Protokoll:
Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen
des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
160
1
Verhandlung
Drucksache:
GZ:
Sitzungstermin:
11.12.2020
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
OB Kuhn, BM Fuhrmann
Berichterstattung:
Frau Aufrecht (OB/82)
Protokollführung:
Herr Haupt
pö
Betreff:
Wirtschaftsentwicklung in Stuttgart
- mündlicher Bericht -
Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation kann einer Bitte von Frau Aufrecht folgend aus bildrechtlichen Gründen weder als Dateianhang noch in Papierform angehängt und veröffentlicht werden.
In seiner Einführung begrüßt OB
Kuhn
die Anwesenden und dankt dem Wirtschaftsbürgermeister und Frau Aufrecht für ihre gute Zusammenarbeit.
Zunächst benennt OB Kuhn Hauptbetroffene der Corona-Krise, vor allem die Hotellerie und Gastronomie. Aber auch z. B. der Messebau sei direkt vom ersten und nun auch anstehenden zweiten Lockdown betroffen. Trotz der großzügigen Hilfen von Bund, Land und der Landeshauptstadt Stuttgart entstünden weitere finanzielle Einbußen. Er mahnt in diesem Zusammenhang dringend die zeitnahe Auszahlung der Novemberhilfen für die Betroffenen an. Dies müsse eine gesamtstaatliche Anstrengung sein und Diskussionen über Zuständigkeiten sollten vermieden werden. Ein zu erwartendes starkes Wachstum nach der Corona-Pandemie hänge auch davon ab, wie viele Wirtschaftsbetriebe diese überlebten. Nichtsdestotrotz sehe er beispielsweise bei der Automobilindustrie, aber auch dem Maschinenbau, dem Banken- und Versicherungswesen und bei den Bausparkassen einen besseren Status quo als befürchtet. Ungeachtet dessen hänge die Entwicklung z. B. bei der Daimler AG, und damit vieler Arbeitsplätze in der Landeshauptstadt, ebenso von der langfristigen Konjunkturstabilität in China ab. Zudem müsse für den Automobilproduktionsstandort Stuttgart auf die strukturelle Krise nach Corona geblickt werden. Existenziell sei hierbei der notwendige Transformationsprozess, der nicht in der erforderlichen Geschwindigkeit vorangehe. Negative Beispiele stellten die Wartezeit auf ein Elektrofahrzeug (z. B. Smart) oder die schleppende Umsetzung von Pilotprojekten in eine industrielle Produktion dar.
OB Kuhn stellt die These zur Diskussion, dass die Bewältigung der Strukturkrise unmittelbar mit der Geschwindigkeit des Transformationsprozesses zusammenhängt. Hierbei gehe es nicht nur um einzelne starke und innovative Zulieferer wie Bosch und Mahle, sondern um die gesamte Automobilindustrie, die sich auf den Transformationsprozess einlassen müsse, inklusive neu zu gründender Unternehmen. Man habe in der Branche dazu sowohl das Potenzial als auch den Willen, dieses abzurufen - und der Klimaschutz werde dies auch erzwingen.
Nachhaltigkeit sei jedoch der wichtigste Faktor. Ohne entsprechende Gegensteuerung durch Schaffung der nötigen Infrastruktur werde die Klimakatastrophe zu einer wesentlich größeren Herausforderung als die Corona-Krise. Zur Infrastruktur gehöre eine schnelle Datenübertragung, deren Ausbau im Gewerbebereich und in Privathaushalten intensiv vorangetrieben werde. Wichtig seien für die Unternehmen jeder Größe ebenso die Möglichkeit der Expansion. Beispiele seien die Porsche AG und der erzielte Parkplatzkompromiss mit der Daimler AG, aber auch die Allianz AG, die 4.500 Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor in Stuttgart halten könne. Produktions- und Dienstleistungsarbeitsplätze im Gleichgewicht zu halten, sei für die Stadt und deren Image ebenso wichtig, wie die Einnahmen im Gewerbesteuerbereich. OB Kuhn führt weiter aus, es gelte, gleichzeitig kleine und mittlere Betriebe zu fördern und große Unternehmen nicht zu verlieren. In diesem Bereich müsse man auf Unternehmen zugehen und die Bedeutung der Funktionalität der Stadt im großen Zusammenhang sehen: Infra-struktur wie Kultur, soziale Netzwerke, Verkehr und Städtebau seien die Voraussetzung für die Gewinnung von gutem Personal. Die Unternehmen entschieden häufig nach "weichen Standortfaktoren." Nur mit starken Mitarbeiter*innen seien Unternehmen, und damit der Wirtschaftsstandort Stuttgart, stark aufgestellt. Stuttgart müsse als Ort der Wissenschaften und Patentanmeldungen gleichauf oder vor anderen Städten in der Attraktivität für Top-Personal liegen, appelliert OB Kuhn an den Rat.
Gleichzeitig sollten jedoch "Start-ups" im Auge behalten werden, die sich entlang der Cluster "Neue Mobilität", "Energiewende" und "Film und Medien" in Stuttgart gründeten, damit Arbeitsplätze schafften und am Standort verblieben. Hier sei man in verschiedenen Rankings auf Platz 3 der Neugründungen in Deutschland. Deshalb sei es wichtig, nicht nur auf Transformation des Vorhandenen zu hoffen, sondern Neugründungen in der Wissenschaftsstadt Stuttgart zu fördern, wie z. B. mit dem Wissenschaftsfestival.
