Protokoll:
Ausschuss für Umwelt und Technik
des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
49
1
Verhandlung
Drucksache:
GZ:
Sitzungstermin:
14.02.2017
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
OB Kuhn
Berichterstattung:
der Vorsitzende, Herr Erdmenger (Verkehrsministerium BW)
Protokollführung:
Frau Westhaus-Gloël
de
Betreff:
Luftreinhalteplan - Vorstellung Wirkungsgutachten
- mündlicher Bericht durch Verkehrsministerium und Regierungspräsidium Stuttgart -
Der als Tischvorlage verteilte Antrag Nr. 39/2017 vom 14.02.2017 der CDU-Gemeinderatsfraktion, der Freie Wähler-Gemeinderatsfraktion und der FDP, "'Feinstaubalarm', Vorhersage präzise aber Bezeichnung schlecht - Notwendige Änderung umsetzen" ist dieser Niederschrift beigefügt.
Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.
OB
Kuhn
ruft die heutigen Tagesordnungspunkte 1 (siehe oben) und 2 - "Kann der Feinstaubalarm noch zu einem Erfolg werden?", Anfrage Nr. 425/2016 vom 16.12.2016 der CDU-Gemeinderatsfraktion - gemeinsam auf (siehe auch heutige öffentliche Niederschrift Nr. 50).
Bevor Herr Erdmenger vom Verkehrsministerium BW die Ergebnisse des Wirkungsgutachtens vorstellt, berichtet der Vorsitzende zur aktuellen Luftschadstoffsituation und zu den zusätzlichen Maßnahmen, die von der Stadt Stuttgart geplant sind. Er führt aus, trotz der schwierigen, besonders austauscharmen und regenarmen Wetterlage seit November 2016 sei im Jahr 2016 die Belastung durch Feinstaub und Stickoxid gesunken, aber nicht ausreichend gesunken. Beim Feinstaub sei der Grenzwert beim Jahresmittelwert von 40 µg/m
3
überall erreicht worden, auch am Neckartor. Es habe allerdings bei 35 erlaubten Überschreitungstagen (mit mehr als 50 µg/m
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) in 2016 63 Überschreitungstage gegeben, in 2015 72 Überschreitungstage.
Bei den Stickoxiden betrage der 1-Stunden-Grenzwert, den man nur 18 Stunden im Jahr überschreiten dürfe, 200 µg/m
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. Am Neckartor liege man mit 35 Stunden deutlich darüber. Allerdings seien es im Jahr 2015 noch 61 Stunden gewesen. Der Jahresdurchschnittswert habe 2016 an vielen Messstationen in Stuttgart deutlich über dem Wert am Neckartor gelegen, bei 82 µg/m
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, in 2015 seien es noch 87 µg/m
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gewesen. Erlaubt seien aber nur 40 µg/m
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. Vereinfacht ausgedrückt habe sich die Luftschadstoffsituation beim Thema Feinstaub verbessert, während man beim Thema Stickoxide insgesamt schlechter dastehe. Während die Verursachungen beim Feinstaub komplexer seien, würden die hohen Stickoxidwerte vor allem von Dieselfahrzeugen unterhalb der Euro 6-Norm verursacht.
Zu den Feinstaubüberschreitungen und den Stickoxidüberschreitungen gebe es je ein EU-Verfahren gegen den Bund, der die Verfahren an das Land weitergegeben habe. Das Land habe am Neckartor, wo es auch einen privaten Kläger gebe, im Jahr 2016 einen Vergleich geschlossen, der auch im Kabinett beschlossen worden sei. Er sehe vor, dass wenn die Überschreitungen bei Feinstaub und Stickoxiden weiter bestehen, ab 01.01.2018 neben anderen Maßnahmen mindestens eine rechtmäßige verkehrsbeschränkende Maßnahme durchgeführt werden muss, welche bei Feinstaubalarm zu einer Reduktion des Verkehrsaufkommens um 20 % am Neckartor führt. Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gebe es in verschiedenen Städten, z.B. in Düsseldorf und München, aber auch in Stuttgart und anderen Städten im Land. Mit einer Entscheidung Düsseldorf betreffend sei noch in 2017 zu rechnen. Sie habe möglicherweise Auswirkungen auf die anderen beklagten Städte.
Auf der Grundlage des Wirkungsgutachtens werde vom Land ein neuer Luftreinhalteplan verabschiedet werden, fährt OB Kuhn fort. Neben einer Reihe von Maßnahmen setze die Landesregierung auf die blaue Plakette, die im Kern vorsehe, dass alle fahren könnten, aber Dieselfahrzeuge nur, sofern sie die Euro 6-Norm erfüllen. Über die blaue Plakette müsse auf Bundesebene entschieden werden, wo sie bekanntlich bisher abgelehnt werde. In diesem Zusammenhang gebe es auf Seiten der Landesregierung zwei Überlegungen:
Plan A
gehe von einer Einführung der blauen Plakette aus und davon, dass ab 01.01.2018 die blaue Plakette an Feinstaubalarmtagen in Stuttgart schon angewendet werden könne. Wegen Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes müsse ansonsten mit der Anwendung der blauen Plakette gewartet werden, bis eine Marktdurchdringung von 80 % erreicht worden ist. Die Landesregierung sehe Ausnahmen vor für die Lieferverkehre, die wirtschaftlich notwendig sind, sodass das wirtschaftliche Leben in der Stadt weiter ermöglicht wird. Plan A bedeute, dass an Tagen mit austauscharmen Luftverhältnissen in Stuttgart keine Dieselfahrzeuge unter Euro 6-Norm fahren dürfen.
Wenn über den Bund die blaue Plakette nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz nicht freigeschaltet werde, sehe
Plan B
der Landesregierung vor, dass nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) ein Luftreinhaltenetz eingerichtet wird, das sich auf den Talkessel beschränkt und eine ähnliche Wirkung hat, nämlich dass alle fahren können, aber nicht Dieselfahrzeuge unter Euro 6-Norm. Ausnahmen würden wie bei Plan A vorgesehen. Die Unterschiede bei Plan A und Plan B lägen vor allem in der rechtlichen Grundlage und in der Frage der Ausführung. In beiden Fällen würden die Maßnahmen an Feinstaubalarmtagen ergriffen und nicht pauschal das ganze Jahr oder den ganzen Winter über. Über die Pläne der Landesregierung werde demnächst im Kabinett entschieden. Sie seien mit der Stadt Stuttgart erörtert worden, wie auch die Auswirkungen anderer zusätzlicher Maßnahmen in Gesprächen mit der Stadt diskutiert worden seien. Verworfen worden, auch auf den Rat der Stadt Stuttgart hin, sei die Idee, am Wasen einen größeren Park-and-Ride-Parkplatz einzurichten und mit einem Bus-Shuttle vom Wasen im 5-Minuten-Takt in die Innenstadt zu fahren. Auch die Maßnahme, an allen Einfahrtsstraßen in Stuttgart Pförtnerampeln zu installieren, werde nicht weiter verfolgt. Plan A und Plan B seien als Maßnahmen übrig geblieben. Wenn einer der Pläne nicht umgesetzt werde, liege die Entscheidung über die Maßnahmen, die getroffen werden, beim Gericht.
Der Feinstaubalarm habe sich bewährt für die Vorhersage von austauscharmen Wetterlagen, um die Pendler dann aufzufordern, entsprechend zu reagieren. Bisher seien
3-5% an Feinstaubalarmtagen auf den ÖPNV umgestiegen. Noch nicht erreicht worden sei, dass 20 % weniger Autos im Talkessel fahren. Das Instrument Feinstaubalarm werde aber auch für alle weiteren Maßnahmen benötigt, weil sonst nicht nur an vielleicht etwa 60 Tagen im Jahr etwas gemacht werden müsse, sondern dauerhaft, weil die Stickoxidbelastung immer relevant sei.
