Haushaltsantrag vom 10/18/2019
Nr. 794/2019

Haushaltsantrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei
Betreff

Handlungsfähigkeit von Stadt und Eigenbetrieben zurückgewinnen (I):
Schaffung aller Stellen, die von den Amtsleitungen beantragt wurden

Wir beantragen:

1. Die Schaffung aller Stellen (ohne kw-Vermerke), welche im Zuge des Doppelhaushalts 2020/2021 von den Amtsleitungen beantragt wurden.

2. Ebenso beantragen wir den Wegfall aller von den Amtsleitungen beantragten kw-Vermerke.

Begründung:

Seit vielen Jahren wird die Kluft zwischen wachsenden Aufgaben und den vorhandenen Personalressourcen immer größer. Dies ist Folge von Personalabbau (in sog. „Haushalts-konsolidierungen“) und einem seit Jahren ausgebremsten Personal-Wiederaufbau, der mit den enorm wachsenden Aufgaben nie Schritt gehalten hat. Das Ergebnis ist eine in vielen Bereichen nur noch eingeschränkt handlungsfähige Verwaltung.

Die stunden- und tageweisen Schließzeiten von Bezirksämtern, der Kfz-Zulassungsstelle und Warteschlangen von Bürger*innen vor der Führerscheinstelle und der Ausländerbehörde sind nur die Spitze des Eisbergs der großen Personalengpässe bei der Stadt Stuttgart.

Diese Situation droht sich dramatisch weiter zu verschärfen, weil in den nächsten 10 Jahren die Hälfte des städtischen Personals aufgrund des Eintritts in den Ruhestand und durch Fluktuation ausscheiden wird. Das bedeutet, dass die Stadt ca. 7000 bis 8000 neue Mitarbeiter*innen zu gewinnen hat.

Auch für den Nachwuchs gibt es nicht genügend Platz und zu wenig Betreuung: Nicht nur, dass sich Auszubildende mit „Katzentischchen“ begnügen müssen, weil kein Platz für weitere Schreibtische vorhanden ist, schlimmer noch: sie können nicht ausreichend ausgebildet werden, da zu wenig Betreuungskapazitäten seitens erfahrener Mitarbeiter*innen bestehen.

Dramatisch ist, dass zu geringe Personalkapazitäten die Abwärtsspirale beschleunigen. Der Zeit- und Arbeitsdruck wird auf die verbliebenen Mitarbeiter*innen immer stärker, erhöhte psychische und physische Belastung führt zu steigenden Krankheits- und Fluktuationsquoten und der Ruf der Stadt Stuttgart als „attraktive Arbeitgeberin“ schwindet dahin.

Darüberhinaus können zunehmend - selbst bereits beschlossene - Stellen nicht besetzt werden, weil in Haupt- und Personalamt, in den Personalabteilungen der Ämter mit eigener Personalverantwortung (sog. DRV-Ämter) nicht einmal im Ansatz genügend Personal vorhanden ist, um Stellenausschreibungen, Bewerberauswahl und Einstellungsformalitäten überhaupt zeitnah abzuwickeln.

Die Arbeitsmarktsituation stellt die Stadt in scharfe Konkurrenz zu privaten Arbeitgebern, aber auch zu anderen öffentlichen Arbeitgebern. So wird heute schon häufig erfahrenes Personal aus Nachbarkommunen abgeworben, da hier z.T. höhere Eingruppierungen angeboten werden und die Arbeitnehmer*innen eventuell auch noch von kürzeren und damit kostengünstigeren Anfahrtswegen profitieren.

Unter diesem Druck muss die Stadt mit einem qualifizierten Personalentwicklungs-Programm reagieren, damit kann auch ein attraktives Angebot zum Erhalt des bestehenden Personals geschaffen werden.

Eine weitere Folge von Personalengpässen zeigt sich in wachsenden Sanierungsstaus. 800 Millionen Euro sind für Projekte aus Überschüssen bewilligt, können aber nicht abgearbeitet werden, besonders eindrücklich zeigt sich dies an Schulgebäuden. Obwohl die Gelder dafür bewilligt sind, gibt es nicht genügend Personal, die Sanierungen auszuschreiben und zu überwachen.

Jahrzehntelang wurde der Abverkauf städtischen Bodens und städtischer Immobilien praktiziert und ebenso wurde versäumt Eigentum in Rathausnähe zu erwerben (Beispiel Europahaus, das derzeit zu einem Hotel umgebaut wird). Nun ist die Raumnot so groß, dass die Stadt sehr hohe Summen zum Kauf neuer Immobilien aufbringen muss, um ihre Beschäftigten unterzubringen. Die neu gekaufte Torstraße könnte schon jetzt wieder mehrfach belegt werden, obwohl sie noch nicht einmal bezugsfertig ist.


Thomas Adler Hannes Rockenbauch
(Fraktionsvorsitzender) (Fraktionsvorsitzender)


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