Abschließend spricht OB Kuhn die Empfehlung an Verwaltung und Rat aus, die Wirtschaftsfreundlichkeit beizubehalten und die Wirtschaft der Landeshauptstadt zu stärken und zu pflegen. Wirtschaftsfreundlich zu sein, so OB Kuhn mit Blick auf die Kritik am Parkplatzkompromiss mit der Daimler AG von StR Körner, sei eine Grundvoraussetzung für die Bindung von Unternehmen zu ihrem Standort - ohne das Primat der Politik außer Acht zu lassen.
StRin
Schanbacher
(SPD) erläutert, bei Verhandlungen, wie bei dem Parkplatzkompromiss, müsse z. B. die Daimler AG bei der Umsetzung von Vereinbarungen, wie dem Transfer von Arbeitsplätzen in den Bereich Neue Technologien (2019), in die Pflicht genommen werden.
Die darauffolgende Präsentation von Frau
Aufrecht
(OB/82, Abteilung Wirtschaftsförderung) wird nachstehend im überarbeiteten Wortlaut wiedergegeben:
"Herr Oberbürgermeister, Herr BM Fuhrmann, meine sehr geehrten Damen und Herren des Gemeinderats, vielen Dank. Herr Oberbürgermeister hat Prägendes in Vergangenheit und Zukunft angesprochen. Mein Vortrag gliedert sich in mehrere Bausteine. Zunächst erläutere ich die Maßnahmen der Vergangenheit zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts. Dann stelle ich die Strukturanalyse vor, die wir im zweiten Halbjahr 2020 in Auftrag gegeben haben. Das ist ein sehr umfangreicher Prozess, der noch bis Anfang 2021 dauern wird. Anschließend gehe ich auf die Fortführung des Prozesses unter Einbeziehung der Verwaltung und des Gemeinderats ein.
Wir haben natürlich mit mehreren Entwicklungen zu tun. Einerseits mit einem Strukturwandel und einer Transformation und andererseits mit der Corona-Krise. Ich bin überzeugt, dass sich die Wirtschaft nach Corona anders aufstellen muss. Es wird natürlich darum gehen, die entsprechenden Konsequenzen zusammen zu beschließen und dann in eine Strategie überzugehen, die die Wirtschaftsförderung die nächsten Jahre trägt. An der Stelle meinen ganz herzlichen Dank an Herrn Oberbürgermeister und den Wirtschaftsbürgermeister für die Unterstützung, die die Wirtschaftsförderung in den letzten Jahren mit wichtigen Projekten für den Standort erfahren hat, geprägt von einer sehr großen Affinität zur Wirtschaft und zu wirtschaftsfreundlichem Handeln.
Im Vortrag gehe ich auf die Aufgaben der Wirtschaftsförderung im Kontext starker Wirtschaftsbranchen und Megatrends, die ausgewählten Projekte und erste Ergebnisse der Strukturanalyse ein.
Zu den Aufgaben der Wirtschaftsförderung im Kontext gehören die Bestandspflege und Ansiedlung von Betrieben, Unternehmensgründungen, Standortmarketing, der Glasfaserausbau und der Bereich Wissenschaft und Hochschulen.
Das Ergebnis der Strukturanalyse aus dem Jahr 2011 war ein sehr umfangreicher Prozess. Daraus sind bestimmte Zukunftsthemen hervorgegangen. Es wurden Kompetenzfelder für einen erfolgreichen Wirtschaftsstandort definiert: 'Nachhaltige Technologien', 'Wissen für morgen' und 'Stadt (er)leben'. Dazu gehören wiederum Kompetenzfelder: Einzelhandel, Gesundheit, Tourismus. Im Bereich 'Wissen für morgen' ist ein wesentlicher Baustein die Bildung. Aber auch der Bereich 'Finanzen', als zweitgrößter Finanzplatz nach Frankfurt, und der Bereich 'Kreativwirtschaft' mit seinen speziellen Branchen. Bei den nachhaltigen Technologien, das liegt auf der Hand, ist der Mobilitätsstandort Stuttgart ein wichtiger Baustein, insbesondere E-Mobilität und neue Antriebe. Ebenso gehören Architektur und nachhaltiges Bauen sowie Design dazu. Wir haben hier in Stuttgart eine der höchsten Architektendichten in ganz Deutschland.
Neben diesen Zukunftsthemen und diesen Leitbranchen bewegen uns in der Wirtschaftsförderung auch Megatrends, beispielsweise Digitalisierung, Wissenskultur, letztendlich Wissensintensivierung, aber auch das Weltgeschehen, wie die Krise 2009 oder die Corona-Krise. Das Budget der Wirtschaftsförderung hat sich von 405.000 € als Grundbudget im Jahr 2011 auf 445.000 € in 2021 entwickelt. Ganz wesentlich ist, dass wir jetzt in der Wirtschaftsförderung über Mittel für spezielle Maßnahmen verfügen, die wir sonst nicht hätten initiieren, ermöglichen und durchführen können. Dazu gehört die Förderung der FMX genauso wie das spotlight Festival, das Wissenschaftsfestival, das Gewerbegebietsmanagement oder der Wirtschafts- und Innovationspreis. Die Budgetierung des Stadtteilmanagements ist befristet mit 55.000 € pro Jahr. Darüber bin ich etwas unglücklich.
