Antrag
vom
11/22/2011
Nr.
850/2011
Antrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen
SPD-Gemeinderatsfraktion
Betreff
Stadtwerke Stuttgart GmbH - Initiatorin und Miteigentümerin der
"Kommunalen Netzgesellschaft Baden-Württemberg"
Politisches Ziel der SPD-Fraktion ist es, die Energieversorgung unserer Stadt auf erneuerbare Energien auszurichten. Wasser, Biomasse, Wind und Photovoltaik sollen künftig wesentliche Quellen unserer Energieerzeugung sein. Dies bedeutet, dass die Anstrengungen zur Einsparung von Energie erhöht und alle dezentralen Potentiale zur regenerativen Energieerzeugung ausgeschöpft werden müssen.
Die neuen Stuttgarter Stadtwerke nehmen in diesem Prozess zentrale und vielfältige Aufgaben wahr.
Die Stadtwerke Stuttgart GmbH ist gegründet und befindet sich im organisatorischen Aufbau. Gleichzeitig bereitet die Stadt die Vergabe der Konzessionen für die Netze für Strom und Gas vor. Die Vorarbeiten für die Vergabeverhandlungen müssen bis Frühjahr 2012 beendet sein.
Neuorientierung der EnBW – Wohin steuert die Landesregierung?
Die künftige Rolle der EnBW in der Energiepolitik des Landes wird teilweise strittig diskutiert. Wir begrüßen es, dass die Landesregierung die EnBW-AG zu einem ökologisch ausgerichteten, atomstromfreien Energieunternehmen umbauen will, das gleichzeitig Partner der Gemeinden sein soll. Der Umbau auf erneuerbare Energien erfordert große Investitionen für den Ausbau "intelligenter" Netze. Die Schaffung großer Speicherkapazitäten und der Ausbau von leistungsfähigen überregionalen Transportnetzen sind gesamtgesellschaftliche Aufgaben.
Dagegen sind die kundennahe Ausschöpfung auch kleiner Potenziale für die Erzeugung von Energie, sowie die Entwicklung und Umsetzung dezentraler Konzepte örtliche Aufgaben. Dazu sind Stadtwerke prädestiniert.
Die SPD-Fraktion nimmt die aktuelle Diskussion über die Zukunft der EnBW mit Spannung wahr. Insgesamt fühlen wir uns in unserer Position bestätigt. Die Energie- und insbesondere die Wasserversorgung sind Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge. Ihre künftig stärkere kommunale Ausrichtung ist richtig. Sie muss konsequent vorangetrieben werden.
Die Zukunft der Versorgungsnetze in Stuttgart
Wer soll zukünftig Eigentümer, wer soll Betreiber sein? Im Blick auf die künftige Struktur der Versorgungsnetze für Strom und Gas ist eine heftige Diskussion im Gange. Vertreter der Koalition im Lande, die Betriebsräte der EnBW und auch ver.di, als zuständige Gewerkschaft, fordern aus betriebswirtschaftlichen und vor allem sozialpolitischen Gründen, die Synergien des landesweiten einheitlichen Netzbetriebs bei Strom und Gas in einem einheitlichen Betrieb aufrechtzuerhalten. Angesichts der bekannten Mechanismen der Netzregulierung und der speziellen Tarifverträge der EnBW-Beschäftigten ist dies nachvollziehbar. Gleichzeitig gibt es vielfältige Unterstützung für die Rekommunalisierung der Energie- und Wasserversorgung. Dies gilt nicht nur für Stuttgart, sondern für weite Teile des Landes.
Auf diesem Hintergrund halten wir es für sinnvoll, die teilweise widersprüchlichen Ziele in Einklang zu bringen. Dazu machen wir folgenden Vorschlag:
Stuttgart als Initiator einer
"Kommunalen Netzgesellschaft Baden-Württemberg"
Nicht zuletzt wegen der Sorgen der Arbeitnehmer der EnBW vor dem Verlust von Arbeitsplätzen und tariflicher Sicherheit, hat die SPD-Gemeinderatsfraktion bereits am 05.05.2011 (Antrag 181/2011, Pkt. 3) vorgeschlagen, ein Konsortium aus Kommunen bzw. Kommunalverbänden solle die Mehrheit an der EnBW–Regional AG (Netzgesellschaft der EnBW) erwerben. Angesichts der aktuellen Diskussion über die Neuausrichtung der Energieversorgung im Lande und der Positionierung der EnBW erneuern wir unseren Vorschlag. Wir halten ihn für umsetzbar, wenn alle Beteiligten dies wollen.
