Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Jugend und Bildung
Gz: JB
GRDrs 896/2022
Stuttgart,
01/26/2023



Änderung der Höchstgruppenstärke gem. § 1a KiTaVO und begleitende Maßnahmen



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
JugendhilfeausschussBeschlussfassungöffentlich06.02.2023



Beschlußantrag:

1. Von der Erhöhung der Höchstgruppenstärke gemäß § 1a Abs. 3 KiTaVO um bis zu 2 Kinder zur Versorgung von aktuell rd. 740 Kindern im Alter ab 4 Jahren ohne Kita-Platz wird Kenntnis genommen.

2.1. Für jedes über die betriebserlaubte reguläre Höchstgruppenstärke gem. § 1 Abs. 3 KiTaVO hinaus aufgenommene Stuttgarter Kind erhalten die freien Träger der Kindertagesbetreuung ein zusätzliches Budget von 5.500 EUR jährlich. Das Budget wird anteilig je Belegungsmonat gewährt.

2.2. Der städtische Träger erhält ebenfalls ein Budget entsprechend Ziff. 2.1. Dieses Budget kann, zunächst befristet bis 31.12.2023, je zusätzlich aufgenommenem Kind zur Besetzung von Stellen im Umfang von bis zu 0,137 VZK in EG 6 verwendet werden. Zur Deckung werden aktuell unbesetzte Stellen des Jugendamts (Kita-Bereich) herangezogen. Über eine Schaffung zusätzlicher Stellen ist bei Bedarf zum Stellenplan 2024/2025 zu entscheiden.

3. Die hierdurch entstehenden Mehraufwendungen von bis zu 3,74 Mio. EUR im Jahr 2023 können im THH 510 Jugendamt, Amtsbereich 5103651 Förderung von Kindern in städtischen Tageseinrichtungen, Kontengruppe 42510 Sonstige Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen gedeckt werden.




Begründung:


Zu Beschlussziffer 1:
Auf der Basis der aktuellen Diskussionen über den Fachkräftemangel und dessen Folgen u. a. auch auf die Kita-Platzversorgung in Stuttgart hat die Verwaltung im Zusammenwirken mit verschiedenen Kita-Trägervertretern in einer Arbeitsgruppe (AG Fachkräftemangel) mögliche Optionen für sofort wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgungssituation erörtert. Eine mögliche Maßnahme ist die am 10.12.2022 neu eingeführte Regelung in § 1a Abs. 3 der baden-württembergischen KitaVO, die es erlaubt, in Ausnahmefällen, die geltende Höchstgruppenstärke gem. Betriebserlaubnis um bis zu zwei Kinder zu überschreiten. Diese Ausnahmeregelung gilt zunächst nur bis zum 31.08.2023.

Die Verwaltung hat daraufhin geprüft, in welchen Fällen eine Platz-Versorgung durch Überschreitung der Höchstgruppenstärke besonders dringend ist. Mit Blick auf die jüngsten Ergebnisse des Leistungsvergleichs in den Grundschulen, sind aus Sicht der Fachverwaltung insbesondere die unversorgten Kinder ab 4 Jahren in den Fokus zu nehmen, um diesen auf jeden Fall im Vorschulalter einen Kita-Besuch zu ermöglichen. Aktuelle Auswertungen der Warteliste haben ergeben, dass mit Stand Dezember 2022 742 Stuttgarter Kinder im Alter von mehr als 3,75 Jahren noch ohne Kita-Platz sind. Im Februar 2023 werden alle diese Kinder mindestens 4 Jahre alt sein.

Um diese Kinder zu versorgen, wurden die Kita-Träger Anfang des Jahres 2023 mit Hilfe der Kommunikationsstrukturen des seit dem Jahr 2021 erprobten Verfahrens zur Platzzuweisung (vgl. GRDrs 686/2020) aufgefordert, Plätze zu melden, die über die Höchstgruppenstärke hinaus belegt werden können. Diese Abfrage erfolgte bereichsbezogen je nach sozialräumlichem Bedarf.

