Antrag vom 07/17/2019
Nr. 240/2019

Antrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS
Betreff

Stuttgart ruft den Klimanotstand aus

Wir beantragen, der Stuttgarter Gemeinderat möge am 25. Juli 2019 beschließen:
Begründung für den Antrag:
Bereits am 8. April hat die Fraktionsgemeinschaft SÖS LINKE PluS beantragt, dass Stuttgart den Klimanotstand ausrufen möge (Antrag Nr. 131/2019). Mit einem weiteren Antrag (Nr. 172/2019) haben wir den Versuch unternommen, den Ursprungsantrag auf die Tagesordnung des Gemeinderats zu setzen. Am 8. Mai 2019 schließlich debattierte der Verwaltungsausschuss des Stuttgarter Gemeinderats über den Klimanotstand – am Ende wurde der Antrag – gegen die Stimmen der Fraktionsgemeinschaft SÖS LINKE PluS – vertagt.
Am 11. Juli 2019 – anlässlich der Vorstellung des Aktionsprogramms „Weltklima in Not – Stuttgart handelt“ durch Oberbürgermeister Fritz Kuhn wurde vom Redakteur der Stuttgarter Nachrichten, Konstantin Schwarz, gefragt, ob Stuttgart jetzt den Klimanotstand ausrufen werde. OB Kuhn antwortete „Das muss der Rat entscheiden“. Nun ist es Aufgabe des Oberbürgermeisters, den Antrag auf die Tagesordnung zu setzen, damit der Rat entscheiden kann, was wir hiermit beantragen.
Stuttgart hatte die Chance, als erste Stadt in Deutschland den Klimanotstand auszurufen. Zuvor hatte die Stadt Basel bereits den Klimanotstand ausgerufen, die Bürgerversammlung Erlangen hatte sich dafür ausgesprochen.
Seitdem haben folgende Städte und Länder (Auswahl) den Klimanotstand ausgerufen:
Der neue Gemeinderat soll aus unserer Sicht in seiner ersten Sitzung ein Zeichen setzen und auch in Stuttgart darüber entscheiden, ob der „Weltklimanotstand“ (wie es Fritz Kuhn am 11. Juli presseöffentlich formulierte) auch in Stuttgart gelten soll. Mit dem Verwaltungsvorschlag des 200 Millionen schweren Aktionsprogramms „Weltklima in Not – Stuttgart handelt“ liegt ein Vorschlag vor, der das Handeln ermöglicht. Damit kann auch der Klimanotstand ausgerufen werden, oder wie es Fritz Kuhn in Bezug auf den Klimanotstand formulierte: „Wer diese Vokabel wählt, muss handeln“.

Begründung, den Klimanotstand auszurufen:

Trotz weltweiter Bemühungen über Jahrzehnte, den Ausstoß von Klimagasen zu reduzieren, nimmt deren Konzentration Jahr um Jahr zu. Alle Maßnahmen, dem Klimawandel entgegen zu wirken, haben bisher keinen Erfolg gezeigt. Die Wissenschaft prognostiziert verheerende Folgen für die menschliche Zivilisation und die Natur auf dem Planeten Erde.
Es ist dringend erforderlich, jetzt auf allen Ebenen von Gesellschaft und Politik effiziente und konsequente Maßnahmen zu ergreifen, um die Klimakatastrophe noch aufzuhalten. Weltweit haben Kommunen wie Los Angeles, Vancouver, London und Basel bereits den Klimanotstand ausgerufen und damit ein Signal gesetzt:
Es ist Zeit zu handeln!
Mit der Ausrufung des Klimanotstands ist auch eine Verantwortung zum Handeln verbunden – in den kommenden Haushaltsberatungen sind Verwaltung und Gemeinderat aufgefordert, schnelle und wirksame Maßnahmen zum Klimaschutz zu ergreifen.
Resolution zur Ausrufung des Climate Emergency («Klimanotstand»)[1]
Der Mensch hat bereits einen Klimawandel mit irreversiblen Folgen verursacht, welche weltweit zu spüren sind. Die globalen Temperaturen sind gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter um 1 Grad Celsius gestiegen, weil die CO2-Konzentration in der Atmosphäre von 280 Anteile pro Million (ppm) auf über 400 ppm angestiegen ist. Um eine unkontrollierbare globale Erwärmung mit nicht absehbaren Folgen zu verhindern, ist es unerlässlich, die Treibhausgasemissionen schnellstmöglich massiv zu reduzieren.
Bereits 1,5 °C Erderwärmung führen unter anderem dazu, dass der steigende Meeresspiegel riesige Küstengebiete unbewohnbar macht. Die Weltbank schätzt, dass in den kommenden 30 Jahren die Zahl der Klimaflüchtlinge auf über 140 Millionen Menschen ansteigen wird. Der Klimawandel ist also nicht bloß ein Klimaproblem: Er ist ein Wirtschafts-, Sicherheits-, Tierschutz- und Friedensproblem. Eine radikale Wende in den Bereichen Energie, Verkehr und Landwirtschaft ist notwendig und unumgänglich.
Es kann und soll nicht erwartet werden, dass die Lösung dieses Problems alleine durch Eigenverantwortung und von Einzelpersonen erreicht wird. Es braucht jetzt auf kommunaler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene griffige Maßnahmen, um dieser drohenden Katastrophe entgegenzuwirken. Die aktuellen Pläne und Maßnahmen reichen bei weitem nicht aus, um die Erwärmung bis 2036 auf die angestrebten 1,5°C zu begrenzen. Deshalb ist es jetzt wichtiger denn je schnell zu handeln!
Die Kommune erklärt den Climate Emergency und anerkennt damit die Eindämmung des Klimawandels und seiner schwerwiegenden Folgen als Aufgabe von höchster Priorität: [1] Die Begriffe «Climate Emergency» resp. «Klimanotstand» sind symbolisch zu verstehen und sollen keine juristische Grundlage für die Ableitung von Notstandsmaßnahmen sein.

Verfahrenshinweis:

§ 34 Abs. 1 Satz 4 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg heißt es: „Auf Antrag einer Fraktion oder eines Sechstels der Gemeinderäte ist ein Verhandlungsgegenstand auf die Tagesordnung spätestens der übernächsten Sitzung des Gemeinderats zu setzen“. Wir möchten von diesem Recht Gebrauch machen und bitten darum, den Antrag auf die Tagesordnung des 25. Juli 2019 zu setzen.

Stefan Urbat Hannes Rockenbauch Thomas Adler
(Fraktionsvorsitzender) (Fraktionsvorsitzender)

Laura Halding-Hoppenheit Gutrun Müller-Enßlin Christoph Ozasek

Luigi Pantisano


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