Darüber hinaus beinhaltet unser Vorschlag, dass Energieerzeugung und Netzbetrieb nicht nur rechtlich getrennt werden, wie dies die "Unbundling Vorschriften" derzeit vorsehen. Die EnBW-Regional AG soll auch eine neue Markenidentität erhalten (z.B. kommunale Netze Baden-Württemberg) und damit eine Heimat in der kommunalen Eigentümerschaft. Wir sind überzeugt, dass die Weiterentwicklung des Energierechts dies in Zukunft ohnehin bringen wird.
Die Landeshauptstadt sollte es als ihre Aufgabe betrachten, die Initiative zu ergreifen. Dazu ist es erforderlich, mit möglichen kommunalen Partnern ins Gespräch zu treten (z.B. NEV, Kommunalpartner, OEW u.a.). Vorbild könnte das Bewerberkonsortium sein, das derzeit anstrebt, die Wohnungen der LBBW zu erwerben.
Mit einer starken, kommunalen, landesweiten Netzgesellschaft könnte Baden-Württemberg über die Landesgrenzen hinaus Vorbild für Bürgernähe und Effizienz in der Energiepolitik werden.
Für den Aufbau einer kommunalen Energieversorgung für Stuttgart ist die breite Unterstützung durch die Bevölkerung nötig. Sinnvolle Konzepte für eine effektive Bürgerbeteiligung sind deshalb alsbald zur Diskussion zu stellen.
Bezug zu den laufenden Gesprächen mit der EnBW
Ausdrücklich betonen wir, dass unser Vorschlag nicht im Gegensatz zu den begonnenen Gesprächen der Stadt Stuttgart mit der EnBW steht. Diese werden von uns aktiv unterstützt:
Wir wollen erreichen, dass das Eigentum an den Netzen der Energieversorgung in Stuttgart mehrheitlich auf die Stadtwerke Stuttgart übertragen wird und damit die Stadt künftig "das Sagen" hat.
Der Aufbau der Stadtwerke ist ein längerfristiger Prozess, zu dem auch der Aufbau von fachlicher Kompetenz gehört. Dazu ist die Integration der bewährten Arbeitskräfte der EnBW erforderlich.
In diesem Zusammenhang halten wir es durchaus für möglich, dass die EnBW-Regional AG operative Tätigkeiten (Dienstleistungen) für die neue Gesellschaft auf vertraglicher Basis und zeitlich befristet (z.B. 10 Jahre) erbringt.
In unserem Vorschlag für eine landesweite Netzgesellschaft der Kommunen sehen wir einen parallel zu prüfenden Weg, der den Kommunen einen insgesamt größeren Einfluss auf die Energiewirtschaft im Lande bringen kann, als nur die jeweiligen Netzübernahmen im kleineren Stil. Netzübernahmen könnten gegebenenfalls ein erster Schritt sein.
Wir sind im Übrigen davon überzeugt, dass die hier vorgeschlagene Mehrheitsübernahme der EnBW-Regional AG für die Kommunen auch höhere wirtschaftliche Erträge erbringen wird.
Deshalb beantragen wir:
Der Oberbürgermeister führt Gespräche mit dem Ziel einer Kooperation der Kommunen.
Daneben werden die gesellschaftsrechtliche Machbarkeit und mögliche wirtschaftliche Auswirkungen für die Stadtwerke bzw. die Stuttgarter Versorgungs-und Verkehrsgesellschaft (SVV) geprüft und dargestellt.
Die Verwaltung legt – wie bereits grundsätzlich zugesagt – gleichzeitig ihre Vorschläge zur Beteiligung der Bürgerschaft an den künftigen Strukturen der Stuttgarter Energieversorgung dar.
Dr. Roswitha Blind Hans H. Pfeifer Monika Wüst
Fraktionsvorsitzende Stv. Fraktionsvorsitzender Stv. Fraktionsvorsitzende
Manfred Kanzleiter
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