Gestartet mit 10 Personalstellen, sind wir mittlerweile bei 20 Stellen. Alle meine Mitarbeiter sind vor allem in Corona-Zeiten bis unter die Decke ausgelastet. Ich habe "nur" drei Bestandspfleger und zwei Stadtteilmanager für 23 Stadtbezirke. Der Bereich Wissenschaft und Hochschulen wurde von uns mit einer Mitarbeiterin vom Kulturamt übernommen. Das halte ich auch für gut, wenn man letztendlich täglich an Innovationen arbeitet. Auch haben wir einen Bereich Wissenschaftsfestival. Das Stadtteilmanagement haben wir verstetigt bzw. neu geschaffen. Für den Wirtschafts- und Innovationspreis haben wir eine halbe Stelle, was bei dem Vorhaben anspruchsvoll ist, aber wir packen das.
Nun komme ich zu den ausgewählten Projekten. Mir fällt es in gewisser Weise schwer, unter den derzeitigen Vorzeichen Erfolge darzustellen. Aber es ist wichtig zu wissen, was unseren Wirtschaftsstandort stark macht. Seitens der Wirtschaftsförderung waren wir massiv in die Flächenvermittlung für den Campus von Daimler in Stuttgart-Vaihingen involviert und haben auch letztendlich das gesamte Bauvorhaben begleitet. Ich würde sagen, Daimler gäbe es ohne uns dort nicht, beispielsweise kam der Hinweis auf die Fläche von uns.
Bei Porsche waren wir im Rahmen des Flächenerwerbs in Stuttgart-Zuffenhausen ganz massiv involviert (Taycan-Factory). Es wurden unzählige Flächen hinzuerworben. Hier haben wir Porsche intensiv beraten und im Verfahren begleitet. Das sind gute Beispiele, dass die Unternehmen am Standort die Transformation ernst nehmen und hier expandieren.
Der Eiermann-Campus in Stuttgart-Vaihingen ist sicherlich auch ein Projekt der Wirtschaftsförderung, das in den vergangenen Jahren besonderes Augenmerk verdient hat. Vielleicht können Sie sich noch daran erinnern, der Abbruch der Bestandsgebäude, eine Insolvenz und ein herrenloses Grundstück standen im Raum. Herr Oberbürgermeister hat schnell reagiert, wir als Wirtschaftsförderung haben ein Kolloquium zusammen mit Ihnen und den entsprechenden Playern, auch der Egon-Eiermann-Stiftung etc., organisiert. Wir konnten erreichen, dass man, unter Einbeziehung von Expertinnen und Experten wie Sorg und Frosch oder Drees & Sommer auf diesem Areal rund 200.000 m² Bruttogrundfläche (BGF) zugelassen hat. Ich glaube, wenn wir das realisieren können, ist das ein absoluter Gewinn für Stuttgart.
Ich will jetzt auch nicht auf unsere Bemühungen in einzelnen Projekten eingehen, es sind unzählige. Ich bin froh, dass die Allianz, Herr Oberbürgermeister hat es erwähnt, in Stuttgart geblieben ist. Das war nicht von vornherein klar. Wir haben viele Grundstücke auf die Bedürfnisse der Allianz hin untersucht.
Zum Campus Stuttgart-Fasanenhof: Hier konnten wir Goldbeck am Standort halten, ein ganz wesentliches Unternehmen für Stuttgart. Aber auch z. B. die DIBAG im NeckarPark bedurfte einer intensiven Begleitung, weil dort durchaus vieles kompliziert ist: Stadtplanung, Tiefbauamt, Verkehrsführung etc. Da waren wir massiv engagiert. Ein weiteres Beispiel ist Trelleborg in Stuttgart-Vaihingen.
Ich glaube, Vector trägt mittlerweile die Handschrift eines jeden unserer Wirtschaftsförderer. Jedes Gebäude, das Vector realisiert hat, hat Begleitung durch die Wirtschaftsförderung erfahren. Auch Familienunternehmen wie Bauder, bei ganz unterschiedlichen Themen wie Verkehrsführung, Erwerb städtischer Grundstücke oder Parkplatznachweisen, sowie Otto Roth wurden von uns beraten.
Das B10-Haus, Energie-Plus-Haus, konnte realisiert werden. Wir waren involviert in die Gründung des Vereins, in die Abstimmung mit den entsprechenden Vereinsmitgliedern, und wir konnten damit eines der ersten Energie-Plus-Häuser als Show-Objekt in Stuttgart realisieren.
Besonders möchte ich erwähnen, dass es gelungen ist, dass RECARO seinen Sitz von Kaiserslautern nach Stuttgart verlegt hat. Es kommt nicht allzu häufig vor, dass Unternehmen ihren Sitz nach Stuttgart verlagern. Wir sind eher aktiv in der Befriedigung des Gebäudebedarfs der schon ansässigen Unternehmen. Aber RECARO ist natürlich wirklich eine Erfolgsstory.
Zur Bestandspflege gehört auch, dass man mit vielen Betrieben spricht. Bei den Unternehmenserweiterungen von Mahle, Porsche Design Tower etc. waren wir involviert. Wir haben Mahle, Daimler, Lapp Kabel, Bauder, Vector und Klumpp etc. vor Ort besucht. So bekommt man tatsächlich Einblick und erfährt, was den Standort ausmacht und wo man nacharbeiten muss.
