Protokoll: Krankenhausausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 20.07.2018
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: EBM Föll
Berichterstattung:Herr Prof. Dr. Jürgensen (KS)
Protokollführung: Frau Atzrott de
Betreff: "Anwendungsbeobachtung auch im Klinikum Stuttgart?"
- Antrag und Anfrage Nr. 140/2018 vom 23.05.2018 (SÖS-LINKE-PluS)

Der im Betreff genannte Antrag ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.


EBM Föll erkundigt sich, ob die Fraktionsgemeinschaft, welche die hier relevante Anfrage Nr. 140/2018 vom 23.05.2018 gestellt habe, das Wort wünscht.

StR Adler (SÖS-LINKE-PluS) informiert, eine am 26.04.2018 im ARD-Programm ausgestrahlte Fernsehsendung über den wissenschaftlich umstrittenen Erkenntnisgewinn aus sogenannten Anwendungsbeobachtungen habe seine Fraktionsgemeinschaft dazu veranlasst, die vorliegende Anfrage zu stellen. In der genannten Sendung hätten Medizinexperten - so etwa der Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach (SPD) - ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei der entsprechenden Vorgehensweise um "eine Form der legalen Korruption" handeln würde. Diese Aussage habe sich zunächst einmal in erster Linie auf niedergelassene Ärzte bezogen. Weiterhin sei in dem Fernsehbeitrag deutlich geworden, dass seitens der Pharmaindustrie ein starkes Interesse bestehe, die Anwendungsbeobachtung "als aggressives Marketinginstrument" einzusetzen, da "erst nach einem Jahr ein Kosten-Nutzen-Nachweis erfolgen" müsse, während "die Preise zu Beginn noch nicht reguliert" seien. StR Adler fährt fort, Anwendungsbeobachtungen bräuchten nicht zwangsläufig Bestandteil der klinischen Praxis zu sein. Das Universitätsklinikum Dresden beispielsweise habe in einer Handlungsanleitung für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Anwendungsbeobachtungen als grundsätzlich nicht erwünscht bezeichnet. Dies alles habe seine Fraktionsgemeinschaft dazu bewogen, sich mit der Frage zu befassen, ob das Klinikum Stuttgart (KS) derartige Beobachtungsstudien ebenfalls regelmäßig durchführe. Weitere Details habe man in Antrag und Anfrage Nr. 140/2018 dargelegt und bitte nun um die entsprechenden Antworten.


Vortrag durch Herrn Prof. Dr. Jürgensen

Herr Prof. Dr. Jürgensen teilt vorab zusammenfassend mit, im KS spielten Anwendungsbeobachtungen keine große Rolle; es gebe jedoch Ausnahmen, für die man sich dann jeweils ganz bewusst entscheide.

Anschließend beginnt Herr Prof. Dr. Jürgensen mit der Erläuterung seiner Präsentation. Dabei trägt er vorab jeweils die in Antrag und Anfrage Nr. 140/2018 gestellten Fragen der Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS vor (im Folgenden halbfett abgedruckt).


1. Werden im KS Anwendungsbeobachtungen im Auftrag von und/oder in Kooperation mit Pharmaunternehmen an Patient_innen durchgeführt?

Dies wird durch Herrn Prof. Dr. Jürgensen bejaht. Es handle sich dabei typischerweise um "multizentrische" Studien, in deren Rahmen mehrere größere Krankenhäuser gemeinsam Daten erheben würden, um auf diese Weise zu einer größeren Datenbasis und somit zu aussagekräftigen und validen Ergebnissen zu gelangen. Grundsätzlich sei die Methode der Anwendungsbeobachtung übrigens nicht auf Arzneimittel beschränkt. Mitunter wende man sie auch bei neu entwickelten Medizinprodukten an, zu denen weitere Erkenntnisse gewonnen werden sollten (Seiten 1 und 2 der Präsentation).


2. Wenn ja,

a) wie viele Verträge zu Anwendungsbeobachtungen wurden im KS in den letzten fünf Jahren durchgeführt?

Herr Prof. Dr. Jürgensen informiert, dass während dieser Zeitspanne im KS insgesamt zwölf Anwendungsbeobachtungen durchgeführt worden seien. Es handle sich also um eine sehr geringe Zahl, die überdies eine rückläufige Tendenz aufweise (Seite 3 der Präsentation).


b) wie viele Patient_innen waren Teilnehmer_innen von Anwendungsbeobachtungen?

