Antrag
vom
12/16/2013
Nr.
994/2013
Antrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen
Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion
Betreff
Stuttgart 21 PF 1.3 – Ergänzung der städtischen Stellungnahme 1271/2013
I Weitere Stellungnahme der Verwaltung
Im Sinn einer wirkungsvollen Vertretung der Interessen der Stadt Stuttgart gegenüber der Bahn beim Projekt Stuttgart 21 sehen wir in verschiedenen Punkten der Stellungnahme 1271/2013 (Bahnprojekt Stuttgart - Ulm (S21), Planfeststellungsabschnitt (PFA) 1.3, Filderbereich mit Flughafenanbindung, Beteiligung der Landeshauptstadt Stuttgart) Konkretisierungsbedarf. Wichtige Aspekte und Fragestellungen sind nicht geklärt.
Eine Überarbeitung der Stellungnahme unter Berücksichtigung aller noch offenen Fragen, insbesondere aus den betroffenen Stadtbezirken vor Ort, ist notwendig und erfordert einen Antrag auf Fristverlängerung für die Abgabe beim Regierungspräsidium Stuttgart.
Das Ergebnis der Stellungnahme muss außerdem eine klare Liste mit allen zu klärenden Punkten enthalten, ähnlich der Liste beim Brandschutz, mit dem Ziel, diese so schnell wie möglich abzuarbeiten.
Wir beantragen:
1. Die Verwaltung nimmt Stellung zu den folgenden Punkten bzw. konkretisiert die Beschlussvorlage:
a. Der Beschlussantrag der Vorlage 1271/2013 wird eindeutig als Einwendung gekennzeichnet:
„Die Landeshauptstadt Stuttgart nimmt als Trägerin der Planungshoheit und sonstiger öffentlicher Belange sowie als Grundstückseigentümerin von dem Planfeststellungsverfahren 1.3 – Filderbereich mit Flughafenanbindung – des Projekts Stuttgart 21 Kenntnis und gibt mit nachfolgender Stellungnahme ihre Einwendungen ab.
Begründung:
Mit der Vorlage 1271/2013 sind als „Stellungnahme“ wichtige Punkte der Betroffenheit der Stadt Stuttgart für die Fildervororte zum Ausdruck gebracht. Unseres Erachtens kann es jedoch keineswegs genügen, diese vielen Belange lediglich als Stellungnahme mit einem zu unverbindlichen Beschlussantrag zu verabschieden. Wir fordern in gleichem Maße deutliche und kraftvolle Beschlussanträge, wie sie der Gemeinderat für den Brandschutz im Fildertunnel mit Nachdruck eingefordert hat oder selbst bei lediglich stadtgestalterischen Themen wie z.B. bei der Gestaltung des Bahnhofsumfeldes gefordert hatte.
b. Die in der Stellungnahme der Stadt dargestellten Mängel und Nachbearbeitungsbedarfe werden in Listenform komprimiert dargestellt und es wird festgehalten, wann welche Forderung von Seiten der Bahn erfüllt wurde.
Begründung:
Es werden in der Stellungnahme zwar unter „1. Belange des Tiefbauamts“ alle Forderungen deutlich gestellt. Im Text ab Seite 7 werden die Formulierungen jedoch größtenteils sehr weich mit viel Prosa formuliert. In der Stellungnahme wird zwar eine Vielzahl von Punkten kritisiert und auch fehlende Planunterlagen bemängelt. Jedoch werden weder sich daraus ableitende Forderungen formuliert noch werden Anträge zur Nacharbeitung von Unterlagen bzw. zur Vorlage von fehlenden Unterlagen und Nachweisen gestellt. Dies schwächt die Stellungnahme der Stadt Stuttgart in unnötiger Weise und führt zum Nachteil bei der Beachtung der Stuttgarter Belange durch die Prüfbehörden.
In Kapitel 2 werden sogar die in Kapitel 1 vorgebrachten Forderungen gegensätzlich dargestellt und schwächen die deutlichen Forderungen des Tiefbauamtes ab. Wir fordern deshalb, eindeutige und klare Forderungen und Anträge im gesamten Text der Stellungnahme vorzunehmen. Hierzu ein Beispiel aus der Vorlage: Seite 15- Teilbereich Gesamtlärm, Zitat: „Insofern sind die grundlegenden Daten, die für das Verkehrslärm-Gutachten verwendet wurden, zu hinterfragen". Dies müsste lauten: „Die LHS fordert ein aktuelles Gutachten Gesamtlärm“.
c. Fehlende und / oder mangelhafte Plan- und Gutachtenunterlagen sind in der Stellungnahme aufzulisten und deren Nacharbeitung per Antrag nachzufordern.