Ein ganz wesentlicher Baustein ist der Breitbandausbau. Gestartet sind wir mit einer 2017 abgeschlossenen Masterplanung. Darin wurden Prioritäten für den Standort festgelegt: Wo sind weiße Flecken, wo ist die Versorgung gut und wo schlecht? Gemündet ist dieser Prozess in die Gesellschaft Gigabit Region Stuttgart. Ich war selbst im Legal Team als Juristin und habe den gesamten Prozess mit der Telekom begleitet. Seitens der Wirtschaft oder des Gemeinderats gibt es ab und an Kritik, aber wir haben 24.700 Haushalte und 9 Gewerbestandorte binnen eines Jahres angeschlossen. Es sind im Grunde genommen alle wesentlichen Gewerbestandorte versorgt, wenn auch nicht alle einzelnen Unternehmen. Ich halte es auch für ganz wesentlich, dass man hier in der Region aktiv wird. Im Spitzengespräch, Herr Oberbürgermeister hat es erwähnt, beklagen die Unternehmen fehlenden Breitbandausbau für ihre Mitarbeiter. Dies auch in der Region, weil die Mitarbeiter dort aktiv sind. Aber auch da wurden 100.000 Haushalte sowie 100 Gewerbegebiete angeschlossen. Dies ist ein mehrjähriges Projekt, denn die Telekom kann nicht von heute auf morgen ganz Stuttgart umgraben. Das würden wir selbst auch gar nicht verkraften.
Sie haben vielleicht gestern die Pressemitteilung gelesen: Seitens der Wirtschaftsförderung haben wir es ermöglicht, dass das Projekt SynergieRegion realisiert werden kann. Hier hat es eine zweijährige Vorstudie gegeben. Die Wirtschaftsförderung der Region Stuttgart (WRS) hat nun aufgrund des Zeithorizonts übernommen. Wir als Kommune bekämen auch nicht die ursprünglich angedachte 100 %-Förderung, sondern nur eine Teilförderung. Aber das nur am Rande. Das ist ein Vier-Millionen-Euro-Projekt, das den Unternehmen Forschung hier am Standort in den Bereichen Technologie, Industrie 4.0 und Smart City ermöglicht.
Der M.Tech Accelerator, über dessen weitere Förderung auch heute hier beschlossen wurde, ist eine absolute Erfolgsstory mit 60 Gründungen binnen drei Jahren hier am Standort. Auf der Homepage ist zu sehen, dass sich die Gründungen alle in genau den Zukunftsfeldern bewegen, die wir uns für den Standort wünschen. Wir haben im achtstelligen Bereich Venture Capital in diese Unternehmen bekommen. Es sind Unternehmen dabei, die hier in Stuttgart mittlerweile 30, 40, 50 Mitarbeiter haben. Es sind auch Ausgründungen von Unternehmen und Universitäten dabei. Ein Betrieb hat mittlerweile an die 4.300 Kunden. Also insofern, der M.Tech Accelerator, glaube ich, ist ein Erfolgsprojekt, das ganz wesentlich dazu beiträgt, dass wir hier weiter vorankommen. Der Gründungsbereich besteht aus weiteren Bausteinen, die ich aus Zeitgründen hier nicht alle erwähnen kann.
Wir hatten ein halbes Jahr ab Beschluss der Hochschulorganisationen Zeit, ein professionelles Wissenschaftsfestival aufzustellen. Zu 78 Veranstaltungen mit 75 beteiligen Institutionen konnten wir 30.000 Besucher begrüßen. Auch nicht vernetzte Hochschul-institutionen haben hier gute Kooperationen erreicht. Der Wirtschafts- und vor allen Dingen Wissenschaftsstandort erfährt dadurch natürlich eine ganz andere Wahrnehmung.
Im Bereich Kreativwirtschaft haben wir das SWR-Doku-Festival von Ludwigsburg nach Stuttgart geholt und das spotlight Festival von der Abwanderung nach Frankfurt abgehalten. Wichtige Veranstaltungen sind auch die FMX oder die ADC Design Experience.
Beim Leerstands- und Zwischennutzungsmanagement waren wir mit unzähligen Vermittlungen erfolgreich. In Leerstände vermitteln wir - wie in der Presse zu lesen war - Pop-Up-Stores. Wie vom Club Kollektiv gefordert, Veranstaltungsstätten mit Zwischennutzungen zu bespielen, haben wir in Fridas Pier Proberäume an eine Theatergruppe vermietet etc. Dieses Thema gewinnt vor dem Corona-Hintergrund noch eine andere Bedeutung.
Herr Oberbürgermeister hat uns die Landwirtschaft bei seinem Amtsantritt zur Aufgabe gemacht. Hier haben wir Aufbauarbeit geleistet mit z. B. dem jährlichen Runden Tisch mit der gesamten Verwaltung zur Diskussion der Bedarfe und Lösungen der Landwirtinnen und Landwirte mit einem, trotz aller Kritik an der Stadt, sehr positiven Feedback vonseiten der Landwirtschaft. Zu unseren Aktivitäten gehören Felderumfahrten, eine Direktvermarkterbroschüre, der Besuch von landwirtschaftlichen Betrieben, etc.
