Antrag vom 11/08/2019
Nr. 1210/2019

Antrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei
Betreff

"Climate Emergency" anerkennen und in Stuttgart ausrufen

Wir beantragen nach § 34 Abs. 1 Satz 4 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg in der übernächsten Sitzung des Gemeinderats auf die Tagesordnung zu setzen und einzeln folgende Beschlusspunkte abzustimmen:

Begründung:

Zu 1 und 2.:
Die climate emergency besteht weltweit und wurde insbesondere von überdurchschnittlich betroffenen Kommunen und staatlichen Einheiten erklärt.

Ein Aufruf der Alliance of World Scientists (die Oregon State University ist federführend) vom 4.11.2019 mit 11.000 Unterschriften von Wissenschaftlern weist auf die bestehende Gefahrensituation des Klimawandels unter dieser Bezeichnung hin und warnt vor „unsäglichem menschlichen Leid“, wenn dieser Gefahrenlage nicht schnell, wirksam und anhaltend begegnet wird.

Bisher haben das u.a. die Länder Großbritannien, Frankreich, Kanada, Portugal, Spanien, Österreich und Argentinien getan. Auch bedeutende Metropolen anderer Länder sind darunter wie New York City, San Francisco, Mailand, Amsterdam, Warschau, Krakau, Brüssel, Sydney und Melbourne. - Stuttgart ist aufgrund der Kessellage v.a. durch Hitzewellen besonders gefährdet; auch Karlsruhe, die sich als am meisten von der Klimakrise bedrohte Stadt in Baden-Württemberg sieht, hat den Klimanotstand erklärt. Weitere bemerkenswerte Städte in Deutschland sind die Millionenstadt Köln sowie die Landeshauptstädte Düsseldorf, Wiesbaden, Potsdam, Kiel, Saarbrücken, Mainz und zudem die Bundesstadt Bonn. Auch Leipzig und Rostock haben als einwohnerreichste Städte ihrer Bundesländer mittlerweile diesen Schritt vollzogen.

Seit unserem ersten Antrag auf Beschluss des Klimanotstands im März 2019 (Nr. 131/2019), sind folgende Städte und Länder vorangegangen:


Klimaschutzprogramme:

Zu 3.:
Climate Emergency ist der internationale Fachbegriff, in Deutschland hat sich allerdings Klimanotstand durchgesetzt - was nicht zu verwechseln ist mit der Ausrufung eines Notstands an sich; so rief Kalifornien vor Kurzem konkret den Notstand aufgrund klimakrisenbedingter Waldbrände aus. Linguistisch-juristische Vorbehalte dagegen erscheinen uns nicht sachgerecht.

Zu 4.:
Das Ziel 2050 beruht auf dem völlig veralteten Bericht Nr. 5 des Weltklimarats IPCC und ist inzwischen v.a. - aber nicht nur - durch folgende neueren Entwicklungen, Sonderberichte und Erkenntnisse längst überholt - dieses Ziel reicht v.a. für Deutschland daher mittlerweile bei Weitem nicht mehr aus: beschleunigte Gletscherschmelze nicht nur in den Gebirgen, sondern v.a. in den westantarktischen und grönländischen Eisschilden, extrem viel früher als erwartet massives Auftauen von Permafrost v.a. in Sibirien und Kanada, frühere ungenaue Erfassung der Meeresoberflächentemperatur und die erhöhte Empfindlichkeit des neuesten Klimamodells gegenüber dem Vorläufer bei gleichen Emissionsszenarien. Hinsichtlich climate justice oder Klimagerechtigkeit dürfte Deutschland schon jetzt überhaupt keine menschengemachten Treibhausgasemissionen mehr ausstoßen aufgrund der hohen historischen, summierten Emissionen, daher ist dies schon ein Kompromiss zu unseren Gunsten. - Um zu vermeiden, dass die prioritär zu behandelnden Senkungen der Treibhausgasemissionen geschönt bzw. verwässert werden, wird hiermit untersagt, negative Emissionen (z.B. Baumpflanzungen oder Holzbau) dagegen aufzurechnen, letztere müssen v.a. gegen bereits getätigte Emissionen mittelfristig eingesetzt werden. - Übrigens haben bereits Städte wie Tübingen dieses 2030 Ziel übernommen, auch die FfF-Forderung in Deutschland mit Zieljahr 2035 ist bereits veraltet und wurde vor einigen der genannten Erkenntnisse aufgestellt. - Zudem hat 2030 den Vorteil, den nötigen Handlungsdruck aufzubauen, da es innerhalb eines Jahrzehnts nur bei ohnehin nötigem sofortigem Reduktionsbeginn erreichbar ist.

Zu 5.:
Das erhöht natürlich den Aufwand der Beteiligten deutlich, doch nur bei einem derart konsequenten Vorgehen besteht eine realistische Erfolgsaussicht. In nicht unabweisbaren Anliegen ist nicht herstellbare Klimaneutralität das Aus für ein Vorhaben.

Zu 6. vgl. 5.:
Da die Verwaltung unter Personalmangel leidet, sind dringend weitere noch zu beziffernde Stellen bei Annahme dieses Punktes zu schaffen.

Stefan Urbat Thomas Adler Hannes Rockenbauch
(Fraktionsvorsitzender) (Fraktionsvorsitzender)

Matthias Gottfried Laura Halding-Hoppenheit Gutrun Müller-Enßlin

Christoph Ozasek Luigi Pantisano


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