Anfrage vom 11/27/2020
Nr. 491/2020

Anfrage
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei
Betreff

Zur Lage der Menschen ohne festen Wohnsitz in Stuttgart unter Corona-Bedingungen

Wir fragen und bitten um schriftliche Beantwortung:

Begründung:

Seit Frühjahr 2020 ist durch die Lockdown-Zeit die Situation für wohnungs- und obdachlose Menschen besonders schwierig. Viele Hilfsangebote wie Tafeln hatten ihre Pforten ganz geschlossen oder waren nur eingeschränkt geöffnet, es landete weniger Geld von Passanten in den aufgestellten Groschenbechern und mangels Veranstaltungen fanden sich auch wesentlich weniger Pfandflaschen in Papierkörben. In dieser Zeit ergingen verstärkt Bußgelder an Wohnsitzlose, deren bereits prekäre finanzielle Lage sich dadurch massiv verschlechterte. Sozialarbeiter*innen haben sich und bemühen sich noch immer darum, dass die Strafzahlungen für die Ordnungswidrigkeiten in Einzelfällen reduziert werden, teilweise mit Erfolg. Dies kostet allerdings sehr personellen Aufwand.

Die Inhalte der sich stetig verändernden Hygiene-Verordnungen sind Obdachlosen meist mangels Zugang zu Medien wie Zeitung oder Internet nicht bekannt. Hygieneauflagen werden oft schlicht mangels Kenntnis nicht eingehalten. Die Vermittlung und Kommunikation über die sich häufig ändernden Hygieneauflagen an diese Personengruppe ist deutlich erschwert. Die Einhaltung von Hygieneauflagen wie das Tragen von Alltagsmasken scheitert zudem an finanzieller Not.

Bußgeldbescheide, die aufgrund von Verstößen verhängt werden, landen in Wohnheimen und Notunterkünften, die von den Wohnsitzlosen nur sporadisch aufgesucht werden, so dass sich Bußgeldbescheide mit Mahnungen ansammeln, Widerspruchsfristen überschritten sind, bis die betreffende Person überhaupt davon erfährt.

Die Diakonie Baden-Württemberg berichtet, dass sich Obdachlose zunehmenden Schulden durch die Verhängung von Bußgeldern gegenübersehen. In manchen Fällen wurden Personen, die sich in einer Gruppe trafen, trotz des gleichen „Vergehens“ mit unterschiedlich hohen Bußgeldern sanktioniert und es wird von Fällen berichtet, in denen die Schulden durch Bußgelder weit höher als ein monatlicher Hartz IV-Satz liegen. (siehe Cannstatter Zeitung vom 25.11.2020 „Obdachlose wegen Corona-Bußgeldern in großer Not“)

Mit aktuell sinkenden Temperaturen in Richtung Wintereinbruch bei gleichzeitig hohem Ansteckungsrisiko in Gemeinschaftsunterkünften stellt sich die Frage, welche Vorkehrungen von der Stadt Stuttgart getroffen werden, um Hilfsangebote für Menschen ohne festen Wohnsitz auch unter den speziellen Corona-Bedingungen zu machen. Dazu gehört, dass Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden, die die Ansteckungsgefahr minimieren ebenso wie Angebote für Körperhygiene und die Versorgung / Reinigung mit Mund-Nase-Bedeckungen (Alltagsmasken).

Luigi Pantisano Hannes Rockenbauch Thomas Adler
(Fraktionsvorsitzender) (Fraktionsvorsitzender)

Matthias Gottfried Laura Halding-Hoppenheit Gutrun Müller-Enßlin

Christoph Ozasek Stefan Urbat


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