Das Stadtteilmanagement ist sehr umfangreich - eine Gesamtvorstellung übersteigt den Rahmen. Meine zwei Stadtteilmanager betreuen letztendlich die gesamten Außenbezirke. In diesen finden regelmäßig Jour-Fixe-Treffen statt. Beispielsweise ist Q4 ein Quartalstreffen der Vorsitzenden der Handels- und Gewerbevereine mit einer kontinuierlichen Beteiligung von 80 bis 100 % der Vorsitzenden. Hier geht es neben Wissenstransfer um die Ansprechbarkeit der Verwaltung seitens der Unternehmerschaft. Mir ist wichtig, das auch noch mal hervorzuheben: Wir kümmern uns ja nicht nur um die Großen, sondern genauso um die Kleinen. In Untertürkheim beispielsweise ist die gemeinsame Eröffnung einer Bücherei mit einem Café eine Bereicherung unseres Wirtschaftsstandortes.
Und natürlich Nahversorgung, auch ein Thema im Rahmen des Stadtteilmanagements, das uns beschäftigt. Beispiele sind hier der Bonus-Markt in Wolfbusch, der CAP-Markt in Riedenberg oder auch der Wochenmarkt in Uhlbach, der von uns letztendlich ja nicht nur begleitet, sondern mit initiiert wurde und ein Erfolgsprojekt ist.
Präsent sind wir auch im Bereich Nachhaltigkeit, z. B. mit dem Projekt Mehrwegbecher mit über 120 beteiligten Unternehmen, für das wir die gesamte Spüllogistik eingeführt haben.
Der Immobiliendialog ist mittlerweile in Folge mit der größte deutschlandweit. Das, glaube ich, muss man auch erst mal hinkriegen. Daher auch der Dank an meine Mitarbeiter. Als ich gestartet bin, der eine oder andere wird sich an den Zeitungsartikel in der Bildzeitung über den Auftritt der Stadt Stuttgart auf der MIPIM, zwischen Toiletten und Veranstaltungsfläche auf dem Flur, noch erinnern. Mittlerweile haben wir einen der größten Stände dieser Veranstaltung - nicht zuletzt durch intensive Zusammenarbeit mit den richtigen Playern.
Zusammengefasst bewegen wir uns schwerpunktmäßig in definierten Zukunftsbereichen: Mobilität, Finanzen, Einzelhandel, Kreativwirtschaft, etc. Megatrends, die uns prägen, sind neben Digitalisierung und Nachhaltigkeit das verarbeitende Gewerbe, Wissenschaft und Hochschulen.
Das gibt mir letztendlich das Stichwort zum nächsten Part, der Strukturanalyse, die - von uns beauftragt - seit Mitte des Jahres läuft. Wir haben bisher erste Ergebnisse nur eines Bausteins, d. h., es folgen noch viele weitere. Wir haben einen Vergleich von uns mit Mannheim, Karlsruhe, Köln, Frankfurt, München und Düsseldorf im Zeitraum von 2010 bis 2019 vorgenommen. Als einziger Standort in dieser Zeit haben wir einen Beschäftigtenzuwachs im Bereich des produzierenden Gewerbes. Ich lasse es mal so wirken.
Natürlich befinden wir uns in der Transformation und werden da auch noch einen gewissen Einbruch erleben. Aber das ist schon beachtlich. Das verarbeitende Gewerbe in Stuttgart macht mit 32 Mrd. € im Städtevergleich den höchsten Umsatz und investiert am meisten. München lag in den Vorjahren darüber, liegt aber mittlerweile unter dieser Marge.
Auch stellt das verarbeitende Gewerbe die meisten Auszubildenden im Städtevergleich. 12,9 % in 2019, wobei wir hier ein enormes Wachstum haben. Im Zeitverlauf 2014 bis 2019 sind es 71 % Zuwachs an Auszubildenden im Bereich Information und Telekommunikation. Dieses Wachstum ist im Vergleich der Städte spektakulär.
Zudem hat Stuttgart zusammen mit Karlsruhe den höchsten Akademisierungsgrad im beruflichen und akademischen Abschluss mit 77,5 % in 2019.
Weitere Details zur Strukturanalyse sollen der Vorstellung in 2021 vorbehalten bleiben.
Wie geht es weiter mit der Strukturanalyse? Derzeit analysieren wir 88 Wirtschaftszweige, nicht nur im Hinblick auf das Beschäftigungswachstum, sondern auch in Bezug auf den Spezialisierungsgrad gegenüber der Region und dem Land. Wir untersuchen, ob wir hier ein vernünftiges Cluster für vorhandene wissenschaftliche Einrichtungen haben.
Unternehmensbefragungen und persönliche Expertengespräche werden durchgeführt, gefolgt von einer Stärken- und Schwächenanalyse, der Ableitung von Leitbranchen und letztendlich einer Strategie, die dann mit der Verwaltungsspitze und unter Ihrer Einbeziehung abgestimmt wird.
Abschließend möchte ich sagen, ich halte den Strategieprozess für ganz wesentlich - nicht zuletzt vor dem Kontext Strukturwandel und der Aufstellung nach der Corona-Krise. Dafür müssen wir unsere Aktivitäten mindestens intensivieren - auch, um diesen Standort so führend zu halten, wie er sich jetzt darstellt. Vielen Dank!"
StRin
Fischer
(90/GRÜNE), StRin
Porsch
(CDU), StR
Neumann
(FDP), StR
Zaiß
(FW), StR
Köhler
(AfD), StR
Körner
(SPD)und StR
Puttenat
(PULS) sprechen ihren Dank für die Berichte aus. Auch StRin
Schanbacher
bedankt sich, verbunden mit dem Wunsch, Gewerkschaften und Wirtschaftsvertreter künftig in Diskussionen wie der heutigen einzubeziehen. Dem schließt sich StR
Neumann
an.
