Protokoll: Ausschuss für Klima und Umwelt des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 19.06.2020
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Pätzold
Berichterstattung:-
Protokollführung: Herr Haupt
Betreff: Umsetzung der Leitinitiative Zukunftsstadt: Projekt
des Bundesministeriums für Bildung und Forschung "Integrierte Strategien zur Stärkung urbaner blau-grüner Infrastrukturen (INTERESS-I)"
- mündlicher Bericht -

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.


Zu dem im November 2018 gestarteten dreijährigen Projekt INTERESS-I gibt Herr Kapp (AfU) einen Zwischenstand und berichtet hierzu im Sinne der angehängten Präsentation. Zu der hierin u. a. vorgestellten Zukunftswerkstatt "Neue Ideen für mehr Stadtgrün im Stuttgarter Westen" bietet er an, die konkreten Ergebnisse zur Verfügung zu stellen.

StRin Munk (90/GRÜNE) begrüßt das Projekt und weist darauf hin, die Stadträte/-innen könnten die einzelnen Objekte, unterstützt mit fachlichen Erläuterungen, bereits begutachten. Treiber des Projekts seien die Aspekte Klimawandel und Hochwasserschutz. Interessant sei die Kombination zwischen der Stadtbegrünung und der Wassersituation in der LHS. Die Gewässerreinigung durch Pflanzenstrukturen und deren Wirkungen im städtischen Kontext werde lediglich in Stuttgart und Frankfurt untersucht. Insbesondere interessiere sie, wie die Bürgerschaft auf das Pilotprojekt am Diakonissenplatz reagiert habe. Ein weiteres Thema sei nun die Umsetzung, da ohne sie die Forschung nicht sinnvoll wäre. Die durch das Projekt erworbenen Erkenntnisse sollten nun im Hoch- und Tiefbau zur Anwendung kommen. Die Stadträtin erkundigt sich nach dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Ergebnisse und danach, ob der Gemeinderat zur weiteren Unterstützung zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung stellen solle. Hinsichtlich des weiteren Vorgehens berichtet Herr Kapp, das Impulsprojekt sei übertragbar. So könnten die Biowasserfilter mobil an weiteren städtischen Gebäuden installiert und dadurch für die Bürgerschaft erlebbar gemacht werden, die sich ebenso beteiligen könnte.

Hauptsächlich zwei Themen trieben die Stadtgesellschaft an, so StRin Bulle-Schmid (CDU): zum einen der Schutz des städtischen Grüns vor großer Hitze und zum anderen die Sicherstellung von genügend Wasser für dessen Pflege. Das Projekt bezeichnet die Stadträtin als ein Zukunftsprojekt, mit dem die beiden vorangestellten Ziele erreicht werden könnten. Allerdings reichten die Maßnahmen insgesamt nicht aus. Angesichts der Diskussionen über zusätzliche Kühlung in der Stadt habe sie kein Verständnis dafür, dass 60 Brunnen im Stadtgebiet abgeschaltet seien. Sie appelliert an die Verwaltung, diese Brunnen wieder zu öffnen.

Auch StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) zeigt sich über die geschlossenen Brunnen verärgert, zumal im Haushalt zusätzliche Gelder für Brunnen beschlossen worden seien. In diesem Zusammenhang äußert er Kritik an der Haltung der CDU-Fraktion, die seiner Meinung nach durch Einsparungsbeschlüsse die Schließung der Brunnen mit zu verantworten hat. Herr Kapp ergänzt, für das Thema Brunnen sei das Tiefbauamt zuständig, daher könne er hierzu keine Ausführungen machen.

StR Rockenbauch betont die Wichtigkeit des Projekts, stellt sich jedoch die Frage, wie die Politik mit diesen Erkenntnissen bei Neubauten und der Siedlungspolitik umgeht. Die Optimierung der Gebäudestruktur sei angesichts von zunehmender Hitze und Trockenheit erforderlich, zusätzlich müsse die grüne Infrastruktur erhalten und gepflegt werden. Es lägen im Projekt keine Aussagen zu den Bauarbeiten im Schlossgarten
oder im Rosensteinviertel vor. Eine Folie der Präsentation habe aufgezeigt, wie hoch die Wärmebelastung im Neckartal sei. Daher müssten die dort ansässigen Unternehmen wesentlich mehr grüne Infrastruktur integrieren. Bereits bei den strategischen Fragen der Stadtentwicklung müsse dieses beachtet werden. Allein mit Vertikalbegrünungen und Brunnen lasse sich die Reduzierung des Grünanteils in den letzten Jahren nicht ausgleichen. Vielmehr müssten Grünräume in großem Zusammenhang geschaffen werden, um die Wärme in der Stadt bewältigen zu können. Hierzu bemerkt BM
Pätzold, der Gemeinderat habe erst im letzten Jahr einen Aufstellungsbeschluss für den Hafen im Stadtbezirk Hedelfingen gefasst, der deutlich mehr Dach,-Fassaden- und Flächenbegrünung vorsehe. Daher sei die Stadtverwaltung bereits in der Umsetzung in den verschiedensten Bereichen, jedoch seien die vorgestellten Pilotprojekte ebenso wichtig.

Bei der klimatologischen Frage handle es ich nicht nur um Wärme-, sondern ebenso um Sozialaspekte, so StRin Schanbacher (SPD). Hinsichtlich der Erholungsfunktion könnten sich nicht alle Bürger/-innen in der LHS einen Garten oder Balkon leisten. Diese seien auf grüne und blaue Naherholungsgebiete angewiesen, um die Sommerhitze bewältigen zu können. Dieser Aspekt sei der Stadträtin in der bisherigen Diskussion zu kurz gekommen. Bei den vorgestellten Pilotprojekten werde versucht, Städtebau mit Begrünung und klimatologischer Anpassung zusammenzuführen. Es sei zu prüfen, wie Verwaltung und Gemeinderat mit den erzielten Ergebnissen umgingen. In der beim Diakonissenplatz angesprochenen Bunkeranlage sei vom Bezirksamt West ein kultureller Ort vorgesehen. Sie erkundigt sich, ob für diesen Platz Parallelplanungen laufen.