In ihrer Anfrage Nr. 425/2016 habe die CDU-Gemeinderatsfraktion auch um Auskunft gebeten, welche zusätzlichen Maßnahmen noch vorgesehen sind, so OB Kuhn weiter. Im März werde die Mooswand an der Cannstatter Straße errichtet, deren Auswirkung auf die Feinstaubbelastung dann getestet werden könne. Mit der Dekra seien Kehrversuche vereinbart worden, die jetzt aufgenommen und im Herbst fortgesetzt werden sollten. Mit den Kehrversuchen werde getestet, ob die Vorprodukte, aus denen Feinstaub entsteht, durch regelmäßiges systematisches Kehren beseitigt werden können und so verhindert werden kann, dass weiterer Feinstaub entsteht. Es sei geplant, vom Mineralbad Leuze bis zum Marienplatz regelmäßig mit mehreren Fahrzeugen zu kehren.
Zudem seien vorgezogene Businvestitionen bei der SSB beabsichtigt. 10 City-Busse würden durch Busse mit Euro 6-Norm ersetzt. Die SSB habe vorgeschlagen, in Stuttgart in der Spitzenzeit eine zusätzliche Buslinie von Bad Cannstatt Wilhelmsplatz in die Innenstadt einzurichten, die im 5-Minuten-Takt fahre und die Linie U 1 entlasten solle, bis die Bahnsteige und die Haltestellen bei der U 1 für Doppelzüge ausgebaut seien. Das Parkhaus Österfeld sei im Dezember 2016 als Parkhaus für Pendler, die von dort aus mit dem ÖPNV in die City fahren, eingeweiht worden. Noch werde es allerdings nicht zufriedenstellend angenommen.
In Vorbereitung sei - über den Lenkungskreis Energie, das Amt für Umweltschutz und die Stadtwerke - ein Programm zur zusätzlichen Heizungssanierung, das in den Haushaltsberatungen Thema sein werde. Es solle ein gutes Angebot zur schnelleren Sanierung von alten Ölheizungen im Kesselbereich geben. Das Land habe mit Wirkung ab 24. Februar 2017 den Betrieb von Komfortkaminen an Feinstaubalarmtagen verboten.
Als Fazit sei festzuhalten, dass der Kampf gegen Feinstaub und insbesondere auch geben Stickoxide eine Daueraufgabe der kommunalen Politik bleiben wird. Es gebe nicht die eine Maßnahme, die zum Ziel führe, sondern eine Vielzahl von Maßnahmen, die notwendig seien. Mittel- und langfristig das Beste sei es, den ÖPNV systematisch auszubauen und zu verbessern. Was in der Klausur bei der SSB erarbeitet worden sei, werde jetzt umgesetzt und auch finanziert werden müssen. Die Stadt Stuttgart mit ihrem attraktiven Angebot sei Anziehungspunkt für 5,2 Mio. Menschen in der ganzen Metropolregion. Auch die Hotelübernachtungszahlen seien im Jahr 2016 noch um 100.000 gestiegen. Neben dem Ausbau des ÖPNV und Verbesserungen im Bereich Fuß- und Radverkehr setze man auf die Verflüssigung des Verkehrs, die technische Optimierung der Fahrzeuge und den Ausbau der Elektromobilität, der auch zu Investitionen im Bereich der Infrastruktur führe. Die Maßnahmen, die im Konzept "Nachhaltig mobil in Stuttgart" angesprochen seien, müssten weiter verstärkt und im Haushalt mit Vorschlägen unterlegt werden.
Auch Bautätigkeiten erhöhten die Feinstaubbelastung. Zu einem Konzept der Feinstaubbekämpfung gehöre auch die Frage, wie viel Bautätigkeit der Stuttgarter Kessel auf einmal vertragen könne. Letztlich komme es darauf an, dass Stadt, Verband Region Stuttgart (VRS), Metropolregion und Land ihre jeweiligen Aufgaben vor allem beim ÖPNV rasch wahrnehmen. Der VRS sei für das Thema für Park-and-Ride zuständig und für die S-Bahn, das Land für die halbstündigen Metropolexpresszüge, die ja Teil des regionalen ÖPNV-Pakts seien.
Die gesetzten Ziele, so OB Kuhn abschließend, seien noch nicht erreicht. Es gelte, die Anstrengungen des Gemeinderats und der Verwaltung noch zu verstärken, damit es in der Stadt zu guten Verkehrsverhältnissen komme und bei allen Verkehrsträgern das technisch Optimale herausgeholt werde, was schließlich dazu führe, dass die Grenzwerte bei Feinstaub und vor allem auch bei Stickoxiden eingehalten werden können.
Herr
Erdmenger
verweist zunächst auf den Zwischenbericht zum Wirkungsgutachten im Ausschuss für Umwelt und Technik am 27.09.2016 (Niederschrift Nr. 436/2016) und berichtet zu den Themen Luftreinhalteplan und Wirkungsgutachten im Sinne der Präsentation.
Er informiert über die Schadstoffe Feinstaub und Stickstoffdioxid und das Vorgehen bei der Wirkungsanalyse und zeigt eine Karte von den Straßenabschnitten mit NO
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-Grenzwertüberschreitungen in Stuttgart in 2016, die sich auf etwa 70 km summieren, und sich im Wesentlichen im Talkessel und in Teilen von Feuerbach und Zuffenhausen konzentrieren. Das Modell habe gerechnet, was der Trend 2020 daraus mache und wie sich jede einzelne Maßnahme auswirke. Ziel der Maßnahmen sei es, dass keine bewohnten Straßen über dem Grenzwert liegen.
Im Rahmen des Wirkungsgutachtens seien verschiedene Maßnahmen untersucht und bewertet worden:
- Eine Verschärfung des Lkw-Durchfahrtverbotsgebiets sei nicht geeignet, zur Luftreinhaltung beizutragen und werde im Luftreinhalteplan nicht weiter verfolgt.
- Die Förderung der Elektromobilität bringe bedeutende Emissionsminderungen, eine Reduzierung von 12 % bzw. 14 % beim Straßennetz mit NO
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-Grenzwertüberschreitungen, allerdings unter der Annahme, dass sehr große Fortschritte erzielt werden. Man habe die Annahme gerechnet, dass alle Taxis, alle Pflegedienste und alle Paketdienste elektrisch fahren. Der Effekt von 2 % zusätzlich, wenn alle SSB-Busse im Talkessel elektrisch fahren, sei deshalb nicht besonders hoch, weil heute die SSB-Busse im Talkessel zumeist schon elektrisch fahren oder die Euro 6-Norm erreichen.
- Zusätzliche Geschwindigkeitsbeschränkungen zu den bestehenden Tempo-40-Steigungsstrecken würden einen Emissionsminderungsbeitrag bringen, wenn auch keinen besonders hohen. Untersucht worden sei auch die Maßnahme, auf Zubringerstraßen nach Stuttgart und zwar auf den Strecken, die auf dem Stadtgebiet, aber außerorts liegen, Tempo 50 bzw. auf vierspurigen Straßen Tempo 60 einzuführen. Erstaunlicherweise führe das zu einer bedeutenden Reduzierung von 17 % bei den Strecken, die über dem Grenzwert liegen. Eine zusätzliche Geschwindigkeitsbeschränkung von Tempo 100 auf Autobahnen führe dann aber wiederum zu höheren Grenzwertüberschreitungen, bei Stickoxiden relativ gering, beim Feinstaub deutlich, was damit zusammenhänge, dass diese Maßnahme einen Anreiz setze, die Route durch das Stadtgebiet zu wählen anstatt auf der Autobahn zu fahren. Damit sei Tempo 100 auf den Autobahnen keine geeignete Maßnahme, um die Luftqualität in der Stadt zu verbessern.
