Haushaltsantrag vom 11/05/2015
Nr. 992/2015

Haushaltsantrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS
Betreff

KITA-Förderquoten der betrieblichen, kirchlichen und sonstigen freien Träger: Gerechte und solide Finanzierung!

Um die KITA-Finanzierung fair zu gestalten und gleichzeitig Verbesserungen für alle Träger und für die Eltern zu erzielen, beantragen wir:

1. Die tatsächlichen Personalkosten werden rückwirkend zum 01.01.2014 sowie zukünftig bei den kirchlichen Trägern mit 87,5% gefördert.
Dies verbessert die Einnahmesituation der Kirchen; der Abstand zu den sonstigen freien Trägern verringert sich.

2. Die tatsächlichen Personalkosten bei den Betriebskitas werden weiterhin mit 85% gefördert.
Da die Betriebskitas davon profitieren, dass ihre tatsächlich anfallenden Kaltmietausgaben ab 01.01.2016 neuerdings gefördert werden, bedarf es keiner zusätzlichen Erhöhung bei der Förderung der Personalkosten.

3. Die Einsparungen gegenüber dem Verwaltungsvorschlag aus den Punkten 1. und 2. werden dazu genutzt,
- die KITA-Gebühren bei den städtischen KITAs nicht zu erhöhen;

Begründung:

Ein Grundsatz muss im Fördersystem von Kindertageseinrichtungen bei betrieblichen, kirchlichen und sonstigen freien Trägern stets im Mittelpunkt stehen: Die Finanzierung muss auskömmlich sein. Das bedeutet konkret, dass in den KITAs die wertvolle pädagogische Arbeit sichergestellt wird, dass das Personal angemessen entlohnt wird und dass Eltern nicht übermäßig stark durch Beiträge belastet werden. Ein übergeordnetes Ziel der Stadt muss weiterhin sein, den Ausbau der KITAs für die Träger lukrativ genug zu gestalten, dass dieser weitergeht.

Dass die Fördersystematik diesen Grundsätzen seither im Wesentlichen gerecht geworden ist, zeigt zum einen der rasante Ausbau der Plätze bei allen Trägern, zum anderen lässt es sich aber auch durch Zahlen belegen. Ein Beispiel: Die gesetzliche Mindestförderung für tatsächliche Personalausgaben liegt gemäß §8 KitaG bei 68%. Stuttgart erstattet jedoch – auf freiwilliger Basis! – 85% der Personalkosten bei Kirchen und 90% bei den sonstigen freien Trägern. Vergleicht man die Gesamtförderung der LHS mit anderen baden-württembergischen Kommunen, so nimmt Stuttgart bei der Höhe der Förderung einen Spitzenplatz ein; zum Teil mit deutlichem Abstand gegenüber anderen Städten.

Dennoch ist ein Streit über diese vermeintliche Ungleichbehandlung von kirchlichen und sonstigen freien Trägern entbrannt. Ein im Auftrag der LHS erstelltes Rechtsgutachten stellt dazu allerdings fest: „Es ist rechtlich zulässig und sogar geboten, bei der gemäß § 74 Abs. 3 Satz 3 sowie Abs. 5 Satz 1 SGB VIII erforderlichen Berücksichtigung der Eigenleistungen und der unterschiedlichen Finanzkraft von Trägern der freien Jugendhilfe kirchliche Träger von Kindertageseinrichtungen niedriger zu bezuschussen als sonstige freie Träger, wenn die kirchlichen Träger zusätzlich von kirchlicher Seite finanzielle Zuschüsse (aus Kirchensteuermitteln) erhalten, über die sonstige freie Träger nicht verfügen.“

Und weiter heißt es: „[…] möglich wäre auch, dass sich die LHS mit den kirchlichen Trägern auf eine bestimmte Förderquote verständigt, die bei fortdauernder Gewährung von kirchlichen Finanzmitteln jedoch niedriger sein müsste als bei sonstigen freien Trägern, denen nicht in gleicher Weise solche Finanzmittel zufließen.“

Der Vorschlag der Verwaltung sieht nun vor, sowohl Betriebskitas als auch kirchliche und sonstige KITAs hinsichtlich der Personalkosten gleichermaßen mit 90% zu fördern. Dies widerspricht nicht nur dem Rechtsgutachten, sondern ist auch schlicht gegenüber den sonstigen freien Trägern ungerecht. Die vorgeschlagene abgestufte Förderung bei den Sonstigen Ausgaben gleicht das nur bedingt aus.

Im Dezember 2014 war in den Stuttgarter Nachrichten zu lesen (06.12.2014; S.21): Sozialbürgermeisterin Fezer bietet den Trägern bisher keine einheitliche Regelung an – und sie wird es auch künftig nicht tun. ‚Eine differenzierte Förderung der unterschiedlichen Träger ist möglich, sagt das Rechtsgutachten, das die Stadt eingeholt hat.‘, erklärt Fezer. […] Fezer führt ins Feld, dass die Kirchen Kirchensteuereinnahmen haben, zudem auf die Elternbeiträge, die Landesförderung und die freiwillige städtische Förderung bauen könnten.“ Von der SPD war ähnliches zu vernehmen: „Die Sozialdemokraten plädieren für eine Erhöhung der bei den Kindertagesstätten in der Trägerschaft der Kirchen auf 87,5 Prozent […]. Weil die Kirchen über eigene Einnahmen und Vermögen verfügten, sei eine Differenzierung gegenüber anderen Trägern nachvollziehbar, so SPD-Fraktionschef Martin Körner.“

Die Verwaltung begründet ihren aktuellen Vorschlag (alle mit 90% zu fördern) damit, dass sonst eine Klage drohe. Gemäß dem Rechtsgutachten würde die Klage aber vermutlich nicht zu einer zwangsweisen Anpassung der Fördersätze führen, sondern lediglich dazu, dass die Finanzkraft der Träger zukünftig tatsächlich individuell erhoben werden müsste. Schlussfolgerung der Verwaltung: Man investiert lieber 1.700.000€ jährlich und erkauft sich einen (Schein-) Frieden, als dass man zwei Stellen in der Verwaltung (Kostenpunkt ca. 120.000€ jährlich) schafft, um die individuelle tatsächliche Leistungsfähigkeit der Träger zu erheben.

Thomas Adler Hannes Rockenbauch
Fraktionsvorsitzender Fraktionsvorsitzender

Laura Halding-Hoppenheit Guntrun Müller-Enßlin Christoph Ozasek

Gangolf Stocker Stefan Urbat Christian Walter


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