Die Fortschreibung der bisherigen Entwicklung der Reduzierung der Stickstoffdioxidbelastung lässt ein Unterschreiten der Grenzwerte in den kommenden ca. 3 Jahren erwarten. Zusätzlich beschlossene Maßnahmen des Gemeinderats wie z.B. weiterer Ausbau des ÖPNV oder der Elektromobilität lassen eine schnellere Reduzierung und Unterschreitung der Grenzwerte erwarten. Trotz dieser positiven Entwicklungsaussichten wurde vom Verwaltungsgericht Stuttgart gefordert, und vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig bestätigt, dass nur Fahrverbote eine schnellstmögliche Einhaltung der Grenzwerte erzielen könnten.
Wir halten diesen Beschluss der Gerichte im Grundsatz für unverhältnismäßig, müssen aber akzeptieren das in einem Rechtsstaat höchstrichterliche Urteile umzusetzen sind.
Im Entwurf der Stellungnahme des Oberbürgermeisters zum Entwurf der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans beantragen wir folgende Änderungen:
Die Maßnahme M1 "Ganzjähriges Verkehrsverbot in der Umweltzone Stuttgart für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Abgasnorm Euro 5/V" wird abgelehnt.
b.) Wir fordern den Oberbürgermeister auf spätestens im Oktober eine öffentliche Veranstaltung zum Thema Fahrverbote und Ausnahmemöglichkeiten zu veranstalten. Hierbei sollen Betroffene zu Wort kommen und ihre Argumente vortragen können. Wir denken hier z.B. an unsere zahlreichen Sportvereine oder ehrenamtlich tätige Personen.
c.) Zusätzlich beantragen wir eine öffentliche Sitzung des Ausschuss für Mobilität, in der über den Umfang und die Ausgestaltung des Ausnahme-Konzepts diskutiert werden kann. Wir fordern die Stadtverwaltung auf bei der Ausnahmekonzeption bis an die Grenzen des rechtlich möglichen zu Gunsten der Besitzer von Dieselfahrzeugen zu gehen.
d) Wir fordern etwaige Bearbeitungen und Erteilungen von Ausnahme-Genehmigungen für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, Verbände etc. kostenfrei zu stellen. Es darf nicht dazu kommen, dass der berechtigte Antrag auf eine Ausnahme-Regelung den Antragsteller am Ende mehr Geld kostet, als wenn er im Straßenverkehr ein Verwarnungsgeld bei einem Verstoß gegen das Fahrverbot erhalten würde.
Der Versuch die Feinstaub- und Stickstoffdioxidbelastung durch Tempo 40 an Steigungsstrecken zu senken, erzielt keine nachweisbare Wirkung. Eine Studie mit Testfahrten durch Stuttgart aus dem Jahre 2015 von TÜV und LUBW belegten (siehe: "Weitergehende Auswertungen des PEMS-Messergebnisse aus Stuttgart und der darauf basierenden Berechnungsergebnisse mit dem Emmisionsmodell PHEM"), dass Tempo 40 an Steigungsstrecken im besten Fall keine negativen Auswirkungen auf die Luftqualität hat. Auch das Verwaltungsgericht Stuttgart schreibt in seiner Urteilsbegründung vom 26.6.2017, dass es sich bei der Maßnahme "Tempo 40 km/h auf weiteren Steigungsstrecken im Stadtgebiet" einzuführen, "um keine Luftreinigungsmaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 BlmSchG" handelt und "Hinzu kommt, dass diesen Geschwindigkeitsbegrenzungen auf weiteren Steigungsstrecken in der Umweltzone Stuttgart von den Gutachtern praktisch kein NOx-Emissionsminderungspotenzial attestiert wird (0% bzw. unter 0,5%, vgl. Abschlussbericht zum GWG, a.a.O.; ebenso Planentwurf 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 117)." Ferner ist die Auswahl der acht auf Tempo 40 umzuwandelnden Steigungsstraßen gegenüber der Bevölkerung nicht mehr vermittelbar. Vier der acht Straßenabschnitte verfügen über eine Steigungsrate von unter 6%. Die Heilbronner Straße mit einer gerade einmal 3,4% Steigung auf einer Länge von 2710 Metern dürfte topographisch im Stuttgarter Kontext als Ebene angesehen werden. Zudem befürchten wir durch eine dortige Temporeduzierung zusätzlichen Ausweichverkehr auf der Cannstatter Straße. Mithin wäre ein Ausbau von Tempo 40 an Steigungsstrecken keine Luftreinigungsmaßnahme, wenn nicht gar das Gegenteil, und wird von uns abgelehnt.
Die Maßnahme M2 "Sonderfahrstreifen für den Busverkehr stadtauswärts zwischen dem "Wulle-Steg" an der Willy-Brandt-Straße und der Kreuzung Am Neckartor" lehnen wir ab. Diese vom Landesverkehrsministerium vorgeschlagene Maßnahme ist bezeichnend für die ideologiegetriebene Sichtweise des Landesverkehrsministers. Statt wie vom Bund gefordert, den Standort der Messstation "Neckartor" einer objektiven Prüfung auf Repräsentanz zu unterziehen, möchte das Landesverkehrsministerium lieber den KFZ-Verkehr um eine Fahrspurbreite von der Messstation wegverlegen. Das absehbare Risiko, mehr Stau an der Heilmannkreuzung zu produzieren, wird glücklicherweise sowohl von uns, als auch von der Stadt Stuttgart abgelehnt. Zudem bietet die Maßnahme laut der SSB keinen Vorteil für den ÖPNV, im Gegenteil fürchtet die SSB Nachteile für die Akzeptanz der neuen X1-Buslinie auf der Bundesstraße 14.
Die Maßnahme M6 "Testweise Einführung einer Busspur in der Wagenburgstraße Anfang 2019" lehnen wir ab.
Trotz des kommenden Parkraummanagements im Stuttgarter Osten, stehen die Anwohner im Umkreis der Wagenburgstraße unter einem enormen Parkdruck. Ausreichend alternativer Parkraum steht für sie bisher nicht zur Verfügung. Laut der "Bürgerumfrage 2017" halten 58% der Bürger "Zu wenig Parkmöglichkeiten" für eines der größten Probleme der Stadt. Auch wenn prinzipiell eine Beschleunigung und Steigerung der Zuverlässigkeit im ÖPNV erstrebenswert ist, können wir ebenso wie die Stuttgarter Verwaltung der Maßnahme 6 des 3. Luftreinhalteplans nicht folgen. Für eine Gesamtbetrachtung der Lage vor Ort hätten wir zudem auch gerne noch die Machbarkeitsstudie der von den Grünen beantragten zweiten Röhre des Wagenburgtunnelns abgewartet.
Alexander Kotz Bulle-Schmid Philipp Hill Fraktionsvorsitzender stv. Fraktionsvorsitzende stv. Fraktionsvorsitzender
Thomas Fuhrmann Dr. Christian Vetter