Die gemeldeten Plätze sollen unmittelbar nach Beschlussfassung dieser GRDrs durch die Koordinierungsstelle im Fachdienst Kitaservice/Familieninformation belegt werden können. Dabei sind stadtteil- bzw. sozialraumbezogene Bedarfe und Kriterien zu berücksichtigen.

Zu Beschlussziffer 2.1. und 2.2.
Eine Erhöhung der Höchstgruppenstärke erfordert jedoch nach einhelliger Meinung aller Fachleute eine anderweitige Entlastung der pädagogischen Fachkräfte in den Kindertageseinrichtungen. Diese Entlastungsnotwendigkeit kann sich allerdings von Träger zu Träger, ja sogar von Einrichtung zu Einrichtung komplett unterscheiden.
Deshalb erscheint es sinnvoll, die Träger mit einem zusätzlichen Budget für deren individuelle Bedarfe auszustatten. Die Verwaltung wird legitimiert, für Detailregelungen Ausführungsbestimmungen zu erlassen.

Zu 2.1.
Dieses Budget in Höhe von 5.500 EUR jährlich kann bei freien Trägern beispielhaft für folgende Maßnahmen zur Verbesserung der Situation in Kitas eingesetzt werden:

· Einsatz eines „Kita-Managers“ für organisatorische Aufgaben z. B. bei Beschaffungen, Anwesenheitslisten, Rundbriefen, Klärung von laufend wiederkehrenden Themen – z. B. bzgl. der externen Reinigungsleistung oder Themen im Zusammenhang mit Essensversorgung, Reparaturen, Gebäudeunterhaltung und Betrieb
· Begleitung bei herausfordernden Situationen im Alltag (Stichwort „Training on the job“)
· Schulungs-/Trainingseinheiten im Bereich Verwaltung von Einrichtungsleitungen am Arbeitsplatz
· Hauswirtschaft, sofern nicht bereits über Zuschuss zur Essensversorgung finanziert
· Ausbau von Stellen (mit finanziellen Anreizen) für Freiwilligendienste wie FSJ, BuFDis
· Ausweitung der überplanmäßigen Beschäftigung von ausländischen Fachkräften, Auszubildenden o. ä.

Zu 2.2.
Falls eine Überbelegung der Gruppen beim städtischen Träger erfolgt, werden die entlastenden Maßnahmen in der Regel durch zusätzlich einzusetzende nicht-pädagogische Mitarbeitende zu erbringen sein. Damit diese sozialversicherungs- und steuerrechtlich korrekt eingesetzt werden können, sind reguläre Arbeitsverträge, ggf. auch auf der Basis geringfügiger Beschäftigung, abzuschließen. Da aktuell noch nicht gesagt werden kann, wie viele der Überbelegungen auf den städtischen Träger entfallen, kann der konkrete Umfang der benötigten Stellenanteile noch nicht beziffert werden. Rein rechnerisch würde, wie oben dargelegt, je zusätzlichem Kind eine Entlastungressource 0,137 VZK benötigt. Diese Stellenressourcen stehen aktuell im (Teil-)Stellenplan der Kitas zur Verfügung, da i.d.R. zwischen 250 und 300 Stellen unbesetzt sind. Sollte sich zeigen, dass die benötigten Entlastungsmaßnahmen nicht oder nur teilweise durch fest angestellte Mitarbeitende zu erbringen sind, kann das o. a. Budget auch als Sachaufwand verwendet werden.

Generelle Voraussetzungen für die Gewährung des Budgets sind bei allen Trägern:
· direkte Verwendung für die Einrichtung (nicht zur Deckung von Overhead-/Gemeinkosten o. ä.)
· Entlastung des Fachpersonals bei „nicht-pädagogischen Tätigkeiten“

Das Budget wurde auf folgender Grundlage bemessen:
Ausgehend vom Personalschlüssel für eine Ganztagesgruppe von 3-6-jährigen mit 20 Kindern (2,73 VZK) entfällt rechnerisch auf ein Kind ein Stellenanteil von 0,137.
Zur Vereinfachung der Bemessung wurde nur diese Angebotsform gewählt, bei Kleinkindangeboten wäre der Stellenanteil höher, bei VÖ-Angeboten geringer.