- Untersucht worden seien auch Maßnahmen zur Verkehrsverlagerung auf den Umweltverbund:
Ausbau und Förderung Umweltverbund (ÖPNV, Fuß- und Radverkehr)
Erhöhung Parkgebühren
Nahverkehrsabgabe für Pkw-Besitzer in der Region
City-Maut im Stuttgarter Talkessel
Alle diese Maßnahmen führten zu einer deutlichen Verminderung, sowohl beim Feinstaub als auch bei den Stickoxiden, reichten aber allein jeweils noch nicht aus. Beim Ausbau des Umweltverbundes seien alle Infrastrukturmaßnahmen im ÖPNV, die sich in der Umsetzung befinden und bis 2020 abgeschlossen sind, einbezogen worden.
- Die blaue Umweltzone im Stadtgebiet Stuttgart führe zu einem Rückgang von 95% bei den Überschreitungstrecken beim Stickoxid. Bei der blauen Umweltzone sei modelliert worden, dass sie eingeführt wird, wenn 80 % der Fahrzeugflotte, der Pkw und leichten Nutzfahrzeuge, eine blaue Plakette bekommen könnten, was vermutlich im Jahr 2020 der Fall sein werde. Der Effekt liege darin, dass die 20 %, die die Anforderungen der blauen Plakette noch nicht erfüllen, dann in der Stadt nicht fahren dürften. Damit werde ein großer Teil der Stickstoffdioxidemissionen aus dem fließenden Verkehr gesenkt. Die Maßnahme sei mit 20 % Ausnahmen (von den 20 %, die nicht fahren dürfen, erhalten 20 % eine Ausnahme) gerechnet worden. Eine weitere Maßnahme, die von manchen Umweltverbänden in die Diskussion gebracht worden sei, im Wesentlichen von der DUH in dem Gerichtsverfahren, sei ein Verkehrsverbot für alle Dieselfahrzeuge im Stadtgebiet Stuttgart. Diese Maßnahme bringe nur unwesentlich mehr als die blaue Umweltzone. Das habe damit zu tun, dass bei der Umweltzone ein Modernisierungsanreiz für die Flotte entstehe.
Die Maßnahme, bei Feinstaubalarm nur gerade/ungerade Kennzeichen im Talkessel zuzulassen, habe bezogen auf das Stadtgebiet, nur einen geringen Effekt, weil es zu Ausweichverkehren komme. Die blaue Plakette im Talkessel bei Feinstaubalarm habe einen deutlichen Rückgangseffekt von 24 % bei Stickoxiden und 17 % beim Feinstaub, gerechnet für 2018, weil sie die schmutzigeren Fahrzeuge betreffe.
Als Fazit hält Herr Erdmenger abschließend fest:
- Das Modell hat sich bewährt, es erlaubt Quantifizierung und Priorisierung
- Die zwei Ziele, Stickoxid- und Feinstaubemissionen zu vermindern, können verfolgt werden
- Viele Einzelmaßnahmen tragen zum Gesamterfolg bei
- Die Komfort-Kamin-Verordnung ist auf dem Weg
- Die blaue Umweltzone ist die wirkungsvollste Maßnahme. Sie ist temporär ab 2018 möglich. Bei der Einführung muss darauf geachtet werden, dass nicht Ausweichverkehre entstehen, die an anderer Stelle zu Erhöhung der Emissionen führen. Die Maßnahme wird daher nicht nur den Talkessel, sondern auch Feuerbach und Einzelstrecken in Zuffenhausen umschließen. Die ganzjährige blaue Umweltzone wird voraussichtlich im Jahr 2020 eingeführt werden können, ab einer Flottendurchdringung von 80% bei der Euro 6-Norm
- Für eine dauerhafte Wirkung sind Maßnahmen zur Verkehrsverlagerung auf umweltfreundliche Verkehrsträger besonders wirksam.
Die in der anschließenden Aussprache von allen Stadträten gestellten Nachfragen zum Verständnis werden nicht aufgeführt, sondern nur die Beantwortung durch Herrn Erdmenger und OB Kuhn.
StR
Kotz
(CDU) bittet zunächst darum, dass die Präsentation sowie die Berechnungen und Diagramme zum Wirkungsgutachten den Fraktionen zur Verfügung gestellt werden. Er spricht sich dafür aus, die Verlagerung des motorisierten Individualverkehrs nicht nur in den ÖPNV, sondern auch auf andere Strecken voranzutreiben. Mit einer Filderauffahrt könne man Verkehr aus dem Talkessel bekommen. Anschließend geht StR Kotz auf die einleitenden Äußerungen von OB Kuhn ein. Er betont, wenn schon an Sonn- und Feiertagen im Januar die zulässige Feinstaubkonzentration überschritten worden sei, stelle sich aus seiner Sicht die Frage nach der Verhältnismäßigkeit von Fahrverboten. Positiv beurteile er das geplante Erneuerungsprogramm für Heizungsanlagen im Stadtgebiet. Für schwierig halte er, dass OB Kuhn beim Bauen in der Stadt wohl die Planwirtschaft einführen wolle.
Auf Plan A und Plan B der Landesregierung eingehend kritisiert StR Kotz, dass dann ab 01.01.2018 von in Stuttgart zugelassenen Fahrzeugen 73.065 Diesel-Pkw an Feinstaubalarmtagen nicht mehr fahren dürfen. Erfreulich sei, dass für die Wirtschaft Ausnahmen geplant seien. 56.534 von den Diesel-Pkw seien allerdings privat genutzt. Er befürchte einen "gewaltigen politischen Druck". Es stelle sich die Frage, ob das, was das Gericht anordne, wenn die Stadt keine Maßnahmen ergreife, überhaupt so viel schlimmer sein könne.
Alle vorgestellten kurz- und mittelfristigen Maßnahmen könnten von der Stadt nicht allein finanziell gestemmt werden. OB Kuhn müsse sich für eine finanzielle Beteiligung des Landes einsetzen. Für den Ausbau der schienengebundenen Verkehrsinfrastruktur, für Straßen, für schienengebundene Fahrzeuge und für moderne Busse müssten zusätzliche Mittel fließen.
Die Anfrage Nr. 425/2016 seiner Fraktion sieht StR Kotz als beantwortet an. Er begründet den als Tischvorlage verteilten gemeinsamen Antrag Nr. 39/2017 und plädiert dafür, den Begriff "Feinstaubalarm", der zu drastisch sei und eine schlechte Außenwirkung für das Image der Stadt habe, zur nächsten Feinstaubsaison im Herbst durch einen geeigneteren Begriff, der vielleicht auch das Thema Stickoxid aufgreife und nicht so einen akuten Alarmcharakter habe, zu ersetzen.
StR
Peterhoff
(90/GRÜNE) weist, an seinen Vorredner gewandt, darauf hin, dass bei austauscharmer Wetterlage die Feinstaubwerte auch an Tagen mit weniger Verkehr hoch bleiben. Bei der Stickoxidbelastung liege die Ursache zu 60 - 75 % beim Verkehr. Vor allem die älteren Diesel-Fahrzeuge seien das Problem. Das Thema, auf das es ankomme sei, mit welchen Maßnahmen die Stickoxidbelastung gesenkt werden könne.
Die blaue Plakette sei eine sinnvolle Maßnahme ab 2018 an Feinstaubalarmtagen und ab 2020, wenn die Flottendurchdringung gegeben sei, an allen Tagen. Wenn die Einführung auf Bundesebene nicht möglich sei, müsse eine Stuttgarter Maßnahme mit derselben Wirkung kommen. Notwendig seien auf jeden Fall wirkungsvolle Kontrollen. Eine sehr wichtige Maßnahme sei aus Sicht seiner Fraktion auch die schnelle Einführung von Tempo 50/60 auf Zubringerstraßen im Stadtgebiet. Zu überprüfen sei auch, ob Tempo 50/60 auf Straßen in der Region die Stickoxidwerte senken können.