Herr Prof. Dr. Jürgensen berichtet, es hätten insgesamt 111 Frauen und Männer an den genannten Anwendungsbeobachtungen teilgenommen. Generell sei es ein Anliegen dieser Methode, Erkenntnisse über einen möglichst breiten Querschnitt der betroffenen Bevölkerung zu erhalten. Bei den üblichen klinischen Studien sei es nämlich häufig so, dass die untersuchten Patientengruppen gezielt ausgewählt, gesund und überwiegend männlich seien, sodass die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf Menschen mit anderen Merkmalen oder Begleiterkrankungen lediglich in beschränktem Ausmaß möglich sei. Hier könnten Anwendungsbeobachtungen einen Mehrwert liefern (Seite 4 der Präsentation).


c) wurden die Patient_innen darüber aufgeklärt, dass mit ihren Daten eine Anwendungsbeobachtung durchgeführt wurde? Gibt es schriftliche Einwilligungen der Patient_innen?

Herr Prof. Dr. Jürgensen antwortet, dies sei selbstverständlich der Fall. Die Teilnahme an den Anwendungsbeobachtungen erfolge auf freiwilliger Basis. Man habe die entsprechenden Aussagen und Daten schriftlich dokumentiert und hinterlegt (Seite 5 der Präsentation).


d) mit welcher Begründung führt das KS Anwendungsbeobachtungen durch?

Herr Prof. Dr. Jürgensen teilt mit, es handle sich bei diesem Verfahren um ein "etabliertes und von den einschlägigen Bundesinstituten (zum Beispiel dem für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel zuständigen Paul-Ehrlich-Institut) im Instrumentarium der Forschung aufgelistetes Vorgehen" (Seite 7 der Präsentation). Es gebe für Anwendungsbeobachtungen klare Regeln. Die entsprechenden Studien verfolgten hauptsächlich das Ziel, Erkenntnisse bei der Anwendung bereits zugelassener oder registrierter Arzneimittel zu sammeln. Im Text der Anfrage Nr. 140/2018 sei in gewisser Weise suggeriert worden, dass es sich bei den getesteten Medikamenten um noch nicht zugelassene Präparate handle und hier eine Art "Umgehung" von Vorschriften stattfinde und auch eine gewisse Gefährdung der Betroffenen erfolge. Dies sei jedoch nicht der Fall, so Herr Prof. Dr. Jürgensen. Zum Einsatz kämen hier vielmehr "ganz überwiegend oder ausschließlich" bereits zugelassene Arzneimittel (Seite 8 der Präsentation).

Generelles Ziel der Anwendungsbeobachtung sei es also, über bereits zugelassene Medikamente unter realistischen Alltagsbedingungen weitere Erkenntnisse zu erhalten - und zwar insbesondere zu unerwünschten Wirkungen und Wechselwirkungen. Es stelle sich zum Beispiel die Frage, was geschehe, wenn Patienten die Medikamente verzögert oder in Kombination mit anderen Substanzen (wie etwa Alkohol) einnähmen. Auch die Frage, wie sich das Vorhandensein von Begleiterkrankungen auswirke, sei hier von Relevanz. Generell lasse sich das wissenschaftliche Interesse etwa so formulieren: "Was passiert außerhalb der strikt regulierten klinischen Forschungsszenarien, in deren Rahmen die Arzneimittel zunächst überwiegend an Gesunden getestet werden?" Aus den mithilfe der Anwendungsbeobachtungen gewonnenen Daten erhoffe man sich hier weitere Erkenntnisse, auf deren Basis man dann Warnhinweise, veränderte Empfehlungen zu Einnahme und Anwendung sowie Einschränkungen für die Verwendung entwickeln könne. Es sei sogar möglich, dass die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) Anwendungsbeobachtungen im Rahmen des Zulassungsverfahrens künftig zur Auflage machen werde, sodass die entsprechende Vorgehensweise dann kein Marketinginstrument bzw. keine freiwillige Maßnahme mehr wäre.

