Anfrage vom 02/10/2014
Nr. 44/2014

Anfrage
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

Freie Wähler-Gemeinderatsfraktion
Betreff

Milieuschutz oder Luxusproblem?

Milieuschutz oder anständige, ordentliche Wohnungen, für die sich der Vermieter nicht zu schämen braucht? 'Der Spiegel' greift in seinem Artikel "Das Luxus-Problem" (siehe Anlage) einen wichtigen Aspekt zum Thema Wohnungsbau auf: "Die Behörden berufen sich auf den sogenannten Milieuschutz, ein machtvolles Instrument der Wohnungspolitik, von dem deutsche Großstädte zunehmend Gebrauch machen. Angesichts spürbar steigender Mieten wollen Metropolen wie Berlin, Hamburg, München, Stuttgart oder Frankfurt am Main damit verhindern, dass zahlungskräftige Zuzügler die alteingesessene Bevölkerung aus den beliebten Altbauquartieren verdrängen. Die Ämter versuchen, die Aufwertung in den In- Vierteln zu bremsen - und greifen zuweilen tief in die Rechte der Eigentümer ein", so 'Der Spiegel' 6/2014, S. 74. Als Luxus gelten zumindest in Berlin der Einbau einer Gästetoilette, der Einbau eines Doppelwaschbeckens, ein zweiter Balkon (dann, wenn der erste Balkon eher ein Austritt zur Straße sei und ein zweiter Balkon zum Hof hin möglich wäre), der Einbau einer Einbauküche, der Einbau einer Fußbodenheizung und der Einbau eines Innenkamins.

Im Gespräch mit Vermietern ergibt sich zumindest in der Region Stuttgart ein anderes Bild: Wohnungen ohne ordentlichen Balkon, ohne Stellplatz, ohne eine ordentliche Ausstattung - und dazu gehört bei kleinen Wohnungen die Einbauküche - sind nicht vermietbar. Ein Ver- mieter sagte, dass diese Wohnvorstellungen auch für "Sozialmieter" gelten würden.

In Stuttgart wird ebenfalls über den Mangel an günstigen Mietwohnungen geklagt. Laut dem erwähnten 'Spiegel'-Artikel gehört Stuttgart zu den Städten, die über das Instrument Milieu- schutz (Baugesetzbuch, §172) verfügen. Danach dürfen Gemeinden "zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung" die Modernisierung von Altbauten steuern. Damit könnten Altbauquartiere erhalten bleiben und die Mieten blieben günstig.

Das von Herrn Oberbürgermeister Kuhn vorgelegte Papier "Wohnen in Stuttgart" deutet im Kapitel "Soziale Durchmischung erhalten bzw. schaffen" an, dass die "Herstellung dieser Mischung in der Bewohnerstruktur von Quartieren eine Kernaufgabe der privaten wie auch der öffentlichen Wohnungswirtschaft sei." Das lässt uns Freie Wähler aufhorchen!


Daher fragen wir:
  1. Gibt es Überlegungen, über den §172 des Baugesetzbuches durch eine Reglementie- rung von Sanierungsmaßnahmen in die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung steuernd einzugreifen? Wenn ja, welche?
  2. Inwieweit wären hiervon in Stuttgart die Eigentümer und Vermieter betroffen?
  3. Was gilt hier in Stuttgart als mietrechtlicher Standard? Welche Auswirkungen auf den Wohnungsbestand in Stuttgart hätte es, wenn der sogenannte Milieuschutz wie oben dargestellt zum Einsatz käme?
  4. Inwieweit würde ein solcher Milieuschutz mit dem Grundgesetz §14 Abs. 2 "Eigentum verpflichtet" kollidieren?
  5. Welche Auswirkungen könnte ein solcher Milieuschutz auf die technische Sicherheit der Wohnungen haben?
  6. Würde ein sogenannter Milieuschutz bei den Investitionen der SWSG Auswirkungen zeigen und wie würde sich dies auf den Werterhalt des Wohnungsbestandes auswirken?
  7. Was würde mit energetischen Sanierungen geschehen? Würden diese damit obsolet?
Darüber möge im zuständigen Ausschuss berichtet werden.



Jürgen Zeeb Konrad Zaiß Joachim Fahrion
Fraktionsvorsitzender stellv. Fraktionsvorsitz.



Robert Kauderer Rose von Stein Christoph Gulde



Ilse Bodenhöfer-Frey


Der-Spiegel-6-2014-Das-Luxus-Problem.pdfDer-Spiegel-6-2014-Das-Luxus-Problem.pdf


zum Seitenanfang