StR Peterhoff spricht sich für zusätzliche Maßnahmen aus wie eine Expressbuslinie von Bad Cannstatt zum Hauptbahnhof, Zuflussdosierungen durch Pförtnerampeln mit Bevorrechtigung für den ÖPNV, Verteuerung der bewirtschafteten Parkplätze an Feinstaubtagen, sowie Ausweitung des Parkraummanagements über das bisher vorgesehene Maß hinaus. Beim ÖPNV müssten nicht nur Flotten erneuert, sondern auch die Kapazitäten gesteigert werden. Eine Nahverkehrsabgabe könne eine wichtige Grundlage sein, um bei dieser großen Aufgabe einen Schritt voranzukommen.
StR
Körner
(SPD) kritisiert die Diskussion, die ihn an "absurdes Theater" erinnert. Er gebe StR Kotz mit seiner Kritik am Begriff "Feinstaubalarm" insoweit Recht als der Ausdruck "Alarm" in einem eigentümlichen Gegensatz zu dem stehe, was wirklich getan werde, wenn es zum Beispiel um die Stärkung des ÖPNV gehe. Das Feinstaubticket habe schon mehr als 5 Mio. € gekostet, das Land zahle die Hälfte, aber eine Verbesserung des Abendtakts bei den Innenstadtbussen für 500.000 €, wie es seine Fraktion beantragt habe, sei abgelehnt worden. Auch auf die Umsetzung eines Fahrverbots sei die Stadt bisher nicht vorbereitet.
Für die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen zum Ausbau des ÖPNV würden Fördermittel vom Land benötigt. Das Land habe aber erst im Dezember 2016 eine Verwaltungsvorschrift dahingehend geändert, dass Eigenleistungen der SSB nicht mehr förderfähig sind, was zu einer weiteren Reduzierung beim Fördersatz führe. Auch die erst jüngst eingeführte Bezuschussung des Landes für Ersatzbeschaffung von Schienenfahrzeugen sei völlig unzureichend. Dringend erforderlich sei eine echte ÖPNV-Offensive. Die Stärkung des Umweltverbundes bringe als Maßnahme nur 11 % weniger bei den Stickstoffdioxiden, weil bisher viel zu wenig bis 2020 beschlossen sei.
StR
Ozasek
(SÖS-LINKE-PluS) bezeichnet die dargestellten Absichten der Landesregierung als "völlig inakzeptabel, unzureichend, ökologisch und sozial höchst fragwürdig". Die Grenzwerte seien schnellstmöglich einzuhalten und nicht erst in einigen Jahren. Das größte Interesse scheine darin zu bestehen, die Autoindustrie vor Kritik und finanziellen Folgen zu schützen. Nicht das Wetter, sondern der Autoverkehr sei die Quelle allen Übels. Das Ziel einer Verkehrsminderung auf freiwilliger Basis durch den Feinstaubalarm sei gescheitert. Die Maßnahmen sollten nur an Feinstaubüberschreitungstagen ergriffen werden, dabei sei die hohe Stickoxidbelastung die entscheidende und zentrale Herausforderung.
Die Landesregierung setze mit Plan A weiterhin auf die blaue Plakette, obwohl sie im Bundesrat keine Mehrheit für dieses Vorhaben habe erzielen können und auch die Bundesregierung es abgelehnt habe. Eine blaue Plakette käme einem "Abwrackzwang" für mehrere 100.000 Fahrzeuge in der Region gleich. Das Problem bei Plan B sehe er darin, dass saubere Diesel-Fahrzeuge für den breiten Markt noch gar nicht zu erhalten seien.
StR Ozasek plädiert für eine ÖPNV-Offensive, die vom Land mit finanziellen Mitteln gefördert wird. Er spricht sich für Geschwindigkeitsbeschränkungen, die Erhöhung der Parkgebühren und eine Nahverkehrsabgabe aus. Die Verkehrsmenge müsse an Überschreitungstagen deutlich reduziert werden, auch über eine Verkehrsmengendosierung mit Pförtnerampeln. Auf dem Weg des Umbaus der autogerechten Stadt müsse das Fassungsvermögen des Straßennetzes durch die Umnutzung von Fahrspuren eingeschränkt werden. Der heute aufgezeigte Weg sei nicht zielführend. Vermutlich würden die Gerichte den Weg weisen müssen.
StR
Zeeb
(FW) sorgt sich um das Image der Stadt Stuttgart, das derzeit von den "Markenzeichen Feinstaub und Stickoxid" bestimmt sei. Er plädiert dafür, sich als Stadt zu präsentieren, die zwar in manchen Bereichen Probleme habe, aber versuche, dafür gemeinsam mit der Stadtgesellschaft innovative Lösungen zu finden. Für hilfreich halte er eine grafische Darstellung der Bereiche, in denen Grenzwertüberschreitungen von Stickoxiden und Feinstaub auftreten. Dem Begriff "Feinstaubalarm" stehe er "sehr ablehnend gegenüber", auch weil nicht deutlich werde, dass es in manchen Bereichen in den letzten Jahren besser geworden ist. Im Sinne einer positiven Außendarstellung solle eine neue Begrifflichkeit gesucht werden. Schnellstmöglich müssten darüber hinaus Szenarien aufgezeigt werden, was die Einführung der blauen Plakette oder des Luftreinhaltenetzes wirklich bedeute. Dann könnten sich die Bürger auf das einstellen, was nicht abwendbar sei.
StR
Brett
(AfD) unterstützt den Antrag, den Begriff Feinstaubalarm durch einen geeigneteren zu ersetzen.
StR
Conz
(FDP) bezeichnet eine mögliche Nahverkehrsabgabe als "Sondersteuer für Autobesitzer". Mit den vorgestellten Maßnahmen dürften nur noch nagelneue und sehr teure Autos in Stuttgart fahren. Leute mit kleinem Einkommen würden aus der Stadt verdrängt. Positiv zu vermerken sei, dass sich OB Kuhn dafür eingesetzt habe, den von der Dekra vorgeschlagenen Kehrversuch durchzuführen.
Auch StR
Dr. Schertlen
(STd) findet den Begriff "Feinstaubalarm" nicht passend. Die Gefährdungslage, die dem Begriff zugrunde liege, sei nicht nachgewiesen. Der Begriff "Luftreinhalteperiode" reiche völlig aus. Für notwendig halte er einen Abgleich der Verkehrsbewegungen, die von der Region in die Stadt hinein stattfinden, mit den geplanten neuen öffentlichen Nahverkehrsverbindungen. Anstelle eines zusätzlichen Busverkehrs von Bad Cannstatt ins Zentrum solle die SSB lieber autonom fahrende Bahnen einsetzen, auf Abschnitten auch begleitetes Fahren. Das Problem in der Region liege darin, dass es kaum radiale und tangentiale Verbindungen gebe. Weiter spricht sich der Stadtrat für den Ausbau des Radverkehrs und von Mitfahrbörsen aus. Die grüne Welle für den Individualverkehr könne den Feinstaub durch Abrieb verringern.
StR Dr. Schertlen verweist auf eine Reihe von Anträgen, die er gestellt hat. Sein Antrag, in der S-Kurve beim Neckartor mit Tempo 30 die Luftschadstoffe zu senken, sei fehlerhaft beantwortet worden. Sinnvoll sei es, wie ebenfalls beantragt, mit den Mobilitätsanbietern in der Region einen Runden Tisch einzurichten und die Forschungseinrichtungen mit einzubeziehen. Baumaschinen auf Baustellen im Stadtgebiet sollten nach einer Übergangszeit für die Baufirmen zukünftig im Teilhybridmodus betrieben werden, also nicht nur mit Diesel, sondern auch mit Strom. Die Modernisierung von veralteten Heizungssystemen werde von ihm ebenfalls unterstützt.
