Antrag
vom
09/24/2018
Nr.
289/2018
Antrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen
Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion
Betreff
3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans – Ergänzende Maßnahmen
Der Entwurf zur 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans der Landesregierung sieht ab
Januar 2019 Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge bis Euro 4 vor. Diese Maßnahme ist durch Gerichtsurteile vorgegeben, da das Niveau der Luftbelastung in Stuttgart flächen-deckend zu hoch ist und die notwendigen Emissionsminderungen in diesem Umfang nicht kurzfristig durch andere Maßnahmen erreicht werden können. Durch eine frühzeitige Forcierung von Nachrüstlösungen seitens der Bundesregierung wäre diese Maßnahme vermeidbar gewesen.
Da beim Jahresmittelwert der Stickoxidimmissionen im Juli 2018 statt der erwarteten Reduktionen leicht ansteigende Werte zu verzeichnen waren, wird es schwer, die Luftbelastung im Sinne des Gesundheitsschutzes soweit abzusenken, dass Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge Euro 5 ab Ende 2019 vermieden werden können.
Der Luftreinhalteplan enthält mit der VVS-Tarifreform und Ausbauvorhaben beim Nahverkehr eine Fülle von Maßnahmen, die nach unserer Ansicht bereits wichtige Schritte für eine
Verkehrswende in der Region darstellen. Um dauerhaft die Emissionen zu senken und Verkehrsbeschränkungen für Euro 5-Autos zu vermeiden, bedarf es allerdings zusätzlicher Maßnahmen beim Ausbau des Rad- und öffentlichen Verkehrs. Nur mit einer gleichzeitigen Verminderung des Autoverkehrs können die Luftbelastungen gesenkt werden.
Maßnahmen zur Luftreinhaltung nur in der Kernstadt greifen zu kurz. Auch Stadtbezirke wie Feuerbach, Zuffenhausen oder Möhringen sind schwer durch den Verkehr belastet. Deswegen führen wir Maßnahmen auf, die auch in den Außenbezirken ihre Wirkung entfalten.
Die beschleunigte Einführung von Busspuren ist ein effektives und schnell umsetzbares Instrument zur Attraktivitätssteigerung der Buslinien in Stuttgart und der neuen Expressbus-linien. Für den Radverkehr sind zügig und auch provisorisch Flächen im Besonderen an Kreuzungen einzurichten. Hier sehen wir einen Schwerpunkt des Beitrags der Stadt Stuttgart zur Luftreinhaltung.
Der Bundesverkehrswegeplan forciert den Bau von Straßen, die nach Stuttgart führen und konterkariert damit die Maßnahmen zum Luftreinhalteplan. Diese Straßenbaumaßnahmen sind mit Verweis auf den Luftreinhalteplan abzulehnen.
Wir beantragen daher:
1. Zusätzliche Maßnahme: Nahverkehrsabgabe
(Luftreinhalteplan Kapitel 5.4.1)
Die Landesregierung wird aufgefordert, die Kommunen zu ermächtigen, eine Nahverkehrsabgabe einzuführen. Die Stadt Stuttgart wird an einer Studie teilnehmen, um mögliche Modelle einer Nahverkehrsabgabe zu entwickeln.
Als Modell kommt der Mobilitätspass in Frage, bei dem Pendler ein Nahverkehrsticket brauchen, wenn sie in Stuttgart Auto fahren möchten. Das Wirkungsgutachten zeigt bei dieser Maßnahme eine deutliche Minderung der Stickoxidemissionen um 26 Prozent, womit sie bei einer schnellen Umsetzung Verkehrsbeschränkungen für die Fahrzeuge der Klasse Euro 5 vermeiden könnte.
Mit den zusätzlichen Einnahmen könnte zudem ein attraktives Angebot wie die 365-Euro-Jahreskarte eingeführt werden, die weitere Anreize bietet, den öffentlichen Verkehr zu nutzen.