Zulassungen von Arzneimitteln dauerten in der Regel viele Jahre, so Herr Prof. Dr. Jürgensen. Diese lange Dauer werde häufig kritisiert - vor allem durch Patienten, für die es bisher keine adäquate Therapie gebe und die deshalb einen entsprechend Bedarf an geeigneten Medikamenten hätten. Daher gebe es gelegentlich beschleunigte Verfahren mit der Maßgabe, im Anschluss an die Zulassung mithilfe einer Anwendungsbeobachtung weitere Daten und Erkenntnisse zu sammeln. Das Ganze laufe dann unter den Bezeichnungen "Post-Authorisation Safety Studies" (PASS) sowie "Post-Authorisation Efficacy Studies" (PAES). Diese seien im Internet unter der Adresse "Clinicaltrials.gov" einsehbar.

Sämtliche Anwendungsbeobachtungen seien beim "Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte" (BfArM) sowie dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) anzumelden und auf deren offiziellen Datenbanken auf transparente Weise zugänglich. Generelle Voraussetzung für alle diese Beobachtungsstudien sei "ein positives Ethik-Votum" (Seite 9 der Präsentation).

Allerdings habe die an der Methode der Anwendungsbeobachtung geübte Kritik durchaus eine gewisse Berechtigung, so Herr Prof. Dr. Jürgensen - selbst wenn der Inhalt der genannten Fernsehsendung möglicherweise etwas tendenziös und provokant ausgefallen sei. Diese Kritik laute, dass ein großer Teil der entsprechenden Beobachtungsstudien nur wenige oder gar keine Erkenntnisse liefere und in der Tat zu Marketingzwecken genutzt werde - "gelegentlich unter Zahlung von Honoraren für Prüfärzte". Dies betreffe nicht zuletzt den niedergelassenen Bereich, "wo dann quasi persönliche Einnahmen der betreffenden Ärzte entstehen, um damit größere Marktanteile oder eine stärkere Verbreitung der Präparate eines Herstellers zu erwirken. Diese Vorwürfe gibt es. Und in der Tat gibt es auch etliche Anwendungsbeobachtungen, die nur wenig hilfreiche oder gar keine Erkenntnisse liefern. Das heißt aber nicht, dass dieses Instrument generell falsch wäre oder man gar keine Anwendungsbeobachtungen mehr durchführen sollte." (Seite 10 der Präsentation).

Herr Prof. Dr. Jürgensen fährt fort, die Situation im KS sei anders als im niedergelassenen Bereich. Wie bereits erwähnt, sei die Zahl der hier durchgeführten Anwendungsbeobachtungen in den letzten Jahren erstens gering und zweitens rückläufig. Bei den tatsächlich durchgeführten Beobachtungsstudien gebe es zudem "klare Genehmigungs- und Anzeigeregeln sowie Prüfschleifen über die Rechtsabteilung". Es gelte das Mehr-Augen-Prinzip. Die verordnenden Ärzte seien in ihrer Therapiewahl nicht vollkommen frei. Vielmehr verfüge das KS über eine Arzneimittelkommission und eine große Krankenhausapotheke, außerdem gebe es in diesem Bereich Standardisierungen. Ein Arzt dürfe aus der großen Vielzahl der verfügbaren Medikamente also nicht irgendein beliebiges Präparat auswählen, das ihm vielleicht gerade vorteilhaft erscheine oder zu dem ihm ein Pharmavertreter geraten habe, sondern er müsse sich an die vorgegebenen Standards halten (Seite 11 der Präsentation).


e) wie hoch waren die jährlichen Einnahmen des KS durch Anwendungsbeobachtungen in den letzten fünf Jahren?

Die geringe Relevanz von Anwendungsbeobachtungen im KS werde auch anhand von deren niedriger wirtschaftlicher Bedeutung sichtbar, so Herr Prof. Dr. Jürgensen. Die Gesamteinnahmen in diesem Bereich hätten über die zurückliegenden fünf Jahre hinweg bei 65.000 € gelegen, was einem jährlichen Durchschnitt von 13.000 € entspreche. Diese Zahl liege weit unter 1 % der Drittmittel-Einwerbungen des KS und sei somit "wirklich nicht signifikant" (Seite 12 der Präsentation).


3. Gibt es im KS bereits schriftlich fixierte Handlungsanweisungen für Mitarbeiter_innen hinsichtlich des Umgangs mit Anwendungsbeobachtungen? Wenn nein, sind hierzu Handlungsanweisungen geplant und mit welchem Inhalt?