Herr
Erdmenger
nimmt Stellung zu Fragen und Anmerkungen. Seine Ausführungen sind im überarbeiteten Wortlaut wiedergegeben:
„Sie hatten darum gebeten, dass Sie die Ergebnisse präsentiert bekommen, sobald das Wirkungsgutachten vorliegt. An diesem Punkt sind wir heute. Ich bitte aber um Verständnis, dass wir heute nicht jede Maßnahme in der Einzelausführung vorstellen können. Die wesentlichen Maßnahmen sind aber hier vorgestellt worden. Jetzt steht anhand der Zahlen, die Sie gesehen haben, die zeigen, wo die großen Wirkungen zu sehen sind, wirklich eine Entscheidung darüber an, wie das ausgestaltet werden soll. Das werden keine leichten Entscheidungen sein, darauf haben verschiedene Redner schon hingewiesen. Deswegen ist diese Diskussion besonders wichtig, und ich werde mich bemühen, auch die Wissensfragen, die gestellt wurden, abzuarbeiten.
Eine Frage kam zu der Messstelle am Neckartor. Wenn eine solche Messstelle aufgestellt wird, wird vorher eine Voruntersuchung gemacht, die Naturwissenschaftler nennen das Screening, wo an verschiedenen Stellen entlang dieses Straßenabschnitts die Schadstoffbelastungen gemessen werden. Dann wird ein Standort ausgewählt, der für diesen Straßenabschnitt repräsentativ ist. Und deswegen, Herr Kotz, Sie hatten das gefragt, wird es nicht passieren, dass man plötzlich eine Messstelle an einem Punkt hat, wo nur an diesem einen Meter eine Überschreitung ist. Die Messstelle wurde meines Wissens 2004/2005 konzipiert. Ergänzend messen wir seit dem letzten Jahr noch einmal rund um das Neckartor herum Stickoxidwerte, um zu schauen, hat sich womöglich etwas verändert. Auch das ist ja nie ausgeschlossen. Und auch da sehen wir, das Niveau rund um die Messstelle ist entsprechend hoch am Neckartor. Und nicht nur genau an diesem Ort, wo die Messstelle steht.
Herr Ozasek hatte ein paar methodische Fragen gestellt. Einmal hatten Sie sich gewundert, dass das Referenzjahr wechselt. Wir haben uns bemüht, als Referenzjahr immer das früheste Jahr zu wählen, bei dem man die Maßnahme einführen kann, sodass man den Vergleichsmaßstab hat, der in dem Jahr gilt. Es ist so, dass Sie potenziell, wenn Sie die Maßnahme früher ergreifen, eine höhere Wirkung haben, weil die Überschreitungen dann noch höher sind. Wenn Sie sie später ergreifen, haben Sie eine niedrigere Wirkung, weil der Trend sich an einigen Punkten auch schon etwas gebessert hat. Deswegen kann man jetzt keine eindeutige Aussage dazu machen, ob man je nach Referenzjahr besser oder schlechter von den Maßnahmewirkungen dasteht. Der Vergleich, den wir im Jahr 2019 haben, mit dem vollständigen Verbot aller Dieselfahrzeuge, mit der Modellierung dieser Maßnahme, zeigt ja, dass auch die keine höhere Wirkung hat. Und deswegen ist das eine sehr aussagekräftige Zahl, die wir da im Jahr 2019 haben. Ich kann Ihnen aber bestätigen, auch im Jahr 2020 ist die Maßnahmewirkung ähnlich und unterscheidet sich nicht in der Dimension.
Sie hatten auch gefragt, ob die Prämissen, die ich in der letzten Präsentation gezeigt hatte, jetzt unter den Tisch gefallen sind. Nein, das sind sie nicht. Es ist aber so, dass wir es mit einer komplexen Wirklichkeit zu tun haben und versuchen, in Modellen eine vereinfachte Welt dieser komplexen Wirklichkeit abzubilden. Bei der Präsentation muss ich auf der Folie noch einmal vereinfachen, was das Gutachten aussagt. Das Gutachten ist aber in der Lage, viel exakter als ich das in meiner Präsentation tun konnte, für jeden Straßenabschnitt zu sagen, was die Voraussetzung dafür ist, dass wir die Grenzwerte einhalten. Beim letzten Mal haben Sie auf meiner Folie eine Vereinfachung gesehen, die quasi generell fürs Neckartor galt. Jetzt haben Sie es spezifischer.
Herr Körner hatte die Frage gestellt, was wird denn aus dem Vergleich? Wird der denn mit den Maßnahmen, die wir vorgestellt haben, eingehalten? Die Antwort ist Ja. Denn sowohl bei temporären Maßnahmen mit blauer Plakette als auch bei temporären Maßnahmen über Einzelstreckenanordnungen haben wir in dieser Situation einen deutlichen Verkehrsrückgang, und zwar laut Modell auch direkt am Neckartor. So haben wir quasi am Neckartor die Wirkung, aber wir haben sie auch auf weiteren Straßenabschnitten, was gut für die Luft in Stuttgart ist und was ja auch das Anliegen dieses Ausschusses war, nicht nur eine punktuelle Verbesserung am Neckartor zu machen. Genau das ist umgesetzt worden, und wir mussten es auch modellieren. Wir müssen ja auch aufpassen, dass wir nicht Probleme an einer Stelle lösen und an einer anderen Stelle neu schaffen. Das verbietet übrigens auch das Immissionsschutzrecht. Man darf nicht bei den einen eine Entlastung der Luft haben, und an anderen Straßenabschnitten kommt es dann zu Grenzwertüberschreitungen oder höheren Grenzwertüberschreitungen. Deswegen muss man da sehr genau aufpassen, wie das Netz geschnitten wird und wie es sich im Einzelnen darstellt. Mit der Maßnahme, so wie wir sie jetzt entworfen haben, schaffen wir das. Das ist die gute Nachricht.
Es war noch die Frage, was bei der Erhöhung der Parkgebühren modelliert worden ist. Auch da muss ich sagen, das ist ein Modell, das die Wirklichkeit vereinfacht. das Modell kennt nicht alle Parkhäuser und deren Parktarife und jeden einzelnen Parkplatz in Stuttgart. Es rechnet damit, dass am Zielort die meisten Pkw eine Parkgebühr zu entrichten haben und geht von einer mittleren Gebühr aus. Diese haben wir probeweise in dem Modell einmal verdoppelt. Diese mittlere Gebühr kommt zustande aus einer Mischung von Parkplätzen, wo man nichts bezahlt, Parkplätzen, wo man zeitweise nichts bezahlt, Parkplätzen, wo man wenig bezahlt, und solchen, die man teuer bezahlt. Das heißt, es wird eine Ausgestaltungsfrage für die Stadt sein und für alle Parkhausbetreiber, wie sich diese Maßnahme umsetzen lässt. Das Land bietet ebenfalls Pkw-Stellplätze an.
Mehrere Fragen gab es dazu, wie die Werte zu der Geschwindigkeitsbeschränkung zu verstehen sind. Wenn Sie die Werte für Tempo 50, Tempo 60 außerorts mit den Werten für Tempo 100 auf Bundesautobahnen vergleichen, müssen Sie wissen, dass das Modell Tempo 100 auf den Autobahnen zusätzlich zu der Geschwindigkeitsbeschränkung auf den Zubringerstraßen gerechnet hat. Der Rückgang der Minderung von 17 auf 16 % bei den Stickoxiden oder von 5 auf 0% beim Feinstaub ist das Anzeichen dafür, dass Tempo 100 auf Autobahnen laut Modell kontraproduktiv wirkt. So ist die Rechnung zu interpretieren.
