Antrag vom 02/05/2024
Nr. 29/2024

Antrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

Yüksel Sibel (Einzelstadträtin), Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion, SPD-Gemeinderatsfraktion, Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei, FDP-Gemeinderatsfraktion, PULS-Fraktionsgemeinschaft
Betreff

Ein Zeichen für politische und gesellschaftliche Teilhabe in Stuttgart - Wo bleibt die überfällige Antwort?

Anfang Dezember 2022, vor über 13 Monaten, haben wir einen Antrag (394/2022) zum Wahlrecht von Drittstaatsangehörigen gestellt. Uns ist es wichtig, ein klares Signal für die zukünftige Anpassung des Wahlrechts zu setzen, um die politische Beteiligung der Stuttgarter*innen zu fördern, die weder die deutsche Staatsbürgerschaft noch die EU-Mitgliedschaft besitzen und daher von Kommunalwahlen ausgeschlossen sind.
Die Europäische Initiative „Voiting Rights for All“ hat eine Städte-Erklärung initiiert, deren unterzeichnenden Städte den Willen bekräftigen, sich für die Wahlbeteiligung von Drittstaats-Angehörigen auf kommunaler Ebene einzusetzen. Zwischenzeitlich haben sich der Initiative folgende Städte allein aus Baden-Württemberg angeschlossen: Mannheim, Freiburg, Karlsruhe, Aalen, Rottenburg und Heidelberg.
Wir beantragen, dass die Landeshauptstadt Stuttgart ebenfalls tätig wird und dieses wichtige Signal für eine demokratische Grundhaltung sendet.
In vielen europäischen Ländern ist es ausländischen Einwohner*innen, die seit Jahren in den Kommunen leben, möglich, an Kommunalwahlen teilzunehmen und demokratisch zu partizipieren. Im November 2023 hat der Landesverband der kommunalen Migrantenvertretungen Baden-Württemberg (LAKA) einen entsprechenden Appell verfasst, der diesem Nachfrageantrag als Anhang beiliegt.
Trotz Mehrheitsantrag sitzt der Oberbürgermeister den Beitritt zur Initiative aus, wie dies auch schon beispielsweise bei der Initiative für Tempo 30 passiert ist.


Wir wollen daher, dass der Antrag zur Befassung und zum Beschluss im Ausschuss aufgerufen wird und beantragen:

1. Der Antrag wird noch im Februar auf die Tagesordnung im Verwaltungsausschuss gesetzt und zur Abstimmung gestellt.


Gez.
Marina Silverii Petra Rühle
B‘90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion B‘90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion


Dejan Perc Jasmin Meergans
SPD-Gemeinderatsfraktion SPD-Gemeinderatsfraktion


Luigi Pantisano Hannes Rockenbauch
Die FrAKTION Die FrAKTION


Doris Höh Dr. Matthias Oechsner
FDP-Gemeinderatsfraktion FDP-Gemeinderatsfraktion


Thorsten Puttenat Verena Hübsch
PULS Fraktionsgemeinschaft PULS Fraktionsgemeinschaft


Sibel Yüksel
Einzelstadträtin







Anhang

unsere Städte
unsere Stimmen
europäische Initiative
für mehr Demokratie
in unseren Städten



DECLARATION

Wir, die unterzeichnenden Städte verstehen uns als Orte der Menschenrechte und sind überzeugt, dass für eine lebendige und resiliente Demokratie die Beteiligung aller Menschen in unseren Stadtgesellschaften existenziell ist.

Wir, als Städte, verstehen Migration nicht als Ausnahmezustand, sondern als Normalfall der
Menschheitsgeschichte. Insbesondere Städte sind Zielorte der Zuwanderung und als erste, direkteste demokratische Einheit gefragt und herausgefordert, die demokratische Teilhabe der Zugewanderten sicherzustellen.
Das demokratische Zusammenleben ist eine Aufgabe für Zugewanderte wie für die aufnehmende Gesellschaft. Als Städte sehen wir uns in der Verantwortung, Bedingungen herzustellen, die Zugewanderte als „Gleiche unter Gleichen” versteht oder - wo noch nicht gegeben - sie dazu macht.

Wir begrüßen, wenn Bürger*innen die Staatsangehörigkeit unseres Landes annehmen, aber wollen nicht, dass Bürger*innen aufgrund ihrer Passzugehörigkeit von der gleichberechtigten demokratischen Beteiligung in unserer Kommune/ Gemeinwesen ausgeschlossen sind. In unserem Handeln schauen wir auf die Bürger*innen unserer Städte nicht nach ihrer Passzugehörigkeit, sondern verstehen alle Einwohner*innen als Bürger*innen.

Wir als unterzeichnende Städte wollen mehr Demokratie in unseren Städten und befürworten die politische Beteiligung aller unserer Bürger*innen - unabhängig vom Pass. Seit mehr als 25 Jahren sind Bürger*innen mit EU-Pass als Wähler*innen und Stadträt*innen aktiv. Das kommunale Wahlrecht für die gesamte Stadtbevölkerung stärkt gesellschaftlichen Zusammenhalt, Zugehörigkeit und unsere Demokratie. Partizipation auf Augenhöhe ist. die demokratische Antwort auf Rechtsnationalismus und Ausgrenzung.

Wir plädieren mit dieser Erklärung für die Schaffung der gesetzlichen Grundlagen in unseren Ländern, die alle Bürger*innen in unseren Städten mit den gleichen demokratischen Beteiligungsrechten ausstattet und sie zu „Gleichen unter Gleichen“ macht. In 14 von 27 EU-Staaten ist dies bereits unaufgeregte Praxis.

Wir werden uns dafür einsetzen, dass unsere Bürger*innen unabhängig von der Staatsangehörigkeit das Wahlrecht auf kommunaler Ebene bzw. in Städten, die wie Berlin, Paris oder Wien eine Landeseinheit bilden, das Wahlrecht auf Landesebene - aktiv und passiv - erhalten.

Um unser Ziel zu erreichen, werden wir als Städte über unsere Gremien und politischen Möglichkeiten eigeninitiativ werden und mit kommunalen wie überregionalen Organisationen zusammenarbeiten, die sich für eine gleichberechtigte politische Partizipation in unserem Sinne einsetzen.

Bis zur Einführung des angestrebten Wahlrechts werden wir einen Evaluierungsprozess einrichten und alle drei Jahre in unserem Städteparlament über unsere Aktivitäten und Fortschritte Bericht erstatten.



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Datum Stadt stellvertr. für den Stadtrat



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