Diese Frage wird durch Herrn Prof. Dr. Jürgensen bejaht. Es gebe "einen geordneten Antrags- und Prüfprozess, der mit einer Vielzahl von Dokumenten hinterlegt" sei - so etwa "den Ethik-Voten, einer Kostenkalkulation und Zustimmungsregeln, die von der Rechtsabteilung überwacht" würden (Seite 13 der Präsentation).

Herr Prof. Dr. Jürgensen resümiert, die Geschäftsführung des KS schließe das Instrument der Anwendungsbeobachtung nicht kategorisch aus. Faktisch spiele das Verfahren jedoch nur eine geringe Rolle. Die an dieser Methode generell geübte Kritik, dass hier "Vorteilsnahme und letztlich Marketingeinfluss" wirkten, müsse "im klinischen Setting mit den dort bestehenden Regeln und Mehr-Augen-Prinzipien stark relativiert" werden bzw. sei "weniger relevant als sonst" (Seite 14 der Präsentation).


Aussprache

Die StRinnen und Stadräte Dr. Kübler (CDU), Seitz (90/GRÜNE), Ehrlich (SPD), Adler (SÖS-LINKE-PluS), Zaiß (FW) und Dr. Fiechtner (BZS23) danken für den Bericht.

StR Dr. Kübler äußert gegenüber StR Adler die Vermutung, dass sich dieser im Text seines Antrags wohl auf den Bericht bezogen habe, der im Rahmen der Fernsehsendung "Plusminus" zu diesem Thema ausgestrahlt worden sei. Man dürfe allerdings nicht alles glauben, was in derartigen Filmbeiträgen behauptet werde. Selbst wenn Anwendungsbeobachtungen im KS nur eine relativ geringe Rolle spielten, so seien sie dennoch "immens wichtig", um - wie Herr Prof. Dr. Jürgensen ausgeführt habe - "Nebenwirkungen, Komorbiditäten und Adhärenzen aufzuzeigen". Eine entsprechende Vorgehensweise sei unerlässlich, so der Stadtrat.

StRin Seitz betont, dass Anwendungsbeobachtungen im KS lediglich eine stark untergeordnete Rolle spielten und es hier auch klare interne Genehmigungsrichtlinien gebe, nach denen vorgegangen werden müsse. Grundsätzlich werde allerdings häufig darauf hingewiesen, dass es sich bei der Anwendungsbeobachtung um ein Marketinginstrument handle. Dies beinhalte, dass die durch die entsprechenden Beobachtungsstudien gewonnenen Ergebnisse häufig nicht veröffentlicht würden. Daher würde es sie interessieren, so die Stadträtin, ob die Resultate der im KS vorgenommenen Anwendungsbeobachtungen publiziert und somit auch anderen Ärzten zugänglich gemacht würden oder ob die jeweils zuständigen Pharmaunternehmen diese tatsächlich nicht weiterleiteten.

Durch StR Ehrlich wird festgestellt, zuweilen würden Fernsehsendungen, deren Berichterstattung man durchaus kritisch sehen könne, einen Anlass bieten, um zu bestimmten Themen eine profunde Antwort zu erhalten. Er selbst habe eine Verständnisfrage. Es sei vorhin von zugelassenen und noch nicht zugelassenen Medikamenten die Rede gewesen. Es sei wichtig zu wissen, wo hier die entscheidenden Unterschiede lägen.

StR Adler kommt zu dem Urteil, dass die zu den Fragen des Antrags erteilten Antworten "einigermaßen beruhigend" seien. Zu der von StRin Seitz soeben aufgeworfenen Frage nach der Veröffentlichung der Studienergebnisse bitte er noch eine Auskunft zu erteilen.

Durch StR Zaiß wird bemerkt, man sehe hier ganz deutlich, dass im Fernsehen "nicht immer nur Wahres" gesendet werde. Anschließend dankt er Herrn Prof. Dr. Jürgensen für dessen Beitrag zur Aufklärung bei diesem Thema.

