Anfrage vom 09/05/2016
Nr. 272/2016

Anfrage
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

AfD-Gemeinderatsfraktion
Betreff

Was wird aus der Villa Moser?

Am Pragsattel geht gegenwärtig ein weiteres Stuttgarter Baudenkmal seinem scheinbar endgültigen Verfall entgegen: Die prächtige, 1875 von Eduard Otto Moser errichtete und nach ihm benannte Villa. Moser gilt als einer der Pioniere der industriellen Schokoladenherstellung, in seinem Stuttgarter Werk in der Kronprinzenstraße fanden im 19. Jahrhundert rund 250 Personen Beschäftigung (vgl. Schaubild aus der Zeit). Die Villa, geplant vom Architekten Johann Wendelin Braunwald, war im Stil der Neorenaissance errichtet und von einem großen, parkartigen Garten umgeben, der sogenannte Leibfriedsche Garten, der auch heute noch eine Oase der Stille in dem vom Verkehr umtosten Areal zwischen Heilbronner Straße, Pragstraße, Löwentorstraße und Nordbahnhofstraße ist. Baulich galt das große Palais als Gegenstück zur Villa Berg (vgl. beigefügte Zeichnung aus der Zeit der Entstehung).

Im Februar 1944 wurde die damals von der Firma Bosch als Wohnhaus für Angestellte genutzte Villa ein Opfer der Fliegerbomben. Große Teile des Gebäudes wurden zerstört; es blieben das fast vollständig erhaltene Fundament, Fassadenmauern, Freitreppen, Portale usw. Nach mehrfachem Besitzerwechsel ging das Areal 1955 in den Besitz der Stadt über, die es jedoch weiter verfallen ließ. Ein Wiederaufbau wurde nicht erwogen. Immerhin wurde die Villa im Jahr 1983 zum Kulturdenkmal erklärt, anlässlich der Internationalen Gartenbauausstellung 1993 wurde sie durch Laufstege und eine "Kunststation" des Architekten H.-D. Schaal begehbar gemacht. Aus unbekannten Gründen scheint der Denkmalstatus im Jahr 2008 entzogen worden zu sein, seit damals jedenfalls taucht die Villa in der Liste der Stuttgarter Kulturdenkmale nicht mehr auf. Die 1993 errichteten Laufstege sind inzwischen halb zerfallen, Vandalismus und Graffiti haben die Reste des Gebäudes weiter beschädigt (vgl. beigefügte Fotos).

Auch wenn von dem einstmals prachtvollen Gebäude nicht mehr viel erhalten ist, stellen doch sowohl die Ruine als auch der Leibfriedsche Garten ein Monument der Stuttgarter Stadt- und Architekturgeschichte dar, das nicht einfach aufgegeben werden sollte. Die Stadt sollte vielmehr endlich überlegen, in welcher Weise das gesamte Ensemble wieder zugänglich gemacht werden könnte und inmitten eines verkehrlich besonders belasteten Gebiets wieder ein Ort der Naherholung werden kann. Auch der Gedanke eines Wiederaufbaus der Villa sollte nicht ganz von der Hand gewiesen werden, auch wenn die Stadt allein damit überfordert sein sollte.

Wir bitten die Verwaltung, zeitnah über dort etwa vorhandene Vorstellungen zur künftigen Nutzung des Areals zu berichten und möglichst auch eine öffentliche Diskussion über diese Frage in Gang zu setzen.




Prof. Dr. Lothar Maier Bernd Klingler




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