Protokoll: Ausschuss für Umwelt und Technik, Sozial- und Gesundheitsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
346
1a
gemeinsame VerhandlungDrucksache:
109/2019
GZ:
SI
Sitzungstermin: 09.07.2019
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Pätzold
Berichterstattung:Herr Gunsilius, Frau Reichhardt (beide SozA)
Herr Dr. Oediger (ASW)
Protokollführung: Frau Schmidt fr
Betreff: Kreispflegeplanung 2030 - Fortschreibung

Vorgang: Sozial- und Gesundheitsausschuss vom 25.03.2019, öffentlich, Nr. 33

Ergebnis: Kenntnisnahme

Ausschuss für Umwelt und Technik und Sozial- und Gesundheitsausschuss vom 26.03.2019, öffentlich, Nr. 153

Ergebnis: Zurückstellung

Ausschuss für Umwelt und Technik vom 14.05.2019, öffentlich, Nr. 245

Ergebnis: Zurückstellung auf eine gemeinsame Sitzung mit SGA


Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Referats Soziales und gesellschaftliche Integration vom 13.03.2016, GRDrs 109/2019.


Die Tagesordnungspunkte 1a "Kreispflegeplanung 2030 - Fortschreibung - Kenntnisnahme" und 1b "Aktuelle Projekte im Bereich der Pflege/Planungen von Quartieren - mündlicher Bericht" werden gemeinsam aufgerufen. Die Beratung dazu ist in NNr. 346 wiedergegeben.

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.


Frau Reichhardt (SozA) berichtet anhand einer Präsentation über die Fortschreibung der Kreispflegeplanung in Verbindung mit verschiedenen Maßnahmen zur Sicherung bedarfsgerechter Infrastruktur. Die Fortschreibung erfolge entsprechend des Landespflegegesetzes. Bedeutsamer Hintergrund sei der demografische Wandel; insbesondere die Zahl sehr betagter Personen nehme in Stuttgart zu. Weitere Problemstellungen seien zum einen die Umsetzung der Landesheimbauverordnung (seit 2009), die konkrete Vorgaben zur Größe der Zimmer, zur Organisation in Wohngruppen und zur Größe der Einrichtungen insgesamt mache. Dies habe für viele Einrichtungen eine Änderung der Organisation sowie den Abbau der Doppelzimmer zur Folge. Aktuell gebe es in Stuttgart 5.398 Plätze; die Bedarfshochrechnung für 2030 liege bei 6.850 Plätzen. Dies ergebe eine Unterversorgung von 1.452 Plätzen. Zusätzlich müssten 612 Plätze in Doppelzimmern abgebaut werden. Das Defizit betrage also insgesamt 2.064 Plätze. Im Zeitraum 2000 - 2010 seien 33 von 61 Stuttgarter Einrichtungen realisiert, erweitert oder umgebaut worden (Folie 3). Zu diesem Zeitpunkt habe es noch eine Pflegeheimförderung gegeben, an der sich Land und Stadt beteiligt hätten. Seit 2010 sei diese Förderung weggefallen, was die Gestaltung von Pflegeplätzen zusätzlich verteuere. Zwischen 2011 und 2018 seien 3 ambulante Wohngemeinschaften realisiert worden (Folie 4); bis 2030 seien 26 weitere an 14 Standorten geplant. Grundstückssuchläufe hätten für 2016 287, für 2018 976 Plätze mit hoher Versorgungssicherheit ergeben. Der Bedarf liege jedoch bei 2.064 Plätzen, was einen Fehlbedarf von 801 Plätzen ergebe. Zahlreiche Planungen seien sehr langwierig, da Aufkäufe und Zusammenschlüsse notwendig seien.

