Antrag vom 12/13/2022
Nr. 403/2022

Antrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion
Betreff

Wasserversorgung muss in städtische Hand

Vor mehr als 10 Jahren haben wir GRÜNE uns im Gemeinderat für die Grundforderung des Bürgerbegehrens „100-Wasser“ eingesetzt, die beinhaltet hat, das Wassernetz wieder in städtische Hand zu nehmen. Dem hat sich der Gemeinderat mit großer Mehrheit angeschlossen. Seit 2013 läuft die Klage der Stadt gegen die Netze BW GmbH vor dem Landgericht Stuttgart mit dem Ziel der Herausgabe der Wasserversorgungsanlagen, Übertragung von Mitgliedschaften in Wasserbeschaffungsverbänden sowie Auskunftserteilung bzw. der gerichtlichen Feststellung des Eigentums der Landeshauptstadt Stuttgart an dem Wasserversorgungsvermögen im Stadtgebiet Stuttgart. Zudem wurde 2015 von der Netze BW Klage gegen die Stadt erhoben bzgl. Erstattung der Löschwasserkosten. Bislang kam es zu keiner Einigung. Daher begrüßen wir es, dass nun nach 9 Jahren Rechtsstreit wieder Bewegung in die Sache gekommen ist und man sich immerhin bei der Methode der Berechnung eines für beide Seiten akzeptablen Kaufpreises offenbar angenähert hat.
Allerdings sehen wir das Ziel, das Wassernetz künftig städtisch zu betreiben, nicht bereits dadurch erfüllt, dass sich die Netze BW GmbH als Tochter der EnBW derzeit überwiegend in öffentlicher Hand befindet. Wasserversorgung ist als systemkritische Infrastruktur eine originäre Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge und sollte daher auch von der betroffenen Kommune erbracht werden.
Mit der nun vorgeschlagenen Vergleichsvereinbarung (GRDrs 811/2022) würde die Aufgabe der öffentlichen Trinkwasserversorgung weiterhin auf die Netze BW bzw. die Netze BW Wasser GmbH übertragen. Und das auf unbestimmte Zeit. Zwar enthält die Vereinbarung im Gegensatz zum bestehenden Konzessionsvertrag eine Endschaftsklausel und eine Change of Control-Regelung. Doch soll erst nach 20 Jahren ein Rückkauf möglich sein bzw., wenn der Anteil der öffentlichen Hand bei der Netze BW bereits auf unter 50% gesunken ist. Und selbst in diesen Fällen hält es sich die Stadt noch offen, ob diese Option überhaupt gezogen werden soll. Die Wertermittlung ist zumindest bei letzterer Option noch genauso unklar wie die dann notwendige Finanzierung eines Rückkaufs sowie eine Regelung bei möglichen Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen, die ggf. eine EU-weite Ausschreibung erforderlich machen könnten.
Es ist richtig, dass die EnBW und damit auch die Netze BW derzeit ganz überwiegend in öffentlicher Hand sind (93,5%). Hier sehen wir absehbar auch keine Bestrebungen, dies zu ändern. Die Wasserpreise in Stuttgart sind bundesweit durchschnittlich. Auch hat die Netze BW in den vergangenen Jahren erhebliche Investitionen in die Erneuerung des Wassernetzes und der Wasserspeicher getätigt, um die Qualität, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit der Wasserversorgung auch langfristig zu gewährleisten. Und wie die Mitarbeitenden für „ihr“ Wassernetz brennen, wird in jedem Gespräch überdeutlich. Doch gerade vor diesem Hintergrund erschließt es sich uns nicht, warum die Change of Control-Klausel erst dann gelten sollte, wenn bereits der Worst-case, nämlich ein mehrheitlicher Verkauf an Dritte, eingetreten wäre.
Wir sehen in der vorgelegten Vergleichsvereinbarung durchaus auch für die LHS positive Aspekte. So würde der Stadt eine Sperrminorität eingeräumt, Beschlüsse über Kapitalmaßnahmen, Umwandlungsmaßnahmen und Unternehmensverträgen der Netze BW Wasser GmbH wären künftig nicht ohne Zustimmung der Landeshauptstadt Stuttgart möglich und die Stadt hielte in einem neu zu gründenden Aufsichtsrat 1/3 der Sitze. Aber unserer Ansicht nach ist in dieser Vereinbarung vieles vage bzw. ungeklärt, so etwa der Übergang der Mitgliedschaft in den Wasserzweckverbänden oder die Übertragung betriebsnotwendiger Grundstücke an die Stadt. Genauso sind Mitsprache- und Schutzrechte nicht oder nicht ausreichend geregelt. Und auch was den Zeitpunkt und die Verbindlichkeit einer Übernahme des Wassernetzes in städtische Hand angeht, haben wir noch Nachbesserungsbedarf.


Wir beantragen daher, weitere Verhandlungen insbesondere bzgl. der folgenden Punkte aufzunehmen:
Zudem beantragen wir, dass:


Gez.

Petra Rühle Andreas Winter
B‘90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion B‘90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion


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