Anfrage vom 06/24/2015
Nr. 217/2015

Anfrage
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

AfD-Gemeinderatsfraktion
Betreff

Ermessensausweisung wegen längerfristiger Obdachlosigkeit (§ 55 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG), der Inanspruchnahme von Leistungen der Sozialhilfe (§ 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG) und bei erwiesenem Sozialleistungsmissbrauch (§ 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG)

Zur Zeit des Bestehens noch des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) stimmte die Stadtverwaltung mit dem Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart im Jahre 2000 ein spezielles Prüfverfahren in Sachen nichtdeutsche Sozialhilfeempfänger/innen ab.

Entsprechend dem heutigen § 87 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AufenthG (Übermittlungen an Ausländerbehörden) in Verbindung mit § 71 Abs. 2 Satz 1 SGB X (Übermittlung für die Erfüllung besonderer gesetzlicher Pflichten und Mitteilungsbefugnisse) unterliegt ein Sozialhilfeträger der gesetzlichen Pflicht, der Ausländerbehörde die Sozialdaten einer nichtdeutschen Person zu nennen, sofern diese Ausländerin oder dieser Ausländer durch sein Verhalten einen Ausweisungstatbestand erfüllt.

§ 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG stellt es in das Ermessen einer Ausländerbehörde, einer nichtdeutschen Person gegenüber die Ausweisung zu verfügen, sofern dieser Mensch „für sich, seine Familienangehörigen oder für sonstige Haushaltsangehörige Sozialhilfe in Anspruch nimmt“. Gleiches gilt auch bei „längerfristiger Obdachlosigkeit“ gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG.

§ 55 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 AufenthG macht es in diesem Zusammenhang aber der öffentlichen Verwaltung zur Pflicht, jeweils eine sorgfältig abgewogene Einzelfallentscheidung zu fällen, d. h. hier die Dauer des Aufenthalts der einzelnen bedürftigen nichtdeutschen Person, ihre wirtschaftlichen und sozialen Bindungen im Bundesgebiet sowie ihre aktuelle familiäre Situation stets eingehend zu berücksichtigen.
Darüber hinaus hat die Ausländerbehörde immer den in § 56 AufenthG näher bezeichneten „besonderen Ausweisungsschutz“ zu beachten. Bis Ende 2004 sollen auf dieser Grundlage jährlich im Schnitt ca. 50 Personen ausgewiesen worden sein.

Mit Ablauf des 31. Dezember 2004 trat das BSHG außer Kraft. An die Stelle dieses Gesetzes trat mit Wirkung zum 1. Januar 2005 das SGB XII (Sozialhilfe) und das SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende). Auf den Personenkreis der nichtdeutschen Bezieher/innen von Arbeitslosengeld II (§§ 19 ff. SGB II) findet § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG keine Anwendung (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16. 11. 2010 – Az.: 1 C 20/09).

Fallen in Stuttgart nichtdeutsche Bezieher/innen von Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII im Zusammenhang mit einem erschlichenen Bezug öffentlicher Unterstützung und damit einem Missbrauch öffentlicher Gelder deutlicher auf als deutsche Hilfebedürftige?Die Alternative für Deutschland im Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart vertritt den Standpunkt, dass eine Ausweisung einer mittellosen nichtdeutschen Person einzig in einem besonders begründeten Fall vertretbar ist. Vor der Ausfertigung eines solchen Verwaltungsakts haben sämtliche, den jeweiligen Einzelfall maßgeblich prägenden Umstände einer eingehenden Überprüfung unterzogen zu werden.
Andererseits besteht ein gesetzlicher Auftrag, demzufolge die Sozialhilfe- und die Ausländerbehörde hier ein spezielles Überprüfungsverfahren durchzuführen und im Einzelfall auch eine Ausweisung aus dem Bundesgebiet verfügen muss.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund stellen wir an die Stadtverwaltung folgende Fragen:

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