2. Zusätzliche Maßnahme: Geschwindigkeitsbeschränkungen im Stadtgebiet von Stuttgart
(Luftreinhalteplan Kapitel 5.4.9.)
Die Geschwindigkeitsbeschränkungen mit Tempo 50/60 ist nach dem Wirkungsgutachten eine der effizientesten Maßnahmen zur Stickoxidreduktion und bringt bis zu 17 Prozent Minderung. Gerade bei den Bundesstraßen befinden sich erhebliche Abschnitte nahe an der Wohnbebauung und an den hoch belasteten Stellen in der Stadt. Der Verlagerungseffekt auf diesen Straßen ist aufgrund des hohen Quell- und Zielverkehrs gering. Im Sinne des Gesundheitsschutzes und einer dauerhaften Reduktion der Stickoxid-emissionen halten wir eine Temporeduktion auf Bundesstraßen für sinnvoll.
3. Ergänzung Maßnahme M4: X1-Expressbus
Busspuren in der König-Karl-Straße im Zulauf zum Wilhelmsplatz und stadteinwärts ab der Eisenbahnstraße mit einer Umgestaltung der Radverkehrsführung an der Kreuzung König-Karl-Brücke.
4. Beibehaltung der Maßnahme M6 Busspur Wagenburgstraße
Wir halten die Busspur in der Wagenburgstraße für sehr sinnvoll, da dort in den Morgenstunden hunderte Nutzer des Nahverkehrs minutenlang im Stau stehen. Wir unter-
stützen daher die Maßnahme, wie sie im Luftreinhalteplan vorgeschlagen wird.
5. Ergänzung Maßnahme M10: Radverkehr
(Luftreinhalteplan Kapitel 5.2.3.)
• Der Radverkehrsetat der Stadt Stuttgart wird deutlich erhöht.
• Durchgängiger Radweg in der Waiblinger- und König-Karl-Straße über den
Wilhelmsplatz bis 2020.
• Zweirichtungsradweg auf der nördlichen Seite der Rotenwaldstraße (Birkenkopf) bis Wildparkstraße (Schillerhöhe) durch Wegnahme einer Fahrspur als Lückenschluss für die heute fehlende, asphaltierte, auch bei Nacht nutzbare Radverbindung bis 2020.
• Durchgängiger Winterdienst auf allen Hauptradrouten ab dem Jahr 2020.
• Die Stadt Stuttgart erarbeitet ein Konzept zum Bike & Ride-Ausbau.
• An S-Bahn- und Stadtbahnstationen werden künftig ausreichend überdachte und nutzergerechte Fahrradabstellanlagen vorgesehen.
• An allen Stadtbahnstationen sowie an Busstationen mit mehreren Linien werden künftig Bike-Sharing-Stationen eingerichtet.
6. Ergänzung Maßnahme M12: Tempo 40 auf Steigungsstrecken
• Die Temporeduktion auf den genannten Steigungsstrecken ist bis 2020 umzusetzen.
• Die Waiblinger, Nürnberger und Schmidener Straße sind in die Maßnahme M12 mit aufzunehmen (Messstation Waiblinger und Gnesener Straße). In der Nürnberger Straße ist zur Absenkung der Kfz-Geschwindigkeiten und Verstetigung des Verkehrsablaufs die zweite Fahrspur wegzunehmen.
• Zusätzlich zu den bisherigen geplanten Steigungsstrecken werden die Stuttgarter Außenbezirke auf weitere Steigungsstrecken untersucht.
7. Streichung der Stuttgart betreffenden Straßenneu- und ausbaumaßnahmen
(Luftreinhalteplan Kapitel 5.3.1.)
