Anfrage vom 05/06/2019
Nr. 164/2019

Anfrage
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS
Betreff

Offene Fragen zum Breitbandausbau und dem Telekom-Deal

Wir fragen und bitten um schriftliche Beantwortung:
14. Muss die Telekom sowohl die sogenannten wirtschaftlichen und auch unwirtschaftlichen Gebiete gleichermaßen mit Breitband (Glasfaser) versorgen und können dafür die Kommunen die Planungsvorgaben machen? Oder müssen die Kommunen sogenannte unwirtschaftliche Gebiete selbst finanzieren, entsprechend der finanziellen Forderungen der Telekom?

15. Behalten die Kommunen bei der 4G- und 5G-Versorgung weiter das Recht, unter dem Gesichtspunkt des Schutzes sensibler Orte und der Strahlungsminimierung Mobilfunkstandorte abzulehnen, wenn sie Alternativstandorte vorschlagen? Oder wird in dem Vertrag eine Förderpflicht festgeschrieben, die dieses Recht außer Kraft setzt?

16. Sind die Mietgebühren für die Wettbewerber diskriminierungsfrei und werden sie von einer neutralen Stelle festlegt? Oder hat die Telekom das Monopol, sie alleine festzulegen? Stehen die Daten, die über alle Vorgänge in der Region, z.B. über den Verkehr, sicherheitsrelevante Daten aus Wirtschaft und Wissenschaft, und der private Datenfluss aller Einwohner unter öffentlicher Kontrolle? Oder dürfen die Daten von der Telekom abgespeichert und darf mit den Daten gehandelt werden?

17. Darf das 5G-Netz erst gebaut werden, wenn eine Technikfolgenabschätzung über die gesundheitlichen Risiken der dafür benutzten Frequenzen vorliegt? Auf Grund der Forschungslage, Protesten von Wissenschaftlern und Ärzteverbänden und der fehlenden Technikfolgenabschätzung haben z.B. die Städte Brüssel, Genf und Florenz einen Ausbaustopp verfügt. Oder wird in dem Vertrag der Telekom ein Freibrief für einen unregulierten 5G-Ausbau gegeben?

18. Wird im Vertrag festgelegt, dass bei der zukünftigen Mobilfunkversorgung das Vorsorge-Prinzip eingehalten wird, eine Politik der Strahlenminimierung verfolgt und gesundheitliche Kriterien mitberücksichtigt werden, und können deshalb die Kommunen lokale Ausbaukriterien festlegen? Oder wird den Mobilfunkbetreibern freie Hand gelassen?

19. Sind die Stadt Stuttgart und die Region an den Gewinnen des Public-private-Partnership-Projektes beteiligt? Oder hat die Telekom das Einnahmemonopol auf unbestimmte Zeit und wird sogar vom Steuerzahler subventioniert?

20. Wurde das Projekt wettbewerberneutral ausgeschrieben und vergeben?

Begründung:

Ein Milliardenprojekt wie der Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur für Breitband, 4G und 5G Mobilfunk kann nicht durch einen geheimen Vertrag hinter verschlossenen Türen heimlich und in einem so engen Zeitkorsett verabschiedet werden. Infrastrukturvorhaben dieser Dimension müssen transparent und nachvollziehbar sein. In der Vergangenheit hat Stuttgart mit dem Verkauf und Rückkauf großer Infrastruktur (Fernwärme, Wassernetz) schlechte Erfahrungen gemacht, insbesondere die Cross-Border-Leasing-Verträge waren weder für Gemeinderät_innen noch für die Bürger_innen transparent oder verständlich. Eine weitere Kooperation mit gewinnorientierten Unternehmen wird langfristig weder für die Bürger_innen noch für die Stadt Stuttgart vorteilhaft sein – zudem wird der Aufbau von Infrastruktur im Sinne der Daseinsvorsorge privatisiert.

Die vorliegenden Vereinbarungen sind teils unvollständig, teils werfen sie Fragen auf, die beantwortet werden müssen, bevor ein solcher Vertrag verabschiedet werden kann. Zudem sind die Hintergründe des Zustandekommens dieses Vertrags nach wie vor unbeantwortet: Anfrage Nr. 22/2019 „Welche Rolle spielt Wolfgang Schuster beim Telekom-Deal mit der Stadt Stuttgart?“ Bevor hier nicht alle Zweifel von unlauterem Lobbyismus beseitigt sind, kann ein verbindlicher Vertrag mit der Telekom vom Gemeinderat nicht verabschiedet werden.

Hannes Rockenbauch Thomas Adler
(Fraktionsvorsitzender) (Fraktionsvorsitzender)

Laura Halding-Hoppenheit Gutrun Müller-Enßlin Christoph Ozasek

Luigi Pantisano Stefan Urbat Christian Walter




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