Antrag vom 12/21/2012
Nr. 449/2012

Antrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

SPD-Gemeinderatsfraktion
Betreff

Wohnungsbauoffensive für Stuttgart: 1.800 Wohnungen pro Jahr!

Stuttgart ist eine attraktive und lebenswerte Stadt. Kein Wunder also, dass die Einwohnerzahl der Landeshauptstadt wieder zugenommen hat. Das freut uns, bedeutet aber auch, dass es für viele Menschen immer schwieriger wird, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Aber auch der Wunsch nach größeren Wohnungen und Häusern, der Wunsch nach räumlicher Nähe zum Arbeitsplatz - gerade von jungen Familien - und das Ziel junger Leute, nach der Ausbildung in der Stadt zu bleiben, machen den Wohnungsmarkt äußerst schwierig.

Insbesondere Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen - denken wir beispielsweise an ErzieherInnen, Krankenschwestern bzw. Pfleger, VerkäuferInnen, Alleinerziehende, Polizisten - haben es schwer, geeigneten und bezahlbaren Wohnraum zu finden. Das zeigt auch die Bürgerumfrage 2011. Trotz hoher Zufriedenheit mit dem Leben in Stuttgart sind die größten Probleme zu hohe Mieten (Platz 1) und ein mangelhaftes Wohnungsangebot (Platz 5).

Das wollen wir ändern.

Die Landeshauptstadt Stuttgart muss sofort eine Wohnungsbauoffensive für die nächsten 10 Jahre starten.
Dabei ist Wohnungsbau nicht nur auf die Frage des sozialen bzw. geförderten Wohnungsbaus zu verengen, sondern Wohnungsbau muss zur umfassenden Aufgabe der Versorgung breiter Bevölkerungsschichten mit Wohnraum werden.

Unerlässlich ist es, alle für den Wohnungsbau Verantwortlichen "an einen Tisch zu holen". Nur gemeinsam kann das Ziel 'Mehr (bezahlbarer) Wohnraum in Stuttgart' erreicht werden. Dies muss der Oberbürgermeister zur Chefsache machen!

Voraussetzung für den dringend benötigten Wohnungsneubau ist zum einen die zügige Bereitstellung geeigneter Flächen im gesamten Stadtgebiet. Obwohl dies nicht einfach ist, halten wir an der Innenentwicklung fest. Deshalb muss in Stuttgart endlich eine Bodenvorratspolitik praktiziert werden. Dazu kooperieren die zuständigen Referate und Ämter.
Zum anderen ist eine mittelfristige Wohnbauplanung unverzichtbar. Ein Wohnungsbauprogramm muss auf den Tisch, um 1.800 Wohnungen pro Jahr zu bauen. Darin sind 600 geförderte Wohnungen enthalten. Denn wir sind zwar mit dem Stuttgarter Innenentwicklungsmodell SIM auf dem richtigen Weg, aber es reicht nicht, um den steigenden Bedarf geförderter Wohnungen abzudecken. Auch neue Wohnformen sind in dem Programm zu berücksichtigen.

Aber vor allem ist die städtische Wohnungsbaugesellschaft SWSG finanziell zu unterstützen, um ihre Position als größter Bauherr von gefördertem Wohnraum in Stuttgart auszubauen und preiswerten Wohnraum auch nach Sanierungen bzw. Modernisierungen anbieten zu können. Die SWSG muss sich verstärkt ihrem sozialen Auftrag verpflichten.


