Antrag vom 05/26/2020
Nr. 198/2020

Antrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei
Betreff

Sicherheit in den S21 Tunneln – Brand- und Katastrophenschutz mangelhaft?

Wir beantragen:
Wir bitten, folgende Fragen im Ausschuss Stuttgart 21/Rosenstein detalliert zu beantworten:
Begründung:
Der Streit um den Zugang zu den Brandschutzunterlagen von Stuttgart 21 geht fast so lange, wie die Planungen zum Projekt selbst. Die Projektbetreiber*innen haben dabei ihre Informationspolitik in all den Jahren nicht geändert. Erst nach einem jahrelangen Rechtsstreit – den die Bahn AG im Dezember 2019 verloren hat – mussten Unterlagen zum Brandschutzkonzept an die Kläger herausgegeben werden. Für den Gemeinderat und die interessierte Öffentlichkeit bleiben die Unterlagen aber weiterhin nicht zugänglich. Die Projektbetreiber*innen hatten offenbar aus ihrer Sicht allen Grund, die Informationen der Öffentlichkeit vorzuenthalten: Mit dem Brandschutz- und Evakuierungskonzept wurde jetzt deutlich, dass eine Vielzahl drängender Fragen immer noch offen ist, bei denen es im Ernstfall um Leben und Tod mehrerer Hundert Menschen geht.
Für die Simulationen und Konzepte der Projektbetreiber*innen wurden offenbar verschiedene Methoden angewendet. Ziel war es zu erklären, wie sich 1757 Personen aus einem ICE, der in einem Tunnel stecken geblieben ist, in Sicherheit bringen können. Dabei werden – je nach Methode – realitätsfremde Annahmen gemacht, oder Dinge weggelassen, die in der Realität aber präsent sind. Mal wird davon ausgegangen, ein ICE habe keine Sitzreihen, mal wird von Schwingtüren statt Schiebetüren ausgegangen. Was alle Methoden vereint: die Tatsache, dass sich auch mobilitätseingeschränkte Personen an Bord befinden, wird schlicht ausgeblendet. Keine Familien mit kleinen Kindern, keine gehbehinderten Menschen, keine Menschen im Rollstuhl, keine Menschen mit Verletzungen – wer das ausblendet und ausschließlich von jungen, athletischen Menschen ausgeht, der wird kürzere Evakuierungszeiten bekommen, egal mit welcher Methode er rechnet. Ein Blick in die Realität zeigt, dass die Evakuierung selbst unter günstigen Bedingungen (auf freier Strecke) und mit weit weniger Passagieren deutlich länger dauert, als von den S21-Betreiber*innen simuliert und angenommen. Beim Brand eines ICE 3 bei Montabaur im Oktober 2018 mussten sich auf Grund eines Brandes rund 500 Personen retten – dies dauerte rund 45 Minuten, bis alle in Sicherheit waren. Bei den Simulationen der Projektbetreiber wird von 1757 Personen ausgegangen, die sich im Tunnel innerhalb von 15 Minuten retten sollen. Wie das in der Praxis umzusetzen ist, bedarf einer umfassenden Erklärung, die wir an dieser Stelle einfordern.
Die Gutachter, welche im Auftrag der Bahn die Simulationen erstellt hatten, hatten das Ziel, ein „möglichst realistisches Bild tatsächlicher Evakuierungsabläufe“ zu erstellen. Die beschriebene Diskrepanz zwischen tatsächlicher Evakuierung unter günstigen Umständen wie in Montabaur und der Simulation der S21-Betreiber*innen ist erheblich und muss aufgeklärt werden.

Thomas Adler Hannes Rockenbauch
(Fraktionsvorsitzender) (Fraktionsvorsitzender)

Matthias Gottfried Laura Halding-Hoppenheit Gutrun Müller-Enßlin

Christoph Ozasek Luigi Pantisano Stefan Urbat


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