Protokoll: Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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1a
VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 09.05.2023
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Pätzold
Berichterstattung:Frau Aufrecht, Herr Zahn (beide L/OB-RZ)
Protokollführung: Frau Klemm fr
Betreff: Bericht zur Citylogistik in der LHS - Projekte und Maßnahmen
- mündlicher Bericht -

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.

Frau Aufrecht (L/OB-RZ) und Herr Zahn (L/OB-RZ) berichten im Sinne ihrer Präsentation. Ergänzende Anmerkungen sind nachfolgend in zusammengefasster Form mit Verweis auf die jeweilige Foliennummer wiedergegeben.

Zunächst erläutert Frau Aufrecht die Bedeutung der Thematik. Die massiv zunehmende Zahl an Paketlieferungen durch Internet-Bestellungen und Just-in-time-Lieferungen für Unternehmen ohne eigene Lagerhaltung wirke sich auf das Klima, den Verkehr und die Verkehrssicherheit aus. Citylogistik erfordere neben anderen Faktoren auch Lieferzonen. Diese dürften in Stuttgart aus rechtlichen Gründen nicht allein dem Gewerbe vorbehalten werden, sodass ein entsprechendes - in Spanien erfolgreiches - App-Projekt für ein digitales Lieferzonenmanagement in Stuttgart nicht realisierbar sei. Herr Zahn ergänzt, künftig werde es eher um die Bereitstellung von Echtzeitdaten im Straßenseitenraum in Zusammenarbeit mit anderen Ämtern gehen.

Weitere Themenfelder und Projekte stellt Frau Aufrecht mit Folie 2 vor und geht zunächst näher auf das Citylogistik-Konzept Teil 1 ein (Innenstadt, Folien 3 bis 6) mit dem Ziel eines Handlungskonzepts für die Innenstadt, für das die Vergabe voraussichtlich im Juli 2023 erfolge. Weitere Teilkonzepte seien vorgesehen, aber personell momentan nicht zu bewältigen. Es folgen Ausführungen zur Machbarkeitsstudie Unterirdischer Warentransport (UWT) mit Folie 7, die vom Gemeinderat beauftragt worden und mit der eine Tunnellösung zum unterirdischen Warentransport in Stuttgart analysiert worden sei. Dabei würden Waren an einen Standort mit Schwerlastverkehr angeliefert und über das Tunnelsystem in die Innenstadt zu entsprechenden Hub-Standorten transportiert. Ein solches Konzept solle in Hamburg realisiert werden. Des Weiteren unterstütze L/OB-RZ bei Citylogistik-Projekten der Stuttgarter Wirtschaft (Folie 8). Konkrete Projekte flössen in den Arbeitskreis Innenstadtlogistik der Landeshauptstadt Stuttgart (LHS) (Folie 9). Die LHS bringe sich zudem in zahlreiche Projekte und Veranstaltungen innerhalb der Stadtverwaltung ein (Folie 10).

Im Anschluss beschreibt Herr Zahn weitere laufende Projekte. Bei der Studie zum Elektromobilitätskonzept Wirtschaftsverkehr Stuttgart (ELWIS) gehe es vor allem um den Aufbau von Ladeinfrastruktur (Folien 11 bis 13), während das Projekt "flottes Gewerbe" zur Unterstützung der gewerblichen Lastenradnutzung diene (Folien 14, 15, 17). Es folgt eine Kurzvorstellung bereits abgeschlossener Projekte mit Folie 18. Dazu gehört LogSPAZE (Mikro-Hubs im öffentlichen Raum, Lastenradlogistik), für das eine weitere Studie mit einer entsprechenden Simulation alternativer Zustellkonzepte anhand vorhandener Daten in Stuttgart-Süd durchgeführt worden sei. Der Abschlussbericht liege vor und werde zur Verfügung gestellt, so Herr Zahn. Bei Digital_Logistics@LHS solle durch Lieferungsbündelungen Verkehr vermieden werden (Folie 19). Dazu stehe man u. a. mit der Hochschule für Technik in Stuttgart in engem Kontakt, an der sich eine Semesterarbeit im Fach Wirtschaftspsychologie mit Online-Bestellungen im Kontext einer lebenswerten Stadt und der Umwelt beschäftigt habe.

