Protokoll:
Sozial- und Gesundheitsausschuss
des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
22
6
Verhandlung
Drucksache:
GZ:
Sitzungstermin:
18.02.2019
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
BM Wölfle
Berichterstattung:
Frau Dr. Gronbach und Herr Prof. Dr. Ehehalt
(beide GesundhA)
Protokollführung:
Herr Krasovskij
fr
Betreff:
Die Aufgaben des Gesundheitsamtes im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes: Aktuelles und Herausforderungen
Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.
Frau
Dr. Gronbach
(GesundhA) informiert das Gremium analog der Präsentation ausführlich über die Aufgaben des Gesundheitsamtes im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Die Verwaltungsmitarbeiterin macht deutlich, dass die stetige Zunahme von multiresistenten Erregern (MRE) durch die Weltgesundheitsorganisation sowie die Europäische Gesundheitsbehörde als eine der künftig größten Bedrohungen für die Menschheit angesehen werde. Vor diesem Hintergrund komme der Prävention eine große Rolle zu. Im Rahmen der verschiedenen nationalen und europäischen Präventionsstrategien sei das Meldewesen ein wichtiges Instrument zur Erfassung und Bewertung bestimmter Erkrankungen oder Erregernachweise. Durch Erfassung und Weiterleitung der einzelnen Meldungen leiste das städtische Gesundheitsamt entsprechend dem gesetzlichen Auftrag nach dem IfSG einen essenziellen Beitrag zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten, so Frau Dr. Gronbach. Im Weiteren geht sie anhand der Präsentation ausführlich auf die Themen meldepflichtige Krankheiten und Erreger entsprechend § 6 und § 7 sowie die Infektionshygienische Überwachung nach § 23 IfSG ein. Die deutliche Steigerung der meldepflichtigen Krankheiten und Erreger innerhalb der vergangenen vier Jahre begründet die Verwaltungsmitarbeiterin unter anderem mit der Einführung neuer Meldepflichten, z. B. für gramnegative multiresistente Erreger im Jahr 2016 und z. B. für Krätze im Jahr 2017.
Im Verlauf der Aussprache erkundigt sich StRin
Bulle-Schmid
(CDU), wie das Gesundheitsamt verfahre, wenn die Meldepflicht umgangen werde. Ferner fragt die Stadträtin, ob die angestrebte Steigerung der routinemäßigen infektionshygienischen Überwachung in einem Turnus von drei Jahren bei Krankenhäusern und fünf Jahren bei ambulant operierenden Arztpraxen von der Verwaltung als ausreichend bewertet werde.
Nach Fragen von StRin
Seitz
(90/GRÜNE) und StRin
Dr. Hackl
(SPD), welche zusätzlichen personellen Kapazitäten eine Steigerung der routinemäßigen Überwachungen erfordern würde, kündigen Frau
Dr. Gronbach
und Herr
Prof. Dr. Ehehalt
(GesundhA) eine entsprechende detaillierte Berechnung hierzu an.
Gegenüber StRin Seitz erklärt Frau
Dr. Gronbach
, dass bestimmte resistente Bakterien aus dem Bereich der Landwirtschaft auf den Menschen übertragen werden könnten. Genauere Daten hierzu gebe es für den Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus Erreger (MRSA). Bei so genannten gramnegativen multiresistenten Erregern sei die Situation bisher weniger klar. Im Sinne einer stärkeren Vernetzung der Forschung sei künftig im Rahmen des Public Health- bzw. One Health-Ansatzes aber eine noch engere Zusammenarbeit zwischen dem Lebensmittelbereich und dem Infektionsschutz geplant.
Nach einer Bitte von StRin
Dr. Hackl
erklärt Frau
Dr. Gronbach
, man werde die Fallzahlen zu allen meldepflichtigen Erkrankungen im nächsten Geschäftsbericht des Gesundheitsamtes ausführlich darstellen.
Zu einer Frage der Stadträtin erläutert die Verwaltungsmitarbeiterin, die Gesamtzahl der erfassten Meldungen von MRE beziehe sich fast ausschließlich auf den stationären Bereich in den Krankenhäusern. Hier erfolgten vor Aufnahme der Patienten bei bestimmten Risikopatienten Untersuchungen (Screenings) auf die Erreger. Dies sei eine präventive Maßnahme, um bei möglichen Besiedelungen (diese kämen deutlich häufiger vor, als tatsächliche Infektionen) die anderen Patienten zu schützen und eine weitere Verbreitung innerhalb des Krankenhauses, aber auch im ambulanten Bereich, zu verhindern. In Pflegeheimen sowie im ambulanten Bereich würden solche Screenings bislang in der Regel nicht durchgeführt.
Im Folgenden stellt StR
Dr. Fiechtner
(BZS23) die Aktivitäten des Gesundheitsamtes im Rahmen des IfSG infrage. Der Stadtrat bezweifelt, dass die Ausbreitung der MRE durch die aktuellen Präventionsstrategien und das Meldewesen nachhaltig verhindert werden könnte. Zugleich kritisiert er die seiner Ansicht nach zu hohen Anforderungen bezogen auf den zeitlichen Aufwand und die notwendige Qualifikation für das medizinische Personal.
An StR Dr. Fiechtner gewandt, erklärt Herr
Prof. Dr. Ehehalt
, es gebe keinen Hinweis darauf, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen dazu beitragen würden, dass sich die Infektionsgefahr für die Allgemeinheit erhöht. Auch bestünde in Flüchtlingsunterkünften kein höheres Infektionsrisiko als in anderen vergleichbaren Gemeinschaftsunterkünften. Auswertungen und Differenzierungen im Zusammenhang mit dem Aufenthaltsstatus von Flüchtlingen seien im Rahmen des IfSG nicht vorgesehen und würden durch das Gesundheitsamt deshalb nicht vorgenommen.
In seiner Wortmeldung weist der Leiter des Gesundheitsamtes ferner auf einen allgemeinen weltweiten Anstieg an Infektionen mit MRE hin. Angesichts dessen betont er die Wichtigkeit einer sinnvollen und kontinuierlichen Präventionsarbeit. Deshalb sei es richtig, dass in bestimmten sensiblen Bereichen, wie zum Beispiel Krankenhäusern, die Patienten vor der Aufnahme routinemäßig auf MRE überprüft würden, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Die Zusammenarbeit des Gesundheitsamtes mit den Stuttgarter Kliniken und der Ärzteschaft sei sehr gut, so Herr Prof. Dr. Ehehalt weiter, und es gebe keine Hinweise auf Missstände. Es gehe dabei auch nicht um eine Überwachung der Ärzteschaft, sondern in erster Linie
um einen kollegialen und beratenden Umgang auf Augenhöhe. Eine Steigerung der routinemäßigen Überwachungen halte das Gesundheitsamt für sinnvoll und angebracht, um im Sinne einer guten Präventionsarbeit einen regelmäßigen und nicht nur einen anlassbezogenen Kontakt mit der Ärzteschaft zu pflegen. Gegenüber StRin Bulle-Schmid erklärt Herr Prof. Dr. Ehehalt, der vorgeschlagene Abstand sei maßvoll. In anderen Städten wie Frankfurt würden die Überprüfungen in noch kürzeren Abständen vorgenommen.
Danach stellt BM
Wölfle
fest:
Der Sozial- und Gesundheitsausschuss hat vom Bericht
Kenntnis genommen.
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