Die Stadt Stuttgart setzt künftig den Schwerpunkt ihrer wohnungspolitischen Aktivitäten auf den Einstieg in einen schrittweise zu entwickelnden städtischen Gemeindewohnungsbau zur Sicherung von bezahlbarem Mietwohnraum. Zur Realisierung des Einstiegs sind folgende Einzelmaßnahmen zu beschließen:
2. Die Stadt gründet einen Kommunalen Bodenfonds, für den sukzessive Flächen und Immobilien erworben werden. Die im Doppelhaushalt für Ankäufe eingeplanten Mittel in Höhe von 10,8 Mio € pro Jahr werden auf 25 Mio € pro Jahr erhöht.
3. Der Erwerb (bzw. Überlassung in Erbpacht) von Immobilien und Flächen im Besitz von Land und Bund sowie von landes- und bundeseigenen Unternehmen ist dabei zu forcieren. Aus den erworbenen Flächen und Immobilien werden weitere städtische Bauprojekte für die Ausweitung des städtischen Gemeindewohnbaus entwickelt und ausgewiesen.
4. Die Stadt selbst beginnt mit dem DHH 2016/17 mit dem Bau von 1000 städtischen Gemeindewohnungen pA auf den stadteigenen sowie ggf. neu zu erwerbenden Flächen aus der „Zeitstufenliste Wohnen“ bzw. der „Grundstücksliste für den geförderten Wohnungsbau“.
5. Dafür sind im DHH 2016/17 125 Millionen € pro Jahr einzustellen.
Bereits seit 2010 haben wir, gestützt auf valide Daten der Fachämter, mit Hinweisen und Anträgen thematisiert, dass sich bei wachsender Zahl Wohnungssuchender der Wohnungsbestand mit niedrigen Mieten besorgniserregend verringert. Ohne Resonanz in Verwaltung und Gemeinderat.
Seither verschärft sich die Lage am Wohnungsmarkt insbesondere für Normal- und Geringverdiener, StudentInnen, Rentner, besondere Bedarfsgruppen kontinuierlich:
Nach Angaben des Statistischen Landesamtes fehlen in Stuttgart 16.000 Wohnungen. Ebenso wird jährlich weiterhin enormer Zuzug prognostiziert. 6000 Student_innen stehen auf den Wartelisten des Studentenwerks.
Die Zahl der Haushalte mit Wohnberechtigungsschein liegt 2015 bei über 6200, die Wohnungsvormerkungen erreichen die 4000er Marke, mehr als die Hälfte davon sind Not- und Dringlichkeitsfälle – die höchsten Werte seit 1990. Historischen Tiefstand erreicht dagegen die Zahl der Wohnungsvermittlungen.
Gleichzeitig sind enorme Steigerungen der Angebots- und Bestandsmieten zu verzeichnen. Die Zahl der Wohnungen mit sozialer Mietpreisbindung sinkt seit Jahren rasant, von 21900 Sozialwohnungen 1992 auf rund 15500 heute, prognostiziert bis 2020 ist ein weiteres absinken auf 14300. Jedes Jahr fallen doppelt so viele Wohnungen aus der Mietpreisbindung als neue hinzukommen. Selbst wenn das Programm des Oberbürgermeisters ohne Abstriche umgesetzt würde, verschärft sich die Lage insbesondere für Normal- und Geringverdiener, Student_innen, Rentner, besondere Bedarfsgruppen weiterhin.
Denn der seither eingeschlagene Weg in der Stuttgarter Wohnungspolitik scheitert an der brutalen Realität der Marktkräfte. Der Wohnungsmarkt wird beherrscht von institutionellen Anlegern und Immobilienunternehmen. Diese sind der Realisierung maximaler Renditemargen verpflichtet, nicht sozialer Wohnraumversorgung. Realisierbare Renditen mit ‚unsozialem‘ Wohnungsbau ( Eigentumswohnungen und hochpreisige Mietwohnungen) sind attraktiver als Nutzung von Förderungsangeboten. Das belegt auch die große Zahl vorzeitiger Ablösung mietpreisgebundener Wohnungen durch die Eigentümer.
Der Leitgedanke des Bündnis für Wohnen, mit Förder-Mitteln der Stadt die Rendite-Lücke für Investoren zu schließen, damit mietpreisgebundener Wohnraum entsteht ist eine Sackgasse, die Fortsetzung einer gescheiterten Politik.
Die Folge: die gebetsmühlenartig beschworene „Durchmischung“ findet nur statt durch Verdrängung von Mietern mit kleinen Einkommen. Wer nicht zahlungskräftig genug ist, wird aus der Stadt hinausgebaut.
Radikaler Kurswechsel nötig
Um soziale Wohnungsversorgung als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge sicherstellen zu können, ist ein radikaler Kurswechsel erforderlich. Dieser Kurswechsel muss auch in Stuttgart eingeleitet werden:
Die Stadt Stuttgart setzt künftig den Schwerpunkt ihrer Wohnungspolitischen Aktivitäten auf den Einstieg in einen auszubauenden städtischen Gemeindewohnungsbau zur Sicherung von bezahlbarem Mietwohnraum.
Die Stadt als Bauherr, Bewirtschafter und Vermieter von Mietwohnungen mit sozialen Mieten stellt damit ebenfalls sicher, dass die derzeit nicht versorgbaren Bedarfe der Wohnungsnotfallhilfen, Not- und Dringlichkeitsfälle, Alleinerziehender etc. wieder gedeckt werden können.
Nur mit dem Ausbau des Gemeindewohnungsbaus besteht eine realistische Chance, perspektivisch auch den ständig wachsenden Bedarf nach Wohnungen von Menschen mit Wohnberechtigungsschein zu decken.
Die Stadt Amsterdam hat bereits begonnen, so einen Kurswechsel einzuleiten und gründet einen Bodenfonds zum Aufkauf von Immobilien und Grund, um der Spekulation entgegenzuwirken und Wohnen in einer „Stadt für alle“ bezahlbar zu halten bzw. wieder zu machen.
Die Stadt Wien verfolgt diese Boden- und Wohnungsbaupolitik bereits seit Jahrzehnten. Der städtische Wohnfonds ist der größte Grundbesitzer der Stadt. 220.000 Wiener wohnen in von der Stadt gebauten und verwalteten preiswerten Gemeindewohnungen.
Thomas Adler Hannes Rockenbauch Fraktionsvorsitzender Fraktionsvorsitzender Laura Halding-Hoppenheit Guntrun Müller-Enßlin Christoph Ozasek Gangolf Stocker Stefan Urbat Christian Walter