Es wurde von Herrn Kotz die Frage gestellt, welche Handlungsoptionen denn ein Krankenpfleger mit altem Diesel-Pkw hat, um zur Arbeit zu kommen, wenn die blaue Plakette oder das Luftreinhaltenetz kommt. Der Krankenpfleger hat natürlich, soweit er in der Nähe einer ÖPNV-Station wohnt, die Möglichkeit, auf umweltfreundliche Verkehrsmittel auszuweichen. Sofern er aber sagt, ich muss Auto fahren, hat er in dem Modell drei Möglichkeiten. Er hat die Möglichkeit, bei jemand anderem mitzufahren. Falls er sagt, ich möchte mir ein modernes Dieselfahrzeug kaufen, kann er das machen. Das tun nach meiner Erfahrung viele Menschen z. B. über Leasing. Aber es gibt außerdem auch noch die Möglichkeit, ein preisgünstiges Benzinfahrzeug zu kaufen. Also wir haben eine Reihe von verschiedenen Anpassungsmöglichkeiten, die Menschen haben, um zur Arbeit zu kommen. Das war uns tatsächlich wichtig, die Maßnahme zu finden, die den geringstmöglichen Eingriff bedeutet. Das heißt nicht, dass sie nicht spürbar sein wird. Ich glaube, das muss man sich klar machen. Eine Luftreinhaltung in Stuttgart bekommt man nicht so hin, dass am Ende alle sagen, war da überhaupt was? Das wird nicht der Fall sein.
Herr Peterhoff hatte gefragt, ob bei der Wirkung der blauen Plakette die Real-Emissionen der Euro 6-Norm zugrundegelegt worden sind. Ja, genau die haben wir gerechnet. Das Modell bildet die Flotten ab und wie sie sich Jahr für Jahr erneuern, also dass alte Fahrzeuge verschrottet oder verkauft werden und neue Fahrzeuge dazukommen. In dem Immissionsteil des Modells werden sogenannte Emissionsfaktoren auf jeden Fahrzeugkilometer berechnet. Und diese Emissionsfaktoren werden von der wissenschaftlichen Kommission - Schweiz, Deutschland, Österreich arbeiten da zusammen -, anhand der realen Emissionen auf der Straße festgelegt. Das sind nicht die Rollenstandswerte, sondern die realen Emissionen auf der Straße, die wir da berechnet haben. Das mindert auch den Effekt der blauen Umweltzone, aber es mindert ihn nicht so sehr, dass wir nicht die beschriebenen Maßnahmewirkungen haben. Und deswegen ist das sehr verlässlich. Wir haben übrigens mit 20 % Ausnahmen gerechnet, uns also auch an dem Punkt bemüht, so zu rechnen, dass wir die Maßnahme nicht schönrechnen.
Schöngerechnet haben wir, wenn man so möchte, die Maßnahme mit dem Lkw-Durchfahrtsverbot. Sie hatten den Verdacht geäußert, dass das ja nicht wirksam wäre, weil es nicht ausreichend kontrolliert würde. Das vermag ich nicht zu beurteilen, aber ich kann Ihnen sagen, das Modell vereinfacht die Wirklichkeit so, dass es davon ausgeht, es wird vollkommen kontrolliert, und alle halten sich daran. Das heißt, es ist die maximale Maßnahmewirkung, und die ist leider nicht vorhanden. Für die Luftreinhaltung trägt sie nichts bei.
Der Straßenverkehr hat am Neckartor knapp 50 % Einfluss auf die Feinstaubemissionen. Die sogenannten Komfortkamine haben nach neuesten Zahlen jetzt etwa 15 % Einfluss auf den Feinstaub. Wir haben auch Feinstaub, der großräumig eingetragen wird, z. B. aus der Landwirtschaft oder auch aus anderen Regionen, wo wir die Quelle nicht feststellen können. Wir sind deswegen bei der Frage, woher der Feinstaub kommt, so sicher, weil die LUBW (Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg) in der Lage ist, Filterkuchen ganz genau zu analysieren. Dass Komfortkamine eine so große Bedeutung haben, liegt erstens daran, dass es viele gibt, etwa 20.000 gegenüber etwa 200 Holzpellet-Anlagen. Und es liegt daran, dass sie schlechtere Emissionswerte haben als entsprechend geregelte Anlagen. Deswegen haben wir an der Stelle die Möglichkeit, einen großen Beitrag zu erreichen.
Die Entscheidung, ob das Land weiterhin Geld für die Feinstaubtickets zur Verfügung stellt, ist noch nicht gefallen. Wenn es entsprechend restriktive Maßnahmen bei Feinstaubalarm gibt, wird es auch entsprechende Anreize gibt, Alternativen zu benutzen. Davon können Sie ausgehen. Eins funktioniert natürlich nicht, nämlich dass aus dem Problem Luftreinhaltung heraus gesagt wird, jetzt müssen Sie erstens alle Verkehrsprobleme lösen und Herausforderungen, die eine Kommune hat und zweitens soll das Land auch noch möglichst alles bezahlen. Das Land übernimmt seine Beiträge, und die Kommune trägt ihre Beiträge. Und an den Punkten, die wir, gemeinsam verabredet, zusätzlich machen, beteiligt sich das Land. Das wird auch in Zukunft so sein."
Anschließend nimmt Ob
Kuhn
Stellung zu Fragen und Anmerkungen. Seine Ausführungen sind ebenfalls im überarbeiteten Wortlaut wiedergegeben:
"Vielen Dank, Herr Erdmenger. Ich möchte jetzt selbst noch auf einige Punkte eingehen und fange an beim Feinstaubticket. Wenn die Anzahl der Feinstaubtage im normalen Bereich liegt, gibt es bei den VVS-Abonnenten keine großen Probleme, weil das Abo immer billiger ist. Sobald aber 15, 16 Feinstaubtage pro Monat überschritten werden, fragen sich viele Abonnenten, wo ihr Vorteil bleibt. Das haben wir gestern in der VVS-Tarifklausur noch einmal diskutiert. Wir werden für die Feinstaubperiode ab Oktober 2017 darauf eine Antwort geben müssen, die auch die Abonnenten berücksichtigt. Die Kernüberlegung bei der VVS-Tarifpolitik ist ja immer, wie wir es schaffen, mehr Abonnenten zu bekommen. Deswegen müssen wir reagieren, wenn die Abonnenten unzufrieden sind.
Jetzt zu verschiedenen Punkten. Herr Kotz, meine Ausführungen zum Wetter hatten den Sinn, Ihnen darzustellen, dass wir - nachdem wir in 2016 besser geworden sind - noch besser wären, wenn das Wetter ab November nicht so elend gewesen wäre. Nicht mehr und nicht weniger. Keiner weiß, wie das Wetter in diesem und im nächsten Jahr sein wird. Und das ist auch gut so. Die sehr extreme Wetterlage führt übrigens in allen großen deutschen Städten zu Überschreitungen beim Feinstaub. Meine Äußerung zur Belastung durch Baustellen zu interpretieren als 'Planwirtschaft im Baubereich', ist eine Übertreibung. Ich will auf etwas anderes hinweisen. Mit Stuttgart 21 und dem Rosensteinviertel haben wir mitten im Kessel sehr intensive Bautätigkeiten. Und deswegen sollten wir schauen, dass wir das erst fertigstellen, bevor wir Großbaustellen und Großprojekte neu planen und durchziehen. Damit habe ich nicht die Verdichtungen für den Wohnungsbau gemeint.