Mit einer Übersicht über Themenfelder und Projekte (Folie 20) schließt Frau Aufrecht den Vortrag ab, nachdem sie betont hatte, es sei unabdingbar, für die in Stuttgart ansässigen Unternehmen Lösungen anzubieten und eine kontinuierliche Kommunikation mit der Politik und der Verwaltung aufrechtzuerhalten. Das Thema Citylogistik nicht mitzudenken, könne man sich als Stadt nicht leisten.

Ihren Dank für die Berichterstattung bekunden StR Winter (90/GRÜNE), StR Dr. Vetter (CDU), StRin Schanbacher (SPD), StR Pantisano (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei), StRin Köngeter (PULS), StR Serwani (FDP), StR Schrade (FW) und StR Dr. Mayer (AfD).

StR Dr. Vetter würdigt explizit die gute Arbeit von Herrn Zahn, ebenso wie StR Serwani, und StRin Schanbacher betont die elementar wichtige Arbeit von L/OB-RZ.

Eine der übergeordneten Thematiken, so StR Winter, sei die Verkehrsvermeidung im Sinne der Klimaneutralität 2035. Die Anforderungen an die Citylogistik stiegen permanent, und die Aufgabenstellungen seien neben einer sinnvollen Bündelung der Logistik auch die städtebauliche Gestaltung und Möblierung sowie die Einrichtung einer sinnvollen Infrastruktur. Dabei müssten auch freiwerdende Flächen in Unterführungen mitgedacht werden und innovative Ideen und Überlegungen ihren Platz finden. Damit spielt er auch auf eine vorherige Äußerung von StR Dr. Vetter an, der Drohnen zur Paketverteilung ins Spiel gebracht hatte.

Auch auf den ersten Blick unrealistische Möglichkeiten, so StR Dr. Vetter, könnten in den Blick genommen werden, und für eine lebenswerte Stadt und Umwelt seien Innovationen heutzutage nötig. Insofern sei sein Vorschlag ernst gemeint. Er wendet sich mit der Frage an die Verwaltung, ob die Stadt in Lufträume und Landeplätze unterteilt werden könne. Ein Röhrensystem im neuen Stadtviertel Rosenstein als Warentransportkonzept, die Stapelung von Nutzungskomponenten unterschiedlicher Art in Mikro- und Urban-Hubs sowie die Nutzung von E-Draisinen auf vorhandenen Gleisanlagen mit einem digitalen Leitsystem sind weitere Vorschläge des Stadtrats. Letzteres ist laut Frau Aufrecht nach Rücksprache mit der SSB nicht möglich, da das Schienennetz auch nachts für Instandsetzungsarbeiten und Zubringerverkehre benötigt werde. Natürlich denke man aber bei allen Projekten zunächst an bestehende Infrastruktur. StR Dr. Vetter fährt fort, bei allen Möglichkeiten müsse jedoch auch der Kostenfaktor einbezogen werden. Einerseits sei die Realisierung innovativer Ideen meist teuer, andererseits spare man teilweise auch (Personal-)Kosten ein. Wichtig finde er, bei allen Überlegungen die Akteure mit einzubeziehen, schließt StR Dr. Vetter seine Ausführungen ab und begrüßt die Haltung der Bundes-FDP, das Abholen von Gegenständen in der Stadt und damit das Parken müsse weiterhin möglich sein.

Die Vorschläge von StR Dr. Vetter findet StR Serwani hervorragend. Besonders in großen Neubaugebieten könnten kleinere Waren mit einem Tunnelsystem verteilt werden. Ihm sei wichtig, auch die vorletzte Meile zu betrachten. In dem Zusammenhang erwähnt der Stadtrat die Schwierigkeiten des Stadtteils Wangen, seinen Wunsch nach einem sogenannten Urban Sandwich zu verwirklichen. Das Thema Citylogistik sei wegen seiner Bedeutung auch im Regionalverkehrsplan mit einem eigenen Kapitel aufgenommen worden, und die Region unterstütze die Lieferlogistik finanziell. Gleichwohl scheiterten Versuche, Logistikflächen in der Region zu erhalten, oft an den Widerständen der Kommunen. Positiv erwähnt StR Serwani die Testphase eines Mikrodepots in Ludwigsburg in Kooperation mit drei Logistikunternehmen.

Ein wesentlicher Faktor für die Klimaneutralität sei der Wirtschaftsverkehr, meint StRin Schanbacher, auch mit neu zu schaffenden Strukturen. Dazu gehöre ihrer Meinung nach u. a. das White-Label-Konzept, mit dem sowohl für Paketdienstleister als auch für die Stadtgesellschaft konzentriert Synergien geschaffen werden könnten.

