf eine Nachfrage von StR Pantisano (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) eingehend, erklärt die Verwaltungsmitarbeiterin, dass es in den verschiedenen Bereichen der Stadtverwaltung durchaus Optionen gebe, um Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten eine Beschäftigung anzubieten. Gerade werde hier vor dem Hintergrund der angestrebten Inklusion geprüft, welche Möglichkeiten es gebe, innerhalb der Verwaltung Menschen mit einer Behinderung zu beschäftigen. Ergänzend hierzu berichtet BMin Dr. Sußmann über die Planungen im Rahmen des Teilhabechancengesetzes 30 Langzeitarbeitslosen eine Stelle bei der Stadt anzubieten. Die hierzu im Vorfeld durchgeführte verwaltungsinterne Abfrage habe 70 mögliche Plätze ergeben.

Abschließend werden weitere Verständnisfragen der Ratsmitglieder durch die Verwaltung beantwortet.


Danach stellt BMin Dr. Sußmann fest:

Der Sozial- und Gesundheitsausschuss hat von der GRDrs 945/2019 Kenntnis genommen.

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