II Fristverlängerung
Aufgrund des außerordentlich großen Umfangs der Planunterlagen sowie der ungewöhnlich knapp bemessenen Frist für die Abgabe der Stellungnahme konnten von zwei Ämtern die Unterlagen nicht systematisch durchgearbeitet werden konnten. Es wurden lediglich stichprobenhafte Prüfungen zu den als fachlich besonders relevant eingestuften Fragestellungen vorgenommen. Die erforderlichen Abstimmungen in der Verwaltung insbesondere zu den Themen Landwirtschaft, Boden, Wasser und Grundwasser, Artenschutz sowie Lärm, Luftschadstoffe, Erschütterungen und Elektrosmog konnte nicht abschließend vorgenommen werden. Dadurch kann die Interessensvertretung der Landeshauptstadt nicht sachgerecht wahrgenommen werden. Zudem ist dem Gemeinderat über die Stellungnahmen vor Abgabe beim Regierungspräsidium Bericht zu erstatten. Deshalb ist eine Fristverlängerung dringend zu beantragen.
Wir beantragen:
2. Die Landeshauptstadt beantragt beim Regierungspräsidium Stuttgart für die Abgabe aller Stellungnahmen zum Planfeststellungsabschnitt (PFA) 1.3 rechtzeitig eine Fristverlängerung.
III Zusätzliche offene Punkte und Forderungen
Wir beantragen:
3. Die Landeshauptstadt nimmt die einstimmigen Beschlüsse der Stadtteile Vaihingen, Plieningen und Möhringen vom 12.12.2013 als wesentliche Bestandteile in die Stellungnahme der Stadt auf.
Begründung:
Im Anschluss an die gemeinsame Sitzung der Bezirksbeiräte von Vaihingen, Plieningen und Möhringen am 12.12.2013 haben die jeweiligen Bezirksbeiratsgremien einstimmige Beschlüsse zum PFA 1.3 gefasst. Diese einstimmigen Beschlüsse sind in den noch zu erstellenden Forderungskatalog der Stellungnahme der Stadt aufzunehmen.
4. Die heutigen S-Bahn-Takte sind dauerhaft zu erhalten. Der Nachweis, dass dies möglich ist, ist gutachterlich zu belegen. Die Landeshauptstadt schließt sich den Forderungen des Verbandes Region Stuttgart hinsichtlich des S-Bahn-Betriebes Ziffer 5 der Vorlage Nr. 383/2013
Planungsausschuss vollumfänglich an.
Begründung:
Die Betroffenheit der Stadt Stuttgart hinsichtlich der Beeinträchtigungen des ÖPNV-Betriebs, wie dies der Verband Region Stuttgart und die Stadt Leinfelden-Echterdingen bereits öffentlich kundgetan haben, fehlt bislang gänzlich. Die in den Planfeststellungsunterlagen dargestellten Planungen haben erhebliche negative Auswirkungen auf den ÖPNV der Stadt Stuttgart, auf dessen Funktionalität die Stadt zum Wohle ihrer Bürger und Bürgerinnen achten muss. Zwar liegt nur die Rohrer Kurve auf Stuttgarter Gemarkung, die S-Bahnen zum Flughafen, Filderstadt und Böblingen verkehren jedoch alle durch unsere eng getaktete Herzzone des S-Bahn-Verkehrs mit vielfältigen Umsteigepunkten auf die Busse und Bahnen der Stadt. Die Akzeptanz des ÖPNV hängt maßgeblich von seiner Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit in seiner Gesamtwirkung ab. Die Anstrengungen und Bemühungen der Stadt Stuttgart, motorisierten Individualverkehr zur Minimierung der Umweltbelastungen und zur Vermeidung eines noch größeren Verkehrskollapses zu reduzieren und dafür mehr Menschen auf die Schiene zu bringen, können nicht durch eingleisige Schienenabschnitte oder niveaugleiche Schienenführungen – wie im PFA 1.3 in der Rohrer Kurve und am Flughafen geplant – konterkariert werden. Ebenso kann die Pünktlichkeit der S-Bahnen wegen der neu geplanten Mischverkehrsbeziehungen im Bereich der Rohrer Kurve nicht von den tagesaktuellen Entscheidungen der so genannten Disponenten abhängen. Die 10-minütigen Taktverkehre sind dauerhaft für die Zukunft zuverlässig zu halten und dürfen auch einen weiteren Ausbau der S-Bahn-Verkehre, wie z. B. nach Neuhausen, nicht verunmöglichen. Der eingleisige Abschnitt besteht, wie spätestens seit der Schlichtung allgemein bekannt und diskutiert, im Bereich des Flughafenbahnhofs, der heutigen S-Bahn-Haltestelle Flughafen. Aus diesem Grund ist der Nachweis einzufordern, dass der ÖPNV, insbesondere der S-Bahn-Verkehr, nicht durch die mangelhafte Streckenführungen im PFA 1.3 beeinträchtigt werden darf. Ein Gutachten, das die Gewährleistung der Pünktlichkeit der S-Bahnen unter Betrachtung der Planung des PFA 1.3 nachweist, ist einzufordern. Diskussionen in der Schlichtung ersetzen keineswegs die erforderlichen Nachweise in einem Planfeststellungsverfahren.