Grüne und CDU haben im Kabinett des Landes dem Vergleich mit den Klägern zugestimmt und sich verpflichtet, und zwar rechtskräftig, dass sie zur Reduktion der Stickoxidbelastung und der Feinstaubbelastung am Neckartor mindestens eine verkehrsbeschränkende Maßnahme durchführen werden, die zu einer Reduktion am Neckartor mit 20 % führt. Das muss nicht eine Verkehrsbeschränkung nur am Neckartor sein, das hat Herr Erdmenger ausgeführt. Und dieses muss das Land jetzt umsetzen. Das heißt, wir stehen nicht vor der Alternative, schauen wir mal, was wir für Maßnahmen machen. Vielleicht wäre ein Tunnel besser oder die Filderauffahrt oder ÖPNV-Maßnahmen, die in fünf Jahren kommen? Der Vergleich meint den 01.01.2018, und daran führt kein Weg vorbei. Deswegen hat ja das Land zwei Vorschläge gemacht. Wenn die blaue Plakette vom Bund nicht kommt (Plan A), hat das Land einen Vorschlag gemacht, mit Plan B, für ein Luftreinhaltenetz im Stuttgarter Kessel - Teile von Feuerbach und Zuffenhausen sind auch betroffen -, in dem ab 01.01.2018 an Feinstaubalarmtagen, Diesel unter Euro 6-Norm nicht fahren dürfen, also eine Zugangsbeschränkung und eine Fahrbeschränkung. Herr Kotz hat in der Dimension der Fahrzeuge ja gezeigt, was das heißt.
Und da muss ich in Richtung SPD sagen, Sie haben den freiwilligen Umstieg im Unterschied zu den Grünen und zur CDU abgelehnt. Und jetzt kommen Sie und sagen, das ist ein absurdes Theater. Sie wollen auch keine Verbote und haben sich für die Strategie 'Ausbau ÖPNV' entschieden. Dann dürfen Sie nicht die Maßnahmen ignorieren, die die SSB und die Stadt machen. Die U12 wird ab September 2017 bis nach Remseck fahren mit einer hervorragenden Linie, die viele Industriegebiete anfährt und mitten durch die Stadt fährt. Die U19 haben wir geschaffen, und sie wird ab Herbst weiter fahren. Da bin ich mir ganz sicher. Die U13 haben wir in der Kapazität verbessert. Jetzt reden wir über neue Buslinien. Und wir haben ein ganzes Programm in Degerloch auf der SSB-Aufsichtsratsklausur beschlossen und vorbesprochen, was im Doppelhaushalt finanziert werden muss. Ich kann aber mit Stadtbahnausbauten, die in drei, vier Jahren realisiert werden, nicht die Feinstaubprobleme von heute lösen, die am 01.01.2018 gelöst werden müssen. Das muss man, glaube ich, schon in Relation stellen.
Jetzt zur CDU. Ich glaube, es ist ein gutes Prinzip zu sagen, was bei Feinstaub und bei Stickoxiden hilft, das machen wir auch, wenn es verhältnismäßig ist und wenn es rechtskonform ist. Es kann nicht so sein, dass jeder nur seine Lieblingsmaßnahmen machen will. Denn es ist nicht zu bestreiten - da haben mich, Herr Dr. Schertlen, Ihre Äußerungen sehr gewundert -, dass Feinstaub und Stickoxide insbesondere die Atmungsorgane und das Herz-Kreislauf-System belasten. Langfristschäden werden hervorgerufen, wenn man sich dauernd diesen Schadstoffen aussetzt. Man muss keine Panik daraus entwickeln, aber man kann es auch nicht einfach ignorieren. Im Übrigen haben deswegen der Gesetzgeber und die EU die Grenzwerte erlassen. Eine Stadt muss darauf reagieren.
Mehrere haben den Begriff Feinstaubalarm kritisiert. Ich will noch einmal klar sagen, nicht der Feinstaubalarm ist das Problem, sondern der Feinstaub. Wir haben hohe Feinstaubwerte und hohe Stickoxidwerte. Wir werden zwar besser, aber die Grenzwerte erfüllen wir noch nicht. Sie kritisieren den Begriff. Die Fakten sprechen aber eine andere Sprache. In der Stadt Stuttgart gab es im Jahr 2016 gegenüber dem Jahr 2015 ein Plus von100.000 Hotelübernachtungen. So abschreckend kann der Begriff also nicht sein. Wenn die Stadt es schafft, die Grenzwerte einzuhalten, ist das ein PR-Effekt, auf den wir setzen müssen. Die Strategie muss sein: Wir schaffen die Innovationen so, dass wir auch dieses schwierige Problem, das bei Kessellage natürlich noch schwieriger ist als anderswo, bewältigen können. Das ist die Aufgabenstellung, und ich werde mich nicht beirren lassen, das werden Sie auch im Doppelhaushalt sehen, Maßnahmen vorzuschlagen, die zusätzlich helfen, die Luftqualität zu verbessern. Sie müssen mit Augenmaß und verhältnismäßig sein, aber wir müssen insgesamt besser werden und dürfen den Geist nicht verlieren, dass das alle Stuttgarter angeht, und auch die Menschen in der Region. Wir können gerne am Ende der Feinstaubperiode einmal schauen, ob es einen besseren Begriff gibt. Dem will ich mich nicht verschließen. Nur sollten wir uns nicht zur Lachnummer machen, wenn wir einen anderen Begriff entwickeln, wie z. B. 'Luftreinhaltungstage'. Andere Begriffe könnten als Euphemismus erscheinen im Sinne von 'jetzt fangen sie an zu beschönigen'. Die Feinstaubbelastung werden wir nicht unter den Teppich kehren. Ein Problem kann nur gelöst werden, wenn man es wahrnimmt. Wenn es einen Begriff gibt, der besser zum Ausdruck bringt, um was es geht, bin ich dabei.
Herr Ozasek, Sie haben monatelang erzählt, nur radikale Dieselverbote helfen weiter. Und jetzt haben Sie gerade ausgeführt, was die Landesregierung mit Plan B diskutiert hat, also unter Euro 6-Norm den Diesel zu verbieten, wäre eine Gemeinheit an den Leuten, die so ein Fahrzeug haben. Natürlich haben diese Probleme eine ökonomische Dimension. Die Stadt Stuttgart ist eine Stadt, in der es viele Automobilproduzenten gibt, mit der Firma Bosch den größten Zulieferer auf dem Weltmarkt der Automobilindustrie, und die haben etwas mit der Dieseltechnologie zu tun. Deswegen ist natürlich ein Vorschlag wie der, den die blaue Plakette enthält, besser als ein pauschales Verbot. Nachhaltigkeit besteht genau darin, Ökologie, soziale Fragen und wirtschaftliche Fragen zusammen zu denken.
Herr Körner, noch einmal zu der Frage der Finanzierung. Die Stadt wird für schnelle Bus-Ersatzfahrzeuge, um im Talkessel mit Euro 6-Norm zu fahren, vom Land aus einem Spezialtopf noch zusätzliche Mittel bekommen für das, was man zum Jahresende neu beschaffen wird. Dann gibt es diese 20 Mio. € vorläufig für drei Jahre, also 60 Mio. € in der Summe, bei denen alle Städte, die Schienenfahrzeuge neu kaufen müssen, bedient werden. Ich habe ja einen Brief geschrieben und mit Freiburg, Karlsruhe, Mannheim, Heilbronn und Ulm abgestimmt. Ich finde auch, dass es ein ordentlicher Schluck mehr sein könnte. Aber immerhin sind jetzt überhaupt wieder Fördermittel da, nachdem seit 2005 die Neubeschaffung nicht mehr vom Land gefördert wurde. Faktisch heißt das, dass wir jetzt mit 24 % Zuschuss für die Schienenneufahrzeuge rechnen können."
StR
Kotz
zeigt sich erfreut, dass OB Kuhn den Antrag zum Begriff "Feinstaubalarm" positiv aufgenommen hat. Natürlich sei der Feinstaub das Problem, aber der Begriff "Feinstaubalarm" bringe nicht nur aus seiner Sicht ein zusätzliches Problem. Er gehe davon aus, dass Vorschläge für andere Begrifflichkeiten dann im Ausschuss vorgestellt und diskutiert werden.