Wir beantragen:
  1. Die Landeshauptstadt Stuttgart startet sofort eine Wohnungsbauoffensive für die nächsten 10 Jahre und bekundet gemeinsam mit den zuständigen Referaten/Ämtern den ausdrücklichen Willen Wohnungen zu bauen. Dies macht sie auch nach außen deutlich durch eine öffentliche Gemeinderatssitzung mit den Inhalten, wie Wohnungsbau generell in Stuttgart forciert werden kann und das Bauen von geförderten Wohnungen für Wohnungsbaugesellschaften wieder attraktiver wird. Dazu werden Fachleute eingeladen.
  2. Der Oberbürgermeister beruft ein "Bündnis für Wohnen" (BfW) und macht dieses zur Chefsache. Teilnehmer sind neben Vertretern der entsprechenden Referate und Ämter, der Politik, der Sozialhilfeträger und der Kirchen vor allem die Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften. Gemeinsam werden hier Wohnungsbaukriterien, Programme und Vorgehen entwickelt.
  3. Die Stadt Stuttgart sorgt für ein ausreichendes und bezahlbares sowie den unterschiedlichen Bedürfnissen von Menschen entsprechendes Wohnangebot, das auch einkommensschwache Haushalte und besonderen Bedarfsgruppen (s. München KomPro A/B/C) erreicht. Deshalb muss der Bau von 1.800 Wohnungen pro Jahr - anteilig 600 geförderte Wohnungen - das Ziel sein. Dazu ist ein (Förder-)Programm zu entwickeln und dem Gemeinderat mit einem Finanzierungsvorschlag zur nächsten Haushaltsberatung vorzulegen.
  4. Um diesen Willen zu unterstreichen und die Umsetzung zu koordinieren und zu bündeln, wird wieder ein "Amt für Wohnungswesen" eingerichtet.
  5. Die Stadt beginnt eine aktive Baulandpolitik. Das heißt: Grundstücke zur Bevorratung für den Wohnungsbau sind zu erwerben. Eine ämterübergreifende Arbeitsgruppe unter Federführung des Amtes für Liegenschaften in enger Zusammenarbeit mit dem neuen Amt für Wohnungswesen, dem Baurechtsamt sowie dem Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung sichtet (städtische) Flächen stadtteilbezogen und priorisiert Baumöglichkeiten. Die Zeitstufenliste ist dahingehend zu überarbeiten, höhere Wohnanteile zu erzielen.
  6. Um auslaufende Sozialwohnungen zu erhalten, wird für mögliche Nachsubventionierungen gesorgt.
  7. Veränderten Wohnformen auch im Hinblick auf den demografischen Wandel werden mehr Chancen eingeräumt, als dies in der Vergangenheit der Fall war.
  8. Wir erinnern an unseren Antrag 341/2012 "Bezahlbaren Wohnraum schaffen, auch und vor allem auf städtischen Grundstücken" - Beim Verkauf städtischer Wohnbaugrundstücke gelten die SIM-Regelungen mit einer Quote von 50 % öffentlich gefördertem Wohnungsbau.
  9. Sollte das Mietrechtsänderungsgesetz in 2013 greifen, ist die Verwaltung aufgefordert, beim Land die Mieterhöhungsgrenze von max. 15 % (statt 20 %) zu beantragen. Denn in Gebieten, in denen Wohnungsnot herrscht, dürfen die Landesregierungen per Rechtsverordnung dies festlegen. In diesem Zusammenhang verweisen wir auf unsere Anträge 301/2012 "Zweckentfremdung von Wohnraum ein Ende setzen!" und 317/2012 "Kündigungsperrfrist für Mietwohnungen muss wieder 10 Jahre betragen" und gehen davon aus, dass die Verwaltung zwischenzeitlich die dafür notwendigen Anträge beim Land gestellt hat.
  10. Erhaltungssatzungen - wie von uns vor einem Jahr für das Nordbahnhofviertel beantragt - sind gezielt einzusetzen. Damals wurden wir noch belächelt - nach dem LBBW-Wohnungsverkauf erfuhren wir Zuspruch.
  11. Die Landeshauptstadt Stuttgart steht zu ihrer Wohnungsbaugesellschaft und verpflichtet sie auf ihren sozialen Auftrag. Um sie hierbei zu unterstützen wird ein städtischer Finanzierungsplan vorgelegt, damit preiswerter Wohnraum erhalten und maßvolle Mietpreiserhöhungen nach energetischen Sanierungen/Modernisierungen im Bestand erzielt werden können. Die SWSG muss hier eine Vorreiterrolle übernehmen.
  12. Wie in der Vergangenheit praktiziert, werden Anreize zur Freimachung von größeren Sozialwohnungen sowie Umbauten von Dachgeschossen und anderen Räumen in Wohnungen geschaffen.
  13. Das Energiesparprogramm ist attraktiver zu gestalten.
  14. Um für alle o. g. Vorhaben eine gute Basisinformation zu haben, wird - wie schon in 1981 - ein grundlegender Wohnungsbericht erstellt. Durch eine tragfähige Datenbasis wird ein umfassender Abriss über die aktuelle Situation auf dem Stuttgarter Wohnungsmarkt, den Bedarf sowie den notwendigen kommunalen Aktivitäten in den verschiedenen wohnungspolitischen Handlungsfeldern gegeben.
  15. Und wir setzen natürlich voraus, dass die Bürgerbeteiligung auch bei Wohnungsbauvorhaben vorangetrieben wird.


Roswitha Blind Hans H. Pfeifer Monika Wüst
Fraktionsvorsitzende Stv. Fraktionsvorsitzender Stv. Fraktionsvorsitzende


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