5. Für die Rohrer Kurve sind Varianten zu erarbeiten, die die Schienenkreuzungen der verschiedenen S-Bahn-Linien entzerren und gegenüber der Planung des PFA 1.3 einen minimierten Eingriff in den Waldbestand Stuttgart-Rohr vorsehen.
Begründung:
Besonders ist zu erwähnen, dass eine Variantenprüfung hinsichtlich einer verbesserten Streckenführung für den Kreuzungsbereich Roherer Kurve nicht erfolgt ist. Es wurde lediglich eine Variante der Kreuzungsführung betrachtet, die erhebliche Auswirkungen auf die Zugverkehre des Fernverkehrs und des S-Bahn-Verkehrs einerseits hat, aber auch in keiner Form untersucht, wie dauerhafte Eingriffe in den Waldbereich von Stuttgart-Rohr vermieden werden können. Deshalb ist zu beantragen, dass Varianten der Kreuzungsausbildung mit Darstellung der Auswirkungen auf die verschiedenen S-Bahn-Linien erarbeitet werden und der Stadt Stuttgart im Verfahren vorgelegt wird. Hierzu wird in den Planfeststellungsunterlagen nur ein Satz erwähnt (2.6.1.1 Seite 57). „Wurde untersucht und ist zu teuer.“ Diese Aussage ist in keiner Weise nachprüfbar. Die Auswirkungen auf den S-Bahn-Betrieb sind nicht dargestellt. Infolge dessen kann auch keine Variantenabwägung erfolgen.
6. Auf Basis der Ökopunkte ist der Eingriff und Ausgleich gemarkungsscharf zu bilanzieren.
7. Die folgenden Maßnahmen sind verbindlich als Ausgleichsmaßnahmen zu übernehmen:
– Pflege- und Bewirtschaftungskonzept für die Streuobstwiesenpflege Birkach / Plieningen auf 30 Jahre sichern;
– Grünbrücke im Bereich der Rohrer Kurve;
– Zwei Grünbrücken über die NBS /A 8 im Bereich Plieningen und Fasanenhof entsprechend dem Konzept Landschaftsraum Filder;
– Aufforstung P12 an der Straße am Killesberg;
– Rückbau und Entsiegelung der Neuhauser Straße zu Feldweg;
– Weinbergmauern im Neckartal auf Gemarkung Stuttgart, Sanierung und Pflege;
– Baumpflanzungen in den Ortskernen von Plieningen, Rohr und Fasanenhof;
– Grundlegende Sanierung des Rohrer Sees;
– Umsetzung weiterer Teilprojekte des Konzepts Landschaftsraum Filder.
8. Die Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen, nordöstlich der Flughafenkurve liegenden Felder müssen bezüglich der Veränderung der Grundwasser- und Schichtenwasserführung untersucht werden. Die unveränderte Zuführung von Grundwasser in die nordöstlich liegenden Felder auch in die oberen Schichten ist sicherzustellen.
9. Zum Schutz des Filderbodens und zur Minimierung des Eingriffs in das Schutzgut Boden wird die bergmännische Bauweise der Flughafenkurve gefordert.
Begründung zu den Punkten 5 - 8:
Die Planung des PFA 1.3 bewirkt auf der Plieninger Gemarkung erhebliche Eingriffe und Nachteile für die Landwirtschaft. Es findet dauerhaft ein Flächenentzug von 41 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche statt. Während der jahrelangen Bauzeit ist der Flächenentzug mit zusätzlichen 37 ha fast doppelt so hoch. Zusätzlich kommen weitere 12 ha Fläche für Gestaltungsmaßnahmen, so dass insgesamt 53 ha dauerhaft der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen werden. Gemäß der Addition der betroffenen Flächenarten hochwertigstes Ackerland, Wald und Vegetations- und Biotopflächen sogar 56 ha. Die durch die auf der Filder angesiedelten zahlreichen Großprojekte gebeutelte Landwirtschaft ringt um jeden für die zur Bewirtschaftung zur Verfügung stehenden Quadratmeter Boden. Das von der DB AG angeführte Argument, auf der Filder sei sowieso schon viel verbaut und zerschnitten und deshalb seien weitere Eingriffe nicht gravierend, ist dreist. Das Gegenteil ist der Fall: Gerade dort, wo bereits heute viel zersiedelt ist, ist äußerste Zurückhaltung angebracht.