Konkrete Beispiele der Umsetzung präsentiert Herr Dr. Oediger (ASW) im weiteren
Verlauf der Berichterstattung. Beispielhaft nennt er die Standorte, die bereits konkret definiert seien (Folien 8 - 21): AWS-Gelände (S-Nord), Relenbergstraße 90 (S-Nord), Haus auf dem Killesberg (S-Nord), Metzstraße/Reitzensteinstraße (S-Ost), Senioreneinrichtung "Am Lindenbachsee" (Weilimdorf), St. Anna-Klinik (S-Bad Cannstatt),
NeckarPark Q 13.1 (S-Bad Cannstatt), NeckarPark Q 15 (S-Bad Cannstatt), Julius-Brecht-Haus (S-Mühlhausen), Kornhasen (S-Wangen), Postareal (S-Untertürkheim), Eiermann-Campus (S-Vaihingen), Steckfeldstraße 40 - 59 (S-Plieningen) und Bethanien (S-Möhringen). Des Weiteren gebe es mehrere Projekte zu Pflegewohngemeinschaften in geplanten Bauvorhaben: Keltersiedlung (S-Zuffenhausen), Langenäcker-Wiesert
(S-Stammheim) und Scharnhauser Straße 19 (S-Plieningen). Die systematische Überprüfung der Stadtbezirke auf geeignete Standorte für Pflegeeinheiten sei lohnenswert. In 2020/21 sei ein dritter Suchlauf geplant. Die Suche nach Grundstücken für Pflegeheime und Pflegewohngemeinschaften erfolge gleichrangig. In Ergänzung zu Pflegeheimen ermöglichten Pflegewohngemeinschaften eine wohnortnahe Infrastruktur. Des Weiteren würden bei laufenden und neuen Standortentwicklungen Pflegeeinrichtungen bzw. -wohngemeinschaften regelmäßig berücksichtigt. Erfolgreich arbeite man mit dem Instrument der Entbehrlichkeitsprüfung. Abschließend empfiehlt er dringend die Wiederaufnahme der Landesförderung der Investitionskosten für Pflegeplätze mit hoher Versorgungssicherheit.


Für StRin Bulle-Schmid (CDU) zeigt die Präsentation, dass die Sicherung von Pflegeplätzen ein sehr wichtiges Thema darstellt. Obwohl bereits viele Projekte auf den Weg gebracht seien, gebe es weiterhin einen Fehlbedarf von 801 Plätzen, was 8 neuen Pflegeheimen entspreche. Insofern sei ein weiterer Suchlauf zu begrüßen. Sie befürchtet, dass das Ziel in 2030 nicht erreicht wird, da die Stadt ständig wachse. Das Land müsse sich bei der Pflegeheimförderung wieder einbringen. Angesichts der geänderten Landesheimbauverordnung sei es nicht nachvollziehbar, warum vor Pflegeeinrichtungen verschärfte Lärmvorschriften gelten.

Dem Dank ihrer Vorrednerin schließt sich StRin Munk (90/GRÜNE) an. Sie begrüße es, dass die Standortsuche als ämterübergreifende Daueraufgabe angesehen werde. In Bezug auf Pflegewohngemeinschaften habe die SWSG erfolgreich Neuland betreten. In diese Richtung müsse weitergearbeitet werden. Pflegeheime blieben zwar weiterhin das "große Rückgrat", dennoch müssten WGs vorangebracht werden. Barrierefreies Bauen müsse generell forciert werden, um es Menschen zu ermöglichen, länger in ihren Wohnungen zu bleiben. Des Weiteren sei zu überlegen, ob bei größeren Bauvorhaben Pflegewohngemeinschaften grundsätzlich eingeplant werden könnten.