Das Wirkungsgutachten habe verschiedene Maßnahmen untersucht, übrig bleibe ein ganzes Maßnahmenbündel, bemerkt StR
Winter
(90/GRÜNE). Der Feinstaubalarm, wie er durchgeführt worden sei, gebe der Stadt die Möglichkeit, mit Prognosen zu Inversionswetterlagen umzugehen und anlassbezogen zu reagieren. Nach Plan B könnten dann ab 01.01.2018 die Dieselfahrzeuge, die die schwierigsten und belastendsten Emissionen haben, auf den Strecken des Luftreinhaltenetzes nicht fahren, eine über das Neckartor hinausgehende Maßnahme, die zur Luftreinhaltung beiträgt. Unbenommen sei, dass nebenher der ÖPNV ausgebaut werden müsse wie auch der Rad- und Fußverkehr. Er sei sich sicher, dass sich im nächsten Doppelhaushalt weitere Maßnahmen wiederfinden. Die Bereitschaft aller Fraktionen dazu sei sehr groß.
Weiter spricht sich StR Winter dafür aus, am Begriff „Feinstaubalarm“ festzuhalten. Er sei eingeführt und habe für das Thema sensibilisiert. Er persönlich glaube, dass man sich lächerlich mache, wenn man jetzt die Begrifflichkeit ändere. Nicht lächerlich mache man sich aber, wenn Maßnahmen umgesetzt würden, die dazu führen, dass die Grenzwerte erreicht werden. Wenn Plan A nicht komme, könne mit Plan B dafür gesorgt werden, dass die wirklich belastenden Fahrzeuge ab 01.01.2018 aus dem Talkessel bleiben.
Auch StR
Körner
hält eine Umbenennung beim Feinstaubalarm nicht für sinnvoll. Er stellt klar, dass seine Fraktion sich von Anfang an von den freiwilligen Maßnahmen nicht viel versprochen habe. Dies habe sich bestätigt. Bei einer überaus wichtigen Maßnahme, der Verlagerung von Verkehr in den Umweltverbund, werde von OB Kuhn und der SSB noch nicht genügend Gas gegeben. Die Projekte, die beim Stadtbahnbau derzeit abgearbeitet würden, seien weit vor der Amtszeit von OB Kuhn beschlossen worden. Bei neuen Infrastrukturmaßnahmen - U1-Ausbau, U5, die Möhringer Kurve, U8 - gebe es nur unverbindliche Absichtserklärungen. Bei den beantragten Verbesserungen im Busverkehr habe es nur Bedenken und letzten Endes Ablehnung gegeben. Die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit scheine eher immer größer zu werden. Seine Fraktion wünsche sich eine echte ÖPNV-Offensive mit einer Investition der Stadt von bis zu 100 Mio. € in den nächsten Jahren. Der dringend benötigte vierte Betriebshof für die Stadtbahnen koste allein 60 Mio. €. Angesichts der Zuständigkeit des Landes für den Luftreinhalteplan und dem, was in dem noch gültigen Konzept im Juli 2015 steht, wünsche er sich auch vom Land mehr Engagement für den öffentlichen Nahverkehr.
StR
Ozasek
bittet zunächst um nähere Erläuterungen, warum Tempo 100 auf der Bundesautobahn den Effekt von Tempo 50/60 außerorts mindert. Weiter möchte er wissen, wie der Vergleich mit den Feinstaubklägern eingehalten werden kann. Anschließend geht er auf die Äußerungen von OB Kuhn ein und betont, dieser habe seine Argumentation verkürzt wiedergegeben. Die Fraktionsgemeinschaft schlage viele Maßnahmenbausteine vor, warne aber vor dem Trugschluss, die Motorentechnik und der Austausch des Antriebs könnten die Lösung der Probleme bringen. Nur durch weniger Autoverkehr auf den Straßen komme man einer Lösung näher. Diese Maßnahme komme auch im Hinblick auf die dritte Fortschreibung des Luftreinhalteplans zu kurz. Die Landesregierung priorisiere die Ökonomie und stelle die soziale und die ökologische Frage hintan. Ein Abwrackzwang für hunderttausende Fahrzeuge sei eine ökologische Katastrophe. Herr Körner habe das Notwendige zur SSB ausgeführt. Was da geplant sei, reiche definitiv nicht aus, ebenso wenig wie die Fördermittel der Landesregierung. Der Wirtschaftsplan der SSB bewältige noch nicht einmal die begrenzenden Faktoren, z. B. einen vierten Betriebshof für die Stadtbahn zu entwickeln, damit überhaupt mehr Stadtbahnen auf die Schiene kommen können.
StR Ozasek schlägt vor, in einer Gemeinderatssitzung in nächster Zeit den Fraktionen die Möglichkeit zu geben, Anträge zu diesem Punkt einzubringen und sie gesammelt zu verhandeln. Die Fraktionsgemeinschaft werde mehrere Anträge einbringen, zur Weiterentwicklung des Feinstaubalarms zu einem Alarm, der auch die Stickoxidproblematik abbildet, zur Berücksichtigung von Temporeduzierungen bei der dritten Fortschreibung im Luftreinhalteplan, zur Nahverkehrsabgabe und zur Verkehrsmengenbegrenzung über Pförtnerampeln.
OB
Kuhn
kann sich vorstellen, über diesen Vorschlag in der nächsten Sitzung des Ältestenrats zu sprechen.
StR
Dr. Schertlen
greift erneut seinen Antrag auf, einen Runden Tisch zur Mobilität einzurichten, bei der alle Akteure und die Forschungseinrichtungen rund um Mobilität und Verkehr beteiligt sind. Das Potenzial, das es dazu in der Region gebe, müsse genutzt werden. Weiter verweist er nochmals auf die Möglichkeiten, die sich seiner Meinung nach durch den Einsatz von autonomen Bahnen ergeben.
Auf eine entsprechende Frage von StR
Brett
eingehend erläutert OB
Kuhn
, Stickoxide seien im Wesentlichen durch Dieselfahrzeuge verursacht. Beim Feinstaub seien im Durchschnitt in Deutschland 40 % vom Auto verursacht - nur ein kleiner Wert über den Auspuff, der Rest über die Reifen und die Bremsabriebe - und etwa 15 % durch Komfortkamine. Atmosphärisches, Bautätigkeiten und vieles andere mehr, wie die Pollen im Frühjahr, komme hinzu. Bei den Maßnahmen konzentriere man sich auf die Dinge, die man beeinflussen und nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz durchführen könne. Man könne niemandem, der mit einem Holzofen heize, im Winter das Heizen verbieten. Den Betrieb von Komfortkaminen als zusätzliches Instrument an Feinstaubalarmtagen zu verbieten, entspreche aber dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Bei Feinstaub helfe beim Auto nur weniger Verkehr, bei Stickoxiden helfe beim Auto eine andere Verkehrstechnik.
Auf eine Nachfrage von StR
Conz
bestätigt OB
Kuhn
, dass das Gutachten den Fraktionen zur Verfügung gestellt wird.
An StR Ozasek gewandt, erläutert Herr
Erdmenger
, das Modell habe bei der Berechnung der Auswirkungen von Tempo 100 auf der Bundesautobahn auch eine andere Routenwahl berechnet. Der Haupteffekt im Stuttgarter Stadtgebiet sei, dass eine andere Route gewählt werde. Was die Frage nach der Erfüllung des Vergleichs mit 20 % Verkehrsminderung am Neckartor angehe, so sei auf der gezeigten Grafik mit 10 % Verkehrsminderung die Auswirkung der Maßnahme auf das gesamte Stadtgebiet dargestellt. Der Vergleich am Neckartor werde eingehalten. Herr Erdmenger fügt hinzu, der Begriff „Abwrackzwang“ treffe auf keinen Fall zu. Kein Auto müsse abgewrackt werden. Wenn die Besitzer die Fahrzeuge unter Euro 6-Norm in der Region nicht haben wollten, könnten sie sie verkaufen. Es werde viele Regionen in Deutschland geben, wo die Fahrzeuge noch einen Wert hätten.
Nachdem keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, schließt OB
Kuhn
den Tagesordnungspunkt ab.
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