In Anbetracht der Tatsache, dass 2019 allgemein ein "Boom-Jahr" gewesen sei, stelle sie sich die Frage, so StRin
Schanbacher
weiter, ob die Zahlen der Strukturanalyse für die Region nicht Besorgnis erregen sollten.
StR
Adler
(Die FrAKTION LINKE SÖS Piraten Tierschutzpartei) bittet Frau Aufrecht um Zurverfügungstellung ihrer Präsentation, auch der erwähnten aber nicht gezeigten Teile. Ihn interessierten neben den Prozent- auch die absoluten Auszubildendenzahlen.
StRin
Fischer
freut sich, dass Nachhaltigkeit und Gemeinwohlökonomie Eingang in den Bereich der Wirtschaftsförderung gefunden haben. Sie wünscht sich eine Fortsetzung dieses positiven Trends auch für die Zukunft. Lobend äußert sie sich zu den gesamtstaatlichen Anstrengungen zur Bewältigung der Corona-Krise. OB
Kuhn
bestätigt ihre Meinung, man habe schon vor der Corona-Krise Ende 2019/Anfang 2020 vor einer sich abzeichnenden strukturellen Wirtschaftskrise gestanden. Jedoch seien Wirtschaftshilfen für alle in der derzeitigen Situation alternativlos, betont OB Kuhn. Gleichwohl könne dies den Strukturwandel streng wirtschaftlich gesehen verzögern.
StRin
Fischer
fährt fort, bei den angestrebten Klimaschutzzielen hinke man deutlich hinterher. Die Firma Bosch habe jedoch mit ihrer Brennstoffzellenfertigung gezeigt, dass Klimaneutralität möglich sei. Dem pflichtet StR
Neumann
bei. Frau
Aufrecht
bestätigt, an StRin Fischer gewandt, beim Thema Brennstoffzellen fänden intensive Gesprächen mit Bosch und der Stadtverwaltung statt.
Sehr positiv sei auch der Beschluss für die weitere Förderung des M.Tech Accelerator im Hinblick auf ein Netzwerk mit traditionellen und neuen Playern in Zukunftsbereichen, so StRin
Fischer
weiter. Man sei nicht zuletzt wegen der Gewerbesteuereinnahmen auf die Standorttreue etablierter Unternehmen angewiesen. Auch die Transformation müsse von der Stadt durch "Fordern und Fördern" vorangebracht werden. Hier gebe es schon gute Ansätze. Ihre Fraktion habe sich sehr über den Erfolg der intensiven Bemühungen für eine Wiedererweckung des Eiermann-Campus als neuen Stadtteil mit wirtschaftspolitischen Schwerpunkten gefreut. Auch die Innenstadt solle im Rahmen der City-Logistik neu aufgestellt werden. Nicht zuletzt könne mit dem Gewerbegebietsmanagement vonseiten der Wirtschaftsförderung auf die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Akteure eingegangen werden.
StRin
Porsch
verweist darauf, dass die heutige Berichterstattung der Wirtschaftsförderung auf eine Initiative der CDU zurückgehe. Ebenso habe ihre Fraktion den ab 2021 zu verleihenden Innovationspreis als Motivation für Start-ups in den Haushalt eingebracht. Frau
Aufrecht
bekräftigt gegenüber StRin Porsch ihre Bereitschaft einer Intensivierung der Präsenz im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen (WA).
StRin
Porsch
fährt fort, grundsätzlich müsse man "Stadt" als eine Mischung aller wirtschaftlichen Player sehen und den Fokus auf die Faktoren legen, die der Wirtschaft dienten. Die Corona-Krise habe gewissermaßen als Brandbeschleuniger bei strukturellen Veränderungen gewirkt. Beispielsweise könne vermehrtes Arbeiten im Homeoffice zu einem geringeren Bedarf an Büroflächen führen. Der Breitbandausbau hingegen sei umso wichtiger geworden, unterstreicht StRin Porsch die Auffassung von OB Kuhn. Man komme hier gut voran, wenngleich ein früherer Beginn des Ausbaus bereits 2019 wünschenswert gewesen wäre. Sie fügt hinzu, es sei wichtig, dass auch Stadtverwaltung und Gemeinderat den Standort Stuttgart z. B. bezüglich Baugenehmigungen wesentlich stärken könnten. Dem stimmt StR
Neumann
auch mit Blick auf die Ausländerbehörde und deren Bedeutung für Arbeitskräfte für die Wirtschaft zu. StRin
Schanbacher
pflichtet diesen Ausführungen bei, betont jedoch die Differenzierung zwischen nachhaltigen, krisensicheren versus kurzfristig entstehenden Arbeitsplätzen.
Neben einer attraktiven Infrastruktur in jeder Hinsicht seien auch verkehrliche Verbesserungen und bezahlbarer Wohnraum wesentliche Standortfaktoren, vervollständigt StRin
Porsch
ihre Ausführungen. Ausdrücklich dankt sie OB Kuhn für seine Empfehlung, die Wirtschaft auch zukünftig angemessen zu pflegen, und für das von ihm geführte und positiv bewertete Spitzengespräch mit den Fraktionsvorsitzenden und Wirtschaftsvertretern. Die Pflege der Wirtschaft unterstütze diese in der zunehmend globalen Dynamik, wovon letzten Endes auch Investitionen, und damit Arbeitsplätze, abhingen.