StRin Gröger (SPD) betont, dass sich der Sozial- und Gesundheitsausschuss kontinuierlich mit dem Kreispflegeplan beschäftige. Eine gemeinsame Sitzung des Sozial- und Gesundheitsausschusses (SGA) und des Ausschusses für Umwelt und Technik zu diesem Thema habe für sie einen bedrohlichen Hintergrund. Seit etwa 30 Jahren gebe es zum ersten Mal wieder einen erkennbaren Notstand im Platzangebot. Pflege müsse heutzutage mehrgleisig geplant werden. Kleine Pflegewohngemeinschaften seien zwar wichtig, da sie den Menschen helfen, im Quartier zu bleiben. Nach wie vor würden aber größere Einheiten gebraucht. Die nun vorgelegte Projektliste enthalte Punkte, über die es sich zu diskutieren lohne, ob eine Umsetzung überhaupt möglich sei. Grundsatz müsse sein: kein neues Wohngebiet und keine Quartiersentwicklung ohne Pflegeplätze. Nichtsdestotrotz gebe es zahlreiche Standorte und Grundstücke, bei denen die Stadt sofort handeln müsse, um beispielsweise die Eigentumsfrage oder anderweitigen Erweiterungsbedarf (Schulen) zu klären. Bei anderen Grundstücken wiederum sei es fraglich, ob überhaupt eine Genehmigung für ein Pflegeheim ausgesprochen werden könne. Darüber hinaus würden weiterhin Sondereinrichtungen, wie beispielsweise für Schwerstkranke, benötigt. Im SGA sei bestätigt worden, dass das Belegrecht für schwer Demenzkranke außerhalb der Gemarkungsgrenze 2025 auslaufe. Sie kritisiert das Liegenschaftsamt, das bei manchen Grundstücksverkäufen nicht zugegriffen habe. Die Landesförderung müsse schnellstmöglich wiederaufgenommen werden. Sie fordert abschließend mehr Tempo und mehr Flächen für die Pflege.

Den Fehlbedarf von rund 800 Pflegeplätzen thematisiert StR Pantisano (SÖS-LINKE-PluS). Er benötige eine Einschätzung dazu, wie dramatisch diese Zahl letztendlich sei, und was dies für die Betroffenen bedeute. Dies sei wichtig zu wissen, um entsprechend reagieren zu können. In der vorgelegten Projektliste seien einige Stadtbezirke nicht enthalten, wie beispielsweise West, wo es viele Single-Haushalte mit viel Wohnraum gebe. Hier sieht er großes Potenzial für die Einrichtung von Pflegewohngemeinschaften. Eventuell gebe es von städtischer Seite aus die Möglichkeit, bei Sanierungen finanzielle Anreize zur Einrichtung von Pflegeeinheiten zu schaffen. Des Weiteren möchte er wissen, ob innerhalb von SIM Möglichkeiten zum Ausbau bestehen. Alternativ seien eventuell Pflegestandorte an den Orten möglich, die bisher für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt worden seien.

StR Zeeb (FW) unterstreicht, dass Pflegeplätze ein sehr wichtiges Thema für die Stuttgarter Stadtgesellschaft sind. Lärmschutztechnische Anforderungen dürften kein Hindernis für den Bau einer Pflegeeinrichtung sein. Bei einer Vielzahl der genannten Projekte sei eine Bebauungsplanänderung erforderlich. Dazu möchte er wissen, ob es diesbezüglich eine "Prioritätenliste" gebe, um diese Verfahren vorrangig zu behandeln. Die baulichen Vorgaben des Kreispflegeplanes seien sehr stringent. Eventuell könnten diese "toleranter" gehandhabt werden, um im nächsten Suchlauf mehr Ergebnisse zu Tage zu fördern.

Die Grundstückspolitik der Stadt hält StR Dr. Schertlen (SchUB) für verfehlt. Es seien zu viele Grundstücke verkauft worden. Überzogene Bauvorschriften verhinderten eine schnelle Umsetzung. Dies müsse geändert werden.

BM Pätzold weist darauf hin, dass die Stadt bezüglich der Lärmthematik nicht der Gesetzgeber sei. Die aktuelle Gesetzeslage sei nicht "verständlich". Wohnen im Alter müsse wie allgemeines Wohnen behandelt werden.

Dieser Aussage schließt sich Frau Reichhardt an. Derzeit versuche der baden-württembergische Städtetag über den bundesdeutschen Städtetag auf eine Änderung der Gesetzeslage hinzuwirken. Bezüglich der Pflegeheimförderung würden Gespräche mit dem Land geführt, die momentan aber wenig ermutigend seien. Die 800 fehlenden Pflegeplätze könnten nicht nur mit stationären Plätzen realisiert werden. Es werde ein differenziertes Angebot mit betreutem, barrierefreiem Wohnen benötigt. Unterstützung über Pflegedienste, haushaltsnahe Dienstleistungen und Tagespflege sei unerlässlich. Nur so könne die Stadt Stuttgart die ältere, pflegebedürftige Bevölkerung unterstützen. Alle geförderten Einrichtungen hätten eine Bindungsfrist von 25 Jahren. Die baurechtlichen Vorgaben seien sehr streng, und es gebe kaum Ausnahmeregelungen. Diese gebe es nur bei umfassenden Konzepten, bei denen der Träger deutlich machen könne, wie Umbauten und Anpassungen über die Jahre geplant würden.