Der Ausbau der Straßen
- B10 Enzweihingen-Schwieberdingen und Schwieberdingen-Autobahnkreuz Zuffenhausen auf vier Fahrspuren;
- B10 Autobahnkreuz Zuffenhausen bis Neuwirtshaus auf sechs Fahrspuren;
- B10 Plochingen bis Stuttgart auf sechs Fahrspuren; und
- B27 von Aich bis Echterdingen auf sechs Fahrspuren
ist keine Maßnahmen zur Luftreinhaltung, da sie den Verkehrsdruck auf und die Verkehrsmengen in Stuttgart erhöhen. Die Stadtverwaltung wird aufgefordert, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um gegen diese Straßenprojekte des Bundesverkehrswegeplans politisch und juristisch vorzugehen.
Alternativ zum Ausbau der B10 von Vaihingen/Enz nach Stuttgart und der B27 von Aich nach Echterdingen sind Busspuren für Expressbuslinien vorzusehen.
8. Zusätzliche Maßnahme: Beschleunigte Umsetzung weiterer Busspuren
(Luftreinhalteplan Kapitel 5.3.4)
Die Busspuren sind ein besonders geeignetes Mittel, um den öffentlichen Verkehr in Stuttgart zu fördern und gleichzeitig in erforderlichem Umfang den Autoverkehr zu verringern, damit eine Euro 5-Verkehrsbeschränkung nicht notwendig wird. Daher möchten wir die Umsetzung der Busspuren deutlich beschleunigen und ausweiten.
• Die Busspur „Willy-Brandt-Straße/Neckartor“ steht unter Vorbehalt der aktuell laufenden gutachterlichen Untersuchungen des Landes auf die verkehrliche Wirkung und den Effekt auf die Reduktion der Luftschadstoffe. Im Falle einer positiven Prüfung unterstützen wir die Umsetzung der Busspur, bei deren Realisierung ebenfalls eine Linksabbiegespur von der Schillerstraße in den Gebhard-Müller-Platz betrachtet werden sollte. (Maßnahme M2)
• Die als „planerisch“ eingestuften Busspuren sind als verbindliche Maßnahmen beschleunigt bis 2020 umzusetzen.
• Die weiteren als „derzeit diskutierten“ eingestuften Busspuren im Luftreinhalteplan sind als verbindliche Maßnahmen umzusetzen.
9. Zusätzliche Maßnahme: Emissionsfreie City Logistik
(Luftreinhalteplan Kapitel 5.3.6)
Um die emissionsfreie City-Logistik weiter auszubauen, stellt die Stadt Stuttgart den
Logistikunternehmen in den Innenstadtbezirken Flächen für den Umschlag von Waren zur Verfügung, von denen aus die Belieferung mit Elektrofahrzeugen und Lastenrädern möglich ist. Die Logistikflächen sind vorzugsweise in geeigneten Parkhäusern einzurichten.
10. Zusätzliche Maßnahme: Ausweitung Parkraumbewirtschaftung und Umnutzung von Parkplätzen
(Luftreinhalteplan Kapitel 5.1.7.)
• Die Parkraumbewirtschaftung der Stadt wird auf alle nach derzeitigem Kenntnisstand geeigneten Gebiete ausgeweitet. Die Ausweitung wird im Hinblick auf die finanziellen Auswirkungen abgeschätzt und im nächsten Doppelhaushalt berücksichtigt. Es werden dabei auch Gebiete betrachtet, die sich neben großen Parkplätzen öffentlicher Liegenschaften befinden, die bewirtschaftet werden und Parkdruck in den Nachbargebieten erzeugen (z.B. in Plieningen neben der Universität Hohenheim).
• Land und Stadt bewirtschaften alle Parkplätze, die sich in ihrem Eigentum befinden oder auf die sie Einfluss nehmen können.
• Bei geeigneten Flächen wird geprüft, ob eine Nachverdichtung der Flächen durch Bebauung möglich ist.
• Der Innenhof des Neuen Schlosses wird nicht länger als Parkplatz genutzt und dem öffentlichen Raum zugeführt.
Björn Peterhoff Andreas Winter
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