Gerichtet an StR Adler sieht OB
Kuhn
die Trennung von Kapital (Aktiengesellschaften) und Arbeit als nicht mehr zeitgemäß an. Arbeitnehmer*innen seien durch die Globalisierung in stärkerem Maße auch von Betriebseinheiten ihres Unternehmens in anderen Ländern abhängig. Frau Aufrecht bringt die mittelständischen Betriebe ins Spiel, die 99 % der ortsansässigen Betriebe ausmachten. Gerade sie übernähmen große Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitenden und deren Familien und sorgten zudem für Standortstabilität.
StR
Adler
sieht die Wirtschaft als komplexe Struktur aus kapital- und gemeinwohlorientierten Faktoren und die Politik als dem Gemeinwohl verpflichteten Player, der die Infrastruktur zur Verfügung stelle. In diesem Spannungsfeld müssten beide Akteure geeignete Voraussetzungen für die Schaffung und den Erhalt von Arbeitsplätzen am Standort Stuttgart bieten. OB
Kuhn
erwähnt in diesem Zusammenhang die Porsche AG, die mit ihrem Beitrag zum Neubau der Cranko-Schule Standortfestigkeit und -unterstützung bewiesen habe.
Der Wirtschaft müsse es ermöglicht werden, erläutert StR
Adler
weiter, einen Konsens mit ihren Beschäftigten im strukturellen Wandel zu finden. Hauptsächlich seien ein gut aufgestellter öffentlicher Sektor, die Bedeutung der Beschäftigten im öffentlichen und privaten Bereich, und - alles überragend - die Klimaveränderung wichtig. Der Klimaschutz müsse im Zentrum der Gesamtpolitik der Stadt und der Wirtschaftsförderung stehen.
StRin
Schanbacher
greift das Thema Nachhaltigkeit im Rahmen des Drei-Säulen-Modells (Ökologie - Ökonomie - Soziales) auf und betont, nur im Zusammenspiel dieser drei Faktoren könne ernsthafte Nachhaltigkeit gelingen. Gute Arbeitsplätze, die die Region ausmachten, müssten erhalten und gefördert werden. Dazu zählten auch, so StRin Schanbacher weiter, die Verkehrswende und die Reduzierung von motorisiertem Individualverkehr. Nur so könne man eine nachhaltige Richtung einschlagen und Beschäftigten den Rücken stärken.
OB
Kuhn
äußert gegenüber StRin Schanbacher die Auffassung, die Differenzierung von "guter" und "irgendwelcher" Arbeit sei insofern schwierig, da ebenso "irgendwelche" Arbeit wichtig und in der Region Stuttgart gut entlohnt sei. Nach Auffassung von StRin
Schanbacher
hat die Corona-Krise den Blick auf prekäre und unsichere Arbeitsverhältnisse geschärft. Transformation im Sinne der Beschäftigten bedeute auch, sich das Leben in der Stadt mit allen Facetten leisten zu können. Hierzu gehöre unter anderem, von einer beruflichen Tätigkeit seinen Lebensunterhalt bestreiten und unter fairen Bedingungen mit planbarer Arbeitszeit arbeiten zu können.
Wichtig sei, so StRin Schanbacher, die Auswirkungen der Transformation auf Arbeitsplätze in Stuttgart nunmehr zu einem Diskussionsthema im WA zu machen, wie von ihrer Fraktion bereits 2019 beantragt (Antrag Nr. 68/2019 vom 15.02.2019, Transformationsprozess in der Automobilindustrie - Auswirkungen auf die Stuttgarter Arbeitsplätze). Frau
Aufrecht
erläutert hierzu, die im Antrag erwähnte Studie der IHK gemeinsam mit der IG Metall (Transformation in der Region Stuttgart) sowie die E-Mobil-Studie sollten 2021 mit aktuellen Zahlen und unter Einbeziehung auch und unter anderem der Gewerkschaften als Auftraggeber vorgestellt werden.
StRin
Schanbacher
fährt fort, zur Förderung der Wirtschaft gehöre die Unterstützung aller Wirtschaftszweige, Nacht-ökonomie ebenso wie Start-ups und einzelner Stadtteile, deren Zentren zunehmend vom Leerstand des Handels geprägt seien. Bei den Start-ups komme es auch auf die Gründungsfreundlichkeit der Stadt an. Bei der Unterstützung und Orientierungshilfe der Start-ups sei deutlich Luft nach oben.
Bezogen auf die Erläuterungen von StR Adler zur Entlohnung weniger Qualifizierter bemüht StR
Neumann
ein Zitat von Robert Bosch: "Ich zahle nicht gute Löhne, weil ich viel Geld habe, sondern ich habe viel Geld, weil ich gute Löhne zahle." Renditestarke Stuttgarter Unternehmen entlohnten auch weniger Qualifizierte sehr gut. Auch im Bereich des Sponsorings von z. B. Kulturveranstaltungen unterstützten Unternehmen die Stadt aktiv.
StR
Zaiß
äußert, gewandt an StR Adler, die Meinung, Sozialleistungen und eine hohe Lebensqualität bedingten eine leistungsfähige Wirtschaft. Hier spiele die Wirtschaftsförderung der Stadt eine zentrale Rolle, für die man dankbar sei. Auch sehe er den Gemeinderat in der Pflicht, die Voraussetzungen für eine funktionierende Wirtschaft zu schaffen, sowie für ein vielfältiges Kultur- und Freizeitangebot. Dieses liege aufgrund der Corona-Krise derzeit brach. Seinen Zweifeln an der langfristigen Akzeptanz des Lockdowns durch die Bevölkerung fügt er die Empfehlung an, solche Krisen im Vorfeld vorzubereiten.