StR Dr. Fiechtner teilt mit, genau wie StR Ehrlich sei er der Meinung, dass ein häufig sehr emotional diskutierter Gegenstand wie der vorliegende im Ausschuss durchaus sachlich behandelt werden könne. Eine grundsätzliche Polemik, welche die pharmazeutische Industrie als "bösen Buben" darstelle, der "nur auf Gewinne aus" sei und "dafür auch korrumpierendes Handeln in Kauf" nehme, sei seiner Ansicht nach "ein sehr verkürztes und unpassendes Szenario". Zugleich werde hierbei implizit auch den Ärzten Bestechlichkeit unterstellt. Eine derart "reißerische" Darstellung des Themas in einer Fernsehsendung sei vielleicht für die Einschaltquote nötig, einem guten Miteinander von Ärzten und Patienten jedoch bestimmt nicht förderlich.

Der Stadtrat fährt fort, er wolle ergänzend zum Vortrag von Herrn Prof. Dr. Jürgensen hier deutlich machen, dass sich die Situation bei den niedergelassenen Ärzten nicht viel anders als in den Krankenhäusern darstelle. Auch die Niedergelassenen unterlägen selbstverständlich den genannten strikten rechtlichen und ethischen Vorgaben. Grundsätzlich seien Anwendungsbeobachtungen zwingend notwendig. Dass ihre Durchführung auch vergütet werde, sei "absolut richtig". Er selbst habe sich in seiner Praxiszeit an verschiedenen Studien beteiligt - und zwar zu Phase III. "Wir haben bei solchen Studien in der Praxis für die Durchführung pro Patient mehrere Tausend Euro erhalten." Wenn man allerdings den jeweiligen Arbeitsaufwand genau berechne, müsse man sich schon fragen, ob es sich hierbei um ein lohnendes Geschäft gehandelt habe. Bei den Anwendungsbeobachtungen fielen die Vergütungen deutlich niedriger aus, obwohl auch diese einen gewissen Arbeitsaufwand mit sich brächten. Grundsätzlich bedürften Medikamente nach ihrer Zulassung noch immer der Beobachtung. Denn man habe zu diesem Zeitpunkt zwar die zum Teil sehr umfangreichen klinischen Studien vorliegen; aber erst wenn ein Medikament tatsächlich auf den Markt komme (und dann nicht länger von nur rund 1.000 Patienten eingenommen werde, sondern von 50.000 oder mehr), könne man feststellen, ob etwaige seltenere Nebenwirkungen aufträten und welche der bereits ermittelten Nebenwirkungen tatsächlich von größerer Bedeutung seien. Um die entsprechenden Kenntnisse zu erlangen, benötige man zusätzliche Studien. Hierfür sei die Anwendungsbeobachtung das richtige Instrument, so StR Dr. Fiechtner. Es stelle sich daher die Frage, warum das KS auf diesem Sektor nicht noch aktiver sei. Denn wenn man ein Medikament für bestimmte Indikationen sowieso verordne, könne man die dazugehörigen Anwendungsbeobachtungen gleich mitdurchführen.

Herr Prof. Dr. Jürgensen geht auf die Frage nach der Veröffentlichung der Ergebnisse von Anwendungsbeobachtungen ein. Seite 9 der Präsentation sei zu entnehmen, auf welchen Internet-Seiten man die angemeldeten Anwendungsbeobachtungen sowie die dazugehörigen Studienergebnisse finden könne. Diese Ergebnisveröffentlichungen seien inhaltlich allerdings "gelegentlich enttäuschend oder auch wenig aufschlussreich". Tatsächlich habe eine derartige Publizierung in der Vergangenheit nicht immer stattgefunden, werde jetzt aber bereits seit einigen Jahren auf diese Weise praktiziert. Insofern seien Transparenz und Zugänglichkeit der durch Anwendungsbeobachtungen gewonnenen Erkenntnisse durchaus gegeben.


Am KS selbst halte er Anwendungsbeobachtungen nur mit zugelassenen Arzneimitteln für richtig, so Herr Prof. Dr. Jürgensen. Als etwaige Ausnahmen kämen lediglich solche Wirkstoffe in Frage, die gar nicht zulassungspflichtig seien (zum Beispiel pflanzliche Substanzen). Generell sei es auch denkbar, dass Apotheker Anwendungsbeobachtungen mitbetreuten. Grundsätzlich sammle man am KS "in ausgewählten Fällen Daten zu zugelassenen Wirkstoffen".


Nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen ergeben, stellt EBM Föll fest:

Der Krankenhausausschuss hat von dem Bericht Kenntnis genommen.

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