Der Innenentwicklung den Vorrang vor der Außenentwicklung zu gewähren, so StR
Zaiß (FW), stelle ein Problem dar. Bei diesem Vorgehen würden Grünflächen reduziert. Hinsichtlich der Fassadenbegrünung erkundigt sich StR Zaiß nach der Höhe der Kosten für deren Aufbau und Unterhaltung. Interessant sei die Fassadenbegrünung bei Neubauten sowie die Anlage von Wasserreservoirs an geeigneten Stellen. Insbesondere der vermehrt auftretende Starkregen könnte in den Wasserbehältern aufgefangen werden und als Gießwasser für das städtische Grün verwendet werden. Zudem würde dies die Kläranlagen entlasten und die Kosten für die Bewässerung verringern.

StRin Köngeter (PULS) zeigt sich erfreut, dass die Aspekte Extremniederschläge und Trockenheit angesprochen worden seien. Diese Themen würden neben dem Temperaturanstieg oftmals nicht erwähnt. Wenn die Böden immer trockener würden, könne das Regenwasser nicht mehr tief eindringen. Während StR Rockenbauch die großen Strukturen erwähnt habe, wolle sie ein kleineres, aber ebenso wichtiges Thema ansprechen: Hinsichtlich der vielen kleinen Beetflächen in der Stadt interessiere sie, ob es Bestrebungen gebe, andere Pflanzenarten wie beispielsweise tiefwurzelnde widerstandsfähige Stauden einzusetzen, die den Boden das ganze Jahr bedecken würden.

Herr Kapp antwortet, aus Sicht der Verwaltung stellten die Blumenwiesen hinsichtlich des Abkühleffekts und der Verdunstung das sogenannte "Savannenprinzip" dar. Dies bedeute, verschiedene Pflanzen mit verschiedenen Wuchshöhen beschatteten den Boden und schützten ihn dadurch vor Austrocknung. Ein möglicher Extremniederschlag könne leichter in den Boden eindringen und fließe nicht an der Oberfläche ab. Die Verwaltung versuche, möglichst große zusammenhängende Flächen auf diese Weise zu bepflanzen. Allerdings sei dies in der LHS ein Problem, da solcherlei große Flächen selten zur Verfügung stünden. Daher setze die Verwaltung auf die Bauwerksbegrünung, um die Flächen abzukühlen. Im Rahmen der Energierichtlinie sei festgelegt, so BM Pätzold, 30 Prozent der Gebäudeflächen seien mit unterschiedlichen Maßnahmen zu begrünen. Der Rahmenplan "Talgrund West" werde fortgeschrieben und stelle einen wichtigen Beitrag beim Thema "Mehr Grün und Anpassung an den Klimawandel" dar. Ebenso stehe der Rahmenplan "Halbhöhe" als einer der ersten Pläne für die Anpassung an den Klimawandel.

Generell gelte für die Pilotprojekte der Gedanke der Erlebbarkeit für die Anwohner und für deren Einbindung, so Herr Kapp. Ebenso sei zu prüfen, ob das Brauchwasser aus einem Wohnquartier genutzt werden könne, um Trinkwasser zu sparen. Das für ein bestimmtes Umfeld zur Verfügung stehende Brauchwasser sei Kern des Projektes. Auf die Frage von StRin Bulle-Schmid nach der Möglichkeit, die Parks und Grünanlagen statt mit einem Wasserwagen über Zisternen zu bewässern, erklärt Herr Kapp, Zisternen allein seien in den Sommermonaten für die Bewässerung nicht ausreichend. Besser eigne sich Brauchwasser, da dieses kontinuierlich anfalle.

StRin Rockenbauch erinnert an den im Rahmen der Haushaltsberatungen gestellten Antrag seiner Fraktion auf "aufsuchende Grünberatung". Jeder Stadtbezirk benötige eine solche Grünberatung, die aktiv auf die Bürgerschaft zuginge, um Grünflächen zu erschließen und hierzu Beratung anzubieten. Damit könnten bestehende Fördermittel genutzt und Projekte umgesetzt werden. Von den hierfür beantragten 23 Stellen sei allerdings letztendlich keine einzige beschlossen worden. Er appelliert an die Stadträte/-innen, Möglichkeiten zur Umsetzung dieser Maßnahmen zu schaffen.

StRin Munk erkundigt sich, ob es in der Verwaltung Spezialisten/-innen für das vorgestellte Projekt gibt, die die Umsetzung auch im Privatbereich vorantreiben können. In den letzten Haushaltsberatungen habe ihre Fraktion 200.000 € für Fassadenbegrünung beantragt. An der Volkshochschule sei zwar ein Projekt entstanden, aber die Hochbauverwaltung habe damit große Mühe. Die einfache Fassadenbegrünung am Alten Schloss mit Efeu sei hervorragend geeignet und verursache nahezu keine Kosten. Nicht immer sei die komplexeste Begrünung nötig.

Mit der Maßgabe, dass in einer der nächsten Sitzungen seitens des Hochbauamtes wie von StRin Munk erbeten eine Berichterstattung erfolgt, schließt BM Pätzold diesen Tagesordnungspunkt ab und stellt fest:

Der Ausschuss für Klima und Umwelt hat von diesem Bericht Kenntnis genommen.
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