StR Pantisano erinnert an viele Diskussionen über die autofreie und lebenswerte Innenstadt, in denen ein zentraler Aspekt die Citylogistik-Konzeption gewesen sei. Seine Fraktion habe mit einem entsprechenden Antrag entscheidend zum Anstoß eines zukunftsfähigen Konzepts beigetragen. Damit verbunden sei die Reduzierung des Lieferverkehrs in der Innenstadt. Ihn interessiere, wie die Lieferfahrzeuge in der Zukunft räumlich so um die City gelenkt werden, dass diese tatsächlich ausschließlich dem Fuß- und Radverkehr zur Verfügung stehe. Frau Aufrecht verweist in dem Zusammenhang auf weitere ausstehende Studien für das Konzept Citylogistik Innenstadt und den unterirdischen Warentransport mit einer bereits konkret vorgeschlagenen Strecke mit Hub-Standorten.

Die Citylogistik umzuorganisieren sei ihrer Fraktion sehr wichtig, betont StRin Köngeter. Ein weiterer neben den bereits genannten Gründen sei auch die Schonung der hochwertigen Bodenbeläge, wenn sie nicht mehr durch schwere Fahrzeuge befahren werden. Zurückkommend auf White-Label- und kooperative Konzepte erkundigt sich die Stadträtin, ob der Einzelhandel die entsprechenden Stationen für Click & Collect mitnutzen und so gefördert werden könne. Grundsätzlich gehe es darum, Lieferfahrzeuge deutlich zu reduzieren.

Die vorgestellten Projekte, äußert sich StR Schrade, müssten in der Praxis Anwendung und Akzeptanz finden. Dass der von Herrn Zahn erwähnten Studie der Hochschule für Technik zufolge eine lebenswerte Stadt und Umwelt beim Konsumverhalten bisher keine große Rolle spiele zeige, dass noch viel Überzeugungsarbeit nötig ist. Der Stadtrat fragt nach dem Stand der Dinge bei der im Bericht erwähnten Unterstützung beim regionaleinheitlichen Handwerker-Parkausweis. Mit der Kreishandwerkerschaft sei man in engem Austausch, informiert Herr Zahn. Die Parkausweis-Thematik könne mit Unterstützung des Verbands Region Stuttgart und der Handwerkskammer sowie der IHK wiederaufgenommen werden. Es müssen die Fragen der federführenden Institution sowie der Kosten geklärt werden. Gleichwohl gebe es ohnehin Sonderparkausweise auf Antrag - die Vorgehensweise könne aber in einer Vereinheitlichung vereinfacht werden.

Die Darstellungen der Vortragenden seien durchaus motivierend, findet StR Dr. Mayer. Allerdings komme es auf die Bedürfnisse der Bürger an - wohl in erster Linie Komfort und Schnelligkeit, folge man den Untersuchungsergebnissen der Hochschule für Technik. Die Aufgabe der Politik und Verwaltung sei es, sich daran zu orientieren. Das gelte auch für auf Freiwilligkeit beruhende Kooperationen zwischen Paketdienstleistern. Interessant finde er die Idee des unterirdischen Warentransports, wobei man sich an früheren Rohrpostsystemen oder (unterirdischen) schienengebundenen Transporten in größeren Unternehmen ein Beispiel nehmen könne. Gleichzeitig denke er an Systeme über Hoch- oder Seilbahnen.

StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) meint, viele der heute anstehenden Entscheidungen seien erst durch strategische Fehler in der Vergangenheit überhaupt entstanden, so z. B. durch den Wegfall der Güterlogistik bis zum Hauptbahnhof. Es gebe sinnvolle Konzepte, dies z. B. mit der Infrastruktur von S21 zu heilen. Der Stadtrat verweist auf den Antrag Nr. 991/2021 vom 21.10.2021 seiner Fraktion: "Citymaut für Online-Lieferdienste einführen" und erneuert die im Antrag geäußerten Gedanken.

Zusammenfassend erläutert Frau Aufrecht, Citylogistik könne anders als herkömmlich funktionieren, dazu bedürfe es allerdings einer gewissen Fantasie. So seien Lastenfahrräder durchaus leistungsfähig und der Bedarf sei einer Umfrage zufolge bei zahlreichen Unternehmen aller Branchen da.

Nachdem keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen, schließt der Vorsitzende den Tagesordnungspunkt ab.


BM Pätzold stellt fest:

Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik hat von dem Bericht Kenntnis genommen.
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