Haushaltsantrag vom 10/21/2021
Nr. 1156/2021

Haushaltsantrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

PULS-Fraktionsgemeinschaft
Betreff

Walkable City

Wir beantragen:

1. Zur Umsetzung des Fußverkehrskonzepts sind ab dem Haushaltsjahr 2022 ff. je 3 Mio. Euro in den Haushalt einzustellen.
2. Zur Umsetzung der im Aktionsplan Nachhaltig mobil in Stuttgart formulierten Ziele zur Schaffung zusätzlicher Fußgängerzonen und verkehrsberuhigter Bereiche im gesamten Stadtgebiet wird pro Haushaltsjahr und in der mittelfristigen Finanzplanung ein zweckbestimmtes Budget beim Tiefbauamt i.H.v. 1 Mio. Euro eingestellt. Dieses dient als Komplementärfinanzierung zum Programm "Lebendige Ortsmitten", die über das L-GVFG förderfähig sind.
3. Es werden modellhaft drei neu angelegte Anwohnerstraßen nach dem indikatoren-gestützten Design-Konzept "healthy streets" aus London gestaltet.
4. Im Stellenplan sind entsprechend unbefristete Planer- und Ingenieursstellen nach der Formel eine Vollzeitstelle je eine Million Euro Investitionsmittel zu schaffen. Der Stellenplan wird dementsprechend angepasst.

Begründung:

Attraktive und sichere Fußwegeverbindungen, Fußgängerzonen und verkehrsberuhigte Bereiche sind essentiell für das Leben in einer Stadt. Die urbane Qualität einer Stadt und die Zufriedenheit ihrer Bewohner*innen lässt sich treffsicher an der Zahl alter Menschen und Kindern im öffentlichen Raum ablesen, so der Stadtplaner Prof. Jan Gehl. Denn öffentlicher Raum ist mehr als Bewegungsfläche. Er fasst das öffentliche Leben, ist Ort für Kommunikation und Begegnung. Viele stark frequentierte Bereiche sind jedoch in einem schlechten Zustand: Zerstörte Bodenbeläge, rechtswidrig parkende Fahrzeuge, Vermüllung, Mängel bei Stadtgrün und Verweilmöglichkeiten, bauliche Barrieren und technische Installationen stören diese wichtige Funktion. Öffentliche Räume sollten aber einem hohen gestalterischen Anspruch unterliegen und einen einladenden, menschenfreundlichen Charakter besitzen.
Zudem ist das zu Fuß Gehen die urbanste, nachhaltigste und gesündeste Form der Fortbewegung, mit erheblich positiven Effekten bezüglich der Lärmminderung und Luftreinhaltung. Das zu Fuß Gehen ist auch eine Maßnahme, um Funktionsverlusten vorzubeugen, denn es belebt Erdgeschosslagen und stärkt nachhaltig den Handel.
Viel zu lange schon wird das zu Fuß Gehen politisch vernachlässigt. Mit dem Fußverkehrskonzept - und der anstehenden Fortschreibung desselben - liegt ein Grundlagenwerk vor, das nach jahrelangem Stillstand endlich mit entsprechenden Haushaltsmitteln und den notwendigen zweckgebundenen Stellen unterlegt werden muss, um seine positiven Effekte zu entfalten. Auch der Aktionsplan nachhaltig mobil in Stuttgart formuliert als Maßnahme, die Fußgängerzonen und verkehrsberuhigten Bereiche in allen Stadtbezirken schrittweise auszudehnen – jedoch wurde hierfür kein spezifischer Haushaltstitel im Entwurf hinterlegt und es sind kaum Anstrengungen zur Zielerreichung in Bestandsquartieren erkennbar. Auch gilt es künftig Projektmittel für so genannte "Superblocks" zur Verfügung zu stellen oder Bausteine im Sinne von "tactical urbanism" unterjährig finanzieren zu können. Für eine Umgestaltung im Sinne des zu Fuß Gehens bieten sich insbesondere die im Zentrenkonzept definierten Versorgungsbereiche an.
Darüber hinaus ist zur Finanzierung des „Stuttgarter Rechtecks“ und dem Bremer Modell der Gehwegnasen zur Schaffung von Carsharing-Abstellflächen eine Aufstockung des Fußverkehrsetats notwendig. Diese Bausteine zur Verbesserung der Netzqualität des zu Fuß Gehens können aus dem neuen Etat finanziert werden.




Gezeichnet:
Christoph Ozasek, Verena Hübsch, Ina Schumann, Thorsten Puttenat, Deborah Köngeter


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