Das von StRin Gröger angesprochene Grundstück Hattenbühl greift Herr Gunsilius
(SozA) auf. An der Umsetzung werde derzeit sehr intensiv gearbeitet, um eine gute Lösung zwischen Jung und Alt zu finden. Den Standort Überkinger Straße halte er für sinnvoll. Für den Verein als Träger müsse noch eine Lösung für die Frage der Finanzierung gefunden werden. Das EnBW-Areal an der Neckartalstraße habe sich zerschlagen, da die EnBW das Grundstück nicht verkaufen wolle. Es gebe in Münster jedoch Alternativen, die geprüft würden. Ähnlich wie andere Kommunen werde es die Stadt Stuttgart nicht schaffen, nur auf die stationäre Schiene zu setzen. Es werde ein Ausbau der Quartierslösungen, wie beispielsweise in Zuffenhausen-Rot, benötigt, um Menschen länger im eigenen Wohnraum zu halten. Im großstädtischen Bereich werde viel stärker auf stationäre Unterbringung zugegriffen als im ländlichen Bereich.


Herr Dr. Oediger beantwortet die Frage von StR Zeeb nach der Prioritätensetzung in der Bebauungsplanung. Es gebe eine klare Priorisierung zugunsten des Wohnens. Das bedeute, dass sich die Pflegeeinrichtungen in der Mehrzahl der Fälle auf "Prio 1" befänden. Die Systembauten für Geflüchtete würden noch lange Zeit benötigt, da sich der Anspruch an Quadratmetern pro Person erhöht habe. Zudem sei es für Geflüchtete auf dem freien Markt schwierig, eine Wohnung zu finden, und diese Personen wohnten dann länger in den Wohnheimen. Zur Frage der Berücksichtigung von Pflegeeinrichtungen im SIM habe es eine Ersteinschätzung gegeben, die derzeit konkretisiert werde.

Mehrere Nachfragen äußert StR Körner (SPD). Zum einen wünscht er Informationen zum aktuellen Stand des Projektes in der Ostendstraße (SSB-Areal). Hier müsse zügig vorangekommen werden. Des Weiteren möchte er wissen, wie es mit dem Haus auf dem Killesberg bezüglich der Eigentumsverhältnisse weitergehe. Es sei vereinbart worden zu prüfen, ob das Grundstück in städtischem Eigentum verbleiben könne.

Herr Gunsilius erläutert, dass es mit Trägern turnusmäßige Gespräche über Projekte gebe. Dies gelte auch für das SSB-Gelände. Der Träger Caritas sei dringend an einer Realisierung interessiert. Der Standort sei für eine Pflegeeinrichtung sehr günstig. StR Körner betont, dass es bei diesem Standort um die Finanzierung gehe. Die SSB sei finanziell "nicht auf Rosen gebettet". Die Verwaltung müsse motivieren, um eine entsprechende Lösung zu finden.

Frau Reichhardt bestätigt, dass für den Pflegebereich des Hauses am Killesberg die Vergabe in Erbbaupacht bestehen bleibe. Auf Nachfrage von StR Körner sagt BM Pätzold zu, die Situation für das gesamte Areal erneut darzustellen.

Für das Haus auf dem Killesberg gebe es in der Frage des Grundstücks noch keine Entscheidung, so StRin Gröger. Der Killesberg sei bereits mit einem Minus an Pflegeplätzen versehen. BM Pätzold schlägt vor, diese Fragestellungen im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen zu thematisieren.


Nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen mehr ergeben, stellt der Vorsitzende fest:

Der Ausschuss für Umwelt und Technik und der Sozial- und Gesundheitsausschuss haben von der GRDrs 109/2019 (TOP 1a) und dem Bericht (TOP 1b) Kenntnis genommen.

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