Wenn dieser Stellenanteil von 0,137 pro zusätzlichem Kind als Entlastungsressource für die o. a. Tätigkeiten mit Wertigkeit EG 6 (jährl. 52.200 EUR) besetzt würde, würde sich ein jährlicher Aufwand von 7.150 EUR ergeben. Da das zusätzliche Kind entsprechende Elternbeitragserlöse generiert, sind diese beim Aufwand mindernd zu berücksichtigen. Bei der städt. Elterngebühr von 149 EUR (GTE 3-6, ohne Ermäßigung, 1 Kind) wären 1.639 EUR für 11 Monate zu erzielen.
Die verbleibenden rd. 5.500 EUR könnten als zusätzlicher, jährlicher Nettoaufwand für die Aufnahme zusätzlicher Kinder anerkannt werden (monatlich bewilligt, nach Nachweis der Belegung).
Bei aktuell 742 Kindern über 3,75 Jahre (45 Monate) wären jährlich also maximal insgesamt 4,08 Mio. EUR aufzuwenden. Da die Regelung zur Überbelegung zunächst bis 31.08.2023 gelten, sind aktuell für die 7 Monate von Februar 2023 bis August 2023 nur 7/12 der Aufwendungen zu leisten, d. h. 2,38 Mio. EUR.

Zwar gilt die Ausnahmeregelung zunächst nur befristet, allerdings ist davon auszugehen, dass auch im neuen Kindergartenjahr 2023/2024 mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine Nachfolgeregelung notwendig sein wird, da sich perspektivisch der Fachkräftemangel eher noch verschärfen wird. Insofern ist es aus Sicht der Fachverwaltung angezeigt, finanzielle Mittel mindestens bis zum Jahresende 2023 vorzusehen. Für die verbleibenden 4 Monate des Jahres 2023 (Sept. bis Dez.) wären also noch rund 1,36 Mio. EUR aufzuwenden, d. h. insgesamt für 2023 rd. 3,74 Mio. EUR.

Über das weitere Vorgehen ab dem Haushaltsjahr 2024 ist im Rahmen der Haushaltsplanberatungen zu entscheiden.

Die Maßnahme zur Erhöhung der Höchstgruppenstärke und die Beendigung der Maßnahme unterliegen der Anzeigepflicht beim KVJS. Dem Jugendamt müssen zum Nachweis der Aufnahme zusätzlicher Kinder und deren Beendigung die Vorgangsnummern der Selbstverpflichtungserklärung eingereicht werden. Auf dieser Grundlage werden die Zuschüsse in einem separaten Zuschussverfahren geprüft und bewilligt.

Der zugrunde gelegte rechnerische Elternbeitrag wird im Rahmen des regulären Verwendungsnachweises nicht berücksichtigt.



Finanzielle Auswirkungen

Die Aufwendungen von maximal 3,74 Mio. EUR im Jahr 2023 können durch Umschichtung von Mitteln der sog. Kita-Betriebskostenpauschale zum Ausbau der Kindertagesbetreuung im THH 510 Jugendamt, Amtsbereich 5103651 Förderung von Kindern in städtischen Tageseinrichtungen, Kontengruppe 42510 Sonstige Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen gedeckt werden.



Beteiligte Stellen

Die Referate AKR und WFB haben mitgezeichnet.

Vorliegende Anträge/Anfragen

255/2022 Pilotprojekt: KITA-Manager. Eine Chance für die Personalgewinnung und
-erhaltung in pädagogischen Berufen.- CDU-Gemeinderatsfraktion


Erledigte Anträge/Anfragen

255/2022 Pilotprojekt: KITA-Manager. Eine Chance für die Personalgewinnung und -erhaltung in pädagogischen Berufen.- CDU-Gemeinderatsfraktion



Isabel Fezer
Bürgermeisterin


Anlagen

Anlage 1 Kindertagesstättenverordnung Stand 30.11. 2022




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