Technologieoffenheit ist für StR
Köhler
beim Klimaschutz ein zentraler Punkt. Vertreter der Firmen Bosch und Daimler AG hätten im Spitzengespräch darauf hingewiesen, man könne selbst strenge Klimakriterien in der Automobilindustrie erfüllen, sofern die Stadt die Möglichkeit einräume, in der Entwicklung technologieoffen zu agieren.
Im Hinblick auf die Gewinnung von qualifiziertem Personal sehe er einen direkten Zusammenhang mit dem Thema Wohnen. Hier jedoch sei er zuversichtlich, dass man dieses langfristig mit den derzeitigen Planungen lösen könne. Äußerst wichtig sei für die Unternehmen die Digitalisierung - verbunden mit der Sorge einer Freisetzung von Arbeitsplätzen. Bezogen auf die erforderliche digitale Infrastruktur und den Ausbau der Breitbandanschlüsse hoffe er auf eine Anbindung von 90 Prozent der Stuttgarter Haushalte bis zum Jahr 2030.
StR
Puttenat
wünscht sich noch weitere Treffen mit der Wirtschaft - aber auch mit Arbeitnehmervertreterinnen und -vertretern. Es gehe um eine kritische konstruktive wechselseitige Bindung und einen Konsens zwischen Politik und Wirtschaft, im Rahmen dessen sich die Unternehmen mit der Stadt identifizieren könnten. Die Landeshauptstadt müsse andererseits geeignete Rahmenbedingungen für eine solche Identifikation zur Verfügung stellen. Das Zusammenspiel von Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit sei eine große Herausforderung.
Ihn interessiere, so StR Puttenat weiter, welche Strategien die Stadt mit der Wirtschaftsförderung habe, sollte die so wichtige Automobilindustrie einbrechen. Wichtig sei die Förderung neuer, moderner und nachhaltiger Wirtschaftsfelder unter dem Stichwort Gemeinwohlökonomie, und unter dem Aspekt der hierfür notwendigen Infrastruktur.
OB
Kuhn
bedankt sich für die Diskussion und betont nochmals die Notwendigkeit der Beschleunigung der Transformation, auch in der Stadtverwaltung und im Gemeinderat. Er zeigt aber auch die gute Aufstellung der Stadt Stuttgart im Hinblick auf Arbeitsplätze im Transformationsprozess auf. Kultur, Infrastruktur und Verkehr müssten gepflegt und optimiert werden. Positive Beispiele stellten der NeckarPark und das Baugebiet um den Wiener Platz in Stuttgart-Feuerbach dar. Auch mit dem neuen Regionalbahnhof (Stuttgart-Vaihingen), verbunden mit dem Eiermanncampus, entstehe ein urbanes Gebiet in Stuttgart-Vaihingen/-Möhringen im Zusammenspiel von Wirtschaft, Wohnen, Wissenschaft und Verkehr.
Klimaschutz sei ein wichtiges Thema für Stuttgarter Arbeitsplätze - das müsse jedoch von der Stadt gewollt sein und von Bund und Land ermöglicht werden. Städtische Ziele für die CO
2
-Reduzierung bis 2030 stünden einem Kohleausstieg erst im Jahr 2038 entgegen.
StR
Körner
ist der Meinung, Spitzengespräche, wie das mit Vertretern der Wirtschaft in der vergangenen Woche, seien auch mit deren Betriebsräten nötig. Die Sicherstellung eines Interessenausgleichs, und damit die Betriebsräte in Unternehmen, seien ein Erfolgsfaktor in der Marktwirtschaft, fährt StR Körner fort. StRin
Fischer
verweist in diesem Zusammenhang auf die Tradition der Betriebsbesichtigungen im WA. Dort komme man auch mit der Basis ins Gespräch. Corona-bedingt habe dies in 2020 nicht stattfinden können, der Brauch werde aber so bald wie möglich wiederaufgenommen.
Großes Potenzial für die Gewinnung von guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehe er, wie auch die Wirtschaftsvertreter, so StR
Körner
, beim Wohnungsbau. Der neue Mietspiegel der Landeshauptstadt weise eine 8 %ige Mietpreissteigerung innerhalb von zwei Jahren aus. 2019 habe man im Mietspiegelindex der Firma Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH in Hamburg gar die Stadt München überholt. Dieser sei, so StR Körner zu StRin Fischer, kein politischer, sondern ein seriöser Index.
Neben dem Thema Wohnen sei auch ein intensiverer Austausch mit den Hochschulen (Fachkräftegewinnung) wünschenswert. Die Attraktivität für Fachkräfte hänge wiederum eng mit der urbanen Mobilität zusammen, wo man mit digitalen Technologien durchaus Verbesserungen erzielen könne.
OB
Kuhn
übergibt wegen eines Anschlusstermins den Vorsitz an BM
Fuhrmann
. Dieser dankt dem Oberbürgermeister zum Ende seiner Amtszeit herzlich für die Unterstützung im WA und stellt nach längerer Aussprache fest:
Der Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen hat von dem Bericht
Kenntnis
genommen.
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