Anfrage vom 11/09/2023
Nr. 291/2023

Anfrage
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei
Betreff

Die LBBW und der Klimakiller Braunkohleabbau – wann beendet die Bank ihre klimaschädliche Geschäftspolitik?

Wir fragen und bitten nach § 27 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Gemeinderats der Stadt Stuttgart um schriftliche Antworten innerhalb von sechs Wochen: Begründung:

Schon mehrfach stand die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) wegen fragwürdiger Geschäftspraktiken im Fokus öffentlicher Diskussionen. Im Jahr 2012 beispielsweise machte die LBBW Schlagzeilen, weil publik wurde, dass die Bank sich an Lebensmittelspekulationen beteiligt hatte. Auf massiven öffentlichen Druck hin wurde das Geschäftsfeld aufgegeben.
Im Jahr 2020 behauptete die LBBW vollmundig, sie werde bereits im Jahr darauf „vollständig klimaneutral“ sein. Diese Behauptung war schon deshalb kritikwürdig, dass Klimaneutralität in dem Fall lediglich bedeutet hätte, dass tatsächlich verursachte Emissionen lediglich durch Zahlungen an einen Fonds kompensiert worden wären. Noch peinlicher wurde es, als bekannt wurde, dass die Bank „mehrere gängige Kriterien der Kompensation missachtet“ hatte, wie das Handelsblatt am 4. August 2022 berichtete. So weit, so schlimm – ein Paradebeispiel für Greenwashing!
Nun war unlängst zu lesen, dass die LBBW aber als Geld- bzw. Kreditgeberin für ein klima- und umweltschädliches Braunkohleprojekt im Südwesten der Türkei in Erscheinung getreten zu sein scheint. Dabei handelt es sich um ein Tagebauprojekt des Kohlekonzerns YK Energy. Seit den 1980-er Jahren wurden bereits 5500 Hektar Land auf der Suche nach Braunkohle abgegraben. Acht Dörfer verschwanden vollständig, tausende Menschen wurden enteignet und vertrieben, wie am 1. November 2023 in der Kontextwochenzeitung zu lesen war. Sollte es sich bestätigen, dass die LBBW bei der Finanzierung dieses Klimazerstörungsprojekts finanziell beteiligt war, wirft das Fragen auf, wie das mit den hauseigenen Nachhaltigkeitszielen zusammenpasst. Im Nachhaltigkeitsbericht der LBBW von 2022 heißt es vollmundig: „Nachhaltiges Denken und Handeln treibt uns voran. Das ist auch unser Anspruch für die Zukunft, dem wir als öffentlich-rechtliches Institut verpflichtet sind.“ Konkreter wird die Bank mit folgendem Zitat: „Unsere Kundinnen und Kunden begleiten wir als Partner auf dem Weg zum klimaneutralen Wirtschaften.“ Ein Kunde, der ein Braunkohletagebauprojekt betreibt, wird niemals klimaneutral wirtschaften und kann deshalb auch niemals Kunde einer Bank sein, die sich solche Ziele setzt.
Im Nachhaltigkeitsbericht tönt die LBBW, sie sei die erste deutsche Universalbank, welche die Principles for sustainable banking (Grundsätze für verantwortungsbewusstes Bankwesen) unterzeichnet habe. In den genannten Grundsätzen heißt es:


Mit Blick auf das Braunkohleprojekt in der Südwesttürkei würde sich eine Finanzierung durch die LBBW verbieten.
Die Landeshauptstadt Stuttgart hält knapp 19 Prozent der Unternehmensanteile an der LBBW, das Land Baden-Württemberg gut 40 Prozent, ebenso wie der Sparkassenverband Baden-Württemberg ebenfalls knapp über 40 Prozent an dem Kreditinstitut hält. Die Stadt Stuttgart hat in ihren Anlagerichtlinien formuliert: Aus der Vermögensanlage werden Unternehmen ausgeschlossen,
Diese „Anlagerichtlinien der Landeshauptstadt Stuttgart und der Stuttgarter Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH Umsetzung des Grundsatzes der Nachhaltigkeit“ (GRDrs 547/2016) wurden am 27. Juli 2016 bei 6 Gegenstimmen bei 5 Enthaltungen mit großer Mehrheit vom Gemeinderat beschlossen. Eine Finanzierung eines Braunkohle-Projekts von Seiten der LBBW würde inhaltlich in einem klaren Widerspruch zu den städtischen Anlagerichtlinien stehen. Als Anteilseignerin muss die Stadt Stuttgart ein Interesse daran haben, dass die LBBW alle klimaschädlichen Aktivitäten umgehend einstellt und einen klaren, transparenten Klimafahrplan vorlegt, wann sie als Institut in einem umfassenden Sinne (scope 3) klimaneutral ist.

Gez.

Hannes Rockenbauch Laura Halding-Hoppenheit
(Fraktionsvorsitzender) (Fraktionsvorsitzende)

Matthias Gottfried Guntrun Müller-Enßlin Luigi Pantisano

Johanna Tiarks Stefan Urbat


zum Seitenanfang