In der Vorlage fehlt zu Ziffer 3.1 das Fazit. Die Gesamtbilanzierung der Eingriffe lässt eine Prüfung der Betroffenheit auf der Gemarkung Stuttgart nicht zu; die fehlende Bilanzierung ist zu kritisieren. Eine Aufsplittung der Eingriffs-/Ausgleichbilanzierung nur auf Stuttgarter Gemarkung bezogen, ist vorzulegen. Mangels fehlender Unterlagen ist dieser Punkt nicht abwägbar. Auf Basis der Ökopunkte ist der Eingriff und Ausgleich gemarkungsscharf zu bilanzieren.
Die Eingriffe auf Stuttgarter Gemarkung müssen auch auf der Stuttgarter Gemarkung ausgeglichen werden. Es gibt eine Vielzahl von Projekten und Maßnahmen, die darauf warten, umgesetzt zu werden. Je näher am Eingriff der Ausgleich erfolgt, desto besser. Unser Interesse ist es, die von der Stadt vorgesehenen, die von den BezirksbeirätInnen beschlossenen und in diesem Antrag vorgeschlagenen Maßnahmen per Beschluss am 17.12.2013 im Ausschuss für Umwelt und Technik verbindlich als Maßnahme in die Planfeststellung einzufordern.
Außer den von der Stadt bereits aufgeführten Ausgleichsmaßnahmen gehören die unter Punkt 7 aufgeführten Maßnahmen zwingend im Zuge des Verfahrens untersucht:
Die Filderböden besitzen bekanntlich eine herausragende Bedeutung. Die Eingriffe wurden nur zu knapp 20 Prozent durch Ökopunkte beim Bodenschutz ausgeglichen. Die völlig unzureichende Kompensation der Eingriffe in das Schutzgut Boden beschreibt die Vorlage der Stadt unter Kapitel 3.9 Landwirtschaft mit nachdrücklichen und deutlichen Worten. Minimierungsmaßnahmen werden von der Stadt nicht vorgeschlagen, obwohl es sie gibt. Zum Beispiel die bergmännische Bauweise der Flughafenkurve.
10. Die Qualitäts- und Wertminderung der betroffenen landwirtschaftlichen Flächen ist darzustellen.
Begründung:
In der Vorlage wird zwar deutlich auf die mangelhafte bis nicht vorhandene Darstellung der Auswirkungen auf die Landwirtschaft angesprochen. Leider fehlt hierzu der Antrag auf Erstellung und Vorlage der fehlenden Unterlagen. Die Auswirkungen des massiven Flächenentzugs auf die landwirtschaftlichen Betriebe müssen zwingend untersucht werden. Ohne Erhebung des existenzsichernden Flächenbedarfs für die vorhandenen Betriebe ist keine Abwägung hinsichtlich des Eingriffs möglich.
Desweiteren fehlt im Bereich der Flughafenkurve völlig die Erhebung und Bewertung der sich verändernden Grundwasserverhältnisse auf die nordöstlich liegenden Felder. Auf eine Länge von ca. 1 km werden 3 wasserführende Schichten dauerhaft durchschnitten. Um den in Trogbauweise hergestellten Tunnel wird dieses Wasser aus verschiedenen Schichten in einer Drainage zu einem Wasser zusammengeführt. Welche Auswirkungen dies auf die heute hervorragende Wasserhaltungsfähigkeit der abstrom liegenden landwirtschaftlichen Flächen hat, ist nicht untersucht und kann zu gravierenden Verschlechterungen des Ertrags auf den nordöstlich des Flughafentunnels liegenden Flächen führen. Ein bodenkundliches Gutachten ist einzufordern.
Ebenso sind die 36 ha landwirtschaftliche Fläche, die für die Bauzeit in Anspruch genommen werden sollen, nach Ende der Bauzeit wesentlich minderwertiger als heute. Durch Bodenentnahme und vor allem durch schwere Baumaschinen verursachte Bodenverdichtung in tiefen Bodenschichten, werden diese Böden eine wesentlich geringere Qualität haben. Dieses Defizit ist nicht erhoben und demzufolge auch nicht in ihrer Auswirkung auf die Landwirtschaft erhoben. Diese Gutachten müssen unbedingt zur Erarbeitung beantragt werden.
11. Im Brand- und Katastrophenfall sind der Vorhabenträgerin sämtliche Einsatzkosten aufzuerlegen.
Begründung:
Die LHS schließt sich vollumfänglich und wortgleich der Sitzungsvorlage 265/2013 der Stadt Leinfelden-Echterdingen Ziffer 6.5 an.
Gabriele Munk